„Emmas Enkel“ in Düsseldorf: Der Einkaufsladen-Kaffetrink-Abhol-Nachhauseliefermarkt

„Emmas Enkel“ in Düsseldorf: Der Einkaufsladen-Kaffetrink-Abhol-Nachhauseliefermarkt

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Das Internet ist eigentlich doch ein ganz freundlicher Ort: Keine 20 Quadratmeter groß. Rundherum grasgrün gestrichen. An der Seite kann man durch ein großes Schaufenster sehen, wie die Straßenbahn vorbeirauscht. Drinnen stehen gemütliche Sessel, in der Mitte hängt ein Kronleuchter von der Decke. Und wer sich darunter an den Esszimmertisch setzt, um zu überlegen, was er abends kochen will, kann dabei einen Kaffee trinken und selbstgebackene Waffeln naschen.

Zumindest ist das im Internet so, das sich Benjamin Brüser und Sebastian Diehl in ihren Düsseldorfer Laden gebaut haben.

Offiziell heißt die grüne Ecke „Gute Stube“ und ist eine Mischung aus großmütterlichem Wohnzimmer und Online-Shop. Weil die Leute dort ein Päuschen machen können, nebenbei an einem der Laden-Ipads ihre Einkaufsliste zusammenzustellen, sie abschicken und ein paar Minuten darauf warten, dass ihnen die Sachen im Raum dahinter zusammengepackt werden. Dann noch bezahlen. Und fertig ist der Einkauf.

Im vergangenen Oktober haben Brüser und Diehl „Emmas Enkel“ eröffnet, eine Art Tante-Emma-Übernext-Generation-Laden, der trotz der Möbel vom Flohmarkt in der „Guten Stube“ gar nicht altmodisch aussieht, nur ein bisschen klein. Dafür liegt er mitten in der Stadt (bei Google Street View steht er noch leer, weil die Aufnahmen älter sind), man kann reingehen und einkaufen fast wie in einem normalen Supermarkt. Oder man lässt sich die Sachen nachhause liefern. „Emmas Enkel“ ist ein Einkaufsladen-Kaffeetrink-Abhol-Nachhauseliefermarkt zum Selbstbedienen und Bedientwerden. Und die beiden Besitzer haben bei der Gründung so ziemlich alle Grundsätze verletzt, die sich Supermarktmanager in den vergangenen zwei, drei Jahrzehnten als goldene Erfolgsregeln in ihre Anzüge gestickt haben.

Die Regeln lauten:

Bloß keinen Innenstadtmarkt aufmachen, da ist’s viel zu eng!
Mitarbeiter werden nicht bezahlt, um Schwätzchen mit den Kunden zu halten!
Und Online-Lieferservices für Lebensmittel rentieren sich nicht!

„Emmas Enkel“ ist gerade auf dem besten Weg, jede dieser Regeln zu widerlegen.

Kurze Führung gefällig? Kein Problem, dauert ja nicht lange: links vom Eingang geht’s in die „Gute Stube“ und dahinter zu den Tiefkühlschränken. Rechts gibt’s Frühstückssachen, nebendran frischen Käse und Wurst in der Kühltruhe, die in einen alten Tisch eingelassen wurde. In der Mitte stehen alle möglichen Produkte in aufeinander gestapelten Kisten. Die lassen sich immer neu miteinander kombinieren, so ist der Laden ruckzuck umgebaut. Am auffälligsten ist aber die Theke am Ende, in die noch einmal genauso viele Sachen passen und an der auch gleich bezahlt wird.

500 Produkte stehen vorne im Laden. Und hintendran in der Vorratskammer noch einmal 2000 mehr. „Wir machen es genau andersherum als die großem Supermärkte“, sagt Sebastian Diehl. „Unser Laden ist verhältnismäßig klein, aber das Lager dahinter ist dafür um so größer.“

Im Lager sind die Gänge schmal und die Regale hoch gepackt. Auf möglichst wenig Fläche sind möglichst viele Artikel untergebracht, die im normalen Supermarkt den zwei- oder dreifachen Platz benötigen würden. Das einzige, woran die Kunden sich gewöhnen müssen, ist: Manche Artikel werden am Tresen bestellt und von den Mitarbeitern gebracht. Der Nachteil ist: Man muss nur erstmal rauskriegen, welche das sind. Das Prinzip funktioniert aber ähnlich wie wie im Schuhladen – da stehen auch nicht sämtliche Größen vorne im Regal.

Dazu werden aus der kleinen Kühltheke auf dem Tresen frische Brötchen verkauft. Und abends Feierabendbierchen für Überstundenmacher.

Es gibt die meisten Sachen für den täglichen Bedarf, vom Waschmittel bis zum Brotaufstrich. Die Auswahl ist ein bisschen größer als beim Discounter. Das bedeutet aber auch: keine zwanzig verschiedenen Nudelsorten. Diehl erklärt: „Manche Kunden kommen in den Laden und sagen: einmal Nudeln. Dann sagen wir: Barilla oder Bio? Bisher hat sich keiner beschwert und gesagt: Ich kaufe nur die von Buitoni.“ Die meisten Leute sind froh, wenn sie sich nicht zwischen tausend verschiedenen Sorten entscheiden müssen. Und wenn doch mal jemand was Spezielles haben will? „Dann wird’s bestellt“, sagt Brüser. „Das Sortiment lässt sich für uns ziemlich einfach ändern.“

„Emmas Enkel“ bezieht den Großteil der Artikel von zwei normalen Großhändlern (anders als beispielsweise die Berliner Neugründung Veganz), Fleisch und Wurst kommen vom Bauern aus der Region. Etwa 20 Prozent des Sortiments sind Produkte, die es nicht überall zu kaufen gibt: ein spezieller Käse, ein importierter Champagner. „Das sind die Artikel, wegen denen die Leute wiederkommen, weil wir uns dadurch von der breiten Masse abheben können“, sagt Diehl.

Die Leute kommen auch, weil sie die Mitarbeiter hinter der Theke fragen können, ob die noch eine Idee haben, welcher Wein zum geplanten Essen passt. (Der Filialleiter ist praktischerweise Koch.) Und weil Einkaufen hier nicht so stressig ist. Beim Reinkommen wird freundlich gegrüßt. Und der mitgebrachte Nachwuchs braucht nicht quengelig im Einkaufswagen zu sitzen, sondern kann vorne in der „Guten Stube“ spielen – Kaufladen, natürlich. Neonfarbene Preisschreischilder und Sonderangebotsinseln gibt’s keine. Dafür kaufen die Kunden vielleicht spontan ein bisschen mehr, wenn die Beratung funktioniert.

„Im klassischen Supermarkt ist die Beratung verloren gegangen“, sagt Brüser. „Bei uns haben die Mitarbeiter wieder Zeit dafür – auch weil das meiste online vorbestellt werden kann.“ Und weil die Phasen, in denen im Laden gerade nichts los ist, dazu genutzt werden, die Online-Bestellungen zu packen.

Der Online-Shop ist der zweite große Schwerpunkt bei „Emmas Enkel“. Wie er funktioniert, steht am Osterwochenende im Supermarktblog.

Fotos: B. Brüser

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