Wenigstens “kein Sanierungsfall”: Der neue Metro-Chef fremdelt mit Real

Wenigstens “kein Sanierungsfall”: Der neue Metro-Chef fremdelt mit Real

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Seit viereinhalb Monaten ist Olaf Koch neuer Vorstandsvorsitzender von Metro. Ein besonders spaßiger Job kann das nicht sein: Koch muss dafür sorgen, dass das Geschäftsmodell von Media Markt und Saturn nicht endgültig in sich zusammenfällt; er muss entscheiden, wie es mit Kaufhof weitergeht; und Strategien entwickeln, damit das so genannte „Cash & Carry“-Geschäft (die Märkte für Großkunden) wieder in Gang kommt.

In der vergangenen Woche hat Koch der F.A.Z. ein Interview gegeben, in dem es um all diese Probleme ging – und, ganz am Rande, auch mal kurz um Real, das ebenfalls zu Metro gehört (nachlesbar nebenan in Carsten Knops Blog „Ad hoc“):

„Die internationalen Erfolge zeigen, dass das Geschäftsmodell Potential hat. In Deutschland haben wir in Summe noch nicht überall den angestrebten Fortschritt erreicht, auch wenn viele Einzelprojekte sehr erfolgreich umgesetzt wurden. Das können Sie im Sortiment und auf der Fläche an vielen Standorten sehen, aber eben noch nicht durchgängig genug. Fest steht, dass wir uns mit diesem 8 Milliarden Euro Umsatz repräsentierenden Geschäft weiter profilieren müssen. Immerhin ist eine Stabilisierung erreicht. Der Cash-flow steigt. Und im ersten Quartal ist das Geschäft in Deutschland auf vergleichbarer Fläche gewachsen. Anders als 2007 ist Real heute kein Sanierungsfall mehr.“

Abgesehen davon, dass man sich wohl immer erst die Empathie rausoperieren lassen muss, um Vorstandsvorsitzender zu werden: Als glühender Real-Verfechter outet sich Koch mit diesen eher technisch formulierten Sätzen nicht gerade.

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Dass sie „heute kein Sanierungsfall mehr“ sei, ist das Positivste, was Koch zu seiner Konzerntochter einfällt? Das ist ein bisschen so als würde der Papa bei der Kita-Bewerbung zur Betreuerin als erstes über sein Kind sagen: „Anders als 2007 ist die Rebecca heute kein Bettnässerin mehr.“

Eine besonders große Liebe zu Real lässt sich Metro – völlig unabhängig von Koch – schon länger nicht mehr nachsagen. Im vergangenen Jahr gab es immer wieder Berichte über einen möglichen Verkauf. (Wobei Metro ja gefühlt alle drei Wochen irgendwelche Geschäftsbereiche verkaufen will, und dann wieder doch nicht.) Dass es dazu nicht gekommen ist, begründet die Konzernspitze offiziell mit einem Sinneswandel. Der naheliegendere Grund wäre: Real hat einfach keiner haben wollen.

Das ist ein bisschen traurig, weil die Gruppe im deutschen Lebensmittelhandel zu den innovationsfreudigeren Unternehmen gehört. In den Filialen standen schon relativ früh Selbstbedienungskassen und im „Future Store“ werden kontinuierlich neue Techniken getestet, die das Einkaufen in Zukunft bequemer machen sollen. Das kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass das komplette Geschäftsmodell von Real nicht mehr so richtig in die Zeit passt.

Real betreibt ausschließlich SB-Warenhäuser, also Großmärkte, die (mit wenigen Ausnahmen) für Kunden ohne Auto kaum zu erreichen sind. Viele Leute gewöhnen sich den lästigen Großeinkauf ab, weil es Schöneres gibt als seine Samstagmittage auf Parkplätzen in Industriegebieten zu verbringen. Um nach Feierabend noch mal zwei Zutaten fürs Abendessen zu besorgen, verirrt sich niemand freiwillig zu Real. Und dass Kunden während des Einkaufs auch noch Fahrräder, Flachbildfernseher und Ersatzscheibenwischer angedreht kriegen, hat Real sicher ein prima Image als Gemischtwarenladen eingebracht. Aber wer vor allem gute Lebensmittel einkaufen will, geht doch eher woanders hin. „Einmal hin, alles drin“ kommt aus der Mode.

Das jetzige Konzept völlig über den Haufen zu werfen, dürfte schwierig sein. Wenn Real sich aber nicht grundlegend verändert, kann Koch sich schon mal im Ausland abschauen, worauf das hinausläuft. Europas größter Lebensmittelhändler Carrefour musste zuletzt deutliche Umsatzverluste verkraften, weil sich das neue Großflächenkonzept „Carrefour Planet“ trotz protziger Pläne als Totalreinfall entpuppte. Carrefour-CEO Lars Olofsson ist – unter anderem deshalb – gerade seinen Job losgeworden. In Großbritannien hat ausgerechnet Musterexpandierer Tesco mit sinkenden Marktanteilen zu kämpfen, unter anderem weil die Leute statt in den unwirtlichen „Tesco Extra“-Riesenläden lieber im Internet kaufen. Neue „Extras“ werden nicht mehr eröffnet, Tesco konzentriert sich auf kleinere Läden in der Stadt.

Die Zeit der Lebensmittelhangars und „Superstores“ neigt sich zumindest in Europa langsam dem Ende zu. Vielleicht redet der neue Metro-Chef im Moment nicht gerne darüber. Aber so wie jetzt wird es mit Real nicht lange weitergehen.

Foto: Supermarktblog

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