Statistik-Schnäppchen (2): Wie Bio sind die Deutschen?

Statistik-Schnäppchen (2): Wie Bio sind die Deutschen?

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Tomatendose mit Bio-Siegel

Sie kaufen gerne Bio-Lebensmittel? Wunderbar! Dann tun Sie was Gutes. Zum Beispiel der Ackerflora, den Insekten, Bienen, Schmetterlingen, Vögeln und dem Grundwasser – in Polen. Verstehen Sie nicht? Gleich aber schon.

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Im Jahr 2012 lag der Umsatz mit Bio-Lebensmitteln in Deutschland bei 7,04 Milliarden Euro – 6 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Das kommt nicht allein daher, dass mehr Bio gekauft wurde, sondern etwa zur Hälfte dadurch, dass die Preise für Bio-Produkte gestiegen sind.

Fast ein Drittel der europäischen Bio-Lebensmittel wird von den Deutschen gekauft. Im deutschen Markt entsprechen aber gerade einmal 3,9 Prozent der eingekauften Lebensmittel Bio-Kriterien.

9 Prozent aller in Deutschland verkauften Eier sind Bio.
4,5 Prozent der Milch ist biologisch erzeugt.
3 Prozent des gemischten Hackfleisches.
0,5 Prozent des Geflügels.*

Weil mehr Leute Bio kaufen wollen, steigt die Nachfrage. Viele Produkte werden aber gar nicht in Deutschland erzeugt, sondern aus dem Ausland importiert: Kartoffeln, Obst und Gemüse, Schweinefleisch, Milchprodukte. In Polen und Litauen ist die Fläche der Äcker, die ökologisch bewirtschaftet werden, von 2004 bis 2010 um 531 Prozent bzw. 290 Prozent gestiegen, in Deutschland nur um 29 Prozent. Jeder zweite bei uns verkaufte Bio-Apfel und jede zweite Bio-Möhre stamme bereits aus dem Ausland, heißt es in einer Studie der Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (pdf). Deren Fazit ist: „Der Ausbau des Bio-Landbaus in Deutschland stagniert und droht zu kippen.“ Positive Effekte des Ökolandbaus, vor allem im Naturschutz, gingen verloren.

Dafür stellen andere Länder ihre Landwirtschaft ganz konkret auf die hohe Nachfrage aus Deutschland ein. Die dortige Bevölkerung hat davon aber nix. In Polen, wo die Fläche für Ökolandbau förmlich explodiert ist (und die Fläche mit rund 521.000 Hektar 2010 schon mehr als halb so groß war wie in Deutschland), lag der Pro-Kopf-Umsatz für Bio-Produkte 2011 bei lediglich 3 Euro. In Deutschland waren es 81 Euro.

Damit schaffen’s die Deutschen im europäischen Vergleich auf den fünften Platz. Noch mehr investieren die Schweizer (177 Euro), die Dänen (162 Euro), die Österreicher (127 Euro) und die Schweden (94 Euro). In der Türkei und der Ukraine sind es durchschnittlich 0 Euro. Bei 27 Euro liegt das europäische Mittel.

Es gibt in Deutschland derzeit 23096 Bio-Bauern, die Zahl der Umsteiger wächst aber nur langsam. Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft schreibt dazu in seinem Jahresbericht (pdf), durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und die entsprechende staatliche Förderung sei „der Anbau von Maismonokulturen für Biogas-Anlagen besonders lukrativ – in der Konkurrenz um Pachtland ziehen Bio-Betriebe dabei häufig den Kürzeren“.

Viele Bauern geben die Bio-Produktion wieder auf. In Niedersachsen und Schleswig-Holstein war die Fläche, die 2010 zurück auf eine herkömmliche Bewirtschaftung umgestellt wurde, größer als die, die zum Ökolandbau wechselte. Als Grund wird die geringe Preisdifferenz zu konventionell hergestellten Lebensmitteln genannt: Weil die Zugewinne überschaubar sind, aber viele Regeln eingehalten werden müssen, sinkt der Reiz umzusteigen.

Die Zahl der Bioläden in Deutschland wächst kontinuierlich. Anfang 2013 gab es in Deutschland 684 Märkte mit einer Verkaufsfläche von mehr als 200 Quadratmetern.

Immer weniger Bioläden werden von unabhängigen Händlern eröffnet. Fast Dreiviertel aller Neueröffnungen gehen aufs Konto der drei großen Bioketten: Denn’s, Alnatura und Bio Company.

Mehr zum Thema: nächste Woche im Supermarktblog.

Haben Sie die ersten „Statistik-Schäppchen“ schon gelesen?

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Quellen: Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V.: Die Bio-Branche 2013 (pdf); Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn: Marktanteile im Segment Bio-Lebensmittel – Folgen und Folgerungen (pdf); Berliner Zeitung: Bauer auf Abwegen.

*(jeweils Januar bis November 2012; zurück nach oben)

Foto: Supermarktblog

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