Testmarkt in Berlin: Veganz kooperiert mit Kaiser’s

Testmarkt in Berlin: Veganz kooperiert mit Kaiser’s

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[Aktualisierung am Ende des Eintrags.]

Dreieinhalb Jahre ist es her, dass in Berlin der erste Veganz eröffnete, ein Supermarkt, der ausschließlich vegane Produkte im Regal stehen hat (siehe Supermarktblog). Gründer Jan Bredack hat sich sichtlich ins Zeug gelegt, damit es nicht dabei bleibt. In Kürze gibt es Veganz in sechs deutschen Städten, zuletzt hat ein Markt in Essen aufgemacht. Im Ausland ist „Europas erste vegane Supermarktkette“ bereits in Wien und Prag angekommen. Leipzig startet im November, weitere Läden sollen per Lizenzmodell folgen. (Warum die Transformation zur Kette wichtig ist, stand schon mal hier im Blog.)

"Yes Ve-Gan" in der "LP12 - Mall of Berlin" - oder wie wir Kunden sagen: vegane Lebensmittel im Shoppingcenter-Kaiser's

In der vergangenen Woche hat Veganz den nächsten Schritt gemacht, um vegane Lebensmittel aus der Nische rauszuholen und eine Kooperation mit Kaiser’s Tengelmann gestartet.

Im neuen Kaiser’s-Markt, der am Donnerstag im Rieseneinkaufszentrum mit dem Quatschnamen „LP12 – Mall of Berlin“ eröffnet wurde, gibt es eine Auswahl veganer Lebensmittel zu kaufen, über denen das Veganz-Logo hängt. (Schauen Sie mal ganz genau hin, hier:)

Im Untergeschoss der neuen Mall hat Kaiser's seinen State-of-the-Art-Supermarkt mit Veganz-Kooperation eröffnet

Außerdem weisen Bodenaufkleber (mit dem, ähm, Leitspruch: „Yes Ve-Gan“) auf die Sortimente hin. Der erste Eindruck ist ein wenig enttäuschend. Dass Kaiser’s nicht meterweise wertvollen Regalplatz (den Supermärkte zum Teil an Markenartikler verkaufen, damit die dort ihre Produkte präsentieren können) freigibt, war zu erwarten. Am Ende ist’s aber bloß eine kleine Kühltheke und ein „Gondelkopf“ (Supermarktdeutsch für Regalende) geworden.

Zu kaufen gibt’s unter anderem veganen Käse von Daiya, vegane Mayonaise, eine Reihe „Tofurkey“-Produkte, veganen Schokoaufstrich und Kekse, Soja-Medaillons usw.

Wer bewusst auf tierische Stoffe oder Zusätze verzichtet, dürfte allerdings wenig begeistert von der Präsentation sein, für die sich Kaiser’s entschieden hat. Die gekühlten Produkte sind zwar schon vom Eingang aus gut sichtbar, teilen sich aber den Platz im Laden mit zwei sehr unveganen Kühltruhennachbarn: Auf der einen Seite wartet eine üppige Käseauswahl darauf, gekauft zu werden; auf der anderen schließt eine Reihe fertig abgepackter Thunfisch- und Putenbrust-Sandwiches an, dazu gibt’s schön Hausmacher-Buletten. Und die Rückseite der Vegan-Truhe funktioniert als Beruhigung für Fleischesser: da ist auch wieder alles aus Tier.

Die veganen Lebensmittel haben nicht-vegane Kühlnachbarn an ihrer Seite

Ein bisschen sieht das aus wie ein Unfall. Ist es aber womöglich gar nicht: Weil das momentane Veganz-Sortiment bei Kaiser’s so überschaubar ist, dass ein Kompletteinkauf für Vollveganer sowieso unmöglich wäre.

Die Alternativlebensmittel im regulären Supermarkt sind ein Experiment. Kaiser’s kann sich damit schmücken, der Konkurrenz was voraus zu haben. Noch dazu holt der Partner eine Kompetenz in den Laden, die sonst mühsam hätte selbst aufgebaut werden müssen. Ist auch nicht das erste Mal: In einigen Filialen kooperiert Kaiser’s schon seit längerem mit der Bioladenkette Basic und bietet deren Produkte an. (Zusätzlich zur eigenen Biomarke „Naturkind“.)

Wie erfolgreich solche Kooperationen sein können, beweisen Alnatura und dm schon seit Jahren. Über den Vertrieb in den Drogerien war Alnatura mit seinen Eigenmarken bereits deutschlandweit präsent, bevor man dazu übergegangen ist, verstärkt eigene Märkte zu eröffnen (siehe Supermarktblog).

Für Veganz ist die Präsenz bei Kaiser’s wiederum nützlich, um vegane Lebensmittel in den Mainstream zu holen. (So wie das schon einmal mit Bio-Produkten passiert ist.) Deshalb ist die – durchaus prominente – Präsentation im Markt auch von Vorteil, wenn sie zwischen klassischer Wurst und Käse eingequetscht ist: weil die Produkte dort am ehesten von Kunden entdeckt werden, die sich (bislang) nicht für eine vegane Ernährung entschieden haben – aber trotzdem aufgeschlossen gegenüber Alternativen sind.

Auf Facebook deutet Veganz bereits an, dass es nicht bei diesem einen Kaiser’s-Laden bleiben könnte:

„Berlin ist erst der Anfang und ein Testmarkt. Andere Städte werden folgen, versprochen!“

* * *

Ergänzung vom 30. September: Auf Anfrage wird Veganz noch konkreter: „Ja, ein Roll-out auf weitere Filialen in Berlin ist zeitnah geplant. Auf Basis der Erfahrungen wird über eine nationale Listung gesprochen“, erklärt Sprecherin Susanne Borgmann. Auf den Kooperationsflächen würden 100 bis 200 vegane Produkte angeboten, abhängig von der Größe des Markts. Dafür schlage Veganz „aufgrund der langjährigen Erfahrung und Nähe zu der Zielgruppe ein Sortiment vor, das allerdings mit Kaisers eng abgestimmt wird“.

Auf die Frage, ob Veganz auch in andere klassische Supermarktketten gebracht werden solle, sagt Borgmann: „Wir sind derzeit mit einigen LEH-Anbietern im Gespräch. Ziel ist es, möglichst vielen Menschen den Zugang zu einem umfangreichen veganen Sortiment zu ermöglichen.“ Veganz wolle zwar in Metropolen neue Läden eröffnen, sehe sich aber nicht „in der Rolle des Nahversorgers“. Deshalb seien „Kooperationen mit starken Partnern“ wichtig.

Ob es durch größere Abnahmemengen mittelfristig zu Preissenkungen der Produkte kommen könnte, lasse sich noch nicht sagen. Borgmann: „Wir können die Preise für den Endverbraucher am Markt nicht vorgeben. Doch generell ist gaplant die Kosteneinsparungen an die Konsumenten weiterzugeben.“

Fotos: Supermarktblog

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16 Kommentare
  • Das mit den Basic-Artikeln ist mir mal bei einem Berlin-Besuch in der Kreuzberger Kaiser’s-Filiale am Kottbusser Tor aufgefallen – vor allem deswegen, weil die Preise bei Kaiser’s nach meiner Erinnerung deutlich höher waren als bei basic selbst. Was irgendwie schlecht zu deren Preiseinstiegsscheinen-Eigenmarken-Werbespruch „Bio für Alle“ passt. So richtig gut scheint’s nach meiner Vermutung auch nicht zu laufen, denn derzeit stehen in der Frankfurter basic-Filiale bei mir im Haus im Eingangsbereich lauter Pappaufsteller mit basic-Eigenmarken und dem aufgedruckten Hinweis „Verkauf im Auftrag von basic“. Die scheinen also usprünglich für Kaiser’s Tengelmann gedacht gewesen zu sein. In einer basic-Filiale wirkt dieser Hinweis nämlich etwas deplatziert…

  • Jedem das seine, aber bei Tofuwürsten, Analogkäse oder künstlicher Milch schüttelt es mich ja jedes Mal. Suchen Veganer wirklich vor allem nach solchen Ersatzprodukten die es auch mit dem Edeka „Fischleberkäse“ aufnehmen könnten? Das meiste davon braucht man doch eigentlich nicht oder nur sehr selten, zum Beispiel beim backen.

    Ich fände es ja schöner (und sinnvoller), wenn die Supermärkte mal mehr Gemüse und Obstsorten anbieten würden, statt die immer gleichen drei Sorten Tomaten und Äpfel. Wenn man sich mal ein paar Zahlen ansieht, ist der Rückgang an Artenvielfalt erschreckend:
    http://ngm.nationalgeographic.com/2011/07/food-ark/food-variety-graphic

    Diese Monokulturen haben auch ganz reale Auswirkungen beispielweise bei der Banane:
    http://www.scilogs.de/fischblog/das-ende-der-banane-wie-wir-sie-kennen/

    • Ein Anfang wäre gemacht, wenn wir uns nicht die ganze Zeit mit dieser Trennung i.S.v. „Ersatzprodukten“ aufhalten würden – es sind einfach nur Lebensmittel, die man essen kann (/= muss). Dabei ist es irrelevant, ob man sich als Veganer sieht oder nicht. Die Tatsache indes, dass „Tofuwürstchen, Analogkäse und künstliche Milch“ (was soll das sein?) nicht so irrsinnig selten, sondern sogar immer öfter in regulären Supermärkten angeboten werden, dürfte Ihre Frage, ob „Veganer wirklich vor allem nach solchen Ersatzprodukten“ suchen, auch entsprechend beantworten.

      Die Einlassungen zu Artenvielfalt und Monokulturen sind natürlich völlig richtig.

  • Was mich an dem Artikel am meisten überrascht: Es werden neue Kaisers-Filialen eröffnet? Hier in Köln gibt es drei (Die ich kenne).

    @peerSchader Geht es Kaisers/Tengelmann gut? Machen Sie doch mal was über die.

    • Nee, eher so mittel. Da wird sich sicher noch was tun in nächster Zeit.
      Wobei: Berlin ist ja Kaiser’s-Hochburg, hier eröffnet öfter mal eine neue Filiale.

    • Kaisers/Tengelmann hat ja bloß noch die Hochburgen, außer dass die Ränder teils dünner besiedelt sind. Rhein/Ruhr hat halt nicht ganz die Dichte von München und Berlin. In der gut gemachten Filialsuche kriegt man leicht einen Überblick. Wobei die innerstädtischen Filialen in München häufig sehr klein sind.

      Wenn sie aufhören würden, ihr Filialnetz zu erneuern, könnten sie gleich zumachen. In München gibts nicht nur gelegentlich neue Filialen, sondern auch die alten sind überwiegend in einem guten Zustand. Auch kleine Filialen wirken recht einladend und haben weder die Protzigkeit von Edeka noch die Sterilität von Rewe. Preislich ist Tengelmann aber ziemlich am oberen Ende.

  • Die Eröffnung von eigenen Alnatura-Filialen im weiteren Umkreis hat bei uns dazu geführt, dass die wesentlich breiter gestreuten dm-Filialen viele Alnatura-Artikel ausgelistet haben. Schade, denn die nächste Alnatura-Filiale ist 35 km entfernt, der nächste dm 1,5 km.

    • In unseren dm-Filialen fehlt seither das gesamte Alnavit-Programm (Diätprodukte von Alnatura) und auch bei den Brotaufstrichen und beim Kleingebäck scheint mir einiges ausgelistet worden zu sein. Getreide und Tees sind hingegen geblieben.

  • Beispielhaft für die Expansion von veganen Produkten in klassischen Supermärkten ist tegut… Besonders in Studentenstädten (bspw. in Jena) ist das vegane Angebot groß und wird dort auch rege genutzt. Kaiser’s scheint hier einfach bloß auf den Trend aufzuspringen bevor sie mal wieder die Letzten sind und das Nachsehen haben.

    • Ich glaub, 100 bis 200 Produkte sind schon mal gar nicht so schlecht, wenn ich mir ansehe, wie langsam Rewe und Edeka mit vegetarischen Produkten in die Gänge kommen. Hier in Berlin ist Kaiser’s im Veggie-Sortiment sowieso schon nicht so schlecht und hat vor längerer Zeit erkennbar aufgestockt. Ich glaub, diesmal tun Sie Kaiser’s unrecht.

    • Wobei die „vegetarischen“ (oder „veganen“) Produkte eigentlich nur (Halb-)Fertigfraß oder Designerfood sind, die im Zweifelsfall zulasten originär veganer Produkte am anderen Ende gehn (z.B. Mehl in spezielleren Ausmahlgraden). Je höher der Verarbeitungsgrad ist, desto schwieriger wird es halt, auf alle möglichen Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen. Auch wenn die Sortimente immer breiter bzw. tiefer werden, lässt sich da eine gewisse Uniformität nicht verhindern, und bei der gibt halt primär der Mainstream den Ton an.

  • „Jedem das seine, aber bei Tofuwürsten, Analogkäse oder künstlicher Milch schüttelt es mich ja jedes Mal. “
    Da kann man mal sehen, wie Gehirnwäsche auch den letzten Rest an für die Tierverwertungsindustrie „gefährlichen“ Überlegungen hinwegwischen kann.
    MICH schüttelt es bei dem Gedanken, dass Menschen sich Leichenfleisch reinpfeifen, besonders dann, wenn es in durch den Wolf gedreht in etwas verkauft wird, durch das monatelang der Kot des Tieres durchgerutscht ist, dass Menschen, gar bis ins hohe Alter, wie Tiersäuglinge an einem Tiereuter nuckeln und sich artfremde Keimzellen hinter die Kiemen schieben, die Hühner im Akkord aus ihren vereiterten Hintern quetschen müssen.
    Alles klar?

    • Ihr aggressiver Tonfall hilft nicht, Ihr Argument zu stützen, es steht ihm eher im Weg. (Kleiner Tipp von mir.) Und auch wenn Diskutanten hier unterschiedlicher Meinung sind, bemühen sich die meisten um Höflichkeit.

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