Machen Asda, Rewe und Kaufland Abholboxen für Lebensmittel zum Einkaufsstandard?

Machen Asda, Rewe und Kaufland Abholboxen für Lebensmittel zum Einkaufsstandard?

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Die britische Walmart-Tochter Asda macht Tankstellen zu Abholstationen für Online-Bestellungen. Rewe experimentiert noch zögerlich mit Boxen, hätte aber schon den richtigen Partner. Und Kaufland plant Pick-up-Stationen in Berlin.

Partner:

Anfang März gaben Rewe und Aral bekannt, dass aus ihrem Tankstellen-Techtelmechtel eine ernstzunehmende Affäre wird: Zwei Jahre hatten die beiden Unternehmen getestet, wie Rewes Minimarktkonzept Rewe to Go (das auch in Innenstädten ziemlich tankstellenhaft aussieht) an zehn Aral-Standorten bei den Kunden ankommt. Offensichtich: ziemlich gut.

In diesem Jahr sollen deshalb 50 weitere Stationen Rewe to Go eingebaut kriegen, 2017 kommen 200 weitere dazu. Insgesamt sollen es bis zu 1000 werden.

Mit Tests und Partnerschaften hat sich die britische Walmart-Tochter Asda ein Jahr zuvor gar nicht erst aufhalten wollen. Und stattdessen 15 Tankstellen vom unabhängigen Betreiber Rontec gekauft, um ihr eigenes Logo dranzuhängen und kleine Supermärkte hinter den Zapfsäulen betreiben zu können.

Auftanken und einkaufen

In vielen Ländern betreiben große Supermarktketten in ihren Einkaufsparks ganz selbstverständlich Tankstellen unter eigenem Namen. Rewe hat im Zuge des Deals mit Aral vorgerechnet, weshalb das nicht nur Sinn ergibt, wenn man Kunden in riesige Einkaufshangars am Stadtrand locken will:

„Inzwischen werden durchschnittlich über 60 Prozent des Einkommens der Aral Tankstellenunternehmer im Shop erwirtschaftet. Die Autowäsche und der Verkauf von Kraft- und Schmierstoffen steuern jeweils einen Anteil von rund 15 Prozent zum Ertrag der Partner bei.“

Für Asda hat der Tankstellenerwerb aber noch einen anderen wichtigen Zweck erfüllt: Die britische Kette ist dadurch an Orten vertreten, wo keiner ihrer Superstores in der Nähe liegt, und kann neue Kunden dazu gewinnen: solche, die ihren kompletten Wocheneinkauf an der Tankstelle erledigen. Weil sie sich ihn in die Abholstationen bestellen, die Asda dort aufgestellt hat.

https://www.youtube.com/watch?v=CBD8kIWvof0

Supermarktblog-Leser kennen die Boxen bereits: Sie funktionieren wie Packstationen, können aber dank unterschiedlicher Temperaturzonen auch gekühlte oder tiefgefrorene Lebensmittel einlagern.

Und zwar richtig, richtig viele, wie dieses Modell des Herstellers ByBox an einer Asda-Tankstelle im Londoner Osten eindrucksvoll demonstriert:

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Geöffnet wird die Box per QR-Code oder PIN, den die Kunden nach ihrer Bestellung per Mail erhalten.

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Zugleich nutzt Asda die „Click & Collect Locker“ auch als Abholstation für Bestellungen der konzerneigenen Klamottenmarke „George“ und ist dem Konkurrenten Amazon, dessen „Locker“ (bislang) keine Kühlfächer haben, mit den Multifunktionsboxen einen großen Schritt voraus.

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Wenige Monate nach dem Tankstellen-Einkauf hat sich Asda die Innovationsführerschaft dummerweise von der eigenen miesen Bilanz verhageln lassen: Die britischen Supermärkte haben Probleme, sich gegen die Erfolge von Aldi und Lidl durchzusetzen, die ihnen Kunden abluchsen, und Asda leidet darunter besonders. Deswegen gab Geschäftsführer Andy Clarke bekannt, die Investitionen in Click & Collect deutlich zurückzufahren und sich wieder stärker aufs Kerngeschäft zu konzentrieren.

(Vor wenigen Tagen hat die Konzernmutter Walmart schließlich Clarke zurückgefahren und einen neuen Asda-Chef berufen, der hinten wieder Clarke heißt, vorne aber Sean.)

Dabei war es gar keine schlechte Idee, Aldi und Lidl nicht bloß hinterher zu hecheln, sondern den Discountern auch was vorauszuhaben: einen umfassenderen Service zum Beispiel, mit praktischen Abholstellen und neuen Filialtypen. (Aber, hey, Walmart wird schon wissen, was es tut.)


Auch im deutschsprachigen Raum setzt sich langsam die Erkenntnis durch, dass Abholstationen für Lebensmittel künftig an Bedeutung gewinnen könnten, wenn mehr Kunden online bestellen. Rewe experimentiert bislang eher zögerlich mit einer einzigen Box, die auf dem Parkplatz eines Markts in Fürstenfeldbruck steht (siehe Supermarktblog).

Kunden können für die Abholung derzeit zwischen drei Zeitfenstern auswählen (9 bis 13 Uhr, 14 bis 19 Uhr, 20 bis 23.59 Uhr) und zahlen dafür zwei Euro, was nur geringfügig günstiger ist als die Zustellung nachhause (die in Fürstenfeldbruck bislang aber nur sehr eingeschränkt funktioniert). Ab 100 Euro Einkaufswert entfällt die Gebühr. Mindestbestellwert gibt es aktuell keinen. Bezahlt wird direkt an der Box mit EC- oder Kreditkarte.

Kein Pfand, kein Alkohol, kein Hack

Die Nachteile sind: Ausgerechnet sonntags gibt’s aktuell keine Abholtermine. Pfandflaschen und -kisten können nicht in der Box zurückgegeben werden, dafür müssen Kunden doch wieder in den Laden. Folglich stellt Rewe auch keine Getränkekisten in die Station ein. Auch Tabak, Spirituosen, Alkohol und Hackfleisch sind vom Verkauf über die Box ausgeschlossen. Für die Grillparty-Bestellung eignet sich die Abholstation also eher nicht.

(Anders zum Beispiel als bei Metzgerei Klassen in Temmels bei Trier; bei der klappt das offensichtlich ziemlich gut.)

Sollte sich der Boxen-Test als Erfolg herausstellen und Rewe den Service in andere Städten bringen wollen, wäre die Partnerschaft mit Aral Gold wert: weil Rewe mit Abholstationen an Tankstellen auch dorthin rücken könnte, wo bislang nur die Konkurrenz in der Nähe ist. Und Aral zur regelmäßigen Anlaufstelle für Wocheneinkäufer würde. Davon könnten beide Unternehmen profitieren.

Erfahrungen mit Abholstationen sammelt auch die österreichische Handelskette Unimarkt, die mit dem Münchner Draußenkühlschrank-Entwickler Emmas Box kooperiert, der seine Boxen nach Deutschland bringen will (siehe Supermarktblog). Ein naheliegender Partner dafür wäre: Kaufland.

Kaufland plant mit „Pick-up“

Wie die „Lebensmittel Zeitung“ berichtet, will der Großflächen-Discounter seinen Kunden in wenigen Monaten ebenfalls die Online-Bestellung von Lebensmitteln ermöglichen, um nicht den Anschluss zu verpassen. Derzeit wird in Berlin ein Test vorbereitet. Aus Stellenanzeigen geht hervor, dass Mitarbeiter „für die Erstellung der Tagestourenplanung von Kundenlieferungen und Pick-up-Stationen zuständig“ sein werden. Offensichtlich plant Kaufland, Abholstationen von Anfang an zu einem festen Bestandteil seines Online-Tests zu machen.

Vermutlich aber, ohne sich vorher einen Satz Tankstellen dafür einzukaufen.

Fotos: Supermarktblog


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9 Kommentare
  • Warum will irgendjemand online bestellen, und dann aber zum Abholen hinfahren?
    (Ehrliche Frage, weil offensichtlich kommt es ja gut an, aber ich versteh’s nicht warum).

    Für mich ist das das Schlechte aus beiden Welten:
    Wenn ich schon hinfahre, dann will ich auch selbst auswählen, sehen ob die Bananen heute reif sind, und stöbern.
    Und wenn ich dagegen online bestelle, will ich eben NICHT rumfahren und schleppen müssen.

    • Das wird wohl so sein:
      Manchmal ist die Heimlieferung nicht flexibel genug, insbesondere wenn Verbraucher schon 1-2 Tage vorher einen fixen Slot vereinbaren müssen, zu dem sie auch garantiert zu Hause sind.

      Und bei Click & Collect wird es wohl weniger der Use Case „online bestellen, und dann zum Abholen hinfahren“ sein, sondern eher „online bestellen, und eine Collect-Station auswählen, die eh auf dem (Heim)Weg liegt“. Das ist dann immer noch deutlich angenehmer, als sich im Berufsverkehr um 18.30 Uhr ins Supermarkt-Getümmel zu stürzen, mit Einkaufswagen-Nahkampf, Kassenschlangen und (in den Innenstädten) Parkplatzchaos… 😉

    • Ich vermute mal, es geht den Abholern um eine größere zeitliche Flexibilität: bei der Haustürlieferung muss ich innerhalb eines mindestens dreistündigen Zeitfensters zu Hause sein, was bei Menschen mit Gleitzeit-Arbeitsplätzen oder familiären Verpflichtungen schwierig sein kann. Da ist es womöglich einfacher, irgendwann am Nachmittag mal, wenn es gerade passt, an der Tanke / Abholstation / Laden vorbeizufahren und flugs die fertig gepackte Box einzuladen, anstatt noch eine halbe Stunde lang durch den Laden hecheln und an der Kasse anstehen zu müssen.

      Ist jetzt nur meine Vermutung, ich selbst käme mangels Auto nämlich nicht auf diese Idee. Ich bin ebenfalls großer Fan der Haustürlieferung.

  • Ja mag vielleicht stimmen, aber am Sonntag ist geht doch immer noch nix ….
    Und der sonntag ist ja nun mal der stärkste Einkaufstag der Woche ….

    • Absolut. Ich frage mich, wann diese Erkenntnis mal in Deutschland ankommt. In England sind viele Läden sonntags offen, in Frankreich gibt es sonntagmorgens Märkte mit regionaler Ware. Aber hier wird lieber gejammert, dass die Leute immer mehr online bestellen.

  • Also ich fahr einfach weiterhin zu Carrefour, Tesco und Auchan und komm damit sicher auch ganz gut zurecht, auch wenn es am Sonntag da immer recht voll ist in den Läden ….

    • Carrefour-Tesco-Auchan in Kombination? Glücklich, wer so nah an Polen wohnt…
      Oder rate ich daneben? 😉

    • Nein, vollkommen richtig.

      :o)

      Ich wohn in Görlitz-Zgorzelec, arbeite in Zittau.
      Einkauf passiert dann halt normal in Zgorzelec – Bogatynia – Liberec – Frydlant.
      Oder eben halt in der näheren Umgebung um diesen Kreis ….

      Und ja, ich bin schon recht glücklich jetzt hier zu wohnen.

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