Lidl testet Smartphone-Coupons an der Kasse – bald auch in Deutschland?

Lidl testet Smartphone-Coupons an der Kasse – bald auch in Deutschland?

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Supermärkte und Discounter installieren neue Kassenscanner, die auch QR-Codes von Kunden-Smartphones lesen können. In den USA testet Lidl bereits, was sich damit alles anstellen lässt.

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Was sind das eigentlich für Metalltulpen, die da seit einiger Zeit aus den Kassen bei Rewe und Lidl wachsen? Und vor allem: Wozu?

Offiziell heißen die Tulpen „Top Down Lesegeräte“ bzw. „Top Down Reader“ (TDR) und sind (möglicher) Bestandteil moderner Image-Scanner, wie sie zum Beispiel die italienische Firma Datalogic herstellt. Die denkt sich nicht nur schnittige Namen für ihre Supermarktgerätschaften aus (in diesem Fall: „Magellan 9800i“), sondern sorgt an der Kasse nach eigenen Auskünften auch für „maximalen Warendurchsatz“ – also dafür, dass es bei Ihrem nächsten Einkauf so richtig flutscht.

Die Erkennung der Produkte im „Magellan 9800i“ basiert auf elektronischer Bildverarbeitung und muss sich nicht mehr auf klassische Barcodes beschränken, sondern erfasst z.B. auch digitale Wasserzeichen. Mehrere eingebaute Lesefelder sollen dafür sorgen, dass Kassierer bzw. Kassiererinnen die Artikel nicht mehr nach allen Seiten drehen müssen, um sie zu erfassen – bei Bedarf eben auch über einen zusätzlichen Top Down Reader, der das Produkt von oben registriert.

Im Zweifel ist die Installation in den Märkten also bloß eine Investition der Handelsketten in die Zukunftsfähigkeit ihrer Kassen.

Weil die TDR-Tulpen allerdings auch über ein zur Kundenseite ausgerichtetes Lesefeld verfügen („Customer Facing Reader“), ergeben sich für die Supermärkte zusätzliche Möglichkeiten. Rewe hat auf Nachfrage des Kollegen Hanno Bender vom Bargeldlosblog bei Twitter bereits verraten, für was die Reader auch benutzt werden sollen: zum Scannen digitaler Payback-Karten. (Ungefähr so.)

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(Und ab nächster Woche vermutlich auch für die neue Mobil-Bezahllösung Payback Pay, bei der Kunden einen auf dem Smartphone erzeugten QR-Code einlesen lassen, um den Betrag von ihrem Konto abgebucht zu kriegen.)

Bleibt immer noch die Frage, was Lidl damit anfangen will. Immerhin werden auch dort die Kassen vieler Filialen seit einiger Zeit entsprechend nachgerüstet.

Mission: Kundentreue

Möglich wäre, dass der Discounter das selbst noch nicht so genau weiß, aber sich alle Optionen für die Zukunft offen halten will und deshalb in die Umrüstung investiert.

Ebenfalls denkbar ist, dass Lidl sich bei seiner voranschreitenden Supermartkwerdung darauf besinnt, ein eigenes Treueprogramm zu starten, möglicherweise sogar mit Kundenkarte, die an der Kasse gescannt werden könnte. (Kleinere Discounter haben sich mit Treueprogrammen zuletzt allerdings schwer getan; siehe Supermarktblog.)

Oder Lidl geht einen eigenen Weg – und setzt ganz einfach auf Coupons, wie Supermarktblog-Leser Peer L. auf Twitter bereits vermutet hat.

Mit solchen, die aus dem wöchentlichen Handzettel rausgeschnitten werden müssen, hat der Discounter in der Vergangenheit ja schon experimentiert, hier eine Aktion aus 2016:


Ausriss: Lidl / via discountfan.de

Es gibt aber noch eine viel praktischere Lösung. Die testet der Handelskonzern aktuell in den USA, wo im Juni – begleitet von einem beachtlichen Medienhype – die ersten 15 Lidl-Filialen eröffnet haben (größer, bunter und sehr viel Eigenmarken-lastiger als ihre europäischen Vorbilder; Supermarketnews.com hat einen Überblick, siehe dazu auch Supermarktblog).

Ein QR-Code für alle Coupons

Um ihnen kontinuierlich die Vorzüge des deutschen Lebensmittel-Discounts kommunizieren zu können, lockt Lidl USA Kunden in seine Smartphone-App (Android, iOS). Dort lassen sich – nach Anmeldung – nicht nur persönliche Einkaufslisten erstellen. Im wöchentlichen Wechsel gibt es auch digitale Coupons, die nach dem Payback-Prinzip aktiviert werden müssen, um einzelne Produkte günstiger zu kriegen: Auf Erdnussbutter gibt’s 15 Prozent Rabatt, „Chicken Popcorn Bites“ sind 50 Cent günstiger, der Honig im lustigen Bärentöpfchen ebenfalls (usw.).


Screenshot: lidl.com/Smb

Die Einlösung funktioniert (etwas versteckt) über das Kundenprofil, in dem es die Option gibt:

„Scan qr code to apply your coupons“

Der darüber erzeugte QR-Code integriert automatisch alle im eigenen Account aktivierten Coupons – und muss nur noch beim Bezahlen eingelesen werden.


Screenshots: Lidl US/Smb

Wie praktisch, dass die Kassen in den amerikanischen Lidl-Filialen scheinbar dieselben sind wie hierzulande (nach der Umrüstung) und ebenfalls über Top Down Reader verfügen. Zumindest lässt sich das auf dem Foto von Getty Images erahnen:

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von embed.gettyimages.com zu laden.

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Die Coupon-Lösung wäre für Lidl auch in Deutschland ein cleverer Schachzug. Weil der Discounter damit einerseits Kunden zur Online-Registrierung motivieren und sich damit direkten Zugang zu ihnen erschließen könnte. Und weil sie andererseits so herrlich einfach (bzw. Discount-affin) ist.

Plastikkartenfrei in die Zukunft?

Komplizierte Punktesammel- und Einlöseverfahren werden vermieden, am Ende zählen bloß die in der App aktivierten Coupons. Plastikkarten müssen gar nicht mehr ausgegeben werden. Damit würde sich Lidl die aufwändige Digitalisierung sparen, mit der alle seit längerem aktiven Treueprogramme im Handel derzeit konfrontiert sind. (Bei älteren bzw. weniger technikaffigen Kunden könnte das freilich für Ärger sorgen.)

Die Technologie dafür ist offensichtlich schon da. Sobald die Kassen in allen Märkten – bzw. allen Märkten einer möglichen Testregion – umgerüstet sind, ließen sich Coupons auch in die deutsche Lidl-App integrieren und die Reaktionen der Kunden testen. Mit über 3.000 Filialen in Deutschland hätte Lidl in jedem Fall das Potenzial, zu beweisen, dass Kundenbindung beim Lebensmitteleinkauf im großen Stil auch ohne externe Anbieter wie Payback und DeutschlandCard funktionieren kann.

Ach so, und: Die lustigen Gemüsekumpels, die derzeit als Produktbild-Platzhalter in der App und Begrüßungskommando in den amerikanischen Läden unterwegs sind, kriegen wir dann auch bitte, ja? Wie finden Sie das, Frau bzw. Herr Brokkoli?

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Nachtrag: Eine Lidl-Sprecherin erklärt auf Supermarktblog-Anfrage:

„Um den Service für unsere Kunden kontinuierlich zu erweitern und die Arbeitsprozesse für unsere Mitarbeiter zu erleichtern, testet Lidl stetig neue Innovationen wie zum Beispiel Kassensysteme mit Top Down Readern. Bis August stattet Lidl Deutschland bundesweit alle Filialen damit aus und schafft so die technischen Voraussetzungen, um bei Bedarf kurzfristig entsprechende Systeme einführen zu können.

Eine Einführung einer entsprechenden App-Lösung ist bei Lidl Deutschland zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorgesehen, für die Zukunft jedoch nicht ausgeschlossen.“

Und Penny besteht darauf, mit der Idee Erster gewesen zu sein.


Vielen Dank für die Themen-Inspiration an Supermarktblog-Leser Peer L., der unter kreuzundpeer.de übers Reisen bloggt (mit Supermarkt-Inhalten)!
Fotos: Supermarktblog"

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16 Kommentare
  • Penny macht es derzeit schon so wie Lidl: In der Smartphone-App aktiviert man die gewünschten Coupons, an der Kasse wird dann mit der Tulpe ein QR-Code gescannt und alle Coupons werden auf einen Schlag verrechnet.

  • Wirklich eine spannende „News“, die wir hier zu lesen bekommen. Penny bietet seinen Kunden in Deutschland schon seit 2 Jahren über die Penny-App die Möglichkeit, mit dem Handy Coupons einzulösen. Manchmal sollte man auch mal links und rechts der Marktführer nach „Innovationen“ Ausschau halten, in der Regel entstehen die nämlich genau dort….
    Herzliche Grüße an den Autor dieses zumeist „unterhaltsamen“ Blogs von einem „innovativen Underdog“ 😉

    • Glückwunsch – nee: „Glückwunsch“, Herr Magel, und danke für den Hinweis. Ich wollte aber eigentlich gar keinen Wettstreit draus machen, wer die Idee zuerst hatte. Sondern bloß kurz die Metalltulpen erklären, über die sich viele Kunden in den Läden wundern. Super, dass Penny so experimentierfreudig ist. In welchem Umfang werden die Sparcoupons denn genutzt?

    • Die Coupons werden doch in größerem Umfang genutzt. Desöfteren gibt es 5 Euro Rabatt ab 40 Euro Einkaufswert bzw. auch mal 10 Euro ab 80 Euro, dazu noch 10 oder mehr Prozent auf verschiedene Warengruppen (Obst, Gemüse, Penny to go, Müslis, etc.) oder auch direkt auf einzelne spezifische Produkte. Da die Coupons wöchentlich Wechseln, gucke ich doch jede Woche mal in die App.

    • Danke für die Ausführung! Ich meinte an Herrn Magel gerichtet aber eher, in welcher Größenordnung Penny-Kunden die Coupons an der Kasse auch nutzen. Wäre sehr interessant, ob das die Masse erreicht oder bloß sehr sparaffine Smartphone-Nutzer.

  • Bei Rewe kann man übrigens nicht nur die „digitalen“ sondern auch die guten alten Plastik-Payback-Karten mit den „TDR-Tulpen“ einscannen. Während der Kassiervorgang läuft. Klappt mit etwas Übung prima. Bin sicher, dass man ab dem 17.7. dann auch mit Payback Pay an der Tulpe bezahlen kann.

  • Danke für den Artikel.
    Jetzt weiß ich auch, warum der Lidl hier um die Ecke im Steindamm in Hamburg für mehrere Wochen geschlossen hatte und am Ende – trotz Ankündigung am Laden – nicht wirklich viel passiert ist.
    Scheinbar wurden nur die Kassen ausgetauscht und ein bisschen was an der Elektrik unter der Deckenabhängung gemacht (soweit ich beobachten konnte).
    Die haben die Zeit des Stillstands nicht mal genutzt, um den alten Fliesenboden mal ordentlich zu reinigen.

  • Ich muss aber mal fragen, was dieses ganze Coupon-Gedöns überhaupt soll.

    Wesentlich einfacher (und wie oben geschrieben disountmäßiger) wäre es doch, einfach die Ware sofort als Sonderangebot runtergesetzt auszupreisen. Mir ist dieses ganze Geschnippel, Aktivieren und darauf achten, dass ich wirklich auch noch den letzten Cent bei einem Angebot beachtet habe, einfach zu viel Stress und schlicht überflüssig.
    Der sehr (wegen der ständigen und sauteuren Werbung in der Blöd-Zeitung) unsympathische Penny wird jedenfalls mit seiner App jedenfalls von mir nur müde belächelt. Und wenn Lidl mit dem Quatsch jetzt auch noch anfängt, steigen sie nur noch eine weitere Stufe in meiner Beliebtheitsskala ab (das Untergeschoss ist da bald erreicht).

  • Bei mir wurde der neu eröffnete Kaufpark-Rewe im vergangenen Herbst gleich mit den Tulpen (danke dafür) ausgestattet – und die VerkäuferInnen offenbar auch sofort darauf geschult, denn wenn man die Payback-Karte aus der Gewohnheit heraus noch persönlich überreichen wurde, wurde auch schon in der Eröffnungswoche sehr ruppig und patzig reagiert, dass man die selbst scannen müsse. Gefragt, ob man eine Payback-Karte hat, wird man aber natürlich dennoch weiterhin.

    Die App-Coupon-Lösung wie bei Lidl fände ich gut. Rossmann macht es ja hierzulande schon so und die nutze ich recht aktiv. Nur gibt es da ja noch keine Tulpen und die Kassiererinnen müssen noch selbst mit dem handscanner ran, was nicht immer gut geling.

  • ANSCHEINEND und nicht scheinbar. Sowohl im Artikel als auch in einem Kommentar wird „scheinbar“ verwendet. Das ist einfach falsch. Oder sind die Aussagen so gemeint, dass der beschriebene Vorgang tatsächlich nicht stattgefunden hat? Dann wäre scheinbar korrekt.

  • Hallo, habe da ne Frage zu den „Tulpen“ mit dem Fadenkreuz! Was muss ich wie, woran halten damit der QR Code vom Smartphone richtig und schnell gescannt wird? Habe da keine Erfahrungen mit dem System und komme mir was doof vor wenn die Kassiererin sagt: „auf das Kreuz Zielen!“ und ich Wedel mit dem Smartphone darum.
    Hab versucht bei YouTube nen Clip zu finden der es mal zeigt, leider Fehlanzeige!
    Hat jemand da mal ein paar Tipps für mich? Würde mich freuen!
    LG
    TheEvil74

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