Papiersparen für Drogeriekunden: dm verzettelt sich ins Internet

Papiersparen für Drogeriekunden: dm verzettelt sich ins Internet

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Die Drogeriekette dm bietet seit kurzem an, beim Einkauf statt eines klassischen Kassenzettels einen so genannten „E-Bon“ zugestellt zu bekommen, der gleichzeitig „innovativ“ und „nachhaltig“ sein soll, weil für den keine Thermopapierwälder abgeholzt werden müssen. Und weil dafür dieses brandneue elektronische Postsystem genutzt wird, na, wie heißt das noch gleich? Genau: Email. Die Teilnahme an der Aktion verbessert Ihr kosmisches Karma freilich nur dann, wenn Sie keinen Atomstrom benutzen, um den Rechner oder das Smartphone aufzuladen, mit dem Sie den „E-Bon“ kurz nach dem Bezahlen im Posteingang abrufen können. (Was tatsächlich ziemlich gut klappt.)

Das digitale Zettelchen spart natürlich nicht nur Papier, sondern vor allem dm die Kosten für den Drucker. Aber da wollen wir mal nicht so sein, sondern eben: „innovativ“ und „nachhaltig“.

Ist auch ganz einfach.

Um Papiersparer zu werden, benötigen Sie lediglich eine Payback-Karte. Haben Sie nicht? Dann müssten Sie sich erstmal bei Payback anmelden, um Bonuspunktesammler zu werden (und alle paar Wochen Papierprospektpost von dm zu kriegen). Mit Ihrer Payback-Nummer melden Sie sich dann im Internet für den „E-Bon“ an. Kichern Sie nach dem Einkaufen an der Kasse nicht zu laut, wenn die Kassiererin automatisch zum Druckerschlitz greift und irritiert ist, weil da ja kein „E-Bon“ rauskommt.

Kommt doch ein Zettelchen, haben Sie nicht bar bezahlt, denn das ist Voraussetzung für die „E-Bon“-Zustellung. Mit der EC-Karte gibt’s auch für angemeldete Nutzer einen Papierbeleg dazu („aus rechtlichen Gründen“, sagt dm.) Papier gibt’s ebenfalls, wenn Sie Ihre Paybackkarte vergessen haben. Die braucht die dm-Kasse, um Sie als Papiersparer zu erkennen. Oder Sie haben eine Payback-Partnerkarte. Mit der geht’s auch nicht auf Anhieb. Oder Sie haben dienstagmorgens zu einer ungeraden Uhrzeit beza… – nein, das ist natürlich Quatsch.

Seit Mitte September haben sich 2300 Nutzer als „E-Bon“-Nutzer registriert. Bis Ende des Jahres soll die Zahl auf 3000 steigen. Die Drogeriekette verspricht außerdem, keine überflüssigen Werbemails oder Coupons per Email rauszuschicken. Sechs Monate will dm die Digitalzettel speichern, und wer das in irgendeiner Weise datenschutzrechtlich bedenklich findet, wird augenblicklich ausgelacht, weil er als Payback-Kunde sowieso sein komplettes Einkaufsverhalten auswerten lässt.

Roman Melcher, Mitglied der dm-Geschäftsführung und verantwortlich für IT, beantwortet noch ein paar weitere Fragen zum „E-Bon“.

* * *

Wenn dm Kosten für Thermopapier und Drucker sparen möchte, warum fragt das Kassenpersonal dann nicht alle Kunden, ob sie überhaupt einen Bon benötigen? Dann würden auch Nicht-Payback-Kunden entscheiden können, ob sie einen Papierbeleg benötigen.

Roman Melcher: In erster Linie geht es uns darum, unseren Kunden mit dem dm „E-Bon“, der aus Identifikationsgründen an ein Payback-Konto geknüpft ist, eine nachhaltige und praktische Alternative zum gedruckten Kassenbon zu bieten. Die Kostenersparnis für Papier und Thermodrucker ist dabei nur ein angenehmer Nebeneffekt. Vielmehr sehen wir den „E-Bon“ als Serviceleistung für unsere Kunden, da dadurch der Kassendurchlauf beschleunigt wird und die Wartezeiten verkürzt werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Tatsache, dass sich die dm-Kunden hier bewusst für eine nachhaltige und ressourcenschonende Variante entscheiden können.

Was ist mit den Kunden, die per EC-Karte und PIN bezahlen?

Melcher: Bislang steht die ausschließliche Nutzung des dm „E-Bons“ nur bei Barzahlung zur Verfügung, bei der Zahlung mit EC-Karte sind wir aus rechtlichen Gründen verpflichtet, einen Zahlungsbeleg in Papierform direkt an der Kasse auszuhändigen. Parallel hierzu erhalten für das Verfahren angemeldete Kunden jedoch die Vorderseite des Belegs auch als E-Bon. Ob es in Zukunft auch für Kartenzahler möglich sein wird, ganz auf den Papierbeleg zu verzichten, wird derzeit noch im Hinblick auf rechtliche Vorgaben geprüft.

Ist geplant, „E-Bon“-Kunden individuelle Angebote oder Coupons für Vergünstigungen mitzusenden?

Melcher: Die Daten, die die Kunden bei der Anmeldung angeben müssen, werden von dm ausschließlich dazu verwendet, zu prüfen, ob das angegebene Payback-Konto existiert sowie um den Kunden bei seinem Einkauf zu identifizieren. Es ist in keiner Weise geplant, die von den Kunden angegebenen Daten für Marketingzwecke wie Werbemails oder spezielle Angebote zu nutzen.

Nutzer von Payback-Zusatzkarten, die auf dasselbe Konto angemeldet sind, erhalten keinen Zusatzbon. Ist das beabsichtigt?

Melcher: Wir möchten unseren Kunden, die Zusatzkarten eines Payback-Kontos nutzen, die Möglichkeit bieten, selbst zu entscheiden, ob sie lieber einen dm „E-Bon“ oder einen Papierbeleg erhalten möchten. Sofern beide Kunden dm „E-Bons“ wünschen, haben sie auch die Möglichkeit, sich ihren Beleg an ihre eigene E-Mail-Adresse schicken zu lassen.

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Eins wollen Sie bestimmt noch wissen: Stirbt jetzt der Kassenzettel aus?

Nee, keine Angst. dm ist beim „E-Bon“-Verschicken nämlich die Ausnahme. Die meisten anderen Händler thermodrucken in ihrer Coupon-Ausgabesucht inzwischen nämlich, bis die Rolle raucht. Drogerie-Konkurrent Rossman zum Beispiel quetscht seine Einkaufsbelege so sehr mit Werbung, Gewinnspiel-Glückscodes und Veranstaltungs-Rabattcoupons zu, dass die bald eine eigene ISBN-Nummer gebrauchen könnten (siehe Foto).

Und aus den Kaiser’s-Kassen kommt gleich ein ganzes Flatterband an Zusatzbons, das dreifach gefaltet werden muss, um in die Geldbörse zu passen. Das liegt in Berlin unter anderem an den unzähligen Gutscheinen, mit denen Kaiser’s seinen Bringmeister-Lieferservice anschieben will. Neuerdings werden auch noch große Facebook-Daumen plus QR-Code dazu geprintet, um die Zahl der Sozialfreunde von KaisersBerlin in die Höhe zu treiben. Bisher mit eher geringem Erfolg.

Als nächstes rattern wahrscheinlich kleine Sudokus aus der Maschine, als Service falls es beim nächsten Mal Schlangestehen wieder etwas länger dauert. (Nehmen Sie beim Einkaufen manchmal auch meterlange Einkaufsbons in Empfang? Dann schreiben Sie’s doch bitte in die Kommentare.)

Den Nachhaltigkeitsexperten von dm würde ein derart baumverschwenderisches Verhalten natürlich die innovativen Tränen in die Augen treiben. Mit dem „E-Bon“ können solche Flatterbänder nicht passieren. Und wenn mal was umgetauscht werden soll? Kein Problem, erklärt dm: einfach „den ausgedruckten E-Bon mitbringen“.*

* * *

*Die zweite Möglichkeit ist: „Sie zeigen ihn auf Ihrem Smartphone.“ Aber das hätte oben den schönen Gag kaputt gemacht.

Fotos: Supermarktblog

Nachtrag, 30.11.: dm meldet, dass jetzt auch EC-Karten-Zahler papierlos glücklich werden dürfen.

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21 Kommentare
  • „Sechs Monate will dm die Digitalzettel speichern, und wer das in irgendeiner Weise datenschutzrechtlich bedenklich findet, wird augenblicklich ausgelacht, weil er als Payback-Kunde sowieso sein komplettes Einkaufsverhalten auswerten lässt.“

    payback bedeutet im englischen nicht umsonst rache oder revanche. ich würde zu zu gern einmal erfahren ob das ein weiterer pajero war oder wirklich großartiger subversiver humor von seiten der agentur.

  • Bei meinem Penny werde ich übrigens seit kurzem bei jedem Einkauf gefragt, ob ich den Bon brauche oder nicht, so dass ich annehme, dass da eine neue Firmenpolitik hintersteckt. Selbst wenn ich mit EC-Karte bezahle. Bei Penny sind die rechtlichen Bedenken offenbar nicht so groß… Ich muss aber sagen, dass es die Kassenwartezeit gefühlt verkürzt. Und es ist natürlich “innovativ” und “nachhaltig”.

    • „Mein“ Lidl in Saarbrücken macht das genauso, auch wenn ich den Eindruck habe, dass es dort noch sehr unregelmäßig gehandhabt wird und abhängig von Mitarbeiter und sonstigen Dingen ist, z.B. je kleiner der Einkauf umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass man gefragt wird.

      Das bisher einzige Mal, bei dem ich auf einen Bon-losen Supermarkt gestoßen bin, war im Rewe im Allee Center in Hamm. Ein Aufsteller an der Kasse wies darauf hin, dass Bons ab sofort nur noch rausgegeben werden, wenn der Kunde dies konkret wünscht. Von E-Bons habe ich da allerdings auch nichts gelesen. Mein Besuch war im Juni dieses Jahres – ob sich seither etwas geändert hat, weiß ich nicht.

      Ich fand das Konzept sehr gut, da das Papiersparpotential so sicherlich am größten ist. Das Modell funktioniert aber wohl eher nur in kleineren Filialen mit viel Laufkundschaft und deshalb vorwiegend kleineren, barbezahlten Lebensmitteleinkäufen.

      Bei Diskountern und Warenhäusern, in denen doch recht häufig auch sonstige Artikel gekauft werden, bei denen es dann auch um Gewährleistung und Garantie geht, wird man auf Dauer sicher Ärger mit Kunden bekommen, wenn man bei Umtausch oder Defekt auf einen Nachweis durch Bon besteht. Oder man lässt die Kasse solche Fälle erkennen, bei denen eine Herausgabe eines Bons in jedem Fall sinnvoll erscheint.

    • Von Penny kenne ich es sogar schon seit mindestens einem Jahr, dass dort nur dann ein Bon aus dem Drucker kommt, wenn man ihn auch haben möchte. Die Kassiererin muss den Druck dann nochmal extra bestätigen, ist also auch eher zum Nachfragen geneigt, als wenn sowieso ein Bon kommt.

  • Man müsste mal jemanden der das kann nachrechnen lassen, ob der E-Bon wirklich ressourcenschonender ist als ein gedruckter Kassenbon. Schließlich wird die E-Mail versandt, geht über mehrere Server und landet schließlich im eigenen Postfach und verbraucht Speicherplatz. Und jedes versendete und gespeicherte Byte verbraucht Energie …

  • Was für ein schöner Unsinn, der E-Bon dürfte wohl genauso nachhaltig sein wie die diversen „Bio“-Plastiktüten.

    Aber statt Plastiktüten einfach teurer oder Bons nur auf Wunsch anzubieten macht man lieber komplizierte und praxisferne Lösungen. Die Anzahl der E-Bon Anwender dürfte sich wohl im Promille Bereich bewegen und übermorgen schafft man das Konzept mangels Akzeptanz wieder ab.

  • Mein Kiez-Kaiser’s bzw. dessen Personal sabotiert den Zettel-Overkill gerne, indem die „Anhänge“ alle direkt aus dem Drucker weggeworfen und gleich nur der echte Bon ausgehändigt wird. Da freut sich der Thermopapierwald.

  • Gleich mal ausprobiert und jetzt hoffe ich heute Abend meine Kassiererin zu verwirren.
    Wir fragen uns hier gerade wieso es diesen Service noch nicht bei Media Markt oder sonst wo gibt, wo ich im Garantiefall nie meinen Kassenzettel finde…

  • Also in „unserer“ Rewe und im Kaufland in Soest wird man jedes mal gefragt, ob man den Bon möchte oder nicht. Will man ihn nicht, so wird auch keiner ausgedruckt (im Gegensatz zu Lidl oder Aldi, die zwar auch fragen, der Bon aber automatisch gedruckt wird und einfach in die Tonne gekloppt wird).
    Zum Kaufland-Bon sollte ich noch sagen, dass dieser auch bei einem Kauf von beispielsweise nur drei Artikeln meterlang wird, da jeder Artikel in eine Kategorie Sortiert wird z.B. „Molkereiprodukte“, „Tee / Kaffee“ oder „Obst / Gemüse“.

  • Da bin ich doch endlich mal froh, dass ich so gut wie ausschließlich nur mit EC-Karte bezahle. Dann komm ich erst gar nicht in Versuchung dieses „innovative“ und „nachhaltige“ Konzept zu unterstützen!!!

  • Der eigentliche Grund für den Wegfall des Kassenzettels: Der Kunde soll nicht kontrollieren, ob die an der Kasse berechneten Preise mit den am Regal ausgezeichneten Preisen übereinstimmt. Meine Erfahrung: Bei T und bei Re stimmen mind. 10% der Preise nicht!! Natürlich immer zu Ungunsten Kunde. Deshalb hört man in diesen Geschäften auch so häufig die Kassierkraft „Storno“ rufen. Nämlich dann, wenn ein Kunde das gemerkt hat und der Fehler korrigiert w muss! Und ja, ich weiss, dass der wirksame Kaufvertrag erst an der Kasse zustande kommt und der Gesamtpreis vom Kunden akzeptiert ist, wenn er bezahlt. Bitte zum Thema „Kassenzettel Wegfall“ mal nen Blog Danke

    • Auf dm wird das aber kaum zutreffen. Die haben ja im Normalfall keine Aktionspreise, sodass da gar nicht viel Bewegung drin ist. Ich selbst habe bei dm noch nie eine falsche Abrechnung bemerkt.

      Zudem kannst Du Dir ja den Kassenzettel direkt danach auf dem Smartphone ansehen und anhand dessen reklamieren. Ich sehe hier das Problem nicht.

    • ich halte die Theorie aber sehr an den Haaren herbei gezogen, denn viel kontrollieren auch bei Ausdrucken die Kassenzettel nicht und auf der anderen Seite bei der digitalen Variante hat ein Smartphone-Besitzer es ja auch binnen wenigen Sekunden. (je nach Konfiguration)

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