Diska: Der Discounter, der keiner mehr sein will

Diska: Der Discounter, der keiner mehr sein will

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Zwischen all den Ramschdiscountern, den Riesendiscountern, den Designdiscountern und den Fast-nur-Eigenmarken-Discountern ist es hierzulande gar nicht so leicht, eine Nische zu finden, in der noch kein Konkurrent sitzt.

Deshalb scheint es auf den ersten Blick keine schlechte Idee von Diska zu sein, sich künftig als Kumpeldiscounter anzubieten.

Vorne günstig, hinten tut nur so: Diska-Filiale in Chemnitz

Zwischen Würzburg und Görlitz hat sich die kleine Kette ausgebreitet, mit über 100 Filialen, die allesamt zur Edeka-Regionalgesellschaft Nordbayern-Sachsen-Thüringen gehören. Das ist nicht nur deshalb kurios, weil Edeka mit Netto (ohne Hund) [Erklärlink] ja schon seit Jahren eine eigene Discountkette besitzt, die sich im Land recht breit gemacht hat. Sondern auch, weil die Geschäftsführung der Regionalgesellschaft laut „Lebensmittelzeitung“ vor Jahren schon mal sehr engagiert darüber nachdacht haben muss, Diska zu verkaufen oder zu schließen.

Dazu ist es nicht gekommen. Stattdessen werden sogar neue Läden eröffnet, so wie im Chemnitzer Stadtteil Kappel.

„Danke für deine Treue!“, steht auf dem Flugzettel, den es im Markt mitzunehmen gibt, „Spare bei deinem nächsten Einkauf!“, und untendrunter in großer gelber Schrift die Aufforderung:

„Kleb dir deinen Rabatt doch selbst.“

"kleb dir deinen Rabatt doch selbst", befiehlt Diska Kunden im Kumpelton

Von der Rückseite lassen sich Coupons ablösen, die auf einen selbst ausgesuchten „Wunsch-Artikel“ gepappt werden können, auf den es dann an der Kasse 5 oder 10 Prozent Rabatt gibt.

Auch sonst wird konsequent im Ikea-Stil geduzt. Die Werbung verspricht: „Alles an deinem Ort“, die „SERVICE Offensive!“ verspricht „deine neuen Öffnungszeiten“ von 7 bis 20 Uhr, „deine neue Aufladestation“ für Handykarten, „deine neue Geldauszahlung an der Kasse“ ab 20 Euro Einkaufswert und herabgesetzte Angebote sind „deine Kracher der Woche“. Nur die Kassenzettel haben die Kumpelpflicht noch nicht mitgekriegt („Es bediente Sie freundlich:“).

Eines ist aber seltsam an dem neuen Markt, der Mitte Juli exakt dort aufgemacht hat, wo Edeka die Kunden bislang unter dem eigenen Namen empfing. Drinnen sieht der Laden nämlich so aus als hätte sich das gar nicht verändert. Es gibt eine große Auswahl von Obst und Gemüse:

Da hat aber jemand schön aufgeräumt! Obst und Gemüse bei Diska in Chemnitz

Und Discount-untypische Bedientheken für Fleisch und Wurst:

Diska-Bedientheke mit Mittagstisch (links im kleinen Schwarzen)

Sowie traditionelles Warmhaltemittagessen („Tagesangebot! Hausgemachte Sülze mit Bratkartoffeln und Remoulade“):

"Geschmack hat einen Namen!", findet der Diska-Metzger, verrät aber dafür seinen nicht

An den Wänden sind die Sortimente in der klassischen Edeka-Schrift gekennzeichnet. Und in den Regalen stehen außer zahlreichen Markenprodukten die Eigenmarken von Edeka: nicht nur „Gut & günstig“, sondern auch Produkte der Mittelmarke „Edeka“. Kurz und gut: Drinnen sieht alles aus wie Edeka, es steht  halt bloß  „Diska“ dran.

"Stark frischeorientierter Nahversorger im ländlichen Raum": sieht nach Edeka aus, steht aber Diska dran

Auf der Diska-Website gibt es eine kurze Erklärung:

„Für viele Jahre stand diska für kleine Discountmärkte in der Nachbarschaft, die ein eingeschränktes Sortiment zu günstigen Preisen anboten. Seit dem Jahr 2013 investiert diska massiv in die Umstellung der Märkte auf ein modernes Nahversorgungskonzept. Monat für Monat entstehen aus den alten Discountmärkten neue diska Kleinverbrauchermärkte.“

Neu eröffnete Diska-Filiale in Chemnitz

Der Umbau zum „stark frischeorientierten Nahversorger im ländlichen Raum“ geht wohl auch zu Lasten bisheriger Edekas. In Chemnitz-Kappel war der Supermarkt bisher nämlich als „E neukauf“ geöffnet. In einem anderen Stadtteil ist ein ehemaliger Edeka ebenfalls als Diska neu eröffnet worden, während sonst in der Stadt kleine „nah & gut“-Märkte geschlossen werden, und zwar zum Ärger älterer Anwohner, die jetzt längere Einkaufswege haben.

Edeka Nordbayern Sachsen Thüringen macht aus seinen Regionaldiscountern also klassische Supermärkte, die jetzt mehr Service anbieten – aber halt auch dieselben Preise wie ein klassischer Innenstadt-Edeka haben (z.B. der in der Nähe des Chemnitzer Bahnhofs). Die Künden müssen erstmal merken, dass der Ex-Discounter-Diska jetzt plötzlich ein Supermarkt-Diska ist, der sich nach außen weiterhin große Mühe gibt, mit „Rabatt“- und „Kracher“-Aktionen so zu tun als sei alles wie gehabt. Was, so wie in Chemnitz-Kappel, ganz praktisch ist, wenn gleich nebendran ein Aldi als Konkurrent steht.

Warum das passiert, möchte Edeka nicht beantworten. Das Sekretariat der Geschäftsleitung der zuständigen Edeka-Regionalgesellschaft lässt auf Supermarktblog-Anfrage ausrichten:

„Wir bitten um Verständnis, dass wir Ihnen diesbezüglich keine Auskünfte geben können.“

(Auch nicht auf die Frage, wieviele Diska-Filialen es derzeit genau gibt.)

Hey, Edeka Nordbayern Sachsen Thüringen – wir duzen uns doch schon! Und als Kumpel können wir über alles reden. Du hast ja meine Nummer.

Fotos: Supermarktblog

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12 Kommentare
  • Typographisch wieder mal ein Trauerspiel. Warum ist Deutschland hier so ein Entwicklungsland? Diese alte Incised 901 nervt ja schon bei Edeka. Und dann auch noch dieser weiße Kreis im d… Hier hätte man ja mal was Moderneres probieren können…

    • Weil in Deutschland meist die Denkeweise herrscht „was billig ist muss auch billig aussehen“. Das Corporate Design vom Discounter Plus war da etwas weiter. Das wirkte nicht ganz so discountig und die kleinen Preise waren Sympatieträger.
      Aus vielen Plus-Märkten wurde Netto (ohne Hund, wie Supermarktblog schreiben würde) und da ist wieder billig, billig, billig.

    • Plus hat aber nicht überlebt, und seit der Umstellung auf Netto (ohne Hund) laufen auch Filialen, wo man früher selten andere Kunden gesehn hat.

      Übrigens testet auch Rewe betont billig aussehende, aber sortimentsmäßig attraktivere Netto-(ohne Hund)-Klone namens „Direkt Markendiscount“. Dafür sind Oberfranken und die nördliche Oberpfalz jetzt Penny-frei. Vor dem Roll-out müssen aber erst alle restlichen Pennys auf das letzte Konzept umgestellt werden.

  • Ich war gerade in Wunsiedel/Oberfranken = Nordbayern. Dort gibt es am einen Ortsende eine Diska mit überraschend vollem Sortiment, am anderen einen Netto (ohne Hund) mit dem üblichen Sortiment und nahe der Ortsmitte ein E-Center mit einem sehr rührigen Betreiber und einem Sortiment, da kann man sogar als Großstadtbewohnerin nur staunen. Bin gespannt, wie lange das mit der konzern-internen Konkurrenz gut geht, zumal die Kaufkraft in dieser Region nicht die höchste ist und die Leute gerne auch nach Tschechien zum billig-einkaufen fahren. Trotzdem gibt’s am Ort auch noch Lidl und Aldi – da wundert man sich, aber vllt. gelten auf dem Land andere Regeln als in der Großstadt.

    • Bei grob 15’000 Einwohnern im unterstellten Einzugsgebiet wären 5 derartige Läden ungefähr im Bundesdurchschnitt. Einen Norma gibts auch noch; damit ist es fürs Land normal. Da gibts deutlich überbelegtere Ortschaften.

  • Die Rabatt-Aufkleber (5, 10, 20%) gibt es in regionalen Aktionen auch immer mal wieder bei Netto ohne Hund.

    In Aachen gab es die Aufkleber erstmals vor ein oder zwei Monaten, gültig für eine Woche. Direkt danach gab es noch eine kleinere Aktion mit nur drei Aufklebern, die dann auch nur in zwei Ausweichfilialen für eine wegen Umbau geschlossene Filiale galten.

  • Auch ohne „diska“ gibt es bei EDEKA auch jetzt noch Treff 3000 (Edeka Südwest; lustigerweise auch „Marken Discounter“ wie Netto ohne Hund) und NP-Markt (Edeka Minden-Hannover), die der eigenen Discounter-Schiene Netto Marken-Discount Konkurrenz machen. Ich habe zwei Vermutungen, entweder man hat es bisher nicht übers Herz gebracht, diese Marken einzustampfen, als man Netto Marken Discount (ohne Hund) 2005 von und zusammen mit SPAR übernommen hat oder die Regionalgesellschaften stellen sich bis heute stur und wollen ihre Discounter-Marken behalten.

  • @ Jonas K.: Treff 3000 und Netto ohne Hund haben aber ganz unterschiedliche Konzepte: Treff 3000 hat ein klassisches Sortiment mit Marken aus der zweiten Reihe und Netto – nunja, man weiß es nicht. Bei uns im Ort liegen die beiden räumlich relativ dicht beieinander und haben jeweils ihr Publikum. Netto lockt hier eher die Unterschicht und junge Großfamilien, im Treff trifft sich die Generation 60+ zum Plausch und zum Kauf von „guter Butter“ aus „unserer Heimat“, süßem Wein, Delikatess-Fleischwurst, Sprühsahne und anderen schrägen Produkten die man anderswo suchen muß.

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