Österreich legt vor: Rewe lässt Billa Lebensmittel per Lockbox liefern

Österreich legt vor: Rewe lässt Billa Lebensmittel per Lockbox liefern

Partner:

An Ideen, die uns die Lieferung von Lebensmitteln erleichtern könnten, mangelt es in Deutschland derzeit nicht. Umso erstaunlicher ist es, dass viele erstmal nach Österreich exportiert werden (müssen), damit die Umsetzung irgendwann auch hierzulande klappt.

Aus München stammt EmmasBox (siehe Supermarktblog vom Dezember 2013), eine Art Packstation für Lebensmittel, wie sie so ähnlich auch in Großbritannien von großen Supermarktketten ausprobiert wird. Vor wenigen Wochen haben die EmmasBox-Gründer bekannt gegeben, dass sie 2015 vor allem in Wien und Linz zahlreiche Märkte der Pfeiffer-Gruppe (Unimarkt und Zielpunkt) mit ihren Draußenkühlschränken ausstatten wollen.

EmmasBox: Abholstation für Lebensmittel

Ebenfalls im neuen Jahr startet die Rewe-Tochter Billa, Österreichs größte Supermarktkette, eine Kooperation mit dem Berliner Alternativzustell-System Lockbox. Bei dem erhalten Kunden ihre Bestellungen in blauen Kisten direkt nachhause an die Tür geliefert – selbst wenn sie gar nicht zuhause sind. Möglich macht das ein Metall-„Anker“, der in die verschlossene Haustür geklemmt und an dem die Box vom Zusteller mit einem Stahlseil befestigt wird. (Mehr dazu hab ich kürzlich für Krautreporter aufgeschrieben.)

Nun meldet Lockbox, Billa werde Lockbox als Versandoption im Online-Shop anbieten, um Lebensmittel, die morgens bestellt werden, noch am selben Tag zuzustellen („Same-Day Delivery“). Bislang passierte das abends zwischen 18 und 21 Uhr, künftig werden die Zusteller deutlich flexibler sein – und die Kunden müssen nicht nachhause hetzen.

Die Kooperation mit Billa ist ein ziemlich großes Ding. In Deutschland kooperiert Lockbox-Gründer Thomas Kraker von Schwarzenfeld bislang vor allem mit kleineren Online-Händlern, unter anderem dem Rezepte-Versand Kochzauber.de, dessen Zutaten in einer separaten Kühlkiste per Lockbox zugestellt werden.

In Berlin liefert Kochzauber seine Zutaten auf Wunsch per Lockbox aus

„Die Vereinbarung mit Billa gilt für ganz Österreich. Wir starten den Testbetrieb aber erst einmal in Wien und Graz“,

erklärt Kraker von Schwarzenfeld. Wenn das System in größerem Maße funktioniert, wird es sich automatisch auch für den deutschen Markt empfehlen – und Lockbox hätte mit der Billa-Mutter Rewe direkt einen ziemlich starken Partner an Bord. Der Vorteil der Lösung ist ihre Flexibilität:

„Wenn ein kleines Paket kommt, stellen wir auch nur eine kleine Box vor die Tür, wenn was Großes kommt, gibt’s die große Box – und bei mehreren Paketen stapeln wir die Boxen.“

Selbst Getränkelieferungen sind möglich. Dafür haben die Berliner einen Metalldeckel entwickelt, der per Riegel an der Getränkekiste befestigt wird und dann ebenfalls mit dem Seil am Anker in der Tür.

mit aufgesetzter Metallmütze kommen auch Getränkekisten an den Lockbox-Anker

Dass die Boxen mehr Platz in den Lieferfahrzeugen benötigen, glaubt Kraker von Schwarzenfeld nicht:

„Lockbox hat nicht mehr Volumenverlust als ein normaler Versand per Paket. Auch bei Zalando gibt es nicht 30 verschieden große Kisten.“

Außerdem lasse sich die leidige Verpackungsfrage lösen:

„Jedem Kunden wird heute ein kleiner Verpackungsberg mit nachhause geliefert, den er selbst entsorgen muss. Das wollen wir abschaffen.“

Ein Hindernis dürfte vor allem der fehlende Platz in den Treppenhäusern sein. Gerade in Altbauten sind die Wohnungstüren oft ziemlich dicht beieinander – und die Leute werden sich bedanken, wenn sie erstmal über den Wocheneinkauf ihres Nachbarn steigen müssen, um in ihre Wohnung zu kommen. Abgesehen davon bleibt Lockbox aber eine der interessantesten Zustelllösungen, die es derzeit im Markt gibt, und die mit Unterstützung von Rewe den Durchbruch schaffen könnte – auch bei anderen Marktteilnehmern, die keine Lebensmittel ausliefern.

Interessant ist, dass sowohl hinter EmmasBox als auch hinter Lockbox keine großen Unternehmen aus der Versandbranche stehen, obwohl die eigentlich ein originäres Interesse daran haben müssten, sich ihre Kernkompetenz künftig nicht mit irgendwelchen Start-ups teilen zu müssen – genau das haben die Großen aber offensichtlich verpennt und können jetzt zusehen, wie sich völlig neue Allianzen ohne sie bilden. (Bei EmmasBox heißt es, man verhandele auch schon mit deutschen Supermarktketten.)

Außerdem scheint Rewe wirklich fest entschlossen zu sein, alles zu unternehmen, um bei einem möglichen Marktstart von Amazon Fresh, dem en Lebensmittel-Lieferdienst des Unternehmens, der schon seit längerem auch für Deutschland erwartet wird, bestens gerüstet zu sein.

Fotos: EmmasBox (1) Lockbox (1), Supermarktblog

Kommentieren

Datenschutzhinweis: Mit der Nutzung dieses Formulars erklären Sie sich mit der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website einverstanden. Eine Freischaltung erfolgt nur unter Angabe einer validen E-Mail-Adresse (die nicht veröffentlicht wird). Mehr Informationen.

18 Kommentare
  • Eine Frage hätte ich zu dem eigentlich interessanten Lock-Box-Konzept:
    Wie kommt der Paketbote vor die Wohnungstür, wenn niemand da ist? Falls er beim Nachbarn im Haus klingeln muss könnte er das Paket ja gleich da abgeben.
    Und falls die Box nicht an der Wohnungs-, sondern an der Haustür angebracht wird, ist das Schloss ja offen, sobald der Nachbar heimkommt.

    • Der Bote ist schon drauf angewiesen, dass ihn jemand reinlässt. Der Vorteil ist, dass der Nachbar nicht zuhause sein muss, wenn der Paketempfänger seine Sendung abholen will. In Städten wie Berlin ist das mit dem Reinklingeln eher ein überschaubares Problem. Ob das auch für andere Städte gilt, kann ich nicht so richtig einschätzen.

    • Bei uns in Österreich ist der Großteil der Häuser (über 92%) mit einem „genormten“ Zugangssystem ausgestattet, Essenszusteller/Polizei/Feuerwehr/Müllabfuhr/Zeitungszusteller/Biomüll/Frühstückdienst/Paketdienste/etc haben eine solche Zugangskarte (meist NFC) bzw. einen Zugangsschlüssel.

  • Das Problem ist wohl weniger, dass die Nachbarn Probleme haben, in ihre Wohnung zu kommen, sondern eher im Brandfall wieder raus. Wenn das in Mietshäusern im großen Stil gemacht wird, wird es wohl bald unterbunden werden; da verstehn die Behörden normalerweise sehr wenig Spass, und viele Altbauten sind für heutige Maßstäbe eh schon zu eng.

    • Lockbox erklärt, das geprüft zu haben: Da es sich nicht um eine „temporäres“ System handele (kein fest installiertes), falle es nicht unter die üblichen Regelungen zum „Wohnen im Hausflur“. „Die Behörden“ können da wenig machen, wenn schon, würde wohl die Hausverwaltung versuchsweise klagen. Sicher wird es da noch einigen Diskussionsbedarf geben.

    • Wobei das „Wohnen im Hausflur“ eine zivilrechtliche Frage im Verhältnis von Vermieter und Mieter (oder innerhalb der Eigentümergemeinschaft) ist. Brandschutz kann deutlich weiter gehn, und zumindest in Bayern haben die zuständigen Behörden sogar das Recht, unmittelbar gegen Eigentümer oder Besitzer abgestellter Gegenstände in Flucht- und Rettungswegen vorzugehn. Z.B. kann die Polizei temporär in Feuerwehrzufahrten abgestellte Fahrzeuge auch auf Privatgrund aus eigener Initiative abschleppen lassen. Unzulässig können Gegenstände schon dann sein, wenn sie das Entlangtasten an Wänden in einem verrauchten Treppenhaus wesentlich erschweren. Abgestellte Kinderwägen o.Ä. können trotzdem berechtigt sein, aber neue Nutzungsformen haben es immer schwerer, und die Lockbox samt Inhalt dürfte in der Regel auch noch gut brennbar sein.

  • Wie ist das denn mit dem Gefahrenübergang? Gilt Ware in der Lockbox rechtlich als „beim Endkunden zugestellt“? Ist bei Lebensmitteln vielleicht nicht sooo superwichtig, spätestens bei etwas hochpreisigeren Produkten könnte das aber spannend werden (weil dann das Risiko beim Kunden liegt, wenn das geklaut wird und auch die Frist zum Widerruf beginnt)

  • Was mir, zumindest in Großstädten Süddeutschlands, immer noch fehlt ist der „Bestellen und selbst abholen“ Service, der z.B. in Frankreich flächendeckend vorhanden ist. Leclerc, Super U, Intermarché usw. nennen das „Drive“ (und bieten ebenfalls Lieferung zur Haustür an). München, Stuttgart, Düsseldorf usw. haben immer noch keinen (REWE-) Drive-Service, Real bietet das nur in Köln an, … 🙁

    • Ja, aber vor allem, weil er sich dann fragt, warum Sie sich für ein System angemeldet haben, bei dem Sie wissen, dass es bei Ihnen nicht funktioniert, oder?

  • Gute Idee, aber wie wird die mögliche Kühlung sichergestellt. Wenn ich mir vorstelle, dass eine Kiste über Stunden vor der Tür in der Sonne steht, wird mir etwas schlecht.
    Aber die Idee von dem Vorbestellen finde ich mehr als klasse und gut. Der Vorteil für den Supermarkt ist, dass das Personal dann packen kann, wenn der Laden leer ist.

Blog-Unterstützer:innen können sich über Steady einloggen, um Support-Hinweise und Werbung im Text auszublenden:

Archiv