Rewe-Chef Lionel Souque und die gefährliche Selbstzufriedenheit der etablierten Supermarktketten

Rewe-Chef Lionel Souque und die gefährliche Selbstzufriedenheit der etablierten Supermarktketten

Inhalt:

Der Kurs des neuen Rewe-Vorstandsvorsitzenden ist eine einzige große Wette auf die gleich bleibende Dominanz des stationären Kerngeschäfts. Das ist erstaunlich kurzsichtig – in der Branche aber keine Ausnahme.

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Mit reichlich Aktionspreisen, Schmusevideo und Gewinnspiel feiert Deutschlands zweitgrößte Supermarktkette Rewe gerade ihren 90. Geburtstag und macht sich selbst das schönste Geschenk: das Versprechen, dass es immer so weitergehen wird wie jetzt!

„Ich erlebe überall so großes Engagement und auch Kampfgeist, dass ich keine Sorge habe, dass wir die Herausforderungen der Zukunft packen werden“,

erklärt der neue Vorstandsvorsitzende Lionel Souque in einem der zwei Interviews, die er 100 Tage nach seinem Amtsantritt gegeben hat.

Alexander Graf erläutert bei Kassenzone.de anschaulich, warum er das für problematisch hält – u.a. weil Souque, anstatt einen konsequenten Plan für die Digitalisierung vorzulegen, die Kapitulation formuliert:

„Technologisch werden wir nie besser sein als Amazon.“

Der Satz (aus dem sehr höflichen Interview des „Kölner Stadt-Anzeiger“) ist ein bisschen länger und geht so weiter: „… aber bei frischen Lebensmitteln haben wir deutlich mehr Erfahrung und Kompetenz. Wenn man sehr gut ist in seinem Bereich kann man dagegenhalten.“

Und vielleicht glaubt Souque das wirklich: dass es reicht, „in seinem Bereich“ gut zu sein, um mühelos gegen neue Herausforderer zu bestehen. Diese Art der Autosuggestion hat schließlich eine lange Tradition in der Handelsbranche.

Und alle so: Das funktioniert nie!

Als die beiden Pioniere Duke Bowers und Clarence Saunders Anfang des vergangenen Jahrhundert von Memphis aus ein merkwürdiges neues Handelskonzept etablieren wollten, wurden sie deswegen ebenfalls für verrückt erklärt. Lebensmittelläden, in denen sich die Kundschaft selbst bedienen sollte, konnte sich die etablierte Konkurrenz beim besten Willen nicht vorstellen!

In seiner Chronik der ersten im großen Stil erfolgreichen SB-Supermarktkette Piggly Wiggly beschreibt Autor Mike Freeman die Reaktionen der anderen Kaufleute.

Die meisten lachten über Saunders kuriose Idee, Kunden direkt im Laden bar bezahlen anstatt anschreiben zu lassen und sie die Einkäufe selbst schleppen zu lassen anstatt ihnen alles wie gewohnt nachhause zu bringen:

„How could anyone keep loyal shoppers in a grocery store like that?“

Ganz einfach: Weil Piggly Wiggly dafür sorgte, dass Kunden die vermeintlichen Einschränkungen beim Service in Kauf nahmen – indem sie ihre Lebensmittel nicht nur deutlich günstiger, sondern auch viel schneller als anderswo einkaufen konnten (siehe Supermarktblog).


Foto: Piggly Wiggly #4, 1930 by ABQ Museum Photoarchives, CC-BY 2.0 via Flickr

Saunders war mit seinem Konzept so erfolgreich und expandierte so schnell, dass sich etablierte Händler wie A&P und Kroger gezwungen sahen, nachzuziehen. Fünf Jahre nach der Gründung war Piggly Wiggly bereits der drittgrößte Lebensmittelhändler des Landes. In den Jahren danach folgte nach zahlreichen Fehlentscheidungen ein spektakulärer Abstieg. Das damals etablierte Konzept des Selbstbedienungs-Supermarkts allerdings ist bis heute weltweit etablierter Standard.

Und viele in der Branche scheinen fest davon auszugehen, dass das für immer so bleibt. Ohne zu merken, dass ihnen derselbe Fehler passiert wie den Kritikern vor über 100 Jahren.

Völlig neue Spielregeln

Weil es eben nicht reicht, „in seinem Bereich“ gut zu sein, wenn neue Herausforderer sich den wandelnden Kundenbedürfnissen nicht nur besser anpassen, sondern sie womöglich grundlegend prägen und völlig neue Spielregeln erfinden. Indem sie Services zu einer Selbstverständlichkeit machen, von denen Konsumenten vorher gar nicht wussten, dass sie sie haben wollen. Amazon beherrscht diese Transformation perfekt.

(Und ironischerweise geht es jetzt wieder darum, dass Kunden die damals abgeschaffte Bequemlichkeit wieder zu schätzen lernen.)

Irgendwie ahnt das ja auch Rewe-Chef Souque, wenn er einräumt:

„Und dann schauen Sie auf den Erfolg von Amazon. Da steht ein einziger Punkt auf der Agenda: Kundenzufriedenheit. Wir in der REWE Group müssen dieses Denken noch stärker verinnerlichen.“

Diese Verinnerlichung soll aber, wenn es nach dem Rewe-Vorstand geht, vor allem in der alten, etablierten Handelswelt passieren. Und die ist eine, in der sich Marktführerschaft und Zukunftsfähigkeit vor allem in der Zahl der stationären Läden bemisst, die Rewe in den vergangenen Monaten durch zwei Zukäufe noch einmal massiv aufgestockt hat: die (Teil-)Übernahmen von Kaiser’s Tengelmann in Berlin und Sky in Norddeutschland.

„(Die) waren in unserem Budget 2017 nicht geplant und logischerweise auch nicht in der Mittelfristplanung. Aber wir waren uns auch im Klaren darüber, dass wir diese beiden Chancen unbedingt nutzen mussten, um für die Zukunft gute wirtschaftliche Perspektiven in Berlin und Norddeutschland zu haben“,

sagt Souque im Interview für die konzerneigene Mitarbeiter-Publikation.

Experimente werden weggespart

Die übernommenen Märkte auf den neusten Stand zu bringen werde „uns noch einige Jahre auch beim Ergebnis belasten“ bzw. „sehr viel Geld“ kosten – Geld, das nicht (mehr) zur Verfügung steht, um damit dringend notwendige Experimente zu finanzieren, weder im Digitalen noch im Stationären.

Souque gibt seiner Mannschaft deshalb ein „konsequentes Sparen“ vor:

„Meine Vorstandskollegen und ich haben dem Topmanagement die klare Aufgabe gestellt, alle Ausgaben und jedes Projekt – wirklich alles – kritisch zu prüfen: Brauchen wir das wirklich? Trägt es dazu bei, unsere strategischen Ziele zu erreichen?“

Was die Anforderungen (zum jetzigen Zeitpunkt) nicht erfüllt, fliegt raus. Die Gastro-Anstrengungen sind längst wieder kleingeschrumpft, Dienste wie „Beef by Rewe“ eingestellt, der Lieferservice lässt sich Konkurrenz an sich vorbeiziehen.

Mit anderen Worten: Souques Kurs ist eine einzige große Wette darauf, dass Rewe sich von seinem Kerngeschäft auch noch bis zum 100. Geburtstag bequem wird tragen lassen können.

Darauf, dass die Vergrößerung des Filialnetzes oberste Priorität hat, um gegen Konkurrenten wie Edeka, Aldi und Lidl zu bestehen.

Und dass es das wert ist, Budgets zu verplanen, die andernfalls in einen grundlegenden Transfer von der klassischen Supermarktkette zu einem modernen Rundumversorger für Lebensmittel und gastronomische Leistungen fließen könnten. (Dabei sagt Souque ja selbst, dass auch Lieferdienste wie Foodora und Lieferando zu Konkurrenten werden; siehe dazu auch Supermarktblog).

Moderne Märkte sind unerlässlich

Das alles mag nach jetzigem Stand richtig scheinen: Die stationären Läden sind – stärker als viele Digital-Befürworter annehmen – zweifelsfrei noch viele Jahre die wichtigste Umsatzgrundlage für die großen Handelsketten; ihre Modernisierung ist unerlässlich, um Kunden nicht an die Konkurrenz zu verlieren.

Und dennoch ist Souques Sichtweise erstaunlich kurzsichtig – weil sie einschließt, dass sich am Geschäft nichts Grundlegendes ändern wird.

Damit ist der Rewe-Chef in der Branche nicht alleine. Der neue Lidl-Chef Jesper Hoyer hat der „Lebensmittel Zeitung“ vor einigen Wochen erklärt, warum er es für richtig hält, die geplanten Experimente seines geschassten Vorgängers abgebogen zu haben (siehe Supermarktblog). Lebensmittelhandel im Internet mache doch schon die Schwester Kaufland:

„Das müssen wir nicht auch noch bei Lidl ausprobieren.“

Wenn es Hoyers Ziel war, mit einem der dümmsten Sätze, die man als Chef einer großen Handelskette im Jahr 2017 sagen kann, in die Supermarktgeschichte einzugehen, hat das wahrscheinlich funktioniert.

Internet? Machen doch schon die anderen!

Aber vielleicht lässt sich die nächste Revolution ja wirklich noch Zeit. Weil Kunden auch in Zukunft nichts lieber tun werden als ihre überflüssige Zeit in langen Kassenschlangen totzuschlagen, schwere Einkäufe selbst nachhause zu schleppen und mit dem überschaubaren Angebot zufrieden zu sein, dass ihnen der Supermarkt um die Ecke ins Regal hievt.

Dann bleibt einfach alles, wie es ist.

Oder jemand kriegt raus, wie es anders geht, besser vielleicht, und überzeugt die Kunden davon, dieses Angebot zu nutzen. Dann sind die Spielregeln plötzlich andere, und wer gestern noch gelacht hat, ist dazu gezwungen, zu reagieren. (Falls dafür noch die nötigen Mittel da sind.)

Niemand glaubt, dass sich der Lebensmittelhandel so einfach von heute auf morgen radikal auf den Kopf stellen lässt. Aber zumindest vorstellen können muss man sich das als Chef einer großen Handelskette schon.

Fotos: Supermarktblog"


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32 Kommentare
  • Was den Lebensmitteleinzelhandel angeht, sehe ich Amazon weder aktuell, noch in naher Zukunft als die große Gefahr, die von den Medien seit Einführung von „Fresh“ herbei geschrieben wird. Zumindest im deutschsprachigen Raum. Sich aber deswegen zurücklehnen und dem lieben Gott einen guten Mann sein lassen, ist mir völlig unbegreiflich.

  • Danke für den Artikel! Ich denke so ein täglicher Wuseleinkauf wird sich noch länger halten. Also bei mir ist das zb 1 Liter Milch, paar Bananen, eine Schoki und was zu essen^^ Wenn ich mir meine Kaufgewohnheiten so ansehe, habe ich über die Jahre mehr und mehr outgesourct. Zunächst die Katzenversorgung: das war teuer, ich musste vorher in 3 Läden alles zusammensuchen und alles ne elende Schlepperei. Jetzt wird alle paar Monate ein großes Paket bestellt und der arme Postbote bekommt an Weihnachten ein Geschenk, weil er den Kram jetzt schleppen muss.^^ Wurde schon ausgeweitet auf Möbel & Elektronik und als nächstes wären eigentlich Getränke (für die Oma) dran. Da haberte es letztes Mal allerdings noch am perfekten Angebot, so dass der Nachbarsjunge noch dafür herhalten muss.
    Und ich schätze mal, ich bin nicht die einzige, die den „Nervkram“ outsourct und nur noch so Kleinkram selbst im Laden besorgt. Fraglich, ob das für Supermarktketten langfristig zum Überleben ausreicht.

  • Für mich wird sich das Einkaufsverhalten allein deswegen ändern, weil wir eigentlich nicht noch weitere 50 Jahre jeder mit einem eigenen Verbrennungsmotor PKW (oder zwei oder drei…) durch unsere Großstädte tuckern können. Vielleicht werden wir das als Gesellschaft selbst einsehen oder halt irgendwann durch zunehmenden Smog, Feinstaub und Co. dazu gezwungen.

    Für so eine Zukunftsvision und eine alternde Gesellschaft bräuchte es clevere Lösungen, REWE könnte das auch prima als Bestandteil ihrer Nachhaltigkeitsoffensive bewerben.

  • Wenn ich darf möchte ich hier eine Anekdote loswerden.

    Ich habe „früher“ einige Zeit beim Lieferservice von Rewe bestellt. Ich bin ganz ehrlich, das war ausschließlich um die diversen Promo-Gutscheine einzulösen, die in der Anfangszeit nur so unter’s Volk geworfen wurden, das ganze noch kombiniert mit Payback und Payback-Coupons (man kann sich bei Payback ja auch die Punkte in Bargeld direkt auf’s Girokonto überweisen lassen, auch wenn das eine sehr unbekannte Funktion ist) plus Cashback wie Shoop.de obendrauf und ich hab mal eben die Hälfte für meinen Wocheneinkauf gespart und das ganze ohne selbst Tüten zu schleppen. Das war „nett“. Aber natürlich war ich der Albtraumkunde schlechthin, mit so jemand wie mir verbrennt man Geld. Aber: ich war alles in allem positiv von dem Dienst angetan.

    Nun ist es zeitlich bei mir enger geworden (berufliche Gründe) und nun habe ich mal wieder dort bestellt – ohne jegliche Gutscheine o. ä. Und ich hätte den Service nun auch gerne regelmäßig als „Vollzahler“ genutzt, einfach weil es praktisch wäre. Rewe hätte also – verspätet – die Rendite dafür einholen können, mich damals als Neukunde „eingekauft“ zu haben. Über das Jahr hinweg gibt man ja doch schnell vierstellige Beträge im Supermarkt aus, das wäre nun alles zum Rewe Lieferservice gegangen. Wenn, ja wenn, er die damalige Servicequalität gehalten hätte.

    Ich war entsetzt. Die Frischware ohne „Liebe“ kommissioniert, d. h. nicht mehr so wie man selbst einkaufen würde, stattdessen brauner Salat oder verschimmelte (!) Tomaten in der Einschweißfolie usw. Ein Teil der Lieferung war beschädigt. Auf Ersatzartikel wurde gar nicht erst aufmerksam gemacht, geschweige gefragt ob ich die auch annehmen möchte. Kühlartikel waren nicht mehr separat und ihn einer Plastiktüte verpackt, sondern zwischen die ungekühlten Artikel geworfen, die Gefrierkräuter waren zB komplett aufgetaut und dürfen ja nicht noch einmal eingefroren werden, also auch für die Tonne. Und unfreundlich war der Fahrer noch obendrein – das ist das erste Mal seit Jahren, dass ich kein Trinkgeld für eine Lieferung irgend einer Art gegeben habe und das gehört bei mir eigentlich zum guten Ton.

    Ein Desaster auf ganzer Linie. Ich bestell da nicht mehr. Und wenn das nicht nur ein bizarrer Einzelfall war… dann spart man gerade den Lieferservice kaputt, in den man solch hohe Anschubinvestitionen gesteckt hat und eigentlich jetzt langsam mal die Früchte hätte einfahren können.

    Indes, es gibt ja auch keine Alternative zu Rewe. Auch der „große große“ Deutschlandstart von Amazon Fresh ist ja eher ein winziges Lokalprojekt. Also bleibt es bis auf Weiteres beim mühsigen Gang zum stationären Supermarkt… jeden Quatsch kann man heutzutage über das Internet abwickeln, es gibt sogar schon Versandreinigungen, an die man schmutzige Wäsche schickt und von denen man die Wäsche gereinigt im Paket zurück erhält. Aber ausgerechnet die wiederkehrenden Supermarkteinkäufe und die damit verbundenen hohen Umsätze scheinen kein Handelsunternehmen zu interessieren.

    • das klingt wirklich desaströs. und ich finde es auch schade dass gerade rewe nun gerade da spart. ich persönlich nehme rewe nämlich als relativ pomadig wahr, da wöre lieferung mit onlinebestellung doch ein toller anstrich gewesen. allerdings dürfen sie nicht vergessen dass die margen im lebensmitteleinzelhandel äußerst dünn sind. der erfolg von edeka und rewe ist ja zum großen teil in der skalierbarkeit der kosten und der enormen macht bei preisverhandlungen begründet. da macht die kleine marge nicht so viel sorgen. die meisten produkte die sie und ich unter „jedem quatsch“ subsummieren würden haben schlicht und ergreifend viel größere spannen. wenn man auf einen lebensmittelwocheneinkauf noch kosten für lieferung (plus entsprechendes personal) aufschlägt ist die marge futsch. im non-food-bereich hat man da schlicht mehr luft. der wiederkehrende supermarkteinkauf geht mir zwar auch auf den zeiger, ist also nicht allein auf dem mist online- und fortschrittsverweigernder händler gewachsen

    • faierweise muss man dazusagen, dass (mindestens in städtischen lagen) die kosten für grund und boden und natürlich das personal auch steigen. letzterer kostenpunkt ist einer der hauptgründe dafür, dass auch rewe inzwischen vorrangig märkte von selbstständigen betreiben lässt.

    • Das ist bei uns ähnlich, wir haben einige Monate gerne und mehrmals beim Rewe Lieferdienst bestellt, waren nach den Lock-Tests relativ angetan. _Fast_ wäre es zur regelmäßigen Routine geworden. Dann kam es irgendwie doch nicht so. Statt Rewe kam plötzlich mal DHL mit einem sehr bemitleidenswerten Fahrer, der mehrere Wasserkisten, jeweils mit Paket-Aufkleber, die Treppe hoch schleppte. Das war mir irgendwie peinlich. (Weil der Rewe-Fahrer ja weiß, worauf er sich einlässt.) Die Freundlichkeit ließ nach, die Pünktlichkeit ließ nach. Und die Warenverfügbarkeit war sehr unzuverlässig. Und irgendwie nervte das 2/3-Stunden-Zeitfenster, in dem man zuhause festsaß und irgendwie tendierten wir dann dazu, in der Zeit doch wieder selbst einzukaufen. Rewe war sehr nah dran am perfekten Service, es hätten nur noch wenige Stellschrauben gefehlt, aber irgendwie hat es uns dann wieder verloren.
      Ich denke, das lehrt nicht nur Amazon: Wenn du was machst, mach es richtig und mit voller Kraft. Ein halbherziges Projekt wird sich nie durchsetzen.

    • Der Todesstoß waren dann die neuen Gebühren. Wir hatten immer einen über-100-Euro-Monatseinkauf gemacht und fanden das einen fairen Deal. (Auch da statt des einen oder anderen Discount-Produkts, das es im Laden gegeben hätte, eines mit mehr Marge im Warenkorb lag.) Aber dann war das Carsharing-Auto im Nachbarhof für 1,80/Stunde wieder wirtschaftlicher.

  • Die REWE und die EDEKA sind Genossenschaften. Der satzungsgemäße Auftrag ist die Förderung des selbstständigen Händlers. Dem kommen beide nach. Heute mehr denn je. Da geht es nicht um Auslagern von Kosten. Das ist auch ein wesentlicher Grund für die Vermeidung von online-Abenteuern. Das Geld steht erst einmal den Genossen zu und deren Existenz ist stationär begründet.

    Das sind alles keine Startups bei denen man Geld verbrennen kann und es kommt dann immer noch einer der nachschiesst, oder die Ruine übernimmt. Der Laden, der Geld mit der Cloud verdient mal ganz außen vor gelassen.

    • Das ist ja auch nachvollziehbar. Und was schlagen Sie für den Fall vor, dass sich die Kunden nicht mehr satzungsgemäß verhalten?

    • Die Satzung sagt doch bloß, dass die Genossen die primär Handelnden sind. War nicht mal Edeka24 selbstständig (derzeit scheint es ziemlich direkte Tochter von Edeka Südwest zu sein)? Versand über große Dienstleister schreit halt nach Zentralisierung.

      Ein Artikel über die Besitzverhältnisse bei Edeka und Rewe würd mich übrigens echt mal interessieren. Vorallem bei Rewe können doch kaum die (derzeit aktiven) selbstständigen Händler das ganze Kapital halten. Gehören die sich im Wesentlichen einfach selber?

    • Na, wie immer:
      Handel ist Wandel!
      Hier geht es um Tempo und Geld. Diesbezüglich hat Herr Souque eine Aufgabenstellung und Verantwortung mit anderen Schwerpunkten. Bewahren und verändern ist die Kunst.
      Der muss seinen Genossen liefern. Den Beifall der Online-affinen braucht der nicht.
      Herr Schrader, ich bin sicher, dass Sie genau so neugierig wie ich sind und Ausschau nach dem Vollsortimenter halten, der mit Online und Zustellung Geld verdient. Nicht nur subventionierte Zuwächse erzielt.

    • Oh, so viele Missverständnisse auf einmal! Na gut, also:
      Ich kann den dummen Reim „Handel ist Wandel“ nicht mehr hören; vor allem trifft er nicht zu: Wandel scheint mit das, was große Teile des etablierten LEH in Deutschland tunlichst vermeiden wollen.
      Es ist ja wunderbar, wenn Herr Souque „seinen Genossen liefert“. Wenn die bei Rewe wichtiger sind als die Kunden.
      Und zur Erinnerung: Da tauchen Wettbewerber auf der Landkarte auf, die bewusst mit jahrelangen Verlusten kalkulieren, um Marktanteile zu erobern und Kunden zufrieden zu stellen. Da geht’s nicht ums „Bewahren“. Es geht darum, eine langfristige Strategie zu entwickeln, wie man eine wirksame Antwort darauf finden kann. Und das bedeutet ganz sicher nicht, links und rechts mal eine Beule im Status Quo zu gestatten.
      Ich glaube auch gar nicht, dass alles in zwei Jahren nachhause geliefert kommt, was in den Kühlschrank soll. Aber die sich andeutende Verknüpfung von Stationärem und Online, auf die z.B. Amazon hinzuarbeiten beginnt, wird auch denen, die sich heute als Marktführer unangreifbar fühlen, irgendwann Kopfschmerzen bereiten.

    • “ Und was schlagen Sie für den Fall vor, dass sich die Kunden nicht mehr satzungsgemäß verhalten? “

      Der war gut. Und genau das müsste man die Rewe-Führung und auch den einzelnen Genossen einmal fragen.

  • Was bei dieser schönen neuen Online-Welt immer unter den Tisch fällt, ist die Provinz. Nicht jeder lebt in Prenzlberg, Schwabing oder der Hafencity, und hier 10 km hinter der Stadtgrenze einer mittleren westdeutschen Großstadt gibt es an Lebensmittellieferdiensten noch genau Amazon Pantry und den lokalen Pizzaheini.

    Anders gefragt: Wenn ich sowieso schon mit dem Auto zur Arbeit fahre, warum soll ich dann nicht gleich an einem der x Verbrauchermärkte an denen ich täglich vorbeifahre anhalten und mein Zeug einladen, anstatt zuhause eine Abholkarte fürs nächste „Postamt“ aus dem Briefkasten zu pulen (auf dem Dorf gibt es nämlich auch keine Packstation…)

    Und: 50 Millionen Deutsche wohnen nicht in Großstädten.

    • Ähm: nein. Allyouneedfresh (DHL) und MyTime liefern schon seit längerem deutschlandweit auch frische Lebensmittel, z.T am „Wunschtag“ in klar eingegrenztem Zeitfenster (je nach Region) und innerhalb von 24 Stunden.

    • Ich habe mal aus Spaß an der Freud bei Allyouneed eine Postleitzahl eingegeben, von der ich ganz sicher bin, dass es viel ländlicher nicht geht, wo aber dennoch die Infrastruktur zur Lieferung noch prinzipiell gegeben ist (Autobahnanschluss, befestigte Straßen zu allen Orten). Ja, es gibt grundsätzlich Lieferungen. Das sieht dann heute z.B. so aus:

      Ihr nächstmöglicher Liefertermin,
      Freitag, der 27.10.17
      zwischen 08 – 18 Uhr

      Das ist zweifelsohne ein klar begrenztes Zeitfenster.

      MyTime kann mir keine sinnvollen Lieferfenster anzeigen, empfiehlt aber die DPD-Paketstationen in ca. 10-15km Entfernung, bei denen dann nur während der Öffnungszeiten der zugehörigen Läden abgeholt werden kann, so z.B. werktags von 12-20 Uhr. Ich hoffe einfach, dass sie am Ende doch keine Frischelieferungen dorthin anbieten, wenn das Zeug vom DPD-Fahrer da irgendwann (hoffentlich am gleichen Tag) abgegeben wird und dann bis zum Feierabend in den Boxen gärt. (Mal abgesehen davon, dass es bis zum nächsten Supermarkt kürzer ist, der abends länger öffnet und keinen Frischezuschlag verlangt.)

    • Ja, natürlich, auf Rügen kommt der Paketbote halt zwischen 8 und 18 Uhr.

      Schauen wir nochmal „hinter die Stadtgrenze einer mittleren westdeutschen Großstadt“, also z.B. Brambauer bei Dortmund (Zufallsauswahl)? Stand heute, 21.28 Uhr: Lieferung morgen zwischen 18 und 20 Uhr. Find ich recht praktikabel, wenn man nicht besonders mobil ist und andernfalls auf Einkaufshilfe angewiesen.

      (Ich will aber gar nicht behaupten, dass das überall gleich gut funktioniert; ebenso wenig greift meiner Ansicht nach aber das pauschale Argument, der ganze Kram würde sich eh nie durchsetzen, weil er „in der Provinz“ nicht funktioniere.)

    • Es war nicht Rügen oder sonst eine Insel. Ich frage mich halt schon, was man mit einer Lieferzeit von 8 bis 18 Uhr anfangen soll. Das ist eben doch nur ein Pseudoangebot, damit man behaupten kann, man beliefere ganz Deutschland. Und dasselbe gilt für die Idee mit DPD pick up.

      Ich bin auch nicht Vertreter des Arguments, dass Dienste sich nur durchsetzen, wenn sie auf dem Land wie in der Stadt funktionieren. Genauso sind die Online-Lebensmittellieferdienste aber auch nicht die Lösung für mobil Eingeschränkte, da gibt es (nicht nur auf dem Land) preisgünstigere, etablierte Dienste (rollende Supermärkte, Bürgerbus, lokale Lieferdienste,…).

  • Subjektiv: Für mich sind diese Lieferdienste, von wem auch immer, nur für Leute interessant, die nicht mehr wirklich „auf’s Geld“ schauen müssen. Leuten wie mir (Familie mit zwei Kindern, gesunder Mittelstand) sind qualitativ hochwertige Lebensmittel wichtig, ich kann aber nicht noch für jede Lieferung 2-5 Euro extra bezahlen – bzw. können vielleicht schon, aber ich gebe diese Beträge dann doch lieber für etwas anderes aus. Ich glaube auch nicht daran, dass ein Onlineeinkauf wirklich viel Zeit spart im Vergleich zum Auf-dem-Arbeitsweg-schnell-bei-Supermarkt-anhalten. Der reale Einkauf hat für mich außerdem den Vorteil, dass ich die Ware (insbesondere bei frischen Lebensmitteln) vorher kurz begutachten kann – mir zumindest ist das wichtig. Und wenn ich eh schon im Geschäft bin, kann ich den Großteil der Ware, den auch ich ab und zu bestelle (Waschmittel, Katzenfutter), auch gleich mitnehmen.

    Was ich sagen will: Ja, Stillstand ist falsch. Aber Panik vor dem Onlinehandel mit Lebensmitteln ist in meinen Augen auch fehl am Platz.

    • There is no free lunch.
      Entweder Sie müssen selbst physische Arbeit in Ihre Besorgungen im Rahmen Ihrer Freizeit investieren oder Sie müssen die physische Arbeit Anderer, die Ihnen das hauptberuflich abnehmen, entlohnen. Natürlich können die Verkäufer das nicht einfach mal so gratis anbieten. Haben Sie eigentlich eine Ahnung, wie winzig die Profite im Lebensmitteleinzelhandel sind? Wenn Ihr nächstgelegener Markt, egal ob Discounterkette oder genossenschaftlicher Kaufmann, mehr als 4 % Umsatzrendite erwirtschaftet dann gehört er zu den Ausnahmen. Wenn die Ihnen jetzt noch 2-5 € für die Lieferung an die Haustür spendieren, aber alle Artikel gefälligst zu den selben Preisen wie im Geschäft und am besten noch lauter günstige Handelsmarken, dann machen die damit bestenfalls eine schwarze Null. Das sind aber keine karitativen Vereine.

      Die Zeitersparnis ist definitiv da. Wenn man jetzt z. B. Führungskraft ist und keinen 8 Stunden Tag nach Stechuhr hat (nicht einmal einen fixen 10 Stunden Tag, sondern „es dauert so lange, wie es dauert“), also kaum Freizeit, diesen hohen Arbeitseinsatz aber entsprechend abgegolten bekommt, also nicht auf 2-5 € schauen muss, dann ist man doch heilfroh, wenn man die kostbare Freizeit nicht mit Besorgungen verplempern muss und bezahlt gerne Dienstleister dafür. Die sind auch froh, denn die Botengänge erledigen typischerweise Mitbürger, die vor dem Boom der Liefer- und Paketdienste oftmals in der Langzeitarbeitslosigkeit versunken sind, da „ehrliche Maloche“ längst durch Maschinen ersetzt oder nach Fernost verlagert wurde, es aber relativ viele Mitbürger gibt, die denken, es reicht Ihre Arbeitskraft zu „ehrlicher Maloche“ anzubieten und dazu bestenfalls einen Schulabschluss mitzubringen.

      Selbst die Natur hat was davon, wenn nicht jeder einzelne Einkauf durch einen individuellen Pkw besorgt wird, sondern auf einer (schon aus ökonomischen Gründen) effizient geplanten Tour ausgeliefert wird, die wenigsten Menschen laufen ja zu Kaufland und Co. für Ihre Einkäufe. Der stark gewachsene Bestellverkehr hat den Straßen viel Individualverkehr erspart – denn das, was im Ladengeschäft steht, wurde ja auch von Logistik (inkl. Verpackungsabfällen) dort angeliefert. Dass wir das als Einzelhandelskunden nicht sehen ändert daran nichts. Wenn Rewe usw. jetzt von einem zentralen Lager aus direkt an den Endkunden ausliefern, dann ist das ökologisch sogar ein Vorteil ggü. „zuerst noch vom Zwischenlager an die einzelne Filiale liefern, dann fährt der Kunde in einer Leerfahrt zu diesem Markt, kommissioniert dort selbst einen Einkauf und fährt dann mit dem Einkauf nachhause“ Vs. „Einkauf wird im Zwischenlager kommissioniert und dem Endkunden im Rahmen einer Liefertour an die Tür gebracht“.

      Wirklich alle haben was davon. Und darum ärgert mich auch so, dass der Handel so zaghaft in Vorleistung geht. Denn in der Tat gilt bei diesem Henne-Ei Problem ganz eindeutig, dass zuerst das flächendeckende Angebot da sein muss, bevor sich das in den Alltag der deutschen Endverbraucher einbürgern kann. Rewe war kurz davor, hat dann aber vorzeitig offenbar wieder den Geldhahn zugedreht. Zuerst wurde die Expansion des Lieferservice gestoppt, obwohl die Nachfrage da war, wie bereits vor 1-2 Jahren berichtet wurde und kürzlich, siehe Erfahrungsberichte auch hier, wurden scheinbar weitere Einsparungen beschlossen. Es bleibt also vorerst dabei, dass niemand in Deutschland dieses Umsatzpotential hebt.

      Bis es doch der erste macht, das bisher noch unbekannte, „nächste Amazon“ der Lebensmittellieferungen. Ich kenne alleine persönlich spontan zig Leute, die gerne 5 € für eine Lieferung bezahlen, wenn sie dafür nicht zum Supermarkt rennen, wenn die Lieferung zuverlässig funktioniert, nichts fehlt und alles in ordentlicher Qualität ausgewählt wird (Frischewaren). Das kann dann ruhig auf dem Preisniveau eines kleinen Edeka geschehen und muss nicht mit Lidl mithalten können. Viele Leute sind bereit mehr Geld zu bezahlen wenn die Leistung dafür auch stimmt.

    • Es gibt soweit ich weiß keine konkreten Belege für die von Ihnen angenommenen ökologischen Vorteile durch Direktbelieferung. Fachleute gehen inzwischen eher davon aus, dass es zu Ersatzfahrten kommt und deshalb evtl. sogar eine höhere Umweltbelastung möglich ist. Wenn Sie gegenteilige Studien kennen, freue ich mich sehr über einen Link oder Hinweis. Danke!

  • Als Inhaber zweier REWE Märkte verstehe ich das ganze Problem nicht. Wo steht die REWE, Edeka, Aldi, Lidl, … still? Die Märkte verändern sich immer wieder. Anfangs meiner Ausbildung hieß es alle 9 Jahre Komplettumbau, jetzt sind es eher 7 Jahre. Es gibt immer mehr Supermärkte mit Warenwelten wie Weinabteilung, Drogerieabteilung, usw. sind das keine Veränderungen zu den alten Aufbauten?
    Ich beobachte Amazon und alle anderen, auch Dank dieses Blogs hier (!), sehr genau und bleibe dabei: Ich kenn meine Spannen. Soll Amazon damit erstmal Geld verdienen und dann reden wir weiter. Jetzt kommt das Argument „dann ist es zu spät“ … sagt wer? Glaskugel? Ich würde eher Lottospielen, wenn ich in die Zukunft sehen kann.
    Der LEH ist denke ich recht gut aufgestellt in Deutschland, dass alleine aufgrund der Spannen erstmal so einfach keiner mit reindrängen kann. Wenn Amazon natürlich einkauft (Norma, Tegut, usw.) dann sieht es anders aus. Bis dahin gilt für mich als selbständiger Händler „Der Kunde ist König“, übrigens genauso wie „Handel ist Wandel“.

    • Fragen Sie mal bei den Videotheken wie es denen geht oder dem stationären Buchhandel oder Elektromärkten (abseits von Saturn und MM). Gerade Amazon verdient immer noch kaum Geld, die
      setzten schon immer auf Verdrängung was bislang auch funktionierte.
      Glauben Sie dem Kunden ist es wichtig wie schön die Weinabteilung aussieht, wenn er sich Lebensmittel schön nach Hause liefern lassen kann. Keine Parkplatzsuche, keine Einräumen in den Einkaufswagen, Ausräumen aufs Band, Einräumen in den Einkaufswagen, Ausräumen zuhause.
      Kein Anstehen an der Kasse, keine Aufregung über nicht vorhandene Artikel.
      Etc.pp.

    • Unter der Prämisse ist die Alternative aus der Sicht eines kleineren Händlers (egal ob Videothek oder Supermarkt) eh bloß Dichtmachen bzw. vollständige Umorientierung. Da kann er dann auch warten, bis es tatsächlich soweit ist. (Ich find aber Lieferung total ätzend und tu mir das nur dann an, wenn es erheblich billiger oder anders nicht erhältlich ist.) Buchhändler sind was Anderes; die sind ja subventioniert, was aber in Deutschland gleichzeitig auch die Anschubfinanzierung für Amazon war.

    • Vielleicht bin ich nicht der „typische“ Kunde, aber:
      -Komplettumbau alle 7 Jahre, statt 9. Das interessiert mich nicht. Ich kaufe nicht die Ladeneinrichtung sondern die Produkte. Und das möglichst schnell und zielgerichtet. Letzte Woche war ich in unserem Netto, der nun in grau designt ist. Das ist zwar neu, ändert aber nicht viel am Gesamtzustand des Ladens, insbesondere am völlig überladenen Sortiment.
      -Warenwelten (insb. Weinabteilung): Die Weinabteilung eines REWE, Edeka, Lidl (diese Kisten, süß) kann gar nicht das bieten, was man heutzutage bei Winzern übers Internet ordern kann. Oder vor Ort kaufen. Da helfen auch Böden in Holzoptik nicht, stimmungsvolle Beleuchtung, usw. Wenn das wirklich zu Umsatzsteigerung in der breiten Kundschaft beiträgt, dann bin ich komisch.
      Und nein, ich warte nicht sehnsüchtig auf Amazon oder Ähnliches. Ich bin mit meinem Aldi noch zufrieden. Obwohl es auch dort immer unübersichtlicher und an der ein oder anderen Stelle qualitativ schlechter wird.

    • Sie müssen alle paar Jahre renovieren, wenn der Laden nicht gammlig wirken soll. Es verursacht auch keine (nennenswerten) Mehrkosten, wenn der Boden in fake-Holzoptik daherkommt, statt in Mausgrau, Steingrau oder Aschgrau (das mag Anno-Dazumal anders gewesen sein, heute aber nicht mehr, alles spottbillige Massenware).

      Das Problem der hiesigen Einzelhändler ist eher, dass es insgesamt einfach viel zu viel Einzelhandelsfläche gibt.

      Es gibt heute mehr denn je zuvor in der Einzelhandelsgeschichte in Deutschland – und das obwohl ein immer größerer Teil der Einzelhandelsumsätze in’s Internet und zu den Lieferdiensten bzw. Paketversendern abwandert. Das ist sozusagen eine Panikblüte, ein Überlebenskampf um den langsam schrumpfenden Kuchen.

      Dazu gehört im Übrigen auch die schwindende Qualität von Handelsmarken, die nicht nur Sie subjektiv beobachtet haben. Als ich ein Kind war kursierten heiß getauschte Listen mit „Produkt X bei Discounter Y ist in Wahrheit aus der Herstellung von Markenhersteller Z, aber viel billiger“. Das ist ja schon lange nicht mehr so (wenn man mal von einigen wenigen Überbleibseln absieht), es haben sich längst eigene Handelsmarkenhersteller gebildet und die knausern tatsächlich bei jedem Cent und deshalb kaufe ich auch schon lange nur noch bei Discounter ein, die nicht vorwiegend Eigenmarken anbieten. Es schmeckt doch alles recht fad, eintönig, pampig, wenig raffiniert, glutamatig, zuckrig, salzig, dumpf. Die haben massiv nachgelassen.

      Und auch die Arbeitsbedingungen waren schon wesentlich besser. An allen Ecken und Enden wird gespart und geknausert um das Flächenwachstum zu finanzieren. Dass das nicht mehr lange gut gehen kann ist klar, es gibt eine „Einzelhandelsblase“ (auch jenseits der Lebensmittel, zB bei den Drogerie-Märkten der großen Ketten, über deren Filialen man inzwischen fast an jeder Straßenecke stolpert – hier wird der Überlebens- bzw. Verdrängungskampf am deutlichsten).

    • Die Zahlungsmodalitäten bei deutschen Supermärkten war bis Mitte der Nullerjahre noch auf dem Stand der frühren 90er. Hätte bestimmt noch mit Eurocheque zahlen könne, hätt’s die da noch gegeben 😉

  • Ich bin Anfang 40 und gehe grundsätzlich gerne in den Supermarkt, vor allen Dingen die schöneren Exemplare wie bei REWE (oft) oder EDEKA (oft gammelige kleine Läden dabei). Genau wie im Buchladen entdecke ich beim Schlendern mehr neue Produkte als beim Scrollen auf einer Webseite. Auf amazon suche ich immer nur gezielt. Es macht keinen Spaß nach Artikeln/Büchern/Lebensmitteln zu „browsen“, maximal durchsuche ich alle sieben Pfingsten mal die BluRays/DVDs bei amazon auf der suche nach einem guten Film, aber auch das ist mühsam und wenig ertragreich.
    Das auch die Lieferdienste sparen wollen/müssen woe Sie nur können ist klar und ich habe auch keine Lust auf Obst und Gemüse, welches ich nicht selbst aussuche. Weil auch ältere Lebensmittel weg müssen, zieht irgendeiner dann die A***-Karte.
    Fleisch suche ich mir auch am liebsten live an der Theke aus. Gerade jetzt, wo mein Hit-Markt einen Dry Aged Beef Schrank aufgebaut hat 🙂
    Schlangestehen ist etwas nervig, ja, aber in Zeiten von Smartphones auszuhalten. Sind Kinder dabei, wirds natürlich nerviger.
    Schlimmer finde ich einfach nur den Akt des Aus- und anschliessenden Einpackens. Dabei will ich nicht mal selbst scannen und es darf auch gerne ein(e) lebende(r) Kassierer(in) mein Geld in Empfang nehmen, aber diese Arbeit ist so absolut unnütz. Wo bleibt denn die RFID Scan Technologie ?!

  • Ich kann mir noch keinen endgültigen Reim draus machen, was dahinter steckt. Aber nachdem es im Newsletter angekündigt wurde, hat Lidl still und heimlich alle Lebensmittel aus dem eigenen Online-Shop auf lidl.de entfernt.
    Weiß jemand mehr dazu?

  • Ich frage mich als langjähriger Kunde von REWE (Markt, wie Lieferservice) tatsächlich, was da gerade los ist. Mir wurde heute die zweite Woche hintereinander die Lieferung für Freitag Abend storniert, beide Male ~2h vor dem Terminfenster. So spart man sich natürlich das Einlösen der „Entschuldigungsgutscheine“ aus der Vorwoche.

    Der nette, allerdings auch recht resigniert klingende Kundenservice am Telefon meinte auch nur, die Probleme mit dem Standort hier in München seien bekannt, aber sie könnten auch nichts weiter tun, als die Beschwerden aufzunehmen.

    Der Service hier war bisher auch weitgehend tadellos, hier und da mal eine angeschimmelte Erdbeere in der Packung, wurde alles aber immer anstandslos gutgeschrieben, sonst immer Top-Qualität der Lieferung und Ware. Aber seit ein paar Monaten ist irgendwo der Wurm drin, ob das mit Sparmaßnahmen oder Überoptimierungen in Sachen „Effizienz“ zusammenhängt – man weiß es nicht. Stornos, Verspätungen, falsche Lieferungen, etc. – das volle Programm aus den Anfangsjahren, das eigentlich langsam überwunden sein sollte.

    Ich werde jetzt mal EDEKA / Bringmeister testen.

  • Rewe und Penny sind wegen der Dauerwerbung auf der Bild-„Zeitung“ sowieso bei mir ganz grundsätzlich unten durch. Dafür bekommen die mein Geld nicht.

    Aber was ist dass denn für eine selten dämlich/verkitschte Weihnachtsaktion auf der Penny-Website? Beinahe wäre mein Laptop vor Wut durchs Zimmer geflogen.

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