Rot-gelbe Koalition: So macht Rewe seine Supermärkte zu DHL-Paketabholstationen

Rot-gelbe Koalition: So macht Rewe seine Supermärkte zu DHL-Paketabholstationen

Inhalt:

Um die Paketflut zu bewältigen, schickt DHL Empfänger künftig auch zu Rewe, um Sendungen abzuholen. Der Lebensmittelhandel übernimmt eine zunehmend wichtigere Rolle als Partner der großen Paketlogistiker.

Partner:

Der Online-Versandhandel boomt und die Paketdienste kommen nicht mehr hinterher. Hermes entschuldigt sich bei seinen Kunden im Voraus für „lokale Verzögerungen in der Zustellung“. Man erwarte „in den kommenden Wochen die höchsten Paketmengen unser Firmengeschichte“. Zwar würden neue Kapazitäten geschaffen. Dennoch könne man „in einigen Regionen, die von einer besonders massiven Paketflut betroffen sind, eine verspätete Zustellung leider nicht immer ausschließen“.

Anfang November hatte Hermes bereits ein „historisches Mengenhoch“ prognostiziert – und legte Kunden deswegen nahe, auf eine Direktzustellung nachhause zu verzichten:

„Um die Zustellung zu beschleunigen, empfiehlt Hermes die Nutzung von PaketShops als Abholadresse für Onlinebestellungen.“

Damit die Paketflut überhaupt noch bewältigt werden kann, sind die Unternehmen zunehmend auf Hilfe von Partnern angewiesen – allen voran besagten Paketshops. Das gilt auch für DHL, mit dem Unterschied, dass man dort – anstatt wie der Wettbewerber Hermes ehrlich zu sein – lieber so tut, als sei alles in Butter.

„DHL Packstation weiter auf Erfolgskurs“, meldete das Unternehmen vor einer Woche (ziemlich genau wie 2014, hat Exciting Commerce nachgeschaut) und kündigte „nochmals mehrere hundert neue Automaten“ bis Ende 2018 an; viele Stationen sind aber jetzt schon am Limit oder wurden ersatzlos abgebaut, wie kürzlich berichtet (ein Blick auf die Nutzererfahrungen in den Kommentaren lohnt sich ebenfalls; und: die dokumentierte Ausweichaufforderung an der Packstation wurde inzwischen wieder entfernt).

Paketabholung am Pfandautomaten

Partner gewinnen schon deshalb an Bedeutung, weil sich Paketshops dort in bestehende Strukturen einfügen können: in Kioske, Blumenläden, Lotto-Annahmestellen. Genau wie in Supermärkten, zum Beispiel von Rewe.

Der Kölner Handelskonzern kooperiert schon seit vielen Jahren mit den Bonner Logistikkollegen, vor vielen Rewe-Märkten stehen gelbe Packstationen. Inzwischen geht die Partnerschaft allerdings einen Schritt weiter. Rewe-Filialen in Berlin, Köln, Erlangen, Eschborn, Hanau und anderen (auch vielen kleineren) Städten funktionieren offiziell als DHL-Paketshops, in denen zuhause vorfrankierte DHL-Pakete abgegeben und Sendungen, die direkt an den Markt adressiert wurden, abgeholt werden können.

Beides erfolgt in der Regel in der Nähe des Lagers, dessen Zugang kurzerhand zum „Paketshop“ umdeklariert wird.

Dort wird auf Schildern im „Rewe – Dein Markt“-Design auf die Dienstleistung hingewiesen:

„Hier Ihre DHL Pakete abgeben und abholen.“

Den Abholwunsch signalisiert man den Mitarbeitern im Lager per Pfandklingel.

Wie im übrigen Laden auf den Service hingewiesen wird, ist höchst unterschiedlich. Einmal hängt am Eingang ein gut sichtbares Schild („Jetzt hier bei uns“, siehe Foto oben). Ein andermal weist im ganzen Laden überhaupt nichts auf die Paketshop-Aufrüstung hin und Mitarbeiter erklären auf Nachfrage, man melde sich zum Abholen einfach an der Kasse des integrierten Getränkemarkts.

Die Märkte lassen sich über die DHL-Standortsuche aufrufen. Dazu gehören nicht nur Filialen selbstständiger Kaufleute, sondern auch solche, die direkt von der Zentrale gesteuert werden, in Berlin zudem zahlreiche ehemalige Kaiser’s-Märkte, die Rewe Anfang des Jahres übernommen hatte.

Der Vorteil für die Kunden liegt auf der Hand – auch wenn es in der Regel nur so mittelpraktisch ist, erstmal den halben Supermarkt durchqueren zu müssen, bis man sein Paket erklingen darf. Die Mitarbeiter im Markt dürfte es weniger freuen, zusätzlich noch Paketbote zu spielen: Für sie ist es noch eine Aufgabe mehr, die im ohnehin stressigen Tagesgeschäft bewältigt werden muss.

Rewe hofft in erster Linie darauf, die Paketabholer zum Spontaneinkauf verleiten zu können. Und nutzt die Gelegenheit, sich selbst als Abholort für die eigenen Online-Shops zu empfehlen:

„Nutzen Sie den Paketshop auch für Bestellungen bei unseren Online-Services: ZooRoyal.de / Weinfreunde.“

„Kein generelles Umsetzungskonzept“

Auf Supermarktblog-Anfrage äußert sich Rewe nicht dazu, wieviele Märkte mittelfristig als DHL-Paketshops funktionieren (sollen), erklärt aber:

„Es gibt kein generelles Umsetzungskonzept. Wir entscheiden von Markt zu Markt individuell.“

Und weiter:

„Wir arbeiten in vielen Märkten und Städten bereits seit Jahren mit DHL zusammen. Im Rahmen der partnerschaftlichen Zusammenarbeit ist der Paketshop nur eine Lösung. Es gibt keine Fokussierung auf ein Format. Je nach Marktbeschaffenheit haben wir auch andere Formate wie DHL Packstationen und Deutsche Post-Partnerfilialen im Einsatz. Darüber hinaus gibt es auch REWE Märkte mit Paketshops von anderen Anbietern wie Hermes, UPS oder DPD.“

DHL wiederum kooperiert vielerorts auch mit Wettbewerbern wie Edeka (und hat sich auf Anfrage bislang nicht zur bisherigen Anzahl der Rewe-Paketshops geäußert) und erklärt:

„Durch die Integration von Filialen und Paketshops in REWE-Märkte kann Kunden ein zusätzlicher Mehrwert geboten werden, da Empfang und Versand von Paketen und Briefen noch bequemer in den Tagesablauf integriert und mit dem Lebensmitteleinkauf verbunden werden können. (…) Insgesamt ist die Zahl der gemeinsamen Standorte im letzten Jahr, wie auch in den Jahren zuvor, angestiegen.“

Der Lebensmittelhandel übernimmt damit eine zunehmend wichtigere Rolle als Partner der großen Paketlogistiker. Seit dem Frühjahr haben u.a. Aldi Süd, dm und Edeka an einzelnen Standorten Locker-Abholstationen von Amazon aufgestellt und hoffen auf mehr Frequenz durch Abholer – selbst wenn man dafür einen Konkurrenten aufs eigene Grundstück lassen muss (den man nachlässig noch nicht als solchen zu begreifen scheint). Das wirbelt auch so manche bisherige Allianz durcheinander.

Einer der Berliner Test-Locker fand seinen Platz zum Beispiel am Eingang eines E-Centers, ausgerechnet neben einer DHL-Packstation.

Schon kurze Zeit später ist der daneben jedoch für einen Fahrradständer frei geworden:

Die DHL-Packstation 267 steht seitdem ein paar hundert Meter entfernt von ihrem bisherigen Standort – vor dem Markt eines selbstständigen Rewe-Kaufmanns.

Vielen Dank für die Hinweise an Ulf S. und Sven E.!

Fotos: Supermarktblog"


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7 Kommentare
  • Im REWE in der Münchner Müllerstraße wurde nun auch eine richtige kleine Postfiliale eingebaut, mit Theke und Hinweisschild, von welcher Seite aus man sich anzustellen habe. Die Filiale ist nun das erste, das man sieht, wenn man mit der Rolltreppe zum Supermarkt hinunter fährt. Nicht blöd, so recht hatte man diese Ecke bisher nicht nutzten können.

    • In München haben etliche Rewes Postfilialen (nicht bloß Paketshops) eingebaut. Zumindest der in der Parkstadt Schwabing schon seit vielen Jahren. Da hat die Postfiliale jetzt schon mindestens den 3. Standort im Markt. Die ersten beiden waren hinten; jetzt ist sie schon längere Zeit vorn (und seither ist in dem Bereich noch der Bachmeier durch Pane Bavaria ersetzt worden).

    • Jupp, auch beim Rewe am Werner-Egk-Bogen ist eine volle Postfiliale integriert (nur der Bäcker wurde vor einigen Wochen ersatzlos gestrichen und ist nur noch am unterschiedlichen Fußbodenbelag zu erkennen). Allerdings hat die Post nicht so lange geöffnet wie der Rewe…

  • Es wundert mich, dass dies in den Städten erst jetzt im kommen ist. Hier auf dem Land (Hessen) hat fast jeder Rewe und Edeka eine Postfiliale oder ähnliches, da die eigentlichen Postfilialen vor 20 Jahren geschlossen wurden.

    • Kommt womöglich auch drauf an, ob das ein selbstständiger Kaufmann in seinem Laden macht (von denen es ländlicherseits ja zahlreiche gibt) oder ob die Zentrale das für Regiemärkte forciert.

  • Ich halte die Einrichtung von Post-/DHL-Filialen/Paketshops in Lebensmittelmärkten für vorteilhaft. Schließlich bieten die Lebensmittelmärkte lange Öffnungszeiten, länger als früher die eigenständigen Postfilialen oder die Reformhäuser/Schreibwarenläden. Bis 22 Uhr dürfte fast jeder Zeit haben. Es müsste aber sichergestellt sein, dass kurzfristig jemand kommt und den Kunden bedient; 10 Minuten oder länger dürfte nicht zumutbar sein.

    Der Konsum Dresden bietet Postdienstleistungen in manchen Märkten schon länger an: https://www.konsum.de/konsum-frida/standorte-oeffnungszeiten/

    Wobei die Supermärkte natürlich eine eigene Paketfachanlage einrichten können: sozusagen eine Packstation, ein Amazon Locker und eine Abholstation für die supermarkteigenen Lebensmittelbestellungen gleichzeitig.

    Ich glaube nicht, dass Amazon derzeit eine ernsthafte Konkurrenz für die Lebensmittelmärkte darstellt. Eher hat man eine Art „Symbiose“: Amazon bietet Artikel, die der Lebensmittelmarkt nicht bietet. Da kann man die Paketabholung gleich mit dem Lebensmitteleinkauf verbinden. Es profitieren also beide. Selbst, wenn Lebensmittel bei Amazon bestellt werden, kann es sein, dass derjenige etwas vergessen hat und/oder bestimmte Produkte nur im Markt kauft. Damit Amazon genügend Lebensmittelbestellungen erhält, muss Amazon einen Mehrwert bieten, die Lieferung in die Box neben den Supermarkt darf z. B. nicht deutlich teurer sein als der Supermarkt selbst. Außerdem ist es schon länger üblich, dass Supermärkte und Discounter nebeneinander stehen, z. B. Rewe und Aldi; angeblich sollen beide davon profitieren.

  • In meinem Rewe-Markt (Am Tierpark 68, 10319 Berlin) wurde die Kooperation nach einem Jahr wieder beendet. Der Rewe-Markt wird in der Postsuche nicht mehr aufgeführt, der Hinweis direkt im Eingangsbereich und an der Lagertür ist entfernt worden. Keine Ahnung, ob es auch andere Rewe-Märkte in Berlin betrifft, der Rewe Schönhauser Allee 10 war auch DHL-Partner, ist aber bis auf weiteres nach einem Brandschaden geschlossen.

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