Die Mumie lebt (noch): Wie sich Lidl und Kaufland aus dem Handel von morgen verabschieden

Die Mumie lebt (noch): Wie sich Lidl und Kaufland aus dem Handel von morgen verabschieden

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Dieses Jahr hat gezeigt: Die Schwarz-Gruppe – größter Lebensmittelhändler Europas und viertgrößter der Welt – ist der festen Überzeugung, dass das Internet für ihr zukünftiges Geschäft keine wesentliche Rolle spielen wird. Das ist eine fatale Fehleinschätzung.

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Die Schwarz-Gruppe – größter Lebensmittelhändler Europas und viertgrößter der Welt – ist der festen Überzeugung, dass das Internet für ihr zukünftiges Geschäft keine wesentliche Rolle spielen wird.

Mit diesem Satz lässt sich die unternehmerische Strategie des Neckarsulmer Unternehmens im zu Ende gehenden Jahr 2017 zusammenfassen. Wobei „Strategie“ ein unverhältnismäßiger Euphemismus für das ist, was sich der Konzern in diesem Jahr geleistet hat. Zur Erinnerung:

  • Anfang des Jahres hat Lidl seine Pläne für einen Click-&-Collect-Test in Berlin sprichwörtlich kurz vor der Eröffnung abgesagt und die Einrichtung aus den dafür bereits fertig umgebauten Läden wieder rausgerissen (siehe Supermarktblog).
  • Kurz darauf hat sich Lidl von seinem Geschäftsführer Sven Seidel getrennt, der das in die Jahre gekommene Discount-Konzept weiterentwickeln wollte (siehe Supermarktblog-Stellenanzeige).
  • Zusätzlich erklärte der maßgeblich für den Kurswechsel verantwortliche Lidl-Vorstand Klaus Gehrig, auch von den umfassenden Marktmodernisierungen wieder Abstand nehmen zu wollen, mit denen sich der Discounter ein zeitgemäßes Erscheinungsbild verpassen wollte (siehe Supermarktblog).
  • Vor wenigen Wochen kappte Lidl zudem die Möglichkeit, (haltbare) Lebensmittel in seinem Online-Shop zu bestellen (siehe Supermarktblog).
  • Und nun macht die Schwester Kaufland vor Weihnachten ihren Berliner Lieferservice für online bestellte Lebensmittel, der kurz vor der Expansion nach Hamburg stand, wieder dicht (siehe Supermarktblog).

Anders formuliert: Bei voller Fahrt in Richtung Zukunft haben erst Lild und nun Kaufland die Handbremse angezogen, um sich mehrere Male um sich selbst zu drehen und künftig in die entgegengesetzte weiter zu steuern.

Die dafür genannten Gründe sind in beiden Fällen dieselben: Für Lidl stehe „im Vordergrund, dass entsprechende Projekte von den Kunden angenommen und profitabel betrieben werden können“; Kaufland erklärt, „dass sich ein Lieferservice im Lebensmittelbereich auf Sicht nicht kostendeckend betreiben lässt“.

Das klingt plausibel – und ist dennoch erstaunlich.

Vor allem, wenn dieses Argument von einem Unternehmen angeführt wird, das offensichtlich einen Weg gefunden hat, halb Europa mit stationären Filialen zuzupflastern, in denen man viele Stunden am Tag eigentlich die Lichter ausmachen und die Türen zusperren müsste, weil sich zu diesen Zeiten nämlich oft mehr Mitarbeiter im Laden aufhalten als Kunden – und das es trotzdem zu schaffen scheint, diese Märkte wirtschaftlich zu betreiben.

Mischkalkulation fürs Aufbacktheater

Kein Zweifel: Für sich gesehen mögen Experimente wie der Lieferservice oder ein Click-&-Collect-Angebot kostspielig sein. (Deren Abwicklung ist es freilich auch.) Doch Handel funktioniert seit jeher als Mischkalkulation. Und selbst im Discount sind die Zeiten, in denen sich Handelsmanager neben jede Palette im Laden stellen konnten, um auszurechnen, ob die sich rentiert, lange vorbei.

Die Schwarz-Gruppe müsste das eigentlich am besten wissen. Weil sie diese Veränderung in den eigenen Unternehmen frühzeitig erkannt und selbst mit eingeleitet hat.

Zu gerne würde man die Lidl-Manager ein für allemal erklären lassen, wie sie das Kunststück anstellen, die riesigen Brötchenknasts in ihren Filialen wirtschaftlich zu betreiben; die Chance, dass se das nicht können, ist groß. Kein Wunder: Aller Voraussicht nach wäre es sehr viel rentabler, die für Aufbackware ver(sch)wendete Fläche zu nutzen, um dort sehr viel margenträchtigere Produkte aus dem Standardsortiment zu verkaufen, zumal die längst nicht so viel Arbeit machen, nicht tagsüber mehrfach nachgefüllt und aufwändig in Stand gehalten werden müssten.

Dennoch hat Lidl in den vergangenen Jahren fast alle seine Filialen mit dem Aufbacktheater ausgerüstet – weil frische Brötchen, Brote und warme Snacks für viele Kunden zu einem essentiellen Bestandteil ihres Einkaufs geworden sind – und im Zweifel darüber mitentscheiden, wo dieser Einkauf getätigt wird: im Discounter, oder nicht doch lieber im klassischen Supermarkt.

Natürlich kann man, um Kosten zu sparen, die Stationen aus den Läden wieder herausreißen und darauf hoffen, dass die Kunden einem das nicht übel nehmen und trotzdem wiederkommen.

Vielleicht geht man vorher aber erstmal zum Arzt und lässt sich mit Verdacht auf Gehirnerschütterung untersuchen.

Die Kunden wissen: es funktioniert

In den vergangenen vierzehn Monaten hat Kaufland in Berlin eindrucksvoll bewiesen, dass ein bis dahin eher traditionell agierendes Handelsunternehmen in der Lage ist, sein Geschäftsmodell um einen neuen Service zu erweitern, der von den Kunden höchst erfolgreich angenommen wurde. (Dass das der Fall ist, scheint nicht einmal Kaufland selbst zu bestreiten: „bei der durchschnittlichen Größe der Bestellungen hatte Kaufland in Berlin die eigenen Erwartungen übertroffen“, schreibt die „Heilbronner Stimme“.)

Natürlich hätte es Mittel und Wege gegeben, um diesen Service so nachzujustieren, dass Kosten und Verluste verringert werden – indem alternative Liefermodelle getestet werden, um Kunden enger an sich zu binden zum Beispiel. Oder indem man plausibel erklärt, warum es künftig mehr kosten wird, gewisse Versprechen einzuhalten. (Das hat Kaufland nicht einmal versucht.)

Nur eines geht nicht: Die Kunden vor den Kopf zu stoßen, indem man ihnen erklärt, der vertraut gewordene Dienst sei ein einziger Irrtum gewesen, und gleichzeitig zu glauben, dass sich diese Kunden nächsten Samstag wieder im Großflächendiscounter in die meterlange Kassenschlange stellen.

Weil es kaum einen effektiveren Weg gibt, um zu signalisieren: Auf dich legen wir keinen Wert.

Wir wollen nicht mehr Schlange stehen

Es mag richtig sein, dass die Lieferung online bestellter Lebensmittel nach wie vor eine enorme wirtschaftliche Herausforderung für viele klassische Handelsunternehmen darstellt. Aber die Kunden haben gesehen, dass es funktioniert, dass es ihnen den Einkaufsalltag erleichtert – und, ja, dass sie dafür womöglich zusätzlich bezahlen müssen. So wie früher übrigens, als es beim Kaufmann um die Ecke noch völlig selbstverständlich war, seine Einkäufe nicht selbst heimtragen zu müssen.

Richtig ist auch, dass das für einen Großteil der Kunden, die vor allem preisbewusst einkaufen, nicht relevant ist. Das scheint die Zielgruppe zu sein, auf die sich Lidl und Kaufland künftig (wieder) konzentrieren wollen.

Das bedeutet aber auch, in Kauf zu nehmen, alle anderen mit Kusshand zur Konkurrenz zu schicken. (Wahrscheinlich ist das Dankesschreiben von Amazon schon längst unterwegs in Richtung Neckarsulm.)

In der Vorstandsetage der Schwarz-Gruppe scheint man fest daran zu glauben, ausschließlich dort investieren zu können, wo bislang schon die eigenen Stärken lagen: im stationären Geschäft. Das ist geradezu fatal kurzsichtig, wie sich in den vergangenen Monaten mehrfach gezeigt hat:

  • Als bei Kaufland der Entschluss getroffen wurde, die Markenvielfalt in den Läden auszudünnen, um dadurch Prozesse zu optimieren und Kosten zu sparen, waren die Kunden sauer (siehe z.B. Kommentare unter diesem Blog-Text) und gingen lieber zur Konkurrenz. Kaufland machte die Änderungen zum größten Teil rückgängig, Inzwischen stehen viele zunächst gestrichene Marken wieder im Regal.
  • Der (kostspielige) Start von Lidl in den USA verläuft bisher eher holprig: Viele Kunden können offensichtlich wenig mit der Sortimentsaufteilung des deutschen Discounts anfangen; das Angebot in den Läden scheint nur zum Teil ihren Erwartungen zu entsprechen. Entgegen ursprünglicher Aussagen des Managements liefert Lidl in Kooperation mit dem Partner Shipt seine Lebensmittel inzwischen auch nachhause.

Ein unumkehrbarer Entschluss

In beiden Fällen scheint einer der größten Lebensmittelhändler der Welt die Bedürfnisse seiner Kundschaft grundlegend falsch eingeschätzt zu haben – ausgerechnet im stationären Geschäft, mit dem sich der Konzern seit Jahrzehnten auszukennen glaubt.

Natürlich kann man entscheiden, sich dieses Scheitern nicht auch noch online zumuten zu wollen. Wenn man im Jahr 2017 tatsächlich der Ansicht ist, dass es sich dabei um ein Geschäftsfeld handelt, das mit dem eigenen auch in Zukunft rein gar nichts zu tun haben wird.

Fakt ist: Handel verändert sich, er bleibt nicht stehen. Weil sich die Bedürfnisse der Kunden verändern. Unternehmen, die darauf zu reagieren wissen, haben die Chance, an die Spitze aufzusteigen. So wie es der Schwarz-Gruppe gelungen ist – bis sie sich dagegen entscheiden hat.

Es ist nicht ganz klar, ob den Managern in Neckarsulm die Unumkehrbarkeit ihres Nicht-Handelns bewusst ist. Falls sich in zwei, drei Jahren herausstellen sollte, dass es doch nützlich oder sogar notwendig wäre, Kunden anzusprechen, die sich daran gewöhnt haben, einen Großteil ihrer Einkäufe übers Netz zu erledigen, dürfte ein Neueinstieg in den Markt kaum glaubhaft zu vermitteln sein.


Screenshot: Kaufland/Smb

Auch weil niemand, der bei Sinn und Verstand ist (und googeln kann), dann Lust haben wird, sich dafür bei einem Unternehmen anstellen zu lassen, dass schon mal über Monate um junge, kreative, online-affine Mitarbeiter warb, um neue Geschäftsfelder zu erschließen – und ihnen dann mitten im laufenden Prozess eröffnet hat, dass sie nicht mehr gebraucht werden und gehen können.

Der Innovation den Kopf abgeschlagen

Lidl hat in diesem Jahr nicht nur seinen Geschäftsführer, seinen E-Commerce-Chef und (gerade erst) seinen Marketingchef verloren – sondern mit seinem neuen alten Kurs auch ein unübersehbares Zeichen an potenzielle Fachkräfte gesendet, sich von einer derartigen Unberechenbarkeit besser fern zu halten.

In Neckarsulm hat man sich dagegen entschieden, mit Augenmaß zu experimentieren, sondern der unternehmensinternen Innovation gleich direkt den Kopf abgeschlagen.

In zehn Jahren wird das rückblickend vielleicht der Punkt sein, von dem sich sagen lässt, dass das der Anfang vom Niedergang des einstmals größten europäischen Lebensmittelhändlers war. Weil der versucht hat, ein Handelsmodell zu mumifizieren, das sich nicht ändern darf, weil es sich nicht ändern soll. Und seinen Kunden dasselbe vorschreiben wollte.

Weiterlesen:

Fotos: Supermarktblog"

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34 Kommentare
  • Sehr gute Analyse. Ja, wenn das Chancen-Fenster Online Lebensmittel zu verkaufen mal geschlossen ist, kann man es – wenn überhaupt nur unterg größten Mühen wieder aufmachen.
    Und ja, der allergrößte Verlust für LIDL und Kaufland ist das Signal das man an Online-Fachkräfte sendet: Die Chefs können jederzeit den Schleudersitz betätigen

    • Amazon öffnet und schließt die ganze Zeit, testet und probiert für ihre Kunden. Musik und unedlich Speicher, dann wieder nicht, mal so mal so. Unter dem Strich ein Gewin von 745 mio € für Amazon, aber viel Marketing, wie das ganze Silikon Valley, wir sind toll und inovativ, aber nach dem Exit ist auch schnell alles vorbei. Die Aktionäre werden mit Dronenflüge bei Laune gehalten und wie ein Drogenjunkie wird immer neues Geld gesucht. Die ehrbaren Kaufläute oder Familien die noch ihre Firma Bankenunabhägig bzw. Kapitalsmarktunabhägig sind, diese selbst besitzen, kennt man bei den reichsten US schreiern nicht. Niemand der wirklich Geld hat, redet darüber. Mit gutem Grund, der Staat, die öffentliche Meinung, meist unreflektiert führ z.b FB Gesetze ein, nur nicht der erste Sein, lieber wie Otto und co. Langsam mit Bargeld in der Tasche zukaufen, wenn es soweit ist. War früher so und wird heute so sein. Ein Schlecker, ist durch sein Schneeballsystem kein Ehrbarerkaufmann. Otto Versand (ca. zweitgrößter in EU) hat schon lange einen Lieferservice namens Hermes. Also alles halb so wild. Der Kunde weiß durch den ganzen Blödsinn in den Nachrichten gar nicht mehr wohin. Meldet sich hier an und dort, da macht was auf und wieder zu. Viele machen mit und verschwenden ihre Zeit und vertreuen ihre Daten, um nach der Insolvenz zu merken, ups die gibt es ja gar nicht mehr. Ja es muss LEAN eingeführt werden, in jedem Unternehmen, auch in Deutschland, ja es baut alles auf einer Datenbank auf. Aber beweglicher ist man ohne Aktionäre und marketing für diese. Willkommen bei Schwarz und co. – Die Preise sind übrigens auch gut:) und ein geplantes Abomodell ohne Preisangabe wie ECHO oder Dash zieht den jungen Hippen nur das nicht vorhandene Geld aus der Tasche. Marketing braucht es immer dann, wenn etwas nicht funktioniert. Deshalb sind auch die meisten WHU Projekte kein Erfolg, es ist das Studium der Blasen-BWL mit Anlagen aus unseren Pensionskassen und der Marathon ist lang, lieber normal und natürlich, als den unreflektierten Hype. Ich empfehle ein Besuch beim Chaos Communikation Congress statt republika Blogger Phrasen wie Sascha Lobo, wenn es um Digital geht. Kaufland ist mit den Lagern oder allgemein intern sehr gut aufgestellt, wenig Bugs und eigene Software statt Salesforce Abo mit 200€ pro Mitarbeiter. Aber ja es gibt verbesserungspotenzial. Aber nicht mit Geldverbrennen, Schulden, Privat wie beim Staat oder auch in der Firma, machen abhägig. Immer die Diskurse bachten und statt SV in USA, lieber die Wahrnehmung ändern zu China mit Alibaba oder Wechat, statt den Phrasen aus den Medien, dann sind wir bei Fakten und Wissen, um sich zu posizionieren. BG

    • Sie schreiben etwas konfus…Fakt ist, dass Amazon und Konsorten den stationären Handel dramatisch verändern. Dies läßt sich nicht umkehren. Technologie-Push meets Trend-Pull….wenn man dies kurzfristig negiert, führt das langfristig zum Desaster…

  • Das Argument, niemand wolle bei einem Unternehmen arbeiten, das sein Personal im Schleudersitz entlässt, hat mich sehr an die umgekehrte Argumentation erinnert. Als ich zu einem anderen Beitrag meinte, die SB-Terminals und SB-Kassen würden hauptsächlich dafür sorgen, Mitarbeiter zu reduzieren und Kosten einzusparen, wurde mir geantwortet, dass das ja gar nicht unbedingt sein müsse. Die würden dann eben im Service-Bereich Baristas, oder so. Moment. JAVA ist doch auch was mit Kaffee. Also warum sollten die jetzt nicht auch…?! Ach, nicht?! Hm.

    Ob das Schließen eines Angebots dazu führt, dass man’s in zwei Jahren nicht neu eröffnen kann, wage ich zu bezweifeln. Der durchschnittliche Kunde weiß – behaupte ich mal so – in zwei Jahren nicht mehr, dass es früher schon mal einen Online-Auftritt oder Lieferservice oder sonstwas gab. Sich gegen die übermächtige Konkurrenz zu behaupten, könnte dann echt schwer werden – stimmt absolut. Müsste man halt clever anders sein als die anderen. (Ok, das könnte für die konservativen Leitköpfe vielleicht eine Herausforderung werden…)

    Auf der Website von Kaufland kann man aktuell noch 10 Euro kriegen, wenn man Freunde für den Lieferservice wirbt. Wollen wir Freunde sein, Herr Schrader? Bitte antworten Sie (sehr) schnell 😉

  • Nicht alle, aber viele, ich meine die große Mehrheit, gehen speziell für Dinge des täglichen Lebens insgesamt gerne in den stationären Handel. Das beginnt damit, dass die für Onlinebestellungen notwendige Vorausplanung und auch „ich weiss was ich will“ in der heutigen Zeit an der Realität der meisten Menschen vorbei geht. Die Realität lautet „ich muss noch Essen besorgen“ dann schiebt man den Wagen systematisch durch die Gänge aus deren Warengruppen man ungefähr was braucht, greift spontan zu – die Hausfrau die mit penibler Einkaufsliste durch den Laden geht und abhakt ist am Verschwinden.

    Und das geht bis dahin, dass man das Brot, sei es aus deinem sogenannten Brötchenknast, das Obst, das Gemüse, die Hühnerbrust selbst herauspicken will und nicht auf die Kommissionierung durch Dritte vertrauen will. Der eine mag den Braeburn Apfel lieber klein und möglichst grün, der andere lieber größer und reifer (roter).

    Alltag im Supermarkt eben. Ich bin Hardcore Onlinebesteller. Ich war ungelogen in diesem Jahrzehnt (!) in keinem Kaufhaus, keiner Mall o. ä. mehr, aber der Netto um die Ecke sieht mich 2-3x die Woche. Bezahlt wird natürlich per App, die automatisch Deutschlandcard-Punkte mitsammelt.

    Aber wenn ich einen Wunsch an die Supermarktgötter äußern dürfte, dann dass Netto den Brotlaib „Bauernglück“ in größerer Stückzahl vorrätig hat, so dass man als Berufstätiger am Nachmittag noch die Chance hat ein Exemplar zu ergattern, sowie dass von den vier Kassen, die fest im Laden verbaut sind, auch mal mehr als eine besetzt ist wenn es sich staut. Ansonsten alles gut. Ich würde mir die Einkäufe nicht mal liefern lassen wenn das dauerhaft gratis wäre. In der Zeit, in der ich mir eine Bestellung zusammen geklickt und den Warenkorb abgeschickt hab, hab ich den ganzen Einkauf auf dem Heimweg im Netto um die Ecke schon abgeschlossen – und muss dann nicht erst auf die Lieferung warten, sondern kann losfuttern sobald ich daheim bin und ausgeräumt hab.

    Einfach ganz praktisch an den Alltag denken, statt an das große „Bullshit Bingo“ der E-Commerce Gurus. Ich bin sicher, dass große Teile des Einzelhandels in den Lieferbereich abwandern und es aufgrund des demografischen Wandels auch einen wachsenden Markt für Lieferdienste im Supermarktbereich gibt. Aber die Masse der Verbraucher wird weiterhin stationäre Supermärkte bevorzugen.

    Und daher kann ich schon nachvollziehen, dass die Gruppe nach einem Experiment die Notbremse gezogen hat („stopp loss“) und sich mit diesem Massenmarkt zufrieden gibt.

  • Ob Anton Schlecker eine „beratende Funktion im Managment“ bei der Schwarz Gruppe tätigt? (ironisch gemeint)

    Man muss aber beachten, dass Rewe in letzter Zeit seinen Mut zum Thema Innovation eingestellt hat. Bestes Beispiel die Kaiser´s integration und den Umbau der Märkte in den alten 08/15 Markttyp vor „Greenbilding“. Die Eröffnung in Berlin Gesundbrunnen eines Rewe Centers, der sichtbar eher ein langweiliger Rewe XXL als einer der typischen Rewe Center mit Shop in Shop Konzept. Dies am der Tag der Eröffnung der Kunden sichbar die Enttäuschung im Gesicht zu sehen war…

    • Ich will nicht behaupten, dass Schlecker nur deshalb gescheitert ist, aber die haben ja sehr früh stark auf den Onlinehandel gesetzt und bis zum Schluss auch noch ihren Shop durchfüttern wollen.

    • Ich fände es in diesem Fall ganz hervorragend, mich zu irren, bringe momentan aber noch nicht die nötige Fantasie auf, mir vorzustellen, wie ein erneuter Kurswechsel den Kunden plausibel erklärt würde. (Wenn Sie eine Hilfestellung für mich haben: ich nehm sie gerne an!)

    • Mehr als das kann ich heute nicht anbieten. Aber ich notiere mir diesen Kommentar im Kalender und melde mich, wenn es soweit ist.

    • ganz ernst gemeint und überhaupt nicht ironisch o.ä.: glauben sie ernsthaft, dass die kunden (in 5 monaten oder auch 5 jahren), wenn lidl/kaufland doch wieder onlinebestellung und lieferung eingeführt haben wird, sagen „ich fühle mich nicht richtig mitgenommen“ oder „ich finde die nicht glaubwürdig weil die geschichte dazu nicht gut vermittelt ist“ und dann lieber bei der konkurrenz bestellen? ich will jetzt wirklich nicht verallgemeinern aber mein ganz persönliches einkaufsverhalten ist derartig opportunistisch, dass mich das im leben nicht jucken würde. würden sie lidl denn in zukunft meiden wenn sie die rolle rückwärts-rückwärts machten?

    • Ich glaube vor allem, dass dann niemand mehr, der bei Trost ist, zu Lidl/Kaufland wechseln würde, um dort noch mal so ein Geschäftsfeld aufzubauen.
      Und ich glaube, dass es in fünf Jahren dafür ohnehin zu spät ist.

    • also müsste lidl kräftig mit gehalt winken und es kämen leute die für ein oder zwei jahre horrende entlohnt würden…der homo oeconomicus würde sich die hände reiben.
      in fünf jahren kann man das ganze vllt längst als dienstleistung einkaufen aber klar, ein bisserl spät wärs vermutlich. glauben sie, dass lidl und kaufland überlebensfähig wären wenn sie auch langfristig ausschließlich auf stationären handel setzten?

    • Auch wenn es manchmal hier den Anschein hat: Der Hellseherei fühle ich mich (noch) nicht mächtig. Ich versuche bloß, Plausibilitäten abzuwägen – und bin höchst gespannt auf die Entwicklung.

  • Letzte Woche habe ich noch eine Lieferung von Kaufland bekommen, wie immer pünktlich, vollständig, problemlos. Fand ich gut. Ich habe einmal monatlich meine Merkliste durchgeklickt und daraus bestellt. Aber offenbar war monatlich für Kaufland nicht genug? Die Abschiedsmail vor ein paar Tagen hat mich überrascht. Ich hatte den Eindruck, der Lieferdienst funktioniere mittlerweile sehr routiniert.
    Seit ich umgezogen bin, ist die nächste Filiale für mich nur umständlich zu Fuß zu erreichen. Ich werde wohl auf meine Kaufland-Marken verzichten und ganz bei Rewe und Edeka einkaufen, die beide keine fünf Minuten entfernt liegen. Schade, Kaufland, aber sooo sehr liebe ich dich auch wieder nicht, dass ich zu deinen Läden pilgere.

  • “ Aber die Kunden haben gesehen, dass es funktioniert, dass es ihnen den Einkaufsalltag erleichtert – und, ja, dass sie dafür womöglich zusätzlich bezahlen müssen“ den Absatz finde ich ja sehr witzig… wo sieht denn der Kunde das es funktioniert??? Klar er bekommt bestellte Ware, aber doch nur weil Handelsunternehmen diesen Service subventionieren in der Hoffnung irgendwann in der Zukunft mal Geld zu verdienen.. aber wie lange will ein Handelsunternehmen das machen? Allein bringmeister investiert aktuell Summen die den aktuellen Umsatz fast entsprechen.. aktuell funktioniert da doch gar nichts . Wenn irgendwer damit auch nur ansatzweise Geld verdienen würde, dann würde man das wissen… und das Kunden bereit sind mehr dafür zu zahlen sagen eventuell irgendwelche Umfragen, aber die Realität sieht man doch auch hier im Blog. In Beiträgen über z.B. den Rewe-Lieferservice gab es doch öfters negative Töne bzgl. der Preise.

    • Ja, finde es auch jedes mal extrem überzogen, wie berichtet wird, dass die Discounter alles falsch machen, aber jedes Jahr (erstaunlicherweise) dann doch immenses Wachstum an den Tag legen!

  • Die Umbau-Aktion der Lidl-Filialen kommt kaum noch voran oder sie werden nicht mehr annähernd so aufwendig wie vorher („Glaspaläste“) umgebaut. Und bei Kaufland tauscht man nur einzelne Grabbeltische gegen die neusten Modelle aus und lässt die Fototapeten von 2003 hängen. Lieber wird der Kaufland-Imbiss auf dem Parkplatz aufgehübscht und die Preise ordentlich angehoben. Entweder täusche ich mich oder die Ansage des greisen Lidl-Herrschers schlägt ordentlich durch.

  • Das mit der Mischkalkulation hat den Haken, dass da bisher Aldi nicht mitspielt. Funktioniert ja nur da, wo es aus irgendwelchen Gründen nicht genug Wettbewerb gibt. Die Suche nach neuen stationären Kunden, die das bereitwilliger finanzieren, ist auch nicht so einfach.

    Wenn man davon ausgeht, dass es bloß Lidl und Kaufland nicht auf die Reihe kriegen, wär das ja optimal. Sich verändernde Märkte sind auch die Chance, dass die Konzentration nicht immer nur zunimmt. Ich seh aber auch nicht, warum sie nicht später in einen sich entwickelnden Markt mit eher geringer Kundenbindung einsteigen könnten. Haben sie im Prinzip immer so gemacht.

  • Ich als noch Mitarbeiter kann das alles auch nicht verstehen, laut Analysen waren wir die ersten monate super aufgenommen worden in Berlin und nun das.

    Die Pläne zu expandieren waren für andere Städte und Berlin 2 schon durch… jetzt ist alles vorbei, vor Weihnachten. Einfach nur traurig.

    • Ja wir Mitarbeiter dürfen uns freuen auf die Arbeitsplatzsuche.

      Ich finde es traurig, dass man uns als letzte was gesagt hat.

  • Ex rewe und dann kaufland angestellter aus berlin:
    Immernoch unfassbar für uns Angestellte aus dem lieferservice. Leider wurde bei kaufland viel zuviele Gelder verbrannt. Rewe macht leider vor wie es geht

  • Kaufland war für mich meine Zukunft…

    Bis her dachte ich das Mord und Steuern zu hinterziehen das schlimmste ist selbst nach der StGB…
    Aber mir wurde gezeigt das nur eine Entscheidung und eine Unterschrift was über 300 Menschen leben und deren Existenz Entscheidet das schlimmste ist …denn das ist kalt…skupelos ..und Menschen verachtent!! Der Lieferservice lief so gut das jeder Mensch auf dieser Welt die Nachricht liest ( nicht kostendeckend) einfach nur sowas von unglaubwürdig findet!!
    Selbst nach der Verkündung waren meine Gedanken…zitat: die Marke Kaufland leidet darunter so sehr das sehr viele Kaufland wahrscheinlich meiden werden wo ich mir dann denke dann werden auch nach und nach die Filialien langsam dicht machen und weitere Angestellte und deren Leben kaputt gemacht werden.

    Eins sei noch gesagt!! Wer Wunsch von jeden den es getroffen hat ist das es Kaufland Lieferservice schnell wieder gibt und damit auch uns wieder !!

    • Ich verstehe Ihren Unmut und muss Sie dennoch bitte, beim Kommentieren auf Beleidigungen zu verzichten. Danke.

  • Leider ein sehr schwacher Artikel. Hier habe ich den Eindruck, dass der Autor nun eine Prophezeiung in die Welt setzen möchte, um mal später sagen zu können „Ich wusste es doch schon früher“….und wenn es nicht eintritt, dann auch egal, Es wird sich ja keiner dran erinnern, was man mal vor 10 Jahren geschrieben hat.

    Mich nervt auch diese permanente Kritik an der Schwarz-Gruppe oder an den Discountern insgesamt, die lt. dem Autor alles falsch machen, was falsch zu machen ist, aber gleichzeitig jedes Jahr erstaunliche Wachstumsraten verzeichnen. Manchmal hat man das Gefühl, dass der Autor ein persönliches Problem mit Hr. Schwarz hat.

    Digitalisierung ist natürlich ein Thema für die Zukunft, aber muss man jeden Mist sofort mitmachen und sofort alles aufgeben, was sich bewährt hat (und immer noch bewährt)?

    Nach der Logik des Autors:
    Jeder Journalist bei der gedruckten Presse muss sofort kündigen, weil Digitalisierung –> aussterben der Zeitung
    Jeder Industriearbeiter sollte sofort kündigen, weil Digitalisierung –> Maschinen ersetzen Menschen
    Jeder Tankstellenwart muss sofort den Betrieb aufgeben, weil E-Autos –> keiner fährt mehr normale Autos
    Jeder muss sofort sein gesamtes Vermögen in Bitcoin investieren, weil neue Bezahlsysteme –> Geld stirbt aus

    • Ich kenne Herrn Schwarz gar nicht, würde das aber gern nachholen, falls er mal Zeit für Kaffee hat (auch entkoffeiniert).

  • Also als ich den Beitrag gelesen habe hatte ich da Gefühl, dass ein amazon Fan hier frustriert ist.

    Fakt ist doch, dass sich seit Ende der 90er Jahre verschiedenste Handelsriesen die Zähne am Lebensmittelversand ausgebissen haben.
    Fakt ist, dass es kein Unternehmen in DE schafft, mit Lebensmittelversand profitabel zu arbeiten.

    Fakt ist auch, dass aufgrund nicht zuletzt der Steuermoral amazon über eine Kriegskasse verfügt, dass selbst Riesen wie METRO hier wenig entgegensetzen können.

    Deswegen kann ich es nachvollziehen, dass die führenden Handelskonzerne eine Kooperation mit amazon ausschlagen. Ich kennen jedenfalls kein Unternehmen, dass aus einer Partnerschaft mit amazon gestärkt hervorgegangen ist.

    Mag der Lebensmittelversand in anderen Ländern funktionieren. Aber DE ist für Lebensmittel unvergleichbar. Nirgends in Europa gibt es einen derartigen Preiskampf. Kundenströme ändern sich bei minimalen Preisunterschieden. Der Deckungsbeitrag ist bei Lebensmitteln enorm niedrig.

    Lebensmittelversand bedeutet aber höher Kosten. Die wiederum lassen sich nur durch höhere Preise erzielen. Und dies ist jedenfalls aus meiner Sicht in DE der Knackpunkt. Es gibt aktuell nicht genügend Kunden, welche bereit sind, diesen Aufpreis zu zahlen.
    Ich persönlich bin auch gespannt, wie amazon das schaffen will. Und ich bin erst recht gespannt, wie es den kleinen amazon Kooperationspartnern in den Versuchsgebieten ergehen wird. Denn sie machen sich von amazon abhängig. Denn der Kunde kauft ja bei amazon. Und amazon tausch seine Handelspartner wie Unterhosen.

    also ich bin gespannt und freue mich aber, wenn irgendein Unternehmen herausfindet, wie Lebensmittelversand in DE kostendeckend funktioniert.

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