Bringt Amazon seine Lebensmittel-Marke Whole Foods auch nach Deutschland?

Bringt Amazon seine Lebensmittel-Marke Whole Foods auch nach Deutschland?

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Bislang ist Amazons Lebensmittelhändler Whole Foods nur in den USA, Kanada und Großbritannien aktiv. Offensichtlich schließt der Konzern aus Seattle aber auch Aktivitäten in anderen europäischen Ländern nicht aus.

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In diesem Jahr hat Amazon, das sonst immer nur Geschenke für seine Kunden verschickt, auch mal was Schönes für sich selbst gekauft: seine erste eigene Supermarktkette: Whole Foods. Sogar in Bio-Qualität (siehe Supermarktblog)!

(Inwiefern Bio wirklich langfristig ein Schwerpunkt bei Whole Foods bleiben soll, ist allerdings ungewiss; in den USA vermuten Branchenbeobachter, dass die Kette sehr viel deutlicher in Richtung Mainstream positioniert werden soll.)

Außerhalb seines Heimatmarkts ist der Händler derzeit jedoch keine große Macht. Seit 2002 ist Whole Foods im Nachbarland Kanada mit überschaubaren 13 Läden aktiv; 2007 hat sich das Unternehmen nach Großbritannien eingekauft. Dort wurden von ebenfalls neun Filialen kürzlich aber zwei wieder geschlossen – offensichtlich weil sich Amazon mit Whole Foods auf größere Städte konzentrieren will. In diesem Fall: ausschließlich auf London.

Aber wie heißt’s so schön: Andere Länder haben auch schöne Ballungsräume.

Zu Expansionsplänen ins Ausland ist bislang zwar nichts bekannt. Zumindest scheint Amazon dafür aber schon mal auf Nummer sicher gehen zu wollen. In dieser Woche hat der Konzern „Unionsmarkenschutz“ (also: europaweiten Markenschutz in allen EU-Mitgliedstaaten) für diverse Whole-Foods-Marken (in Wort und Bild) beantragt: „Whole Foods“, „Whole Foods Market“, „WFM“ und für das günstiger positionierte Handelskonzept „365“ (siehe Supermarktblog).

Schwierige Grundlagenarbeit

Daraus konkrete Pläne für eine Deutschlandexpansion abzuleiten, wäre verfrüht. Allerdings ist unbestritten, dass sich Amazon auch in Europa für ein stärkeres Engagement in der Lebensmittelbranche interessiert, wie (abgesehen vom Fresh-Start in drei großen deutschen Städten) zuletzt aus Frankreich zu hören war.

Dafür ein eigenes Filialnetz neu aufzubauen, wäre – milde formuliert – schwierig: Geeignete Standorte dürften vor allem in Ballungszentren schwer zu kriegen sein, zumal es Amazon (bislang) an einem erfahrenen Team dafür fehlt. Noch dazu würde ein solcher Aufbau sehr lange dauern. Viel interessanter wäre deshalb die Übernahme einer Handelskette, die schon einen Teil der benötigten Voraussetzungen mitbrächte (siehe Supermarktblog).

Womöglich drängt es Amazon mit Whole Foods in europäischen Ländern zunächst aber auch gar nicht direkt ins Stationäre: Über den Vertrieb von Whole-Foods-Produkten auf den eigenen Plattformen (z.B. Amazon.de, Prime Now, Fresh) ließe sich erstmal testen, ob die Marke dort überhaupt bei den Kunden ankommt.

Insofern ist es nicht verwunderlich, dass der Schutz auch für die Whole-Foods-Eigenmarke „365 Everyday Value“ beantragt wurde, unter der in den USA Produkte aus zahlreichen Sortimenten im Preiseinstiegssegment verkauft werden

Freilich bräuchte es einen ganzen Schwung neuer Produzenten, die entsprechende Mengen liefern könnten, um „365 Everyday Value“ überhaupt als Alternative bei den Kunden durchzusetzen. (Noch dazu zu Preisen, die etwa in Deutschland mit den – auch im Biosortiment – zahlreich vorhandenen Handelsmarken mithalten könnten.)

Vielleicht will Amazon zunächst auch nur seine Claims abstecken, um zum geeigneten Zeitpunkt mit dem Kundenschürfen beginnen zu können. Dass europäische Lebensmittelhändler darauf hoffen können, Amazon verschwinde nach einer Weile von alleine wieder aus „ihrem“ Markt, ist dadurch jedenfalls nicht gerade wahrscheinlicher geworden.

Titelfoto [M]: Supermarktblog/Amazon, Whole Foods"

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11 Kommentare
  • Wenn ich das Nudelregal sehe, dann müssten die sich tatsächlich mit ihrer everyday-Eigenmarke anstrengen.
    Dort 454 g für Netto $1,49 also 500 g für $1,64 oder ca. 1,40 Euro.
    Hier: 500 g Bio-Eigenmarke für 75 Cent, also Netto 70 Cent, d. h. für die Hälfte.

    • An Deutschland hat sich ja auch der Gigant Walmart die Zähne ausgebissen. Die Gründe dafür sind nicht fundamental anders nur weil jetzt „Digitalisierung“ die Losung der Stunde ist.
      Ich bleibe auch dabei, dass die Masse der Menschen speziell die typischen Artikel in Supermärkten auch weiterhin stationär kaufen möchte. Zu umständlich ist der Prozess Onlinebestellung+planen was man braucht und Liefertermin planen+auf Lieferung warten Vs. Supermärkte zumindest in Ballungsräumen an jeder Ecke, mit im internationalen Vergleich unschlagbarem Preis/Leistungsverhältnis, unsere Handelsketten rollen mit ihren perfekten Effizienzmaschinen deshalb ja auch einen Auslandsmarkt nach dem anderen auf.

      Einzig wenn unsere Champions die Potentiale neuer, kassenlosen Technologien verschlafen sehe ich eine realistische Chance, dass ein Externer aus dem Ausland hierzulande Fuß fassen kann. Eben über die ausgeprägte Geizmentalität der Deutschen und die Kostenvorteile eines kassenlosen Marktes, der nur noch Hilfskräfte zum Räumen und Putzen braucht und damit die Discounter mit Kassenpersonal sowohl preislich als auch bei der Geschwindigkeit des Einkaufs (keine Warteschlange mehr) ausbooten kann.

      Allerdings hatten die Discounter in der Vergangenheit immer den richtigen Riecher dabei erst so spät einzusteigen, dass sie für Neuerungen keine early adopter Preise mehr zahlen mussten, aber noch rechtzeitig um auf der Höhe der Zeit zu bleiben.

      Siehe die Einführung der Scannerkasse, der Kartenzahlung, der Kreditkartenzahlung, der kontaktlosen Zahlung oder auch Zahlung per hauseigener App. Ich bin zB eh bei der Netto App Zahlfunktion registriert, ich könnte ohne Aufwand einen „Netto Go“ Markt nutzen, wenn die in einem weiteren Schritt eine kassenlose Technik einführen.

      Summasummarum, es gibt keinen Grund unsere hiesigen Handelsriesen abzuschreiben.

    • Mit Verlaub, aber Ihre Behauptung „An Deutschland hat sich ja auch der Gigant Walmart die Zähne ausgebissen. Die Gründe dafür sind nicht fundamental anders (…)“ ist völliger Unfug; das Scheitern von Walmart lag (wie vielfach dokumentiert ist) in erster Linie daran, dass die Voraussetzungen mies waren (zusammengekauftes altes Ladennetz über das ganze Land verteilt, völlig unwirtschaftliche Belieferung) und Walmart massiv unterschätzt hat, dass die eigene Marke und Kultur in Dtl. nicht etabliert waren. Würden Sie das ernsthaft auch von Amazon behaupten wollen?

    • Richtig ist wohl zumindest, dass die Eintrittshürde in Deutschland sehr hoch ist. Letztlich geht es grad drum, was zu finden, was nicht etabliert ist, aber einen Markt hätte und dabei die Flexibilität der Platzhirsche überfordert. Aber grad ist der Nächste dabei gescheitert.

    • In erster Linie kommt einfach niemand in der westlichen Welt mit der Preis/Leistung der deutschen Riesen mit. Wer mal länger im Ausland leben musste und zB im normalen Supermarkt in den USA für richtig viele Dollar Lebensmittel kaufen musste, die es hierzulande nie zu Aldi und Co schaffen würden, der muss einfach einräumen, dass die Aldis, die Schwarz Gruppe oder Netto Meister ihres Fachs sind, auch wenn du die in deinem Blog leidenschaftlich kritisierst und auch mal gerne verspottest (wofür ich dich nicht kritisiere, nebenbei bemerkt).

      Amazon beherrscht sein Fulfillment gut. Das war es aber auch erstmal. Denn wenn ich als Prime Kunde meine Bestellung per hauseigenem „Amazon Logistics“, statt per DHL, bekommt, dann verdreh ich erstmal genervt die Augen, weil das bisher fast ausnahmslos nicht richtig funktionierte, während genau umgekehrt mit DHL die Zustellung fast ausnahmslos reibungslos und schnell funktioniert (mit DHL 90 % Zufriedenheit, mit Amazon Logistics 90 % Unzufriedenheit, so um den Dreh). Mal so eben eine eigene Logistik aufbauen ist eben nicht so leicht. Auch der Versuch mit dem Fire Phone war nicht wirklich überzeugend. Trotzdem sind alle immer voller vorauseilender Hochachtung vor Amazon, nach dem Motto was die anfassen wird zu Gold. Fakt ist, dass ohne die Profite aus AWS die Börse auch nicht so gnädig mit dem non-profit Versandgeschäft wäre und Amazon außerhalb des Fulfilment so manchen Flop hatte und Fresh in Übersee gerade wieder einstampft.

      Sprich, Amazon kocht auch nur mit Wasser und die hiesigen Händler sind umgekehrt nicht alle dilettantisch, nur weil sie nicht alle Läden zusperren und nur noch ausliefern wollen, noch müssen die in eine Angststarre vor Amazon verfallen.

      Und der hiesige Platzhirsch beim Supermarkt-Lieferdienst heißt inzwischen eben auch Rewe, nicht Amazon.

  • Ich denke, dass Dritte davon profitieren werden, dass alle nur noch Amazon mit einem Tunnelblick anstarren.

    Kleines Beispiel gefällig?

    http://t3n.de/news/amazon-go-jd-auchan-konkurrenten-887246/

    Solche Container wären landauf, landab in unzähligen Dörfern wirtschaftlich zu betreiben, wo in den letzten 15 Jahren der Dorfladen verschwunden ist.

    So wie generell die kommende Supermacht China früher oder später mit einer unternehmerischen Expansion im Westen starten wird.

  • …europaweiten Markenschutz in allen EU-Mitgliedstaaten […] für diverse Whole-Foods-Marken (in Wort und Bild) beantragt: […] und für das günstiger positionierte Handelskonzept „365“…

    Amateurfrage: Warum sollte das gegen die etablierten Marken von Delhaize und IKEA klappen? Die sollten doch zusammen jegliche interessante Klasse abdecken, oder?

    • Neu scheint eh nur „Whole Foods“ mit und ohne „Market“ als reine Wortmarke zu sein. Der Rest sind marginal veränderte Logovarianten, die im Prinzip schon auf Whole Foods angemeldet waren und jetzt halt von Amazon. „Whole Foods Market“ als Wortmarke ist vor 15 Jahren in Deutschland als nicht schutzfähige bloße Beschreibung der Geschäftstätigkeit zurückgewiesen worden. „365“ als Wortmarke hält Whole Foods für Klasse 35 (Einzelhandelsdienstleistungen, nicht die Produkte selber). Ikea hält nur „IKEA 365+“ in Klasse 21; Delhaize hat Wort-/Bildmarke mit „365“ in vielen Klassen, die da vermutlich 365 von Whole Foods als reine Wortmarke blockieren (so genau weiß ich das auch nicht).

    • PS: 365 hat Whole Foods bisher auch nur mit Zusatz „Everyday Value“ o.Ä. in Klassen, die von Delhaize besetzt sind (außer in 9 Software, wo Delhaize Hardware hat). Neu angemeldet ist aber auch ein Logo ohne Zusatztext in den Lebensmittelklassen von Delhaize. Ich weiß nicht, wie viel Unterschied da praktisch gefordert wird, aber wahrscheinlich hat es einen Grund, dass es da bisher nur mit Zusatztext eine Überlappung gibt.

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