Drogeriemarkt-Expansion: Entledigt sich Edeka mit Budni seiner regionalen Problem-Discounter?

Drogeriemarkt-Expansion: Entledigt sich Edeka mit Budni seiner regionalen Problem-Discounter?

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Mit seinem Drogeriemarkt-Mischkonzept traut sich Budni nicht nur in Großstädte, sondern in Kooperation mit Edeka auch an den Stadtrand, um dort als Nahversorger zu funktionieren. Für die Edeka-Regionalgesellschaften hat das einen praktischen Nebeneffekt.

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Ein Jahr ist es her, dass die Hamburger Drogeriemarktkette Budnikowsky in Berlin die erste Filiale außerhalb ihrer Stammregion eröffnete – als Mischung aus Drogeriemarkt und Nahversorger samt Sitzgelegenheiten für die Kaffeepause (siehe Supermarktblog). Wenige Wochen darauf kam bereits Budni Nummer zwei hinzu. Und obwohl Co-Geschäftsführer Christoph Wöhlke damals klar formulierte, dass er gerne auch in anderen Bezirken eröffnen würde, ist das bislang ausgeblieben. Zunächst würden „nur wenige weitere folgen“, hat sich die „Welt am Sonntag“ sagen lassen, aber das ist auch schon wieder ein paar Monate her.

Im expansionsexplosiven Wettbewerb der Dogeriemarktketten lässt sich das natürlich verschmerzen; die Shampoo- bzw. Handcreme-Versorgung kann in den allermeisten Berliner Bezirken als gesichert bezeichnet werden.

Aber es geht ja nicht nur um Berlin. Mit Unterstützung des Partners Edeka soll sich Budni bundesweit als neue Kraft im Markt für Drogerieartikel etablieren.

Die angekündigte Expansion ist vor allem deshalb reizvoll, weil es interessant zu beobachten sein wird, wie die Wettbewerber darauf reagieren – insbesondere, nachdem Budni sich zuletzt mit einer konzeptionellen Flexibilität hervorgetan hat, die dm und Rossmann im Auge behalten müssen. Auch in anderen Großstädten könnten Mini-Budnis, wie sie u.a. in Hamburg Ottensen eröffnet haben (siehe Supermarktblog), eine durchschlagende Wirkung entfalten. Auf Nachfrage gibt man sich bei Budni derzeit verschwiegen, was weitere Pläne bertrifft.

Zweiter Anlauf fürs Café-Konzept

Ohnehin scheint man ganz gut damit ausgelastet zu sein, Berliner Kund:innen das neue Drogeriemarktmischkonzept genauer zu erklären. Damit hatte Budni sich im Anschluss an die Eröffnung schwer getan. Zwischenzeitlich sah es so aus, als habe man die Pläne, Cafés in Märkten zu etablieren, schon wieder aufgeben. Die Startschwierigkeiten dürften aber vor allem der Tatsache geschuldet gewesen sein, dass die wenigsten Kund:innen überhaupt wussten, dass sich ihr neuer Drogeriemarkt auch als Kaffee- und Lunch-Treffpunkt anbietet (siehe Supermarktblog).

Seit einigen Wochen wird versucht, das zu ändern. „Meal Deals“ – vergünstigte Kombinationen aus Sandwich und Kaltgetränk – werden konsequenter beworben. Aufsteller fragen: „Schon unser Budni-Café besucht? Belegte Brötchen, Bagels und Kuchen warten auf dich“. Und in Kooperation mit dem Büro-Caterer The Breakfast Company bewirbt Budni „Berlins bestes Frühstück 2Go“:

Das Lunch-Angebot wird im nunmehr zweiten Anlauf nicht mehr nur im Laden-eigenen Brötchenknast versenkt, sondern zusätzlich sichtbar in der Glasvitrine am Café-Tresen präsentiert: leckere Bagels mit Serrano-Parmesan, Ziegenkäse-Honig, Avocado-Spinat u.a. Eine kleine Auswahl an süßen Bio-Backwaren gibt’s ebenfalls wieder dazu. Und der Filterkaffee schmeckt ebenfalls.

(Jetzt muss bloß noch jemand merken, dass es wenig Sinn ergibt, mit den montags bis freitags angelieferten Bagels vor dem Laden auch am Samstag zu werben, sonst kommt man sich als Kund:in nämlich verschaukelt vor.)

Edeka bringt Budni aufs Land

Die Idee des Multifunktions-Drogeriemarkts, in dem es außer dem klassischen Fachsortiment auch gekühlte Lebensmittel und Produkte von Start-ups zu kaufen gibt, lässt sich durchaus als Bereicherung für die Stadtviertel und Kieze bezeichnen, die Budni im Auge hat. Zugleich muss das Konzept eine interessante Prüfung bestehen. Weil es gleichzeitig in großen Städten und (mit Anpassungen) im vorstädtischen Raum funktionieren soll.

An letzterem scheint insbesondere Edeka gelegen zu sein, das mit der Hamburger Budni-Eigentümerfamilie Wöhlke 2017 ein gemeinsames Unternehmen gegründet hat, um dm und Rossmann gemeinschaftlich die Stirn zu bieten und gleichzeitig unabhängig voneinander mit der Marke expandieren zu können.

Die „Lebensmittel Zeitung“ meldete kürzlich (Abo), dass sich Wöhlkes aus der Geschäftsführung besagter Gemeinschaftsfirma zurückgezogen hätten – wohl, um sich auf den Betrieb der rund 180 eigenen Läden zu konzentrieren. Und das „Hamburger Abendblatt“ wusste in der Vorwoche (Abo), dass ein Teil der Budni-Mitarbeiter künftig in der Hamburger Edeka-Zentrale arbeiten wird. Die Geschäftsprozesse würden „noch stärker miteinander verzahnt“, zitiert die Zeitung den bisherigen Budni-Geschäftsführer Cord Wöhlke. (Von dem es heißt, er könnte sich schon bald altersbedingt aus der Geschäftsführung zurückziehen.)

Edeka kontrolliert bei Budni nun den Einkauf und das Marketing. Langsam wird auch sichtbar, wie man sich die Expansion vorstellt.

Nahversorger am Stadtrand

Bekannt ist bislang lediglich, dass Edeka dabei wesentlich auf seine Kaufleute vertraut, die zusätzlich zu ihren Supermärkten unter der Edeka-Flagge auch Budni-Drogeriemärkte eröffnen sollen, wie z.B. in Bamberg. Zuästzlich wollen die Regionen wohl Filialen in Eigenverantwortung betreiben, wie in Bremerhaven.

Auch in Mannheim hat sich Budni bereits vorgestellt. Am Neckar zog es den Neuling allerdings nicht in die Innenstadt oder ins Einkaufscenter, sondern in den Stadtteil Seckenheim am östlichen Stadtrand.


Foto: Martin B.

Supermarktblog-Leser Martin B. hat sich dort mal genauer umgeschaut und berichtet von einem Sortiment, das trotz Stadtteillage vieles aus den City-Budnis aufgreift: Zusätzlich zu Drogerieartikeln gibt es Bio-Lebensmittel (auch in Kühlung und Tiefkühlung), frische Eier, einen kleinen Brötchenknast mit Backwaren des Edeka-Bäckers K&U, dazu Schreibwaren, Zeitungen und Zeitschriften, Wein. Wer sich kurz hinsetzen mag, kann sich an der Kaffeemaschine selbst bedienen und findet ein paar hinter die Kasse gequetschte Plätze.

„Trotz alldem wirkt der Markt auf mich nicht zugestellt oder überfrachtet. Im Vergleich zu Schlecker, wie ich die Kette vor 25 Jahren erlebt habe, positioniert sich Budni hier als kleiner Nahversorger. Wobei Obst und Gemüse, Konserven und ein paar Grundnahrungsmittel fehlen. Nichtsdestotrotz freuen sich die Anwohner bestimmt, denn sonst gibt es in der Ecke kein Geschäft, das man mal eben fußläufig erreichen kann.“

Regie-Discounter war gestern

Das liegt auch daran, dass Budni die Verkaufsfläche belegt, die zuvor von dem inzwischen eingemotteten Edeka-Südwest-Discounter Treff 3000 belegt wurde. (Laut „Rheinpfalz“ war ursprünglich wohl geplant, dort das Edeka-Konzept Xpress einziehen zu lassen.)

Dabei scheint es sich nicht um einen Einzelfall zu handeln: In der vergangnene Woche eröffnete Budni im niedersächsischen Metjendorf, nördlich von Oldenburg, einer Ortschaft mit nicht einmal 5.000 Einwohnern. Unter derselben Adresse firmierte zuvor ein NP.-Discount-Markt, dem notdürftig aufgemöbelten Discount-Konzept der Edeka-Region Minden-Hannover.

Es hat den Anschein, als suche Edeka mit Budni gar nicht in erster Linie die direkte Konfrontation mit den Wettbewerbern, sondern wolle vor allem testen, ob das Konzept (auch) an Standorten aufgeht, die ohnehin schon da sind. Wenn das gelänge, würde Edeka mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen:

  • Die Regionalgesellschaften könnten sich ihrer bisher mehr schlecht als recht funktionierenden Problem-Discounter entledigen, ohne die Flächen aufgeben zu müssen und damit indirekt Konkurrenten im Umkreis zu stärken.
  • Edeka-Kaufleute könnten eher bereit sein, solche Standorte zu übernehmen und sich auf einen zusätzlichen Markt einzulassen, wenn der ihrem Hauptgeschäft keine unmittelbare Konkurrenz macht – aber trotz seines Drogeriemarkt-Schwerpunkts auch als Nahversorger positioniert ist.
  • Gleichzeitig würde Edeka Umsätze mit Drogeriartikeln, die sich nach der Schlecker-Pleite vor allem an die Fachmarktanbieter verteilt haben, wieder stärker für sich reklamieren.

Beste Standorte – oder Restestandorte?

Das klingt nach einem Plan – von dem allerdings überhaupt nicht klar ist, was passiert, wenn er auf die Wirklichkeit trifft. Die Budni-Eigentümer gehen damit kein kleines Risiko ein, sollte die Drogeriemarktkette bei der von Edeka gesteuerten Expansion nämlich nicht automatisch die besten Standorte abkriegen, sondern im Zweifel die Restestandorte, für die man in den Regionen keine andere Verwendung weiß.

Laut „Lebensmittel Zeitung“ wollen sich bislang lediglich drei der sieben Edeka-Regionen an dem von der Zentrale angestoßenen Budni-Abenteuer beteiligen: Minden-Hannover, Nordbayern-Sachsen-Thüringen und Südwest.

Das sind exakt die drei Regionen, die mit NP. Discount, Diska und Treff 3000 eigene Problem-Discounter zu verwalten haben bzw. abwickeln müssen (siehe Supermarktblog). Ein Zufall?

Wenn die Umwandlung schief geht, könnte auch die Marke Budni Schaden nehmen. Dadurch würde automatisch die Verhandlungsposition mit potenziellen Vermieter:innen für Neulagen geschwächt – auch in größeren Städten, in denen sich dm und Rossmann als verlässlichere Partner positionieren könnten. Geht es aber gut, hätte man in Hamburg das Kunststück fertig gebracht, ein Ladenformat zu entwickeln, das sich trotz klarer Drogeriemarktbasis so sehr individualisieren lässt, dass es sowohl in Metropol- als auch in Stadtteillagen seine Berechtigung hat.

Das Potenzial, um den Markt durcheinander zu wirbeln, haben Budni und Edeka so allemal. Die Frage ist bloß, wer am Ende am meisten davon profitiert.

Budni hat trotz mehrfacher Nachfrage nicht auf Supermarktblog-Fragen zum Thema geantwortet.

Vielen Dank an Martin B.!

Gleich zum Thema weiterlesen:

Fotos: Supermarktblog"

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7 Kommentare
  • Das ist schon fast bis zur Unkenntlichkeit globalisiert. Kaffeebecher, belegte Bagels von einer Theke mit industrial chic Hängelampe und Metro Kacheln gibt’s auch in Seattle, Shanghai oder Sydney (vermutlich exakt genauso).

    Wenn Drogerie und LEH nun den Weg der Textil- und Heimelektronik Filialisten gehen, Schnelldreher in Einheitspräsentation, wo zur Absetzung nur noch der Preiskampf bleibt, dann können sie schonmal bei Ceconony etc. lernen wohin das führt.

    Interessant wäre es gewesen ein Bausteinkonzept auszurollen, das regionale Besonderheiten mit Einheitssortiment kombiniert. Edeka und Rewe sind so erfolgreich weil ihre Kaufleute genau diese Differenzierung vor Ort leisten. Leider scheint man genau diese learnings nicht aus der Partnerschaft mit Edeka mitzunehmen. Was umso erstaunlicher angesichts dessen ist, dass Budni eigentlich ein kleines Unternehmen der kurzen Wege ist, bei dem das besonders leicht fallen sollte. Dann kann auch aus der Idee der Ladengastronomie was werden, die ich grundsätzlich für klug halte. Die Leute ernähren sich nun einmal immer mehr mit (der Form nach) fast food und entsprechend zieht man sicherlich viele Kunden in eigene Läden, wenn man gutes Handfutter für faire Preise anbietet. Ob der amerikanophile Hipster mit Bagel dafür als Zielgruppe ausreicht ist aber zu bezweifeln. Wo in Berlin die Leute Schlange stehen sind Ladentheke mit klassischen, gut belegten Schrippen. Und generell für gutes Gebäck. Es ist geradezu absurd im Land der Tausend Brotsorten ausgerechnet den Bagel aus der Toastbrotnation zu importieren.

    • Budni kooperiert in Berlin mit lokalen Herstellern und Produzenten, genau wie gewünscht. Könnte man im Laden aber noch sichtbarer machen.

  • Heute, im Herbst 2020 sind die Ergebnisse der angekündigten deutschlandweiten Expansion eher bescheiden. Die Edeka scheint keinen gesteigerten Willen an einer flächendeckenden Verbreitung zu haben und Budni selbst fehlt die Kraft dazu. Intern scheint auch vieles zu haken. Es klemmt bei den Eigenmarken gewaltig und manche Lücke wird gern mit breiter Platzierung kaschiert. Wie so oft bei Fusionen kann man Probleme in der EDV vermuten. Am Ende stellt sich die Frage: Braucht Deutschland überhaupt noch mehr Drogeriemärkte? Es sind doch längst alle relevanten Standorte besetzt und in vielen Innenstädten wie Hamburg oder Frankfurt gibt es bereits eine Überversorgung. Ich persönlich glaube nicht an den Erfolg des Planes bzw. an den ausgerufenen Angriff auf dm und Rossmann. Die eröffnen jedes Jahr jeweils so viele Märkte, wie Budni insgesamt hat. Der Abstand wird also eher größer als kleiner.

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