Rabattstufen, Gewinnspiele, Bezahlfunktion: So entwickelt Lidl sein digitales Treueprogramm Lidl Plus weiter

Rabattstufen, Gewinnspiele, Bezahlfunktion: So entwickelt Lidl sein digitales Treueprogramm Lidl Plus weiter

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Fünf Monate nach dem Deutschland-Start experimentiert Lidl mit wechselnden Zusatznutzen für sein Kundenbindungsprogramm Lidl Plus.

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Wollen Sie sich für Ihre Einkaufstreue mal so richtig belohnen lassen? Vielleicht mit – einem kostenlosen Glas Nutella (450 Gramm)? Kein Problem, einfach vorher im Warenwert von schlappen 275 Euro bei Lidl einkaufen gehen, immer artig den QR-Code auf Ihrem Smartphone an der Kasse scannen – und schon gehört die beliebte Nuss-Nougat-Creme Ihnen!

Für Familien mag das im vergangenen Monat ein kleiner Zusatzanreiz gewesen sein, sämtliche Einkäufe in den Discounter ihres Vertrauens zu verlegen. Aber für die meisten anderen Kund:innen dürfte der Hauptrabatt des neuen Digitaltreueprogramms Lidl Plus (siehe Supermarktblog) eine Karotte gewesen sein, die an einem sehr, sehr, sehr langen Stock baumelte und nur mit Sehhilfe zu identifizieren war. (Ist aber vermutlich egal, wenn man den Brotaufstrich seines Vertrauens zur gleichen Zeit zum Aktionspreis kaufen kann, ohne Lidl-Plus-Gescanne).

Der Discounter arbeitet derzeit mit Hochdruck daran, nicht nur die Vorteile in der App attraktiver zu gestalten, sondern auch die Zahl der Nutzer:innen im (vorläufigen) Testgebiet Berlin-Brandenburg zügig zu erhöhen.

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Dazu wurden nach den Regalen im Laden längst auch die Kassen so festlich beschmückt, als sei im Discounter täglich Plusnachten (siehe Titelfoto).

Die wöchentlich wechselnden „Knaller“ haben sich ihren Platz im Wochenprospekt erobert, belegen dort eine komplette Seite und schon auf der Vorderseite wird einem die sofortige Mitgliedwerdung an Herz und Brieftasche gelegt.

Dazu testet Lidl unterschiedliche Rabatt-Mechanismen. Zunächst wurde – wie vermutet – der „Rabattsammler“ freigeschaltet. Mit dem erhalten Lidl-Plus-Nutzer:innen nicht nur produktabhängige Vergünstigungen, sondern können sich auch generell für ihre Einkäufe belohnen lassen. Die Belohnungen sind nach Einkaufswert gestafftelt. Ist die nächste Stufe erreicht, erfolgt die Freischaltung automatisch.

Die Ciabatta-Belohnung

In Österreich funktioniert das schon länger (siehe Supermarktblog). Ab 50 Euro Einkaufswert gibt’s derzeit einen Coupon-Rabatt in Höhe von 50 Cent auf den nächsten Einkauf; ab 80 Euro: einen Nussmix kostenlos, ab 125 Euro: 1 Euro Rabatt, ab 210 Euro: 2 Euro Rabatt, ab 350 Euro: einen Jahrgangssekt halbtrocken, den man sich dann aber auch redlich verdient hat. In Dänemark werden derzeit ausschließlich monetäre Coupon-Vergünstigungen angeboten. In Berlin-Brandenburg hingegen beschränkte sich Lidl zuletzt auf die Ausgabe von Naturalien. Wer innerhalb eines Monats für 15 Euro einkaufte, erhielt im September ein Mineralwasser umsonst, ab 50 Euro: eine Packung Nudeln, ab 100 Euro: ein Ciabatta, ab 125 Euro: eine Tube Zahnpasta, ab 175 Euro: ein Krustenbrot, ab 225 Euro: Küchentücher, und ab 275 Euro eben: ein Glas Nutella. (Möglicherweise variieren die genannten Belohnungen nutzerbedingt.)


Abb. [M]: Lidl/Smb

Nun ist die Aussicht auf eine kostenlose Tube Zahnpasta nur ein sehr eingeschränkt attraktiver Anreiz, mehr Geld im Discounter auszugeben als eigentlich geplant.

Womöglich hat man das auch in Neckarsulm gemerkt und ersetzt die Rabattstaffel deshalb im Oktober und November durch ein Gewinnspiel: den „Punktesammler“. Für jeweils 5 Euro Einkaufswert erhalten Lidl-Plus-Nutzer:innen beim Scan Ihrer digitale Kundenkarte an der Kasse einen Punkt. Für 10 Punkte gibt’s ein Los. Mit dem nimmt man an der Verlosung von Preisen teil (ein Auto, Smartphones, TV-Geräte, Elektro-Scooter, Smart Watches).

Das ist zwar ein bisschen unkomplizierter und wirkt angesichts der in Aussicht stehenden Preise hochwertiger. Im Zweifel aber sammelt man natürlich einen ganzen Monat Digitallose und dann passiert – nichts. Hm.

Dankeschön für dreimal einkaufen

Ein bisschen schlauer stellt sich Lidl in den USA an, wo vor zwei Jahren die erste Filiale eröffnet wurde (siehe Supermarktblog) und zum Start direkt das digitale Kundenbindungsprogramm „my Lidl“ aufgesetzt wurde. Das soll in erster Linie helfen, Kund:innen z.B. mit digitalen Coupons (siehe Supermarktblog) regelmäßig in die Läden des ihnen bis dahin unbekannten Händlers zu locken. Deshalb ist man in der aktuellen Reward-Kampagne auch ein bisschen großzügiger: Wer dreimal im Monat bei Lidl einkauft und jeweils mehr als 20 Dollar ausgibt, erhält danach automatisch einen Rabatt (z.B. einen 5-Dollar-Coupon). Wer innerhalb eines Monats 150 Dollar oder mehr ausgibt, nimmt zusätzlich an einem Gewinnspiel teil. Der „Fortschritt“ wird in der Lidl-App angezeigt.


Abb. [M]: Lidl/Smb

Das ist einfach, nachvollziehbar – und kombiniert die Direktbelohnung mit der Vielleichtbelohnung. Ohne großen Schnickschnack.

So richtig interessant dürften Lidls Bemühungen zur Kundenbindung aber auch hierzulande erst werden, wenn bei der Handelskette mal jemand auf die Idee kommt, Plus-Mitglieder nicht bloß mit noch mehr Rabatten zuzuschütten – sondern (auch) mit kleinen Annehmlichkeiten zu versorgen, die den Einkauf angenehmer machen. Jetzt. Sofort.

Kleine Annehmlichkeiten

Erste Tests laufen bereits. Plus-Mitglieder in Spanien können in der App ihre Kreditkartendaten hinterlegen und eine Funktion freischalten, um mit dem Scan ihrer digitalen Kundenkarte automatisch auch den Einkauf zu bezahlen: „Pagar con Lidl Pay“. (Das geht ziemlich flink.) Der Betrag wird dann vom hinterlegten Zahlungsmittel abgebucht. Die Freigabe am Smartphone erfolgt entweder per PIN oder Fingerabdruck.  Mitglieder brauchen keine zusätzliche Karte mehr zücken. Lidl dürfte die Funktion auch im deutschen Markt starten wollen; im Sommer wurde für die Marke „Lidl Pay“ entsprechender Markenschutz beantragt.

In Dänemark erhalten Lidl-Plus-Nutzer:innen derweil bei Bedarf eine kostenlose Papiertüte zu ihrem Einkauf über 20 Euro.


Abb. [M]: Lidl/Smb

Und wieso eigentlich nicht Direktbelohnungen bei der Konkurrenz abgucken? In Großbritannien verspricht Waitrose Mitgliedern seines Treueprogramms einen kostenlosen Kaffee zum Einkauf (siehe Supermarktblog anno 2014; mit der nachträglich eingeführten Voraussetzung, dass sie ihren eigenen Mehrwegbecher mitbringen) – und hat damit ziemlich großen Erfolg. Das wäre auch für Lidl Plus eine naheliegende Idee, vor allem, nachdem die Kette zahlreiche Filialen mit entsprechenden Automaten ausgestattet hat. (Die technische Umsetzbarkeit vorausgesetzt.)

Kurz gesagt: Die Möglichkeit, Zusatznutzen anzubieten, die über die reine Ersparnis herausgehen und auf die Bedürfnisse der eigenen Kundschaft zugeschnitten sind, ist ein riesiger Vorteil von Lidl Plus – den der Discountrer bislang noch nicht mal annähernd ausschöpft.

Um möglichst viele regelmäßige Kund:innen zu Mitgliedern zu machen, wenn Lidl Plus im kommenden Jahr auch in den übrigen Bundesländern startet, wäre das aber eine große Hilfe. Weil dann bei jedem Einkauf klar wäre, warum man seinen QR-Code scannen sollte – auch wenn diesmal keines der zusätzlich rabattierten Produkte auf dem Band liegt, die als „Knaller“ oder per „Super Gutschein“ vergünstigt werden.

Fotos: Supermarktblog"

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6 Kommentare
  • Ich habe mir nach den Blogartikeln hier die Lidlapp installiert. Ich hätte es zu der Flasche Mineralwasser und den Nudeln geschafft, die beiden Sachen zumindest scheinen nutzerunabhängig zu sein. Ich fand die beiden Sachen so seltsam als Gratiszugabe, dass ich die Gutscheine nicht eingelöst habe. Aber es geht noch seltsamer. Ich habe jetzt das erste Rubbellos erhalten, und der Gewinn, Achtung, ist ein Rabatt von 25 Cent. Offenbar bin ich als Discounterkunde automatisch so arm, dass ich mich über 25 Cent freue? Etwas sinnloses im ungefähr selben Warenwert wie Nudeln, Mineralwasser oder 25 Cent, wie z.B. einen Eigenmarkenschokoriegel oder eins dieser neuen Plastiktütenersatznetze hätte ich nicht so herablassend als Zugabe gefunden. Bisher ist die App so drauf wie eine uralte Tante von mir, die 2 Pfennig Trinkgeld gab und dazu salbungsvoll sagte „Das ist für Sie!“

    • Das habe ich auch gedacht, die Gratiszugaben sind geradezu lächerlich im Vergleich dazu, was man vorher ausgeben muss. Wenn ich schon 275€(!) im Monat(!!) bei Lidl liegen lasse, erwarte ich mehr als ein Glas Nutella als Dankeschön. (Zugegeben, bei dem Betrag wäre die korrekte Antwort vermutlich ein Therapietermin wegen Kaufsucht.)

    • Ich hab nicht lange gerechnet, ich hab’s nur überschlagen: Laut Manager Magazin 03/2018 hat sich bei Aldi Süd die Umsatzrendite vor Zinsen und Steuern von 2016 auf 2017 auf nur noch 1,7% halbiert. Nehmen wir diese Zahl als Basis, bleiben von 275 Euro Umsatz satte 4,68 Euro Gewinn vor Zinsen und Steuern.

      Selbst wenn ich hier einen Rechen- oder Denkfehler eingebaut hätte oder die Zahlen von Lidl höher lägen – woher sollte das geforderte Glas Nutella bezahlt werden, ohne rote Zahlen zu schreiben? Der „lächerliche“ Gratisartikel frisst bereits 5% Gewinn. Ich find, dass die „uralte Tante Lidl“ in Anbetracht dieser Zahlen verblüffend viel von ihrem Gewinn rausrückt.

    • Erstens entspricht aber ja nicht der Wahrnehmung der Kund:innen. Und zweitens dürfte sich Lidl das schon teilweise vom Markenartikelhersteller gegenfinanzieren lassen (wie bei Rabatten im Aktionsgeschäft). Aber ja – das ist das Dilemma des ohenhin mit Niedrigpreisen operierenden Discounts. Umso mehr frage ich mich, warum Lidl Plus nicht stärker auf die Verbesserung des Einkaufserlebnisses zielt wie im Text erwähnt.

    • Die Rechnung ist natürlich nicht, den Gewinn zu schmälern, sondern den Umsatz zu erhöhen, wo der Grenznutzen deutlich höher ist. Ob die Rechnung aufgeht, dürfte wesentlich dran hängen, welchen Mehraufwand solche Sachen beim Personal verursachen. Und soweit alle irgendwas in der Richtung machen, steigen halt die normalen Preise entsprechend.

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