„Super-Knüller“ trotz Pandemie: Wie der Handel mit dem Aktionsgeschäft die eigenen Corona-Vorsichtsmaßnahmen sabotiert

„Super-Knüller“ trotz Pandemie: Wie der Handel mit dem Aktionsgeschäft die eigenen Corona-Vorsichtsmaßnahmen sabotiert

Inhalt:

Stell dir vor, es ist Pandemie – und alle kaufen weiter munter Angebotsartikel, Kreissägen und Rasenberegner. Mit Grundversorgung hat das nichts zu tun. Es behindert aber die derzeit gültigen Schutzmaßnahmen.

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Es geht gerade viel um Zusammenhalt, Gemeinsinn und gegenseitige Rücksichtnahme in den Dankes-Anzeigen, die große Handelsketten in Zeitungen publizieren, um das Engagement ihrer Mitarbeiter:innen zu loben und Kund:innen zur Achtsamkeit beim Einkauf aufzurufen. Das Versprechen der Unternehmen ist: Wir sind für euch da, um die Grundversorgung auch in der Krise aufrecht zu erhalten!

Nicht nur die mit Lebensmitteln. Sondern auch die mit Aktionsangeboten und Nonfood-Trödel.

Denn das sind doch die eigentlich wichtigen Fragen der Zeit, so kurz vorm Angrillen: Diese Woche flott bei Lidl den Tepro Gasgrill (dreiflammig, vier Garzonen, Edelstahlhaube, Thermometer und LED-Kontrolllicht) für 179,99 Euro (minus 48 Prozent!) in der Filiale sichern? Oder doch besser darauf warten, dass Aldi Süd nächste Woche den „Enders Gasgrill San Diego 3 Next“ mit Grillrost aus Edelstahl (dreigeteilt) „für eine gleichmäßige Hitzeverteilung und eine einfache Reinigung“ zu schlappen 99,99 Euro auf die Sonderangebotsflächen hebt?

Mehr noch: Ist es notwendig, sich mit Holzkohle-Briketts zu bevorraten, bevor die auch weggehamstert werden? Und, ganz generell: Wäre es nicht leichtsinnig, all die schönen Aktionen, für die weiterhin in den Werbeprospekten der Handelsketten geworben wird, ungenutzt verfallen zu lassen?

Noch vor anderthalb Wochen sah es so aus, als würde sich der Lebensmitteleinzelhandel in der aktuellen Lage darauf besinnen, alles, was nicht zu einer grundlegenden Versorgung notwendig ist, für eine Weile sein zu lassen.

Ein bisschen Aktionsverzicht

Aber wer in die Aktionsprospekte und Sonderpostengittertische der Märkte schaut, dem scheint alles wie immer. Naja, fast: Globus hat angekündigt, Lebensmittelhändlern komme „in der aktuellen, nie vorher da gewesenen Situation ein besonderer Versorgungsauftrag“ zu, den man „verantwortlich wahrnehmen“ wolle:

„Deshalb haben wir uns bewusst dazu entschieden auf unbestimmte Zeit auf die Verteilung unseres Faltblattes zu verzichten, um zusätzliche Menschenmengen und Schlangen an den Kassen zu vermeiden.“

(Produkte zu Aktionspreisen sind in den Läden aber weiter erhältlich.)


Abb. [M]: Edeka Hessenring

Auch bei Rossmann regte sich der Impuls, das Aktionsgeschäft vorübergehend auszusetzen. Die Edeka-Regionalgesellschaft Hessenring hat für diese Woche kein Faltblatt mit Rabattartikeln veröffentlicht, sondern bloß eine Art Durchhalte-Flugblatt („Augen auf und durch – gemeinsam packen wir das“). Und Bio Company teilt Kund:innen mit, auf „Preisaktionen und Promotionen zunächst bis Ende April“ zu verzichten:

„Bitte seien Sie uns also nicht böse, wenn Sie bis auf weiteres keine Sonderangebote in unseren Märkten finden.“

Bei der Mehrzahl der Unternehmen, vor allem: bei den großen Discountern, läuft das Aktions- und Sonderposten-Geschäft aber weiter, als sei nichts gewesen.

Handzettel als „ wichtiges Zeichen“

Das hat einerseits damit zu tun, dass die so genannte Nonfood-Ware schon vor Monaten bei Herstellern geordert wurde und nun nicht einfach in den Lagern stehen bleiben kann – weil das schlicht nicht eingeplant ist. Und andererseits damit, dass es bislang halt noch niemand verbieten wollte.

Zumindest nicht bundesweit: In den Ländern, zum Teil auch auf regionaler Ebene gibt es unterschiedliche Vorgaben; das sorge bei Händlern für Verwirrung, berichtet die „Lebensmittel Zeitung“ (Abo). Die einen müssen absperren, die anderen nicht.

Die „Welt“ hat sich derweil bei den großen Handelsketten umgehört, wie die mit Aktionspreisen verfahren. Fast alle bestätigen, damit nicht grundsätzlich pausieren zu wollen.

  • Aldi Nord lässt sich mit den Worten zitieren, man möchte, „dass unsere Kundinnen und Kunden sich in diesen Zeiten auf uns verlassen können“.
  • Edeka erklärt, es könne auf regionaler Ebene zu „individuellen Lösungen“ kommen.
  • Rewe verspricht, Angebote in „verringertem Umfang und der Situation angemessen“ zu bieten (derzeit sind z.B. die App-Coupons pausiert).
  • Bei Lidl und Kaufland wird argumentiert, man wolle mit der „Aufrechterhaltung der Handzettelverteilung (…) ein wichtiges Zeichen für Druckereien sowie für unsere Dienstleister, welche die Prospekte verteilen“, setzen. Damit sichere man Arbeitsplätze. (Wenn die regionale Handzettelverteilung sonst aus Kostengründen eingestellt wird, passiert das laut Kaufland allerdings zum Schutze der Umwelt.)

Zugleich haben die Händler Sorge, ein Aussetzen der Aktionspreise könne in den Medien als Versuch dargestellt werden, sich in der aktuellen Situation an den Kund:innen zu bereichern – und das sorgsam aufgebaute Preis-Image der Ketten beschädigen.

Schlangestehen für die Tischkreissäge

Tatsächlich gibt es diese Vorwürfe bereits: Ein App-Anbieter verschickt derzeit Meldungen mit dem Argument, Verbraucher:innen würden massiv benachteiligt, wenn ihnen gewohnte Rabatte vorenthalten blieben. Einige Medien greifen dies auf und versuchen es zu skandalisieren. Der Verdacht liegt nahe, dass Händler mit dem Verzicht auf Preisaktionen versuchen könnten, Gewinne weiter zu steigern.

Man kann das aber auch anders sehen:

Die Handelszentralen bedanken sich derzeit überschwänglich bei ihren Mitarbeiter:innen für deren Einsatz in der Ausnahmesituation, die viele weit über ihre Belastungsgrenzen hinaus geführt hat (siehe Supermarktblog).

Gleichzeitig lassen die Händler ihre Mitarbeiter:innen weiter Quatschartikel für die Überflussgesellschaft auf Sonderpostenflächen räumen, damit dort Kram verkauft werden kann, den derzeit zwangsweise geschlossene Geschäfte nicht anbieten können.

Um die Zahl der Kund:innen in den geöffneten Läden zu begrenzen (siehe Supermarktblog), Abstände einzuhalten und die Ansteckungsgefahr möglichst gering zu halten, reglementieren Supermärkte und Discounter den Einlass, der oft nur noch mit Einkaufswagen möglich ist.

Gleichzeitig nehmen sie hin, dass in den Schlangen Leute warten, die keine Lebensmittel einkaufen können, weil Schnäppchenjäger:innen drinnen erst noch Aktionspreise ergattern oder dringend das Hunde-Zahnpflegespielzeug, den Impulsregner für den Garten oder die Tischkreissäge aus dem Aktionsprospekt anschaffen müssen.

Erste Allgemeine Kundenverunsicherung?

In Belgien hatte der Nationale Sicherheitsrat frühzeitig ein vorübergehendes Verbot von Rabattaktionen beschlossen; Aldi (Nord) stellt deshalb die Verteilung seines Aktionsprospekts für zwei Wochen ein:

„Dies wird es unseren Mitarbeitern auch ermöglichen, alles zu tun, um unsere Filialen mit neuen Vorräten zu beliefern.“

In Österreich wird derweil über den Weiterverkauf von Nonfood-Artikeln gestritten, die nicht zur Grundversorgung gehören. Man „appelliere an die Solidarität aller, in den kommenden Wochen nur jene Produkte zu kaufen, die für den täglichen Gebrauch unbedingt benötigt werden“, hat sich die Nachrichtenagentur APA aus dem Wirtschaftsministerium sagen lassen (via „Die Presse“). Einige Händler haben ihre Nonfood-Sortimente deswegen abgetrennt und geschlossen. Beim Aldi-Ableger Hofer heißt es, man verkaufe „seit jeher“ neben Lebensmitteln auch Nonfood-Produkte:

„Am aktuellen Sortiment kurzfristig etwas zu verändern, würde zum einen Kunden verunsichern und zum anderen einen logistischen Mehraufwand bedeuten, der derzeit nicht zu bewältigen ist.“

Frequenzsteigerung, die gerade keiner braucht

Anders gesagt: Restaurants, Theater und Geschäfte können schließen, das komplette öffentliche Leben mag still stehen – aber wenn Heckenscheren, Grillkohle und Akku-Lötkolben aus den Discountern verschwänden, würde das eine Massenpanik auslösen? Was für ein zynischer PR-Unfug. (Gleichzeitig hofft Hofer auf Verständnis, dass die Läden zwei Stunden früher schließen – irgendwann muss der ganze Krempel ja auch eingeräumt werden.)

Fakt ist: Preisaktionen und Nonfood-Sortimente sind keine Grundversorgung. Sondern Lockangebote, die von den Händlern zur Steigerung der Frequenz in ihren Märkten eingesetzt werden.

Genau der Frequenz, die gerade mit Maßnahmen künstlich begrenzt wird, um die Ausbreitung des Coronavrus zu verlangsamen.

Ein vorübergehender Wegfall dieser Aktionen und Angebote wäre – egal wie sehr man sich dafür gedanklich verbiegt – auch keine Verletzung des Verbraucherschutzes. Sondern (womöglich) sinnvoll, um Leute aus den Läden fernzuhalten, die schon jetzt unnötig oft einkaufen gehen, anstatt zuhause zu bleiben.

„Nur diese Woche!“

„Mega Deals“, „Super Knüller“ und „Knüller Brüller“ helfen dabei genauso wenig, wie all die anderen Lockmaßnahmen: weder Verknappungstaktiken wie bei Lidl („Nur diese Woche!“), noch „Playmo Points“ für vergünstigte Playmobil-Spielsets bei Edeka oder dass Netto (ohne Hund) sein „Super Wochenende“ bereits mittwochs startet. Und erst recht nicht die Idee von Rossmann, auf reguläre Angebote zu verzichten, aber stattdessen seitenweise günstige Spielwaren zu bewerben (um für „ein bisschen mehr Freude“ zu Ostern zu sorgen).

Natürlich lässt sich darüber diskutieren, ob ein Komplettverzicht auf Aktionen und Sonderposten sinnvoll wäre – oder nicht. Diese Debatte scheinen die Handelsketten hierzulande aber gar nicht erst führen zu wollen.

„Gemeinsam meistern wir diese Ausnahmesituation mit Vernunft und Besonnenheit!“, steht in den großformatigen Anzeigen der Ketten. Einigen wir uns vielleicht auf: Vernunft, Besonnenheit – und „Hammerpreise“.


Nachtrag: Hofer in Österreich meldet in Bezug auf Nonfood-Artikel:

„Wir definieren und kaufen diese jeweils neun bis zwölf Monate im Voraus und planen und organisieren auch unsere Flugblätter lange Zeit im Vorhinein. Daher wird das Flugblatt, das diese Woche zugestellt wird, noch Informationen zu Non-Food Artikel beinhalten. Ab nächster Woche wird es bis auf Weiteres keine Bewerbung von diesen Produkten in unserem Flugblatt mehr geben. Zudem wurden sämtliche Abbildungen von Non-Food-Artikeln in Zeitungsinseraten bereits vor 2 Wochen gestoppt.“

Titelfoto [M], Fotos: Supermarktblog"

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24 Kommentare
  • Nun ist die Empörfraktion auch hier heimisch geworden – man muss es nicht kaufen,

    und ja trotz allem, trotz Corona, geht das Leben weiter man muss nicht alles verbieten,

    die Grünen sind (zum Glück) noch nicht an der Macht

    • Ich diskutiere gerne mit Ihnen, ein konkretes Argument wäre für eine Gegenrede aber sicher förderlich.

    • Nein, muss man nicht kaufen. Muss man als Händler in einer solchen Situation aber auch nicht anbieten.
      „Muss man ja nicht kaufen“ ist so ziemlich das dümmste Argument, wenn es um die moralischen und sozialen Verpflichtungen großer Marktteilnehmer (seien es nun Hersteller oder Händler) geht. Auch wenn ich keinen Grill oder Rasenmähroboter bei Aldi holen will, bin ich trotzdem allein durch die Existenz des Angebots betroffen, weil es andere Kunden lockt, die nur dafür in den Laden strömen.

  • Rossmann verteilt keine Papierwerbung mehr, die Werbung gibt es nur noch online, gleiches gilt für Rewe und ab nächste Woche auch für Medimax.

    Rossmann bietet zur Zeit keine Angebote z. B. auf Reinigungsartikel oder Süssigkeiten an, stattdessen wird in dieser Woche Lego-Spielzeug beworben.

    Rewe hat die Anzahl seiner Angebote reduziert, Payback-Coupons gibt es nicht mehr.

    Und wer noch kein Marken-Toilettenpapier hat: Bei Real ist es laut Prospekt diese Woche im Angebot. Ich kenne natürlich die Vorlaufzeit für Prospekte nicht, Einkauf Aktuell beglückte mich auch noch mit Werbung für das inzwischen geschlossene Möbelgeschäft Seats & Sofas.

    Für Berlin wurde übrigens seitens der Verwaltung klargestellt, daß nur Geschäfte öffnen dürfen, die mindestens zu 50 % erlaubtes Sortiment (z. B. Lebensmittel) verkaufen. Sie dürfen dann auch nicht erlaubutes Sortiment (z. B. Laptops und Fernseher) verkaufen. Oder eben Grillgeräte.

  • Der Ausnahmezustand wird noch viel länger andauern, als es sich die meisten vorstellen können. Und auch, wenn formal alles wieder beim Alten ist, wird es nicht von jetzt auf gleich auf altem Niveau weitergehen.
    In der Zwischenzeit werden Glühbirnen und Batterien ausfallen, Waschmaschinen und Computer Ersatzteile und kleine Kinder Kleidung und Buntstifte brauchen. Wir werden nicht für Monate auf Nonfood-Artikel verzichten können – und auch nicht alle alles immer online bestellen.

    • Es geht mir auch gar nicht um Nützlichkeiten, sondern um das rein die Frequenz treibende Zusatzgeschäft in der aktuellen Phase. (Und fragen Sie mal andere Händler, die würden nämlich auch gerne Leuchtmittel und Buntstifte verkaufen.)

    • Ich habe doch gar nicht auf spezielle Händler abgestellt, sondern darauf hingewiesen, dass, würde die jetzige Regelung um ein Verkaufsverbot für Nonfood auch noch im LEH ergänzt, schnell große Probleme auftreten können.
      Ich wüsste auch nicht wirklich, wo man hier die Grenze ziehen sollte, also was im negativen Sinne zu solchen Aktionsartikeln gehört und was nicht.
      Einfacher wäre es, auch gewisse Nonfood-Artikel positiv zum Verkauf zuzulassen. Allerdings fände ich es dann schwierig rechtlich zu begründen, warum das nur der LEH dürfen sollte.

    • Aber das sind doch alles keine Gegenstände, für die man unbedingt zu Aldi oder Lidl muss. Sondern man könnte sie genauso gut online beim jeweiligen Fachhandel bestellen. (Ich bin heute durch die Kölner Innenstadt gelaufen – in wie vielen Türen da Zettel hingen, wie man per Anruf oder Mail bestellen und den Laden so trotz Schließung unterstützen kann.)

    • Ich habe noch keinen aus Köln dazu befragt, aber auch die Menschen aus anderen Orten in Deutschland haben mir noch nichts davon berichtet. Jeden einzelnen Nonfood-Artikel vom Fachhandel liefern zu lassen, muss man sich aber auch erst einmal leisten können und wollen. Da werden halt noch mehr als bisher auf die Lieferabos der großen Konzerne zurückgreifen und womöglich dabei bleiben, wenn die Geschäfte wieder offen sind.
      Unter den mir persönlich bekannten Leuten, die nicht (oder nicht diese Art von Produkten) online bestellen, sind viele, die sich mit solchen Artikeln eindecken, wenn diese bei ihrem Stamm-LEH in der Aktion sind.

  • Viele nachvollziehbare Argumente, jedoch sehe ich hinter dem PR-Geblubber der Ketten die verständliche und logische Sorge, entweder die Lager mit Aktionsartikeln überlaufen lassen zu müssen, die Lieferanten in existenzbedrohende Schwierigkeiten zu bringen oder massive Schadensersatzansprüche bei Nicht-Abnahme der Ware hinzunehmen, wenn man sie jetzt über Wochen nicht mehr verkauft. Der monatelange Vorlauf wird einen sofortigen Verkaufsstop sicher verunmöglichen und die meisten Produkte wird man zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr gut los.
    Und die Kunden, die sich schon um Toilettenpapier prügeln, kann man sicherlich noch zusätzlich reizen, wenn versprochene Sonderaktionen plötzlich ausfallen. Meiner Meinung nach einige Argumente (wenn auch nur vermutet), das Aktionsgeschäft laufen zu lassen wie bisher. Und ich denke, dass abgesehen von Lebensmitteln ohnehin alles andere zum Ladenhüter wird und nur sehr, sehr wenige Kunden sich in der aktuellen Krise für Non-Food-Schnäppchen in die langen Schlangen stellen. Soviel Anstand und Vernunft traue ich dann selbst der Hamster-Nation Deutschland zu.
    Außerdem sehe ich einen möglichen Image-Verlust wie ihn aktuell vor allem KarstadtKaufhof erleidet: stur keine Waren mehr annehmen, für nichts mehr zahlen (Adidas etc. stunden wenigstens „nur“). Das wollen Aldi und Co. sich sicher nicht erlauben.

  • Bei Nonfood ist eigentlich völlig klar, dass das die Läden nicht freiwillig machen, sondern dazu gezwungen werden müssten. Das bedeutet ja noch viel größere Verluste, als wenn nur die Hälfte praktisch nicht verkauft werden kann. In den meisten Fällen wird das nicht an die Existenz gehn, aber die Regierungen werden sich schon auch überlegen, ob sie die Leistungsfähigkeit von Lebensmittelhändlern in der Situation dadurch beeinträchtigen wollen.

    Lebensmittel-Aktionsware wird auch so viel Vorlauf haben, dass man da innerhalb von Wochen nicht mehr viel sinnvoll ändern kann. Bei verbilligter regulärer Ware wundert es mich aber auch, dass sich da relativ wenig geändert hat. Bei Prospekten, wo Obst&Gemüse mit konkreten Preisen beworben wird, kann der Vorlauf eigentlich nicht so lang sein, weil da Verfügbarkeit und Preise erst ziemlich kurzfristig bekannt sind. Allerdings werden die auch längerfristige Verträge mit den Werbefirmen haben, und teilweise werden auch schon größere Mengen von den beworbenen Sachen bestellt und hergestellt worden sein.

    Eine gewisse Mäßigung hätt ich da aber schon erwartet. Insbesondere Netto (ohne Hund) hat bis letzte Woche die allseits ziemlich aggresive Preispolitik der letzten Monate (nach längerer Zeit mäßiger Sonderangebote) voll beibehalten. Diese Woche ist allerdings der »Netto-Tag« (Freitag) gestrichen, samt der zugehörigen Deutschlandcard-Aktion, die es seit langer Zeit immer gegeben hat. Die Leute speziell am Samstag in die Läden zu locken, ist derzeit aber auch nicht gerade sinnvoll, und eine gleichmäßigere Verteilung sollte eigentlich auch im Interesse der Händler sein.

    • Das könnte aber auch damit zusammenhängen, dass Netto (ohne Hund) einfach sein „Super Wochenende“ bereits am heutigen Mittwoch startet. (Zumindest hier in der region im Faltblatt ist’s angekündigt.)

  • Was wir hier gerade im LEH Markt sehen ist eine große Wettbewerbsverzerrung auf die die Politik keine adäquate Lösungs hat. Während Non-Food Spezialisten geschlossen sind , werden im LEH fleissig diese Artikel weiter vertrieben.
    Hat das etwas mit Chancengleichheit zu tun ? Wir erleben eine Politik , die nicht willens scheint oder im Stande ist Gerechtigkeit gegenüber jedermann/*frau , auch im wirtschaftlichen Bereich walten zu lassen.
    Liberté, égalité, fraternité – ich hoffe, dass es bei gelben Westen bleiben wird, ja auch bei uns !

    • Ich kann mich dem nur anschliessen. Der Zeitschriftenladen in meiner Nachbarschaft wurde laut Schild im Fenster „nach anonymer Anzeige behördlich geschlossen“, weil er weiterhin auch Schreibwaren abgegeben hat. Der große Müller in der Stadt bietet aber weiterhin Schreib- und Spielwaren feil, unter dem Label „Drogerie“.

    • In Zentralamerika sind in den meisten Ländern nur noch Lebensmittelläden und Apotheken geöffnet. Was sich allerdings hier alles Farmacia nennen darf, dagegen sind Müller & Co. reinster Fachhandel. Neben Haushaltswaren und Kleinelektro, Schreib- und Schulbedarf, Spielzeug- und Kleinkindabteilungen samt Kinderwagen, -sitzen, -möbeln gibt es auch immer eine Ecke, in der einem Fachkräfte Medikamente und Medizinprodukte verkaufen.
      Nur alkoholische Getränke müssen abgesperrt werden. Das steht nämlich so bei den meisten Ländern in den Notstandsgesetzen drin.

    • Gerade musste ich lesen, dass das Ordnungsamt in einer Müller-Filiale die Schließung einiger Abteilungen angeordnet hat. Das dürfte vor allem das Stockwerk mit Spielwaren und Multimedia betroffen haben. Wenn Rossmann diese Artikel weiter verkaufen darf, da die eben nicht in einer eigenen Etage wohnen, ist das schon Wettbewerbsverzerrung.

      Der Globus in Lahnstein hat direkt zu beginn der Krise sein 2. Obergeschoss geschlossen. Dort gibt es Schmuck, Bekleidung, Spielwaren, Elektrokleingeräte, Haushaltsplastik, Bücher und Stoffwaren. In den beiden verbliebenen Stockwerken gibt es tatsächlich nur Lebensmittel und Drogerie.
      In der Koblenzer Filiale ist das aber nicht so einfach möglich. Im Obergeschoss gibt es an der einen Seite von der Rolltreppe aus in dieser Reihenfolge Spielwaren, Bücher, Schreibwaren/Foto, Tierfutter, Kinderfutter, das unendlich wichtige Klopapier und Reinigungsmittel. Dort den Verkauf der „problematischen Artikel“ zu stoppen ist dann auch wieder Mehraufwand für die Mitarbeiter, den man denen eigentlich ersparen möchte.

  • Da hilft nur eines: Konsequent den Verkauf aller Produkte außer definierten erlaubten untersagen. Kein „Wir bieten ja auch dies und das Erlaubtes an und lassen daher komplett geöffnet.“ Alles andere ist sowohl geheuchelt als auch eine Ungleichbehandlung.

    Gerade die großen Profiteure haben auch ohne die illegitimen Verkäufe schon mehr als genügend Mehrgewinn und sollen bloß nicht weiter Krokodilstränen auf Kosten der Mitberwerber und des Steuerzahlers heulen.

  • Ja, es ist schon verwunderlich: Bau- und Gartenmärkte müssen mancherorts schließen und Aldi & Co machen (gefühlt) DEN Reibach des Jahres mit eben solchen Artikeln. Ich möchte aber jetzt nicht fordern, dass der LEH die Non-Food-(Aktions)-Artikel nicht mehr verkaufen darf. Im Gegenteil bin ich überzeugt davon, dass genau hier den Leuten, die zuhause mit Ausgehbeschränkung und Kontaktverbot regelrecht festsitzen, ein wenig nötige Zerstreuung geboten werden kann.

    Ich bin bisher maximal ein bis zwei Mal pro Jahr ausschließlich wegen Aktionsartikeln in ein Geschäft gefahren, kann mir aber vorstellen, dass es da eine bunte Streuung in der Bevölkerung gibt. Ich kann mir aber nicht ausmalen, dass gerade in der jetzigen Situation viele nur mal eben wegen einem Non-Food-Aktionsartikel in den Laden gehen. Da mag es Ausnahmen geben, aber die dürften meiner Beobachtung nach so ziemlich in einer winzigen Minderheit sein. Von daher verstehe ich die Aufregung um die Non-Food-Aktionsartikel nicht so wirklich.

    Wenn man einen Lockdown richtig machen will, müssen ausnahmslos alle Läden (auch LEH) für 2-3 Wochen komplett schließen. Das hat man sich aber nicht getraut, dann darf man jetzt aber seitens der Entscheidungsträger auch nicht so scheinheilig sein und mit dem Finger auf die Non-Food-Artikel im LEH zeigen.

    Und ja, es ist ziemlich ungerecht, wer was (noch) darf und wer nicht (mehr). Das fängt aber nicht nur mit dem Vergleich zwischen Bau- und Gartenmarkt versus Discounter an, sondern schon bei den Bundesländern und sogar den Landkreisen unter sich. Beim einen sind Baumärkte noch offen, beim anderen darf dort nicht mal mehr nach Onlinebestellung am Außenschalter abgeholt werden. Das eine Bundesland erlaubt es, sich auf Parkbänken zur Erholung niederzulassen, im Nachbarbundesland dagegen sind Parkbänke abgebaut worden und das Ordnungsamt patrouilliert. Fair und gerecht scheint es momentan leider nicht mehr zu geben.

  • Der Verkauf der Nonfood-Artikel wird zum kostendeckenden Betrieb des LEH halt ganz einfach nötig sein. So sehr der Umsatz mit Mehl und Klopapier auch gestiegen sein mag, vom Verkauf dieser Artikel wird keiner reich. Möglicherweise zahlt der LEH dabei derzeit sogar drauf, wenn er bei gestiegenen Beschaffungskosten die Verkaufspreise nicht erhöhen will. Es wird schon irgendwelche Absprachen geben nach dem Motto: ihr stellt die Versorgung während der Krise sicher, dafür lassen wir euch mit Einschränkungen in Ruhe. Mag unfair gegenüber anderen Wettbewerbern sein, anders lässt sich die Versorgung der Bevölkerung aber nicht sicherstellen.

    • Wären solche, andere Unternehmen diskriminierenden, Absprachen nicht illegal? Oder wird dann einfach kurz vor einer drohenden Untersuchung dann wieder das Diensthandy wegen Gerätetausch gelöscht? Ein Schelm wer Böses dabei denkt.

    • Okay, ich glaub das reicht jetzt mit dem Raunen über vermeintliche Absprachen, für die es bislang keinerlei Belege gibt. Danke.

    • Das sind in dem Sinn keine Absprachen, sondern Politik. In dem Fall geht das auch völlig ohne Anhörung einseitig, nachdem der Effekt ja offensichtlich ist. Es muss halt so abgegrenzt sein, dass es den Zweck erfüllt und insofern nicht gleichheitswidrig ist, wobei Typisierungen im Prinzip schon zulässig sind. Im Einzelfall kann es halt Abgrenzungsschwierigkeiten geben, ob etwa ein größerer Müller noch Drogeriemarkt oder schon Kaufhaus ist.

  • Globus hat für die Woche ab dem 20.04. wieder einen Handzettel. Es sind zwar nur 8 Seiten, wo man sonst locker auf mindestens das Fünffache kommt, aber immerhin.
    Die Wochenblättchen, mit denen die Dinger eigentlich zusammen mit denen der „Mitbewerber“ verteilt werden, bleiben dafür aber schon seit mehreren Wochen aus.

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