Eigenmarken schmecken „gleich gut“? Lidl verirrt sich mit seiner Schwarzweiß-Kampagne in den Fußnoten

Eigenmarken schmecken „gleich gut“? Lidl verirrt sich mit seiner Schwarzweiß-Kampagne in den Fußnoten

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Lidl setzt seine Schwarzweiß-Markenkampagne fort und ärgert etablierte Hersteller mit der Behauptung, die günstigeren Eigenmarken schmeckten den Kunden genauso gut wie die teuren Vorbilder.

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Gut ein Jahr nach der Premiere setzt Lidl seine Schwarzweiß-Plakatiererei zum Eigenmarkenanschub fort. Im August 2016 hatte der Discounter erstmals „Starke Marken” und „Starke Eigenmarken“ direkt nebeneinander gestellt und öffentlichkeitswirksam verglichen: Auf schwarzem Untergrund stand das klassische Markenprodukt (z.B. Iglo Fischstäbchen, Kerry Gold Butter, Coca Cola), auf weißem die Lidl-Variante (Ocean Sea Fischstäbchen, Golden Hills Butter, Freeway Cola).

Der größte, auf den ersten Blick erkennbare Unterschied waren die in rot-weiß hervorgehobenen Preise. Die natürlich zu Gunsten der Lidl-Eigenmarken ausfielen (siehe Supermarktblog).

Als Seitenhieb gegen Markenhersteller wollte man die Kampagne am Unternehmenssitz in Neckarsulm aber nicht verstanden wissen, sondern als Anreiz für die Kunden, selbst zu entscheiden, welches Produkt ihnen besser schmeckt. Deshalb stand drüber:

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„Du hast die Wahl.“

Das ist zwar auch in der Neuauflage wieder so. Diesmal nimmt Lidl der verehrten Kundschaft aber die Last von den Schultern, selbst entscheiden zu müssen, wie’s schmeckt. Und schreibt das gleich dazu:

„Schmeckt gut“, steht über dem Markenprodukt.

„Schmeckt auch gut3“, steht über der Eigenmarke daneben – in der harmlosesten Variante.


Screenshot: lidl.de/Smb

Lidl bezieht sich damit auf die Ergebnisse eines Verbrauchertests, der vom Marktforschungsunternehmen Marketing Sciences im September mit 4.918 Teilnehmern in zwölf deutschen Städten organisiert wurde. Die Probanden sollten Produktpaare aus unterschiedlichen Sortimenten kosten und nachher angeben, welches ihnen besser schmeckt bzw. welches sie bevorzugt kaufen würden.

Dabei hat der Auftraggeber penibel auf statistische Genauigkeit geachtet, und zwar „um die Möglichkeit einer Anfechtung vonseiten der Wettbewerber zu minimieren“, wie Lidl selbst in einer Übersicht schreibt (PDF).

Das Ergebnis ist – lächerlich läppisch.

Viele Teilnehmer machen keinen großen Unterschied zwischen dem Markenprodukt und der Lidl-Eigenmarke; in Einzelfällen gibt es minimale Abweichungen. Damit kann Lidl – erstens – belegen, was ohnehin schon alles wissen: Dass Produkte, nur weil kein Markenname draufsteht, trotzdem lecker sein können. Und – zweitens – das, was diverse ARD-Teams bereits hunderte Male für dämliche „Marken-Check“-Sendungen in deutschen Fußgängerzonen herausgefunden haben: dass sich die meisten Leute bei Produkt-Blindverkostungen nicht auf die Feinheit ihrer Geschmacksnerven verlassen können.

Lidl nutzt diese Erkenntnis allerdings zu seinen Gunsten und dreht die Markenvergleichskampagne noch ein bisschen weiter. Statt „Schmeckt gut / Schmeckt auch gut“ steht auf manchen Plakaten:

„Schmeckt vielen Gleich gut1

„Schmeckt beides Gleich gut1

Das großgeschriebene „Gleich“ kann man entweder als wissentliche Ignoranz etablierter Rechtschreibregeln werten – oder als Versuch, sich beim Wechsel vom schwarzen zum weißen Hintergrund mit einem selbst erfundenen Prädikat zu schmücken:

„Schmeckt beides [.] Gleich gut“

Wer sehr, sehr nah rangeht, kann in der Fußnote vom Verbrauchertest lesen, über den man sich im Netz näher informieren soll – wobei den meisten Kunden womöglich Besseres einfällt9.

Der Eindruck, der bleibt, ist genau der, auf den der Discounter es abgesehen hat: Marken und Eigenmarken sind bei Lidl „Gleich gut“. Wer freiwillig mehr Geld ausgeben will – bitte schön.

Das eignet sich mit Sicherheit, um Wettbewerber und Markenhersteller zu ärgern. Vor allem aber ist es ein Beleg dafür, wie umständlich und doof Handelswerbung sein kann, wenn sie sich der Unart vieler Telekommunikationsanbieter annähert, bei denen die Sternchentexte zur Erklärung der fantasievoll ausgedachten Werbesprüche so langsam mehr Platz auf Plakaten einnehmen als das eigentliche Motiv oder im Zweifel sogar den erweckten Eindruck revidieren.

Hilft natürlich nix, wenn’s am Ende trotzdem funktioniert.

Fotos: Supermarktblog


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1 Kommentar
  • Toller Artikel und der wichtigste Satz ist am Ende:
    „Hilft natürlich nix, wenn’s am Ende trotzdem funktioniert.“
    So siehts (leider) aus…

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