Rückzug aus Deutschland: Getir und Gorillas liefern bald nicht mehr

Rückzug aus Deutschland: Getir und Gorillas liefern bald nicht mehr

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Schon Mitte Mai soll Schluss sein mit dem Sofortliefer-Hype: Getir muss sich Medienberichten zufolge auf seinen Heimatmarkt konzentrieren. In Großbritannien hatte der Anbieter zuletzt noch versucht, sein Geschäftsmodell nach dem Vorbild der Plattform-Konkurrenten zu erweitern.

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Es sind die Wochen der Wahrheit im europäischen Quick Commerce: Ende der vergangenen Woche hat sich Flink endgültig aus dem französischen Markt zurückgezogen und nannte die hohe Inflation, starre regulatorische Vorgaben sowie ein sinkendes Interesse von Investoren als Gründe.

Und nach übereinstimmenden Medienberichten muss auch der Wettbewerber Getir seine Geschäfte in den verbliebenen europäischen Märkten einstellen. In Deutschland soll laut „Wirtschaftswoche“ bereits am 15. Mai Schluss sein. Großbritannien und die Niederlande sollen folgen. (Getir hat sich bislang nicht zu den Berichten geäußert.)

Damit reagiere Getir auf die Vorgaben seiner Haupteigner: Mubadala Capital, dem Staatsfonds aus Abu Dhabi, sowie Sequoia Capital and Tiger Global seien bereit, weiter Gelder für Getir bereitzustellen, erklärte das britische Sky News bereits am Dienstag.

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Bedingung dafür sei jedoch der Rückzug aus den genannten Ländern, um sich wieder uneingeschränkt auf das profitable Geschäft im Heimatmarkt zu konzentrieren: der Türkei.

Produkte von lokalen Händler:innen dazu

Vergangenes Jahr hatte Getir bereits Spanien und Italien verlassen. (Was aus dem erst kürzlich von Getir übernommenen US-Lieferdienst Fresh Direct wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt unklar.)

In Großbritannien versuchte Getir zuletzt noch, sein Geschäftsmodell anzupassen: Im Londoner Stadtteil Balham lieferte der Dienst nicht mehr nur Produkte aus eigenen Lagerhäusern: Kund:innen in dafür freigeschalteten Gebieten konnten auch Produkte lokaler Händler:innen dazu ordern: Obst und Gemüse, Pflanzen und Kaffee von The Thoughtful Fruiter, Fleisch von Chadwick Quality Family Butcher sowie belegte Sandwiches von Buondì Café.

Damit näherte sich Getir dem Service an, den Kund:innen von Plattformbetreibern wie Deliveroo und Uber Eats bereits gewohnt sind.

Screenshots: Getir/Smb

Unter der Option „Shop Bahlham’s Best“ / „love local, shop local“ hieß es in der Getir-App, es müsse gegebenenfalls mit längeren Lieferzeiten gerechnet werden, weil die zusätzlich bestellten Artikel erst noch beim Partner abgeholt würden.

Gegenüber dem „Grocer“ (Abo-Text) hatte Getir angekündigt, man wolle nicht Hunderte von lokalen Händlern listen, sei aber bereit, weiter zu experimentieren. Dazu dürfte es nun nicht mehr kommen.

Schwierige Zweimarkenstrategie

In Deutschland hatte Getir unter dem eigenen Namen zuletzt nur noch eine Scheinexistenz gepflegt: Einkäufe über die App waren zwar weiter möglich; der größte Teil der Einkäufe wurde aber über die Ende 2022 übernommene Marke Gorillas abgewickelt, deren Fahrer:innen schon seit längerem mit Getir-Rucksäcken in Gorillas-Montur unterwegs sind.

Screenshot: Gorillas/Smb

Bei Bestellungen über die Gorillas-App heiß es in der Bestellbestätigung:

„Ein Getir-Fahrer könnte deine Bestellung ausliefern.“

Gleichzeitig hatte Getir zahlreiche vermutlich unrentable Standorte des übernommenen Wettbewerbers geschlossen, die angesichts weiterlaufender Mietverträge jetzt teilweise trauriger Nachlasszeuge des Sofortliefer-Booms in deutschen Städten sind.

Dass Getir darauf verzichtete, Gorillas in die eigene Marke zu integrieren, lässt sich mit der höheren Bekanntheit der Zweitmarke begründen – die auch weiterhin rätselhafte Werbekampagnen fahren durfte, um alten Gewohnheiten treu zu bleiben. Dabei, sich langfristig im Markt zu etablieren, dürfte die Zweimarkenstrategie mit ihren Auswüchsen aber keine Hilfe gewesen sein.

Zur Übernahme von Flink, über die zwischenzeitlich ebenfalls spekuliert worden war, ist es nicht mehr gekommen.

Berliner Gorillas-Kampagne aus dem vergangenen Jahr; Foto: Smb

Wolt & Co. stoßen in die Lücke

Während Getir und Gorillas sich auf den Abschied vorbereiten, weiten Wettbewerber ihre Quick-Commerce-Geschäfte zunehmend aus: So hat Wolt an diesem Donnerstag einen zweiten Wolt Market in Berlin-Neukölln (siehe dazu Supermarktblog) eröffnet, aus dem Lebensmittel und Drogerieartikel im Süd-Osten der Stadt geliefert werden.

Falls die Finn:innen vorhaben sollten, ihr Netz darüber hinaus auszuweiten: Eine ganze Reihe potenzieller Standorte für eigene Darkstores dürften demnächst frei werden.

Interessant ist zudem, ob sich mit Edeka demnächst mit logistischer Unterstützung von Uber Eats & Co. in den Quick-Commerce-Markt vorwagen will.

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2 Kommentare
  • ich habe mich immer gefragt, warum die ganzen Lieferdienste unbedingt alle in Metropolen inMitteleuropa starten wollen

    am besten sind doch Länder, in denen die Fahrer zum Hungerlohn arbeiten(leider), es aber eine kleine Mittelschicht gibt, sowie wenige und schlechte Supermärkte nahe an den Wohnorten
    in deutschen Städten war es doch oft so, dass Stundenten sich von Fahrten aus deiner Bequemlichkeit beliefern lassen, die (zurecht) einen relativ hohen Mindestlohn bekommen
    dazu viele Supermärkte und Discounter um die Ecke

    anders und erfolgreich Picnic: Zielgruppe Familien und Senioren in Vororten und Mittelstädten, denen es nahezu egal ist, welchen Aufschlag die zahlen, weil es eine echte Erleichterung ist

    • Die Lieferdienste erhielten extrem viel Investorengelder als die Zinsen noch niedrig waren. Einen großen Teil davon investierten sie in die Kundenwerbung mit Rabatten. Oft war damit der Einkauf darüber weit preiswerter als der im Supermarkt. Die Kunden sparten also Geld.

      Als die Investoren kein Geld mehr reinsteckten wurden auch die Rabatte runtergefahren.

      Ich würde sogar behaupten, dass ohne diese Rabatte sich diese Lieferdienste gar nicht in der Breite etabliert hätten. Es gab keine besondere Nachfrage nach solchen Diensten. Die haben sich mit den Rabatten bzw. Investorengeldern einfach in den Markt eingekauft. Und diese Party konnte nicht ewig so laufen.

      Wahrscheinlich wurden die Investitionen über die „Winner takes it all“-Story eingeworben, wo der letzte dann den Markt und die Preise dominiert. Aber auch das hat sich als Investorenmärchen erwiesen.

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