Es war bislang kein besonders gutes Jahr für Deutschlands umtriebigsten Großflächendiscounter: Schimmel in den Kühlregalen, Mäusekot zwischen Lebensmitteln, defekte Kühltruhen – als Günter Wallraff und sein RTL-Team vor einigen Wochen ihre Kaufland-Recherche veröffentlichten, mussten zwei Filialen vorübergehend schließen. Dazu kündigte man in der Neckarsulmer Zentrale umfassende Reinigungsmaßnahmen in allen Märkten und massive Investitionen in neue Kühltechnik an.
Gerade hat das Unternehmen außerdem bekannt gegeben, sämtliche Filialen in Deutschland vom TÜV Süd auf Sauberkeit, Hygiene und den Umgang mit Lebensmitteln überprüfen zu lassen – und bestandene Prüfungen künftig mit dem Zertifikat für „FilialQualität“ auszuweisen.
Trotz aller Reue und umgehender Gelöbnisse auf Besserung: Das Image war erstmal angeschlagen, das Vertrauen der Kund:innen beschädigt. Dabei ist der Skandal nur der Tiefpunkt einer Krise. Denn während Kaufland in seinen Auslandsmärkten teilweise mit zweistelligen Wachstumsraten glänzt, stagniert der deutsche Heimatmarkt schon seit Jahren.
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Feuerwehrmann aus Polen
Kein Wunder also, dass die Schwarz-Gruppe jetzt Stefan Hoppe als neuen Deutschland-Chef einsetzt. Der 45-Jährige kommt direkt aus Polen, wo er innerhalb weniger Monate einen beeindruckenden Neuanfang geschafft hat: Statt Verlust schreibt Kaufland dort wieder schwarze Zahlen, dazu tritt man selbstsicherer auf – vor allem dank der neuen Image-Kampagne „Kaufland jest fresz“ („Kaufland ist frisch“).

Sein Erfolgsrezept – Kulturwandel statt Kostenkontrolle, Kommunikation statt Hierarchie, digitale Werbung statt gedruckter Handzettel – kann Hoppe nun zurück nach Deutschland mitnehmen. Um Kund:innen wieder einen Grund für den Einkauf bei Kaufland zu geben.
Gleichzeitig hat die Schwarz-Gruppe verstärkt die Auslandsmärkte im Blick: Polen, Tschechien, Rumänien, der Slowakei, Bulgarien, Kroatien und Moldau generieren inzwischen fast 40 Prozent des Kaufland-Gesamtumsatzes, Tendenz steigend. Dem will man nun auch bei den Eigenmarken gerecht werden.
K-Classic als Design-Vorbild
Neue Anmeldungen beim Markenamt legen nahe, dass die Handelskette eine Neuordnung ihrer Eigenmarken-Architektur vorbereitet. Diese beträfe nicht die bereits vor einigen Jahren in ihrem Erscheinungsbild relaunchte Hauptmarke „K-Classic“, dafür aber die ebenfalls an Bedeutung gewinnenden Sub- und Spezialmarken.
Diese sollen entweder umgetauft werden oder erhalten einen Zusatz, der sie auch im europäischen Ausland leichter verständlich machen dürfte:
- Aus „K-Bio“ könnte „K-Bio-Organic“ werden,
- aus dem schon immer etwas umständlichen „K-Take-it-veggie“ würde „K-Plant-Based“,
- völlig neu hinzukäme: „K-Gold-Edition“.

Die neuen Labels folgen zumindest laut Markenanmeldung einem einheitlichen Design-System: Das rote Kaufland-K steht links oben in einem weißen Dreieck, rechts daneben der Eigenmarken-Name auf grauer oder schwarzer Fläche. Damit wäre Schluss mit dem bisherigen Sammelsurium unterschiedlicher Designs.
In den neuen Varianten würden alle Submarken dem K-Classic-Beispiel folgen, das bereits seit dem Relaunch entsprechend gesetzt ist.

Überfällige Harmonisierung
Das neue K-Plant-Based würde zudem einen lange gepflegten Nachteil korrigieren: Bislang müssen Take-it-veggie-Artikel nämlich noch zusätzlich als „vegan“ ausgewiesen werden, wenn sie keinerlei tierische Stoffe enthalten. Mit der im englischsprachigen Raum üblichen Plant-Based-Bezeichnung ist hingegen sofort klar, worum es geht – und zwar: auch für Kund:innen außerhalb Deutschlands.


Ob sich auch die Mittelmarke „K-Favourites“ dem neuen Design unterordnen muss, geht bislang nicht aus den Markenanmeldungen hervor.
Die internationale Harmonisierung ist längst überfällig. Denn mit seinem steigenden Auslandsumsatz ist Kaufland schon lange kein deutscher Händler mehr, der nebenbei ein paar Filialen in Nachbarländern betreibt. Es wird höchste Zeit, den Kund:innen dort das eigene Sortiment noch leichter zugänglich zu machen. Exakt darauf dürfte die Umbenennung zielen.
Griff nach höheren Margen
Die wirklich spannende Neuerung ist aber „K-Gold-Edition“, das als Label so bislang noch gar nicht existiert. Es könnte Kauflands Antwort auf ein Problem sein, das viele Händler haben: Wie positioniert man sich zwischen Discount-Preisen und Premium-Anspruch?

Seit der Einstellung des eher kurzlebigen „Kaufland exquisit“ (siehe Supermarktblog) fehlt dem Konzern eine echte Premium-Linie. K-Classic deckt den größten Teil des Sortiments im Preiseinsteig ab, K-Favourites wurde als Mittelmarke für „Markenqualität zum besten Preis“ dazu geholt und integriert einzelne Artikel mit „Premium“-Anspruch durch eine entsprechende Produktbezeichnung („Premium Traubensaft“, „Gourmet Knuspermüsli“).
Eine K-Gold-Edition könnte diese Lücke schließen – z.B. für Premium-Süßwaren, hochwertige Spirituosen, Feinschmecker-Spezialitäten oder Gourmet-Tiefkühlware. Mit kleinem, möglicherweise saisonal verfügbarem Sortiment, das aber hochpreisiger daherkommen könnte, ohne dass dies auf eine der anderen Marken abstrahlt.
Strategisch läge das nahe: Lidl sichert sich mit seinen „Deluxe“-Produkten vor Feiertagen schon länger erfolgreich höhere Margen; auch das Doppel-Label „Bio Organic“ ist bei der Schwester längst etabliert.

Vereinfachen und differenzieren
Kauflands Lösung scheint eine Strategie der zwei Geschwindigkeiten zu sein: Optische und sprachliche Harmonisierung bei den Basis-Labels für internationale Konsistenz und jüngere Zielgruppen. Gleichzeitig strategische Premium-Differenzierung für profitable Nischensegmente und kaufkräftigere Kundschaft.
Das steht der Vereinfachung entgegen, die Handelsketten bei ihren Eigenmarken lange Zeit angestrebt haben; es bedeutet vielmehr strategische Komplexität. Aber die ist durchaus gerechtfertigt angesichts des wachsenden Vertrauens der Kund:innen in die Eigenmarken der Händler, die sich vor allem bei jüngeren Zielgruppen längst auf einer Stufe mit klassischen Herstellermarken bewegen.
Als erfahrener Manager weiß der designierte neue Kaufland-Deutschland-Chef ohnehin: Erfolgreiche Eigenmarken müssen international gedacht sein. Für Breslau, Bukarest – und Baden-Württemberg.
Kaufland nervt den geneigten Kunden m.E. damit, dass in „take it veggie“-Packungen von konventionell bis hin zu bioverbandszertifiziert alles enthalten sein kann. Da böte sich aus meiner Sicht die Langmarkenstrategie diverser Marktbegleiter in der Art „K-Bio vegan“ an. Etwas sperrig wäre dann aber z.B. „K-Bio vegan + regional“, wobei K. m.W. (bislang) keine Regionallinie führt 😉
Was mir in den Augen brennt: K. betreibt „nur“ Filialen in Mittel- und Südosteuropa (und je nach Auslegung noch in Südeuropa), aber keine in Osteuropa, anders als beispielsweise die Rewegruppe. Begriffe der Umgangssprache sind schön und gut, entsprechen für mich aber nicht dem gewohnten SMB-Niveau.
Danke für den berechtigten Hinweis. Ich habe die entsprechenden Stellen korrigiert.
@Peer Schader
Danke für den konstruktiven Umgang mit dem Hinweis. (Als Tag ist noch ein OE verblieben, aber das stört kaum ;-))