Seit sich Italiens bisheriger Ministerpräsident unter Einsatz nur geringen gesamteuropäischen Drucks eine vorübergehende Auszeit von seinem Amt genommen hat, ist in der italienischen Politik eine neue Ernsthaftigkeit eingekehrt. Die vielen schönen Gelegenheiten zur Partyskandalberichterstattung haben sich mit dem alten Chef in dessen Sabbatical aufgelöst. Und der Neue hat gar keine andere Wahl, als sich mit den vielen Problemen zu befassen, die übrig geblieben sind. Wie schön ist’s da, wenn Italien in diesen Zeiten auch mal Vorbild sein kann!
Denn eins haben uns die Italiener wirklich voraus: die hübscheren Discounter-Märkte.
Zumindest entschied sich der zu Rewe gehörende Discounter Penny vor einigen Jahren, einen Teil seiner italienischen Filialen (die dort „Penny Market“ heißen) freundlicher zu gestalten.
Statt der schrecklichen Fototapeten, die in vielen deutschen Märkten hängen, sind die Wände ganz schlicht einfarbig gestrichen, in jeder Abteilung unterschiedlich: grün für Gemüse, blau für Kühlartikel, hellbraun für Brot und Kuchen. Die Gänge sind angenehm breit und man muss nicht permanent die Kollision mit irgendwelchen Aktionsangeboten fürchten. Obst und Gemüse sind in einer Art Marktstand untergebracht. Für die Drogerieabteilung hat sich jemand ein Lichtkonzept ausgedacht. Und das Weinregal hat eine lustige Holzkonstruktion aufgesetzt bekommen, die vermutlich Hochwertigkeit suggerieren soll. (Obwohl das Gestell sich genauso gut als Grundgerüst eines Wikingerfertighauses eignen würde.)
Das Konzept mit dem kuscheligen Namen „Ambiente“ muss zumindest so gut funktioniert haben, dass auch einige Märkte in Deutschland nach diesem Muster umgebaut wurden, um mal zu gucken, ob das die Kundschaft irgendwie kauffreudiger macht.
Das Ergebnis verrät Penny freilich nicht. Weil der Discounter gerade mitten in der Krise steckt, ganz dringend die Konkurrenz einholen will und deswegen glaubt, sich selbst neu erfinden zu müssen. Vor einem halben Jahr wurde bereits die Werbekampagne „Erstmal zu Penny“ gestartet. 2012 soll sich auch am Eigenmarken-Sortiment kräftig was ändern, berichtet die „Lebensmittelzeitung“. Nur von einem einheitlichen Laden-Design ist der Discounter in Deutschland noch meilenweit entfernt. Bei Neueröffnungen muss man allerdings aufpassen, nicht zu erblinden, wenn man zu lange auf den blitzblank gewienerten Spiegelfliesenboden schaut.
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Solche Probleme hat Aldi Nord – bisher – nicht. Braun spiegelt nämlich selten. Dafür ist Braun die Lieblingsfarbe der Architekten, die der Discounter mit dem Design seiner Läden beauftragt hat. Die sind (wie schon mal beschrieben) derart schlimm verfliest, dass man sie freigeräumt problemlos als Hallenbäder nutzen könnte.
Nun scheint aber tatsächlich ein Zeitenwechsel bevorzustehen. Die braue Discounterfliese muss weichen! Ihren Anfang hat die Design-Revolution ausgerechnet in Belgien genommen. Im unscheinbaren Gent ist eine Aldi-Filiale eröffnet worden, die nicht mehr ganz so ätzend aussieht wie die Läden, durch die das Unternehmen seine Kunden bisher scheucht.
Zugegeben: Eine Farbexplosion hat die Unternehmensführung im letzten Moment noch zu verhindern gewusst. Auf den ersten Blick ist zumindest in der Außenansicht gar nicht so viel verändert worden. Langjährigen Aldi-Nord-Kunden wird aber sofort auffallen, dass es in dem Testmarkt statt trister Bunkeratmosphäre einen weiß schimmernden Boden, weiße Decken und mehr Tageslicht gibt. Die Preisschilder sind auf helleres Papier gedruckt. Manche Produkte wurden sogar aus ihren Lieferkisten direkt ins Regal geräumt (!). Viel genauer hat Mike Dawson das neulich im Germain Retail Blog aufgeschrieben (in Englisch – aber leider vorübergehend wegen Serverumzug nicht aufrufbar). Bei der „Lebensmittelzeitung“ gibt’s auch eine Fotogalerie dazu.
Es ist nur noch nicht klar, ob Aldi Nord auch seine deutschen Filialen dementsprechend umbauen will. Bisher ist das Unternehmen, anders übrigens als das Schwesterunternehmen Aldi Süd, nicht gerade für seine Innovationsfreudigkeit bekannt. Aber es ist gut möglich, dass die Zentrale in Essen dann lieber doch nicht riskieren möchte, ihre Filialen als einzige nach Discountermuseum aussehen zu lassen, während die Konkurrenz rundherum ihre Läden stetig aufhübscht und mit neuem Schnickschnack ausstattet (zum Beispiel Lidl mit seinen Backtheken).
Blöd nur, dass die Aldi-Design-Revolution – genauso wie die Anstrengungen von Penny, supermarktiger zu werden – sich als großer Fehler herausstellen könnte.
Der Grund dafür steht im nächsten Supermarktblog-Eintrag.
Fotos: Supermarktblog