holyEATS #12: Domino’s will Platz 1 im Pizza-Oligopol, McDonald’s pilotiert „Mobile Order and Pay“, Caviar versichert Fahrer

holyEATS #12: Domino’s will Platz 1 im Pizza-Oligopol, McDonald’s pilotiert „Mobile Order and Pay“, Caviar versichert Fahrer

Foto: Domino's
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Ob klassisch oder mit Käse im Rand: Wer ist der größte Systempizzabäcker im Land?

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Domino’s oderVapiano: Wer wird Systempizzakönig?

Ob klassisch oder mit Käse im Rand: Wer ist der größte Systempizzabäcker im Land? Das Branchenmagazin „Foodservice“ hat gerade eine Übersicht veröffentlicht, geordnet nach Vorjahresumsätzen: An Position 1 steht Vapiano, gefolgt von Domino’s Pizza Deutschland, L’Osteria, Hallo Pizza und Call a Pizza. Nach Smiley’s folgt erst auf Platz 7 Pizza Hut vor Pizza Max aus Berlin, danach wird’s arg kleinteilig. Die Sache hat zwei Haken: Zum einen dürfte der Schnellnudelspezialist Vapiano einen Großteil seines Umsatzes eher nicht mit belegten Teigfladen machen; vor allem aber ist die vermeintliche Top 10 schon jetzt eher eine Top 3 mit Resteanschluss.

Bereits im Januar hat Domino’s nämlich vom Bundeskartellamt genehmigt bekommen, Hallo Pizza zu übernehmen – zwei Jahre, nachdem sich „die beliebte Weltmarke“ (Domino’s-Selbstbild) hierzulande den damaligen Lieferpizzaprimus Joey’s einverleibt hat. Aktuell ist die Kette damit beschäftigt, Hallo Pizza ins eigene Vertriebsnetz zu integrieren. Außer einer neuen „Store-Optik“ ist auch die „Heranführung an ein gemeinsames Sortiment“ angekündigt. (Anders formuliert: Arrivederci, Hallo!)

Im nächsten „Foodservice“-Pizzaranking dürfte sich Domino’s umsatztechnisch ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Vapiano liefern. Bereits 2017 stehen unterm Strich addierte 235 Mio. € (Domino’s/Hallo) gegen 210 Mio. € (Vapiano); mit knapp 147 Mio. € ist L’Osteria schon jetzt die einzige Kette, die noch einen dreistelligen Umsatz schafft. Die aufgerückte Nummer 4, Call a Pizza, kommt nicht mal auf die Hälfte.

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Das Kopf-an-Kopf-Rennen um die Pizzagunst der Deutschen machen demnach zwei Systeme untereinander aus, die unterschiedlicher kaum sein könnten.

Unter Domino’s sammeln sich nach und nach die Anbieter, die schon lange da waren, bevor der große Lieferessen-Boom einsetzte. Anstatt Lieferprovisionen an externe Dienste zu zahlen, bringt Domino’s seine Pizzen den Kunden selbst nachhause – und arbeitet dabei auch mit ziemlichen Kampfpreisen. In dieser Woche ist eine Aktion zu Ende gegangen gen, bei der Kunden 33 Prozent des Bestellbetrags erlassen bekamen, wenn sie ihre Pizza selbst am Store abholten; wer sich hitzebedingt unmöglich vom Sofa wegbewegen konnte, wurde noch mit 22 Prozent Rabatt auf die Lieferbestellung belohnt. (Wobei nicht wenige Kunden die Fußnote „*Rabatt nicht anwendbar auf Cheesy Crust“ geschmerzt haben dürfte.) Wie groß der Übernahmehunger der Marke noch ist, nachdem ihr im Mai überraschend der bisherige CEO Karsten Freigang abhanden gekommen ist („auf eigenen Wunsch“), wird sich bald weisen: der neue CEO Stoffel Thijs ist seit 1. August an Bord.

Vapiano-Geschäftsführer Jochen Halfmann kündigt derweil erstmals Gewinne für 2020 an (sofern sich die Kette sich mit ihrer Turboexpansion nicht verkalkuliert) und macht Anlegern schon mal den Mund wässrig. „Langfristig könnten die Margen so knackig werden wie jetzt schon der Salat“, orakelt „Wallstreet Online“ und berichtet, Halfmann peile „auf Restaurantebene eine Nettomarge von 20%“ an.

Mit Kampfpreisen geht das freilich nicht. Dafür aber vielleicht mit Kunden, die sich digital dazu überreden lassen, ein bisschen mehr zu bestellen als sie eigentlich wollten. Bei Terminal-Bestellern liege der Umsatz „um zwölf Prozent höher“ als bei denen, die an der Kochstation stehen, berichtet Halfmann im Interview mit RP Online. Und: „Wer sein Essen am Tisch mit der Vapiano-App ordert, gibt im Schnitt sogar 20 Prozent mehr aus.“ Kein Wunder, dass Vapiano gerade testet, ob sich das teure Showkochen nicht auf ein Mindestmaß reduzieren lässt. Irgendwo muss die Kohle ja herkommen, mit denen die Gunst der Anleger, die trotz gesunkenen Aktienwerts dabei bleiben und die Expansion bezahlen, zurückgekauft werden soll.

Zusammengefasst: Alle, die jetzt nicht schon richtig groß sind, werden es im neuen deutschen Systempizza-Oligopol absehbar nicht leicht haben, das noch nachzuholen.


Deutschland gewinnt an Bedeutung für Takeaway.com

Kurzer Blick in die Halbjahresergebnisse des Delivery-Hero-Konkurrenten Takeaway.com: Für den Mai registrierten die Niederländer in Deutschland erstmals mehr ausgelieferte Bestellungen als im Heimatmarkt. Der macht zwar immer noch fast die Hälfte des Gesamtumsatzes aus; mit Lieferando holt Takeaway.com in Deutschland aber sehr, sehr schnell auf. Für das erste Halbjahr 2018 meldete der Konzern 45 Prozent mehr Bestellungen als im selben Zeitraum 2017.

Ebenfalls interessant: Stammkunden („Returning Active Customers“) bestellen im Schnitt 10,8 Mal pro Halbjahr und geben dabei geringfügig mehr Geld aus als im Vorjahr (19,39 € pro Order).

Ein paar Details zum eigenen Lieferdienst Scoober, um den es hier im Newsletter ja schon vor einem Monat ging, schiebt Takeaway.com auch nach: Exakt 2,3 Prozent der Bestellungen wurden zuletzt von eigenen Fahrern ausgeliefert, im ersten Halbjahr 2017 waren es noch 1,2 Prozent. Takeaway.com nimmt für sich in Anspruch, in den Niederlanden schon jetzt das größte Lieferessen-Logistiksystem zu betreiben. Die Expansion in weitere acht Städte ist geplant. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass auf deutschen Straßen demnächst außer Deliveroo-Türkis und Foodora-Magenta mehr Lieferando-Orange zu sehen ist, dürfte damit steigen. (Das gilt allerdings ebenso für die Personalkosten, die sich um 40 Prozent erhöht haben.)

Der nächste Wachstumsmarkt steht ebenfalls fest: In Polen läuft’s gerade besonders gut, melden die Holländer. Und weiter: „Innerhalb von zwei bis drei Jahren nach dem Börsengang“ (vom September 2016) will die Gruppe als Ganzes profitabel sein. Bis 2020 müssen Takeaway.com-Aktionäre also wohl nicht mehr warten. (Im gerade publizierten 23-Seiten-PDF steht bestimmt noch mehr Interessantes drin.)


McDonald’s testet „Mobile Order and Pay“ zuerst in München

Apropos Warten: Geduld, Geduld – es dauert noch ein Weilchen, bis sie Ihr McMenü endlich unterwegs per App vorbestellen können, bevor Sie im McDonald’s-Restaurant Ihrer Wahl eintreffen. Im Interview mit W&V erklärt Susan Schramm, Marketingvorstand von McDonald’s Deutschland, dass die „Mobile Order and Pay“-Funktion der in diesem Jahr neu gelaunchten App „Ende des Jahres“ für alle verfügbar sein soll.

Die Pilotphase ist aber schon gestartet, wie das Unternehmen auf holyEATS-Anfrage bestätigt: „In der Tat führen wir zurzeit Tests für den Rollout von mobile order & pay im Rahmen unserer App durch“, sagt ein Sprecher. „Diese – allesamt in München stattfindenden – Tests laufen intern; Gäste sind hier nicht involviert.“


Caviar versichert seine Lieferfahrer

Diejenigen, die mit dem Essen au dem Restaurant an der Haustür klingeln, profitieren eher selten vom enormen Wachstum der neuen Delivery-Anbieter – auch, weil sie in der Regel als selbstständige Auftragnehmer engagiert sind, die für die Funktionstüchtigkeit ihrer Fortbewegungsmittel ebenso allein verantwortlich sind wie für die eigene. Das amerikanische Liefer-Start-up Caviar macht jetzt eine Ausnahme und führt eine Unfallversicherung ein, die sofort für alle Fahrer gilt.

Konkret besteht der Versicherungsschutz ab dem Moment, in dem ein Rider einen Auftrag akzeptiert – bis zu dem Zeitpunkt, an dem er die Bestellung ausgeliefert hat. Anders gesagt: Wer auf dem Weg zum Pausentreffpunkt in einen Unfall verwickelt wird, hat Pech. Alle, bei denen der Versicherungsschutz tatsächlich greift, aber womöglich auch, mahnt The Verge: Die dauerhafte Fortzahlung von 50 Prozent des durchschnittlichen Wochenlohns, die Caviar mit seinem Versicherungspartner in Aussicht stellt, dürfte bei vielen Fahrern kaum für das Existenzminimum ausreichen – weil die meisten, um schon gesund über die Runden zu kommen, verschiedene Jobs parallel erledigen. (Und die Einzelhonorare deshalb entsprechend niedrig ausfallen.)

Was Kaviar jetzt in seiner Mitteilung als Großzügigkeit verkauft, ist zumindest zum Teil wohl auch auf zunehmenden öffentlichen Druck zurückzuführen: Im Frühjahr ist ein 34-jähriger Caviar-Rider in San Francisco während einer Lieferfahrt von einem SUV angefahren worden und gestorben. („The Nation“ hat sich Grundsätzliches zu den Konsequenzen überlegt.)

Aller Kritik zum Trotz ist die Versicherung freilich ein erster wichtiger Schritt nach vorn; vor allem in einer Branche, die sich bislang viel zu wenig um die Arbeitsbedingungen der Leute schert, die den ganzen Hype überhaupt erst möglich machen.


Nachschlag

  • Chinatown in London hat Ende Juli für einen Tag komplett dicht gemacht, um gegen das (unnötig) harte Durchgreifen von Einwanderungskontrolleuren zu protestieren. (The Guardian)
  • AmRest kauft sich eine eigene Sushi-Kette, wird polnischer Pizza-Marktführer und steigt ins Geschäft mit Fast Casual Burgern ein – oder wie das Unternehmen sagen würde: Alltag. (Reuters, AmRestNews.eu)
  • Sieht das neue Hans-im-Glück-Restaurantdesign nicht exakt genau so aus wie das alte Hans-im-Glück-Restaurantdesign? (Foodservice)

Ich bin im August ein bisschen unterwegs, um mir neue Gastro-Konzepte anzuschauen; deshalb erscheint die nächste reguläre holyEATS-Ausgabe (sofern nichts Dringendes dazwischen kommt) erst Ende des Monats.

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