Eine der großen Sagen unserer Zeit hat gerade Kurs auf das unvermeidliche Finale genommen. Schon sehr bald entscheidet sich, wer als Sieger aus der letzten (wahrscheinlich nicht ganz unblutigen) Schlacht hervorgehen wird und das Spiel um Macht, Intrigen und Marktanteile für sich entscheidet.
Die Rede ist natürlich – vom Verkauf von Real.
Ein kurzer Recap für alle, die mit Verspätung in das Drama eingestiegen sind: Um die Überbleibsel seines Reichs zu retten, hat sich Olaf, einst König von Metrogroup, die Abspaltung der Provinz Real zum Ziel gesetzt. Deren Stabilisierung vernachlässigte der Herrscher über viele Jahre hinweg konsequent – auf der einen Seite abgelenkt durch die Lossagung von Kaufhaus- und Elektronikmarktländereien, auf der anderen durch den Bau temporärer Schläger an den Ufern Düsseldorfs, wo noch vor anderthalb Jahren die (längst vergangene) Größe des Imperiums zelebriert wurde
Olaf hat sich in eine unmögliche Situation gebracht: Er steht in der Pflicht, alles dafür zu tun, dass auch unter einem neuen Herrn bei Real niemand Hunger leiden muss – was jedoch als unwahrscheinlich gilt, wenn er den Immobilienverwertungszombies nachgibt, die jenseits der Grenzen seines Reichs mit den aus Metro-Sicht besten Angeboten zu ihm gekommen sind.
Sie mit Drachenglas und Stahlschwertern in die Flucht zu schlagen, ist keine Lösung – denn anders als in leichtgängigen Fantasyserien, die uns das Fernsehen präsentiert, stehen in diesem Fall nicht einmal rechtmäßige Erben bereit, um Anspruch auf Real zu erheben. Anders als zunächst berichtet, scheint sich auch der bisherige Verbündete Markant nicht dauerhaft mit den Stadtrandprovinzen belasten zu wollen.
Die Situation ist weiterhin unübersichtlich, die Zukunft von Real wenig aussichtsreich.
Den Schriftrollenboten der „Lebensmittel Zeitung“ zufolge will Olaf an diesem Montag Exklusivverhandlungen mit dem vielversprechendsten (bzw. möglicherweise einzig verbliebenen) Übernahme-Interessenten beginnen. Noch Fragen? Ja, natürlich.
Wer könnte Real übernehmen?
Das „Handelsblatt“ hatte Anfang April die Investoren x+bricks AG und Redos als mögliche Interessenten für den Kauf von Real ins Spiel gebracht; beide wären wohl in erster Linie an den 65 Immobilien interessiert, die Metro mitveräußern würde. Ein Weiterbetrieb der 279 Real-Filialen käme für sie kaum in Frage. Stattdessen könnten einzelne Märkte an andere Handelsunternehmen veräußert werden. Das würde die Zerschlagung des Unternehmens und das endgültige Aus für Real besiegeln.
Wer hat Interesse an den Filialen?
Die Schwarz-Gruppe hat in Form ihres Vorstands Klaus Gehrig öffentlich Interesse angemeldet, rund 100 Real-Märkte zu übernehmen und zu Kaufland-Filialen umbauen zu wollen. Laut „Lebensmittel Zeitung“ (Paywall) haben auch Rewe und Edeka Interesse an einzelnen Häusern. (Vermutlich aber an denselben.) Dass alle Real-Märkte neue Eigentümer bekämen, scheint nach derzeitigem Stand wenig plausibel.
Warum will niemand Real als Ganzes?
Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen hat sich das Geschäftsmodell, ausschließlich SB-Warenhäuser am Rande der Stadt zu betreiben, im Laufe der Zeit weitgehend überholt, weil es nicht mehr dem Einkaufsverhalten der Kunden entspricht. Zum anderen hat Metro über viele Jahre versäumt, Real-Märkte so zu modernisieren, dass sie mit den Wettbewerbern mithalten können. Ein neuer Eigentümer müsste deshalb erstmal massiv in die Sanierung der Läden investieren – ohne zu wissen, ob sich das auszahlt.
Das vielgelobte Markthallen-Konzept, das Real zuletzt umgesetzt hat, eignet sich nur für wenige Standorte und ist zu teuer.
Gibt es keine andere Lösung?
Auch Markant soll interessiert gewesen sein. Über die RTG Retail Trade Group organisiert das Handelsunternehmen den Wareneinkauf mehrerer regionaler Supermarktketten (Tegut, Bartels-Langness, Bünting, Netto [mit Hund]), dem sich auch Real angeschlossen hat. Fallen die über Real erzielten Umsätze weg, schwächt das die künftige Verhandlungsposition der RTG. Ein Gebot soll Metro „jedoch abgelehnt haben, weil [es] unter dem der Immobilieninvestoren lag“, schreibt das „Handelsblatt“.
In der vergangenen Woche wurde zudem das Gerücht lanciert, Metro könne Real – ohne die wertvollen Immobilien – an Markant „verschenken“, um den Weiterbetrieb zu sichern und Arbeitsplätze zu erhalten. Das ließ Markant jedoch umgehend per „Lebensmittel Zeitung“ dementieren. Der Kooperationsverbund müsse im Interesse aller Mitglieder handeln. Für viele scheint das Risiko, mit Real zu scheitern, zu groß zu sein.
Welcher Investor kriegt dann den Zuschlag?
Kommt drauf an, ob Metro überhaupt noch eine Wahl hat. Laut „Börsen Zeitung“ hat sich einer der beiden verbliebenen Interessenten verabschiedet, weil er sämtliche kartellrechtliche Risiken übernehmen sollte, die sich aus einer Übernahme ergeben könnten. Redos wolle dem aber nicht nachkommen.
Wann ist Finale?
„Bis Mai, spätestens Juni“ sollen Verträge unterzeichnet sein, hat das „Handelsblatt“ auf Nachfrage bei Metro erfahren.
Fortsetzung folgt. Höchstwahrscheinlich: sehr bald.
Ach ja, und: „Game of Thrones“ geht ja auch weiter!
Titelfoto [M]: Supermarktblog, Cullan Smith/Unsplash, Bryan Rodriguez/Unsplash.
Mir tun wirklich die Mitarbeiter leid. Ich war vor kurzem mal wieder im Real Nürnberg Virnsberger Straße, in dem ich ca. 2005 eigntlich alle Einkäufe erledigt habe. Tatsächlich habe ich nach fast 15 Jahren noch drei der Kassierinnen wiedererkannt, die Identifikation mit real als Arbeitgeber dürfte also hoch sein. Auf der anderen Seite muss ich zugeben, dass ich nach kurzer Zeit ob des dort herrschenden Chaos genervt war, obwohl ich eigentlich keine hohen Ansprüche beim Einkaufen habe.
… daher wird für die real Mitarbeiter die Schwarz Gruppe mit Kaufland die Beste Wahl sein. Denn nur Kaufland weiß, wie wichtig bei einer Übernahme das „alte Personal“ am jeweiligen Standort für den Erfolg für Zukunft des jeweiligen Marktes ist. Selbst Rewe praktiziert wie Globus die 9 Monatsfrist um das alte Personal nicht übernehmen zu müssen. Ein Beispiel ist hier auch ein ehemaliger Real Standort in Berlin im Gesundbrunnen Center.
Interessant ist, dass real selbst jetzt, kurz vor dem Verkauf, noch zumindest eine Filiale (im Rheinpark-Center Neuss) komplett umbaut, offiziell bis Juni, auch wenn die Angestellten dieses Fertigstellungsdatum bezweifeln. Hier wird die Verkaufsfläche halbiert, was praktisch den Verkauf der non-food-Artikel eliminiert: was übrig bleibt, ist ein „normaler“ Lebensmittel-Supermarkt (auch nach Aussage der recht gesprächigen Dame an der Informationstheke, die auch den Stellenabbau von langjährigen Kollegen (m/w/d) vehement beklagte), an dem genauso gut Rewe oder Edeka dran stehen könnte. Und dies, obwohl dieser real ganz sicher zu den moderneren und ansehnlicheren Märkten gehörte, in dem sich gut einkaufen ließ…
Es ist immer schade um jeden einzelnen Arbeitsplatz, egal wo. Aber real als solches hat für mich schon vor Jahren das Recht verwirkt, auf dem Markt zu existieren. Chaos, kein schlüssiges Konzept, minderwertige Eigenmarken (v.a. TiP), teurer als die Konkurrenz und vor allem unfassbar heruntergekommene Filialen mit Mitarbeitern in Kitteln a la Schlecker und das im Jahr 2019. Dass kaum einer Interesse an real in Gänze oder auch nur an der Mehrzahl der Filialen hat und das ganze Thema nur mit spitzen Fingern angefasst wird, bestätigt mich dabei nur. Jahrzehntelange Misswirtschaft sodass man real jetzt nicht mal geschenkt haben möchte.
War leider absehbar. Reine Misswirtschaft. Das Traurige wird sein, daß sich die, die für diese Misswirtschaft verantwortlich sind, so oder so die Taschen voll machen, während der normale Mitarbeiter dank legaler, aber moralisch fragwürdiger Tricks wahrscheinlich leer ausgeht. Business as usual. Für die Vorstände geht die Party danach weiter.
Hier in Südbayern sind V Markt, Globus usw. 24/7 brechend voll. Gerade in den klassischen Lagen im Gewerbegebiet mit riesigen Parkplätzen, dort werden in den aufgefahrenen SUV riesige Warenmengen eingeladen. Geschäftige Umschlagplätze. Speziell bei Real aber schon länger nicht mehr, ich selbst mache auch seit Jahren einen Bogen darum. Real ist nicht klar positioniert.
Nicht gen Qualität wie V Markt oder Fenneberg, nicht billig wie Kaufland, usw. und das Interieur der Filialen ist eine Katastrophe, da fühlt man sich ähnlich wohl wie im Parkhaus.
Mich zieht als Privatverbraucher dort nichts hin, kein Eigentümerwechsel ändert das. Eine Zerschlagung halte ich für den besten Weg möglichst viele Jobs zu erhalten. Nach einem Umbau in einen modernen Kaufland o.ä. werden die dafür geeigneten Standorte eine sicherere Zukunft haben als bisher, meine ich.
Ja, ich denke auch, das Konzept des klassischen SB-Warenhauses ist keinesfalls veraltet, sondern kann, richtig angegangen, auch heute noch funktionieren. Das Problem ist eher, dass es auf dem deutschen Markt bislang einfach kein vernünftiges Angebot gibt. Walmart ist seinerzeit krachend gescheitert, da man es nicht geschafft hat, sich auf die hiesigen Marktbedingungen einzustellen, andere große ausländische Konzerne wie Tesco, Auchan, Carrefour, etc., versuchen es, wahrscheinlich auch infolge des Walmart-Debakels, gar nicht erst in Deutschland, und Real wurde von Metro leider jahrzehntelang völlig vernachlässigt und runtergewirtschaftet, obwohl es Potenzial hätte – aber mit 70er-Jahre-Beton macht man in 2019 eben keinen Stich mehr. V-Markt, Globus und Hit zeigen hingegen, dass Warenhaus auch heute noch funktionieren kann, sind aber zu klein und regional, um auf den Gesamtmarkt Einfluss zu haben. Marktkauf hält sich auch einigermaßen tapfer, ist aber leider nur noch eine leblose Hülle unter den Fittichen von Edeka.
Früher war ich ein großer Fan der Metro Group, doch nach dem Verkauf von extra im Jahr 2008 hatte ich nicht mehr viel damit zu tun.
Einen real,- gab es nur in der Nachbarstadt, den ich aber bis vor 10 Jahren vielleicht selten, aber noch gerne besucht habe. Letztes Jahr wurde dann dieses völlig defizitäre SB-Warenhaus, nach zig Jahren Stillstand, überraschend modernsiert. Trotz dessen werde ich es wohl nicht besuchen, da die ganze Atmosphäre in den real-Märkten m.M.n. ungemütlich und hektisch ist.
Heute präferiere ich die Konkurrenz und besuche sehr gerne das REWE Center, das damals als extra-Verbrauchermarkt verkauft wurde.
Metro war einmal.
„… hat sich das Geschäftsmodell, ausschließlich SB-Warenhäuser am Rande der Stadt zu betreiben, im Laufe der Zeit weitgehend überholt, weil es nicht mehr dem Einkaufsverhalten der Kunden entspricht.“
Wie kommt es dann, dass es bei Kaufland gut läuft? Von anderen wie Globus oder Toom habe ich zumindest noch nichts gelesen, dass die Probleme hätten.
Real hat das Herumgeeiere der letzten ca. 15 Jahre einfach nachhaltig geschadet. Selbst die Überarbeitung des Logos und des Designs wirkt uninspiriert und halbherzig.
Siehe meinen Kommentar vom 23.4. etwas weiter oben: Anders als Peer es immer wieder heraufbeschwört, denke ich auch, dass das klassische große Warenhaus keinesfalls ein Auslaufmodell ist. V-Markt, Globus, Hit und Marktkauf zeigen, dass es auch heute noch funktionieren kann, wenn man es richtig angeht, sind aber alle zu klein und regional begrenzt, um auf den Gesamtmarkt Einfluss zu haben. Real war die einzig verbliebene große, überregionale Warenhaus-Kette, wurde aber leider völlig heruntergewirtschaftet.
Ich muss da gar nix beschwören, die Handelskonzerne merken schon von alleine, dass sich etwas Grundlegendes im Kaufverhalten der Kund:innen verändert. Carrefour schränkt in Frankreich massiv die Verkaufsflächen ein; gerade hat Tescoa ähnliches für sein geschäft in Polen angekündigt. das heißt nicht, dass einzelne SB-Warenhäuser bzw. regionale Ketten, wenn sie gut geführt sind, nicht weiterhin Erfolg haben können. Insgesamt halte ich das Format aber tatsächlich eher für ein Auslaufmodell.