Das Ende naht: Gorillas lässt Kund:innen virtuelle Rabattmarken sammeln

Das Ende naht: Gorillas lässt Kund:innen virtuelle Rabattmarken sammeln

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Um Kund:innen regelmäßig Lebensmittel über die eigene App einkaufen zu lassen, braucht Gorillas offensichtlich weiterhin regelmäßige Rabattaktionen. Im September treibt man’s nun aber auf die Spitze.

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Beim Schnelllieferdienst Gorillas kann man ein Lied davon singen, dass die Dinge nicht immer wie geplant laufen. In den vergangenen Wochen etwa hat man sich nach vorheriger Schnellexpansion aus Belgien wieder zurück gezogen; in Dänemark werden die Geschäfte von einem Franchise-Partner übernommen; in Spanien „pausiert“ der Lieferservice über die Sommermonate; in Italien soll nach einer Lösung gesucht werden; das Schweizer Büro wurde vor dem Start wieder geschlossen. In den Niederlanden verabschiedete man sich aus mehreren kleinen Städten (Almere, Apeldoorn, Breda, Enschede und Hilversum) – ähnlich wie im Heimatmarkt Deutschland, wo zuletzt Bochum, Dortmund, Gelsenkirchen und Münster gestrichen wurden.

Um sich in den verbliebenen Märkten behaupten zu können, scheinen allerdings weiterhin regelmäßige Rabattaktionen notwendig zu sein, um die Kund:innen davon zu überzeugen, ihre Lebensmittel-Einkäufe per Gorillas-App zu erledigen.

Das könnte auch daran liegen, dass zahlreiche Preise für Produkte inzwischen klar über denen im Supermarkt liegen, um Gorillas rentabel werden zu lassen – selbst wenn dafür nach der 10-Minuten-Lieferung, von der man sich weitgehend verabschiedet hat, bereits das zweite zentrale Kund:innenversprechen gebrochen werden muss.

Im ewigen Loop der Rabatte

Foto: Smb

„Wir wissen, dass die Dinge nicht immer wie geplant laufen“, informierte Gorillas seine Kund:innen deshalb Ende Juli per E-Mail (am 22. in meinem Postfach). Und versprach: „Die Hauptzutat vergessen? Plötzliches Verlangen nach Schokolade? Kein Tierfutter mehr da? Wir sind da, um zu helfen.“ Um die Hilfe zu versüßen, gab’s einen Rabatt-Code dazu, mit dem Einkäufe zwischen 25 und 100 Euro um 20 Prozent vergünstigt wurden – gültig nur wenige Tage.

Bis, kurz vor Ablauf der Frist, nochmal derselbe Rabatt-Gutschein eintrudelte (25. Juli), gültig nur bis Ende des Monats.

Dann wurde es, Ende des Monats (29. Juli), kurz dramatisch: „Die letzte Chance, deine 20% Rabatt zu nutzen!“, informierte eine weitere E-Mail:

„ Du hast richtig gehört. Mit dem Code* SOMMER20 bekommst du 20% Rabatt, wenn du 25€ ausgibst. Aber beeil dich, dieses Angebot endet sehr bald! Wir sehen uns in Kürze?“

Wobei zwei Tage später (1. August) bereits die nächste Verlängerung folgte: „WIR WISSEN, DASS DIE DINGE NICHT IMMER WIE GEPLANT LAUFEN“. Okay, okay, okay: 20 Prozent Rabatt ab 25 Euro (aber: „maximaler Rabatt beträgt 5€“).

Und vier Tage später (5. August) nochmal.

[Dramatische Pause.]

Und gut zwei Wochen später (22. August) nochmal.

Und vier Tage später (26. August) nochmal.

Bevor es gerade, Ende des Monats (31. August), erneut dramatisch wurde: „Die letzte Chance, deine 20% Rabatt zu nutzen!“:

„Mit dem Code* 20TEMPO bekommst du 20% Rabatt, wenn du 25€ ausgibst. Aber beeil dich, dieses Angebot endet sehr bald! Wir sehen uns in Kürze?“

Gutschein für regelmäßige Einkäufe

Und entweder hat jemand bei Gorillas gemerkt, dass das Dauerfeuer der jetzt ganz bestimmt ablaufenden, aber dann doch wieder verlängerten Rabatt-Codes gar keine so ganz schlaue Marketingstrategie ist – oder in Berlin muss man jetzt einfach mal was Neues ausprobieren, weil der Druck, weitere Investorengelder einzuwerben, gerade höher denn je ist, und es deshalb im September mal so richtig gut laufen müsste, weshalb am heutigen Ersten des Monats nicht einfach das nächste schnöde 20-Prozent-Versprechen ins Postfach flatterte, sondern – „eine kleine Challenge“.

Die geht so: Kund:innen sollen im September viermal für mehr als 25 Euro bei Gorillas bestellen. Dafür kriegen sie, ja im Ernst: virtuelle Rabattmarken („Badges“). Wer vier davon „sammelt“, erhält im nächsten Monat einen Gutschein über 30 Euro zugeschickt, der aber in drei verschiedenen Bestellungen (mit jeweils 10 Euro) eingelöst werden muss, und das auch nur im Oktober. Alles klar? Bzw. wie Gorillas meint: „Challenge accepted“?

Das Kernversprechen der Sofortlieferdienste war mal: die blitzschnelle Lieferung von Lebensmitteln ohne Kokolores.

Der immer stärker traditionellen Handelsketten ähnelnde Rabattierungszirkus (u.a. dm hat’s mit seinen Rabatten für App-Nutzer:innen vorgemacht, Rossmann zieht mit seiner 9-Euro-Rabattaktion gerade nach) ist aber inzwischen eindeutiges Indiz dafür, dass sich die Prioritäten der Anbieter massiv verschoben haben – und es vor allem darum geht, die Investor:innen versprochenen hohen Bestellfrequenzen und Durchschnittsumsätze nachzuweisen, damit die weiterhin benötigten, aber inzwischen schwerer zu bekommenden Gelder fließen oder Gorillas zumindest als Übernahmeziel halbwegs attraktiv bleibt.

Eigenmarken und Kooperationen mit klassischen Händlern hin oder her – lange wird diese kleine Challenge, um mal im Gorillas-Sprachbild zu bleiben, so nicht gutgehen.

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3 Kommentare
  • Ähem, das ist beileibe nix neues. Alle Anbieter von getir, flink, getfaster (sind die inzw Pleite eigtl?), Yababa (regelmäßig 10,- bei 20,- Bestellwert) usw versuchen mit Rabatten Kunden bzw Umsatz zu generieren – egal wie. Flink hat den ganzen Sommer über 50% Gutscheine (offiziell für Neukunden..) gehabt. Hauptsache viele Bestellungen, Gewinn muss ja noch nicht sein.. Es scheint eher langsam eine gewisses Zurückrudern im Sinne vorgeblicher Wirtschaftlichkeit einzukehren; zumindest bei flink. inzwischen kaum Rabatt stattdessen auf dei liefergebühr noch eine „Lagergebühr“ oben drauf. Keine Ahnung wer da noch bestellen mag..

    • Ähem, deshalb steht ja im Teaser auch das Wörtchen „weiterhin“. Die Rabattmarken-Aktion ist meines Wissens außerdem doch was Neues.

      Flink wirbt ähnlich rabattfixiert, ich kann noch kein Zurückrudern erkennen (neueste Marketing-Mail: „Rabatt satt! 💰Jetzt zugreifen & 48% sparen!“).

      Und Sie müssten nächstes Mal bitte eine gültige E-Mail-Adresse angeben, um hier mitzukommentieren. (Wird nicht veröffentlicht.) Danke!

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