Super-Aldi Süd in Neuss: Discount-Einkauf mit amerikanischen Verhältnissen

Super-Aldi Süd in Neuss: Discount-Einkauf mit amerikanischen Verhältnissen

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Auf fast 1.800 Quadratmetern demonstriert Aldi Süd im nordrhein-westfälischen Neuss, was sich alles aus dem selbst veredelten Discount-Prinzip herausholen lässt, wenn genug Fläche dafür da ist. Und erlaubt sich dabei gleichzeitig ein paar Unachtsamkeiten.

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Die 155.000-Einwohner:innen-Stadt Neuss liegt nicht etwa im US-Bundesstaat Arizona, sondern immer noch im bundesrepublikanischen Nordrhein-Westfalen. Wobei das Erlebnis ihres neuesten Einkaufsparks im Süden durchaus amerikanische Zustände nahelegt: Mit 500 Parkplätzen für motorisierte Kleinfahrzeuge vor der Tür, eine Handvoll davon für die elektrifizierte Minderheit („Aldi elektrisiert“), ist die Mobilitätswende hier kein Thema. (Geplante Stellplätze für Fahrräder: 60; Busanbindung: naja.)

Seit kurzem gibt es außer der bereits eröffneten Drogeriemarktfiliale (dm) eine Bäckerei (Büsch), eine Apotheke (Apondium), einen Schuhhändler (Deichmann), einen Tierbedarfshandel (Fressnapf) und ab 29. August, 8 Uhr, einen Supermarkt (Edeka Haupt, zur Eröffnung mit Rosenbegrüßung, siehe „Neuss-Grevenbroicher Zeitung“ [Abo-Text]).

Vor allem aber hat dort der Inhaber und Betreiber, Aldi Süd, Ende Mai – und nach längerem neubaubedingtem Zwischenverkauf aus dem Zelt – auf satten 1.750 Quadratmetern die zweitgrößte Filiale seines Discount-Reichs eröffnet, um damit in ungeahnte Dimensionen vorzustoßen.

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Kurz gesagt: Dieser Markt ist eine Wucht. Und ein großartiges Beispiel dafür, wie das Aldi-Süd-Discountprinzip wirken kann, wenn man ihm mehr Platz als üblich einräumt.

Ausrufezeichen gegen die Konkurrenz

Bei meinem Besuch an einem durchschnittlichen Dienstagmittag Anfang Juni herrschte bereits akute Wochenend-Einkaufsstimmung. Stetig strömte neue Kundschaft in die breiten Gänge des Markts, der diesen vermutlich neugierdebedingten Ansturm locker zu bewältigen wusste – denn genau dafür ist er offensichtlich ausgelegt. Ein großes Ausrufezeichen an die konkurrierenden Supermärkte: Seht mal, was wir können, wenn wir wollen!

Am Eingang empfängt der Super-Aldi seine Kundschaft mit einer riesigen Obst- und Gemüse-Auswahl auf etlichen Metern im Doppelgang und mit fast schon verschwenderisch lang dimensionierter Kühlung für besonders empfindliche Vitaminträger.

Auf bis zu drei Etagen ist die Ware gelagert: „frisch & knackig“, „bunt & vielfältig“, und ganz vorne stehen die „Frische-Kracher“ in Aktionsrot. Gekauft wird entweder die Großpackung oder unverpackt, für alles dazwischen verlangt der Händler inzwischen aus Nachhaltigkeitsgründen 1 Cent je Obstknotenbeutel.

Die Fläche hinter der umgedreht L-förmigen Obst- und Gemüse-Abteilung lockt von der Gesunden Ernährung zur Süßen Sünde: ins Schokoladenparadies, an dem niemand einfach so vorbei gelassen wird, ohne die in Gitterschütten aufgetürmten Aktionsartikel der Woche zu begutachten – clever gelöst.

Auf der Rückseite der O&G-Abteilung lockt der Laden mit Aktionsposten ins Schokoreich; Foto: Smb

Wohlklingende Preis-Versprechen am Gondelkopf

In den hinteren Bereich des Markst führen Gänge, die locker dreispurig mit Einkaufswägen befahren werden können.

Hier müssen keine Einkaufswagenzusammenstöße befürchtet werden: breite Gänge im Super-Aldi; Foto: Smb

Gondelköpfe versprechen „Beste Qualität zum Aldi-Preis“, „Leckerer Saft ohne saftige Preise“ oder „Hier gibt’s viel Qualität für wenig Geld“. Auch die übliche Lokalranschmeiße fehlt nicht: „Eure Basilika ist eindrucksvoll. Genau wie unser Preisversprechen“, steht auf der Lagertür neben der entsprechenden Wahrzeichenabbildung für stolze Locals.

In tiefen Regalen mit hellen Holzböden stehen teilweise meterweise dieselben Artikel, so kann sich das Personal (theoretisch) das ständige Nachräumen sparen, weil der Laden selbst wie eine Art Lager funktioniert.

Gleichzeitig fallen aber auch die Versäumnisse stärker auf: Trotz des üppigen Platzes sieht man sich mancherorts immer noch zur Kisten-Hochstapelei verleitet, die gerade in dieser Filiale eigentlich unnötig wäre und unschöne Sichtbarrieren aufbaut.

Bitte: Mehr Licht!

In den oberen Regelböden sind viele aus dem Karton verkaufte Artikel erstaunlich schlecht einsehbar; dazu kommt das rätselhafte Beleuchtungsskonzept: In den breiten Gängen mit den dunklen Fliesen und den hohen Decken werden augenscheinlich nur die Regale links und rechts angestrahlt– in der Mitte steht man teilweise im wahrsten Sinne des Wortes im Dunkeln.

Das Lichtkonzept im Super-Aldi ist nicht ganz so ausgefeilt wie es auf den ersten Blick scheint; Foto: Smb

Dazu kommt, dass man sich direkt vorm Regal bisweilen selbst Schatten wirft – was der Produktbetrachtung nicht gerade zuträglich ist und das Einkaufsglück beträchtlich zu schmälern vermag. (Womöglich hofft Aldi Süd damit aber auch einfach, den Taschenlampenverkauf anzukurbeln.)

Die furiose Backwelt thront im hinteren Marktbereich, auf beiden Seiten eingerahmt von Glastüren-beschmückten Kühltheken mit Veggie-Ware und Molkereiprodukten.

Auf der kurzen Seite locken zwei Meter „traditionelles Bäckerhandwerk aus deiner Region“ der Partnerbäckerei Voosen, über die abgerundete Ecke mit Donuts und Süßgebäck geht’s zur Aldi-eigenen Aufbackauswahl, die sich auf Wunsch auch in einen für Backwaren designten Mehrwegbeutel eintüten lässt (der für einmalig 99 Cent zu erwerben wäre).

Ein Meer an Aktionsposten

Die komplette Ladenseite zur Kasse hin ist schließlich eindrucksvoll kühlmöbliert, mit der Tiefkühlware in zweiter Reihe.

Auf der Restfläche des Markts hat sich ein Ozean an Aktionsartikeln ausgebreitet, der mit bloßem Auge kaum zu überblicken ist und von den Aktionsschraubenziehern vor der Backwelt über die tragbaren Bluetooth-Soundsysteme der Aldi-Elektronikmarke Medion in der Mitte bis zu den ungeheuren Ketchup- und Duplo-Vorräten kurz vor der Kasse reicht.

Bezahlt wird entweder an einer der sechs regulären Bedienkassen oder an vier SB-Kassen mit großer Ablagefläche und eigener Aufsicht, die aber offensichtlich nicht standardmäßig besetzt ist, sondern bei meinem Besuch vom Personal an der gegenüberliegenden Bedienkasse miterledigt werden musste.

(Über separate Videoscreens, auf denen Kund:innen sich selbst beim Scannen sehen, verfügten die Self-Checkouts auch noch nicht.)

Machtdemonstration vom Super-Discounter

Es ist gleichzeitig ein kleiner Horror und ein großes Vergnügen, im Neusser Super-Aldi einzukaufen: Letzteres, weil sich hier dank des deutlich gewachsenen und hervorragend präsentierten Sortiments tatsächlich ein umfassender Wocheneinkauf erledigen lässt, ohne auch nur eine Sekunde an einen zusätzlichen Supermarkt-Besuch denken zu müssen.

Und ersteres, weil dabei schnell jedwedes Maß dafür verloren geht, wofür man eigentlich hier ist, wenn man in dem ganzen Aktionspostengeprotze unter- oder zumindest verloren zu gehen droht und viel mehr in den Wagen ramscht als eigentlich notwendig wäre.

Modern und schnörkelfrei präsentiert sich Aldi auf fast 1.800 Quadratmetern in Neuss; Foto: Smb

Zur Standardlösung droht der XXL-Aldi so schnell freilich nicht zu werden; und viele Klein- und Kleinstflächen in den zunehmend auch von Discountern begehrten Stadtlagen dürften sich für die Handelskette als sehr deutlich größere Herausforderung erweisen. Für eine Machtdemonstration, wozu Aldi Süd als Super-Discounter fähig ist, eignet sich diese sehenswerte Neueröffnung aber in jedem Fall.

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9 Kommentare
  • Bei der Beschreibung musste ich spontan an den Aldi hier um die Ecke in Böblingen denken, der mit 1700 qm nur minimal kleiner ist als der in Neuss.

    Kurzer Exkurs für Nicht-Böblinger: Das war bis vor wenigen Jahren ein Real-Großmarkt und bis vor 25 Jahren Hauptfiliale der regionalen Kriegbaum-Gruppe („Multi-Center“), die Ende der 90er vom Metro-Konzern übernommen und bei Real eingegliedert wurde. Edeka hat bei der Real-Filetierung neulich die Filiale übernommen und zu Marktkauf umgeflaggt, musste aber auf Anweisung von ganz oben (Bundeskartellamt) den ehemaligen Real-Getränkemarkt an Aldi untervermieten.

    Dass die Filiale – vor allem Vornutzer-bedingt – mit allerlei Aldi-Gewohnheiten bricht: Ladenhöhe, Beleuchtung, Farbkonzept (Schwarz!), und vor allem: der gewohnten vier-reihigen Regalanordnung, gibt es ganzen fast eine Lounge-Atmosphäre. Trotzdem findet man sich überraschend gut zurecht.

    Im Vergleich dazu scheint der Neusser Aldi – ich kann ja nur die Fotos beurteilen – mit seinen sichtbaren Stahlträgern fast schon Fabrikhallen-Charme auszustrahlen.

  • So ganz kann ich den Jubelstürmen nicht beipflichten. Es ist nach wie vor ALDI – nur halt größer. Wo man sonst evt. 24 Gittertische mit Nonfood präsentiert, sind es jetzt halt 36 oder 48. Ansonsten: am Aufbau oder Konzept der Filiale hat sich nichts geändert.

    Okay, der Brötchenknast sieht ein wenig flotter aus. 😀

  • Unser Aldi hier wurde vor 5 Jahren komplett neu gebaut. Erst Abriss und dann kompletter Neubau u.a. mit sehr hohen Decken und einigen anderen Denkfehlern. Jetzt wird er wieder umgebaut und am 30.08. wieder eröffnet. Ich bin gespannt wie er sich dann präsentiert, aber zumindest Obst/Gemüse soll an den Eingang wandern und die Doppelkassen werden installiert. Ich werde berichten falls ich dann nächste Woche etwas Bahnbrechendes entdecken sollte.

  • Bin vorhin dran vorbeigefahren und finde es überhaupt nicht einladend. Schon von außen. Da ist nichts freundliches, alles dunkel, kalt, bzw. aktuell zu heiß, nichts lebendiges. Maschinen die aus Maschinen aussteigen um sich Industriefraß reinzuschieben. Selbst manche Produktionshalle ist einladender als dieses Ensemble. Da hilft auch das sporadische Gestrüpp auf einem Spiegel von Rindenmilch nicht weiter.

  • der Rhein Kreis Neuss hat sowieso für Supermarktfans noch mehr zu bieten

    Haribo Werksverkauf in unmittelbarer Nähe zu Aldi
    erste Stadt von Picnic in Deutschland
    mit Abstand erfolgreicher Hit Supermarkt in Deutschland in Dormagen
    Beerdigung des in der ganzen Stadt beliebten Chefs war eine der grössten Beerdigungen überhaupt
    https://rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/beerdigung-von-hit-markt-leiter-helmut-roeder_aid-23283065#:~:text=Mit%20gro%C3%9Fer%20Beteiligung%20wurde%20gestern,Michael%20Dries%2C%20nahmen%20Abschied%20vom%20%E2%80%9E

    und dann ist man vom HBF mit der RE 13 in weniger als einer Stunde in Venlo bei den 2 Brüdern, dem wohl bekanntesten Einzelsupermarkt überhaupt und in wenigen Minuten bei Zurheide in Düsseldorf

    • … und die Basilika ist tatsächlich auch für Selten-Kirchgänger sehenswert mit der geschmackvoll-bunten Bemalung im Innenraum. Und kostenlos, noch besser als Discount 😉
      Der Aldi selbst erschien mir tatsächlich zu groß, da er praktisch weniger zusätzliche Produkte anbietet als die Fläche hergäbe, trotz einiger Zugaben aus dem Online-Shop. Dafür ist die benötigte Einkaufszeit eher länger, weil die Wege weiter geworden sind. Und die breiten Gänge verstopfen, das übernehmen die Aldi-Mitarbeiter gerne selbst mit Müll-Rollwagen und Paletten-„Ameise“ NEBENeinander (2x während meines Besuchs). Allerdings machen sie auch schnell und freundlich Platz, wenn ein Kunde doch mal vorbei möchte…
      (Viel erschreckender für mich ist die Reduzierung des Schokoladen-Angebots der Hausmarke Choceur, wo etliche Sorten auf die deutlich teurere „Edel“-Hausmarke Moser-Roth verschoben wurden. Zu dem Preis gibt es dann aber etliche Nicht-Discounter-Alternativen.)

  • Große Obst-&-Gemüse-Abteilung mündet in Süßkram und Backwaren, mittiges Mare Eternum aus Gitterboxen und Spiegelung von Kühlung und Tiefkühlung: Die Aufteilung erinnert mich doch stark an die sehr großen Lidl-Filialen, die in den 2010er Jahren in nicht ganz so endlose Pflasterwüsten gestellt wurden. (Die standen/stehen da ja auch meist alleine.) Besonders innovativ fand ich das jetzt nicht. Am besten gefallen mir die Kindereinkaufwägelchen, denn die machen tatsächlich aus mancher Quengelheulboje einen eifrigen Stückgutfeeder. Die habe ich selbst (leider) noch in keinem Aldi gesehen.

  • Sie ist zwar leicht zu ergooglen, aber die Angabe der Adresse im Artikel hätte ich schon hilfreich gefunden.
    Für die, die bis hier vordrangen, als Service die Adresse des Ladenzentrums mit diesem Aldi:
    Holzheimer Weg 44, 41464 Neuss

  • In Essen am Königshof eröffnet nächste Woche ein Aldi

    Die Filiale ist knapp 1.000 qm groß und befindet sich um Untergeschoss des ehemaligen Kaufhof. Dass die Filiale auch sonntags öffnen darf, liegt an der U-Bahn-Station direkt daneben. Darüber ist Aldi direkt an den Hauptbahnhof angeschlossen. Hier dürfen Geschäfte auch sonn- und feiertags öffnen. Bislang gibt es schon direkt im Hauptbahnhof den Discounter Lidl. Auch er öffnet an Sonn- und Feiertagen und wird aus einem Großteil des westlichen Ruhrgebiets gezielt angesteuert.

    Der Lidl im HBF ist Sonntags brechend voll inkl ein halbes Dutzend Security
    Was mich aber schon erstaunt, wie leicht man das Sonntagsverkaufsverbot scheinbar aushebeln kann

    würde mir einen Artikel über die Sonntagsöffnung der Discounter wünschen

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