Mit guten Vorsätzen fürs neue Jahr war Aldi Süd diesmal besonders früh dran: Schon vor zwei Monaten kündigte der Discounter an, für mehr Übersichtlichkeit im Regal zu sorgen und sämtliche Eigenmarken zu überprüfen, um sie gegebenenfalls neu zu positionieren oder sogar ganz zu streichen. Das sei „ein wichtiger Schritt, mit dem wir uns in Zukunft noch kundenorientierter und zeitgemäßer aufstellen“, ließ sich Sandra Schoofs, Marketingleiterin von Aldi Süd, zitieren.
Die ersten Konsequenzen haben nicht lange auf sich warten lassen: In einzelnen Regionen testet Aldi Süd derzeit seine neue Dachmarke „täglich GUT“, unter der neuerdings die günstigsten Produkte aus vielen Warengruppen verkauft werden.
Bislang stehen u.a. Buttertoast und Aufbackbrötchen, Kaffee, Vanille-Eis, Camembert, Koch-Hinterschinken, Pizza Margherita, Tafelschokolade und Margarine von „täglich GUT“ in den Regalen.
Die Produkte an sich sind nicht neu, sie wurden bislang unter bekannten Aldi-Süd-Marken wie Choceur (Schokolade), Riggano (Pizza) oder Grandessa (Speiseeis) verkauft.
Nichtsdestotrotz ist die Änderung für Aldi-Verhältnisse ein relativ drastischer Strategieschwenk. Erstmals schafft das Mülheimer Handelsunternehmen eine Dachmarke im Preiseinstieg, ähnlich wie es der Wettbewerber Penny nach seiner Neupositionierung vor einigen Jahren vorgemacht hat. Während die Standardprodukte („Bunte Basics“) dort einfach „Penny“ heißen, hat sich Aldi Süd für einen neutralen Markennamen entschieden.
Auf Supermarktblog-Anfrage bestätigt das Unternehmen:
„ALDI SÜD testet die Preiseinstiegsmarke ‚täglich GUT‘ seit Oktober 2017 in den vier Regionalgesellschaften Mülheim, Rheinberg, Geisenfeld und Ebersberg.“
Der Test umfasst nach Aldi-Angaben derzeit 15 Produkte. Momentan steht noch nicht fest, ob „täglich GUT“ als Dachmarke regionenübergreifend in die Läden kommen soll. Eine Sprecherin erklärt:
„Die Entscheidung über eine generelle Einführung der Marke ‚täglich GUT‘ bei ALDI SÜD wird erst nach der Auswertung der Testergebnisse getroffen.“
In den Testregionen erfolgt die Umstellung seit einigen Wochen fließend. Vorübergehend sind in vielen Kategorien gleichzeitig Produkte unter dem bisherigen Namen und in der „täglich GUT“-Variante zu kaufen, zum Beispiel Tafelschokolade:
Die Umstellung dürfte Bestandteil der Modernisierungsinitiative sein, die Aldi Süd (ähnlich wie das Schwesterunternehmen Aldi Nord) zuletzt angestoßen hat. Seit einigen Wochen tritt der Discounter auch in Deutschland mit seinem zaghaft erneuerten Logo (siehe Supermarktblog) auf, das künftig an allen Märkten hängen soll.
Dazu werden die Filialen von Grund auf modernisiert. Das Sortiment ist bereits durch zusätzliche Markenprodukte aufgewertet worden. Dadurch konnte der Discount-Marktführer die Umsätze steigern und (jüngere) Kunden zurückgewinnen. Die Marktforscher der GfK urteilten im vergangenen Jahr (PDF):
„Die Markenstrategie von Aldi hat den Discounter auch wieder attraktiver für qualitäts- und markenorientierte Kunden gemacht.“
Gleichzeitig muss Aldi dafür sorgen, dass die eigentliche Kernkompetenz nicht zu sehr in den Hintergrund rückt und dass man trotz des Bestrebens, kein reiner Harddiscounter mehr zu sein, weiterhin für die klassische Aldi-Klientel attraktiv bleibt: Kunden, denen es in allererster Linie wichtig ist, preisgünstig Lebensmittel einzukaufen.
Der neuen Dachmarke könnte dabei eine Schlüsselrolle zukommen, insbesondere durch ihr einheitliches Design, das lediglich die Hintergrundfarben – gelb, rot, grün, blau – variiert.
Das Markenlogo und die Verpackungsgestaltung bleiben dagegen über alle Warengruppen hinweg gleich (inklusive der Schrift, die sehr an die Hausschrift von Rewes „Dein Markt“-Auftritt erinnert). Damit können Kunden im Laden auf einen Blick erkennen, welches das günstigste Produkt der jeweiligen Kategorie ist.
Zum Beispiel beim Kaffee, der in der „Classic“-Variante (500 Gramm) für 2,99 Euro unter „täglich GUT“ verkauft wird, während die Produktalternativen (entkoffeiniert, Extra, Pads milde Bohne usw.) weiterhin unter dem klassischen Aldi-Eigenmarkennamen Amaroy zu haben sind.
Das Unternehmen erklärt dazu:
„ALDI SÜD möchte seinen Kunden innerhalb der vorhandenen Eigenmarken eine einfache und klare Struktur bzw. Orientierung bieten. So bieten wir Produkte an, die auf unterschiedliche Kundenbedürfnisse abgestimmt sind. Während das Premiumsegment mit Marken wie z.B. ‚Gourmet‘, die Kundenbedürfnisse nach ausgewählten Gourmet- und Lifestyle-Produkten abdeckt, stehen die Artikel unter der Preiseinstiegsmarke ‚täglich GUT‘ für Produkte, die den täglichen Grundbedarf decken und dies zum gewohnt guten ALDI SÜD Preis-/Leistungsverhältnis.“
Sollte sich die neue Marke tatsächlich durchsetzen, „würden die dafür ausgewählten Artikel ausschließlich mit ‚täglich GUT‘ gekennzeichnet werden“, heißt es weiter.
Dazu kommt die einheitliche Gestaltung der Gewohnheit vieler Supermarktkunden entgegen, die das Prinzip von ihrem Einkauf bei Rewe oder Real kennen, wo Artikel zum Discountpreis ebenfalls durch ihr kategorienübergreifendes Design identifizierbar sind.
Eigentlich ist die Discount-Markendifferenzierung auch für Aldi nichts Neues, sondern z.B. in Großbritannien schon seit Jahren fester Bestandteil des Konzepts. In seinen britischen Läden hat Aldi Süd die günstigsten Produkte (bekanntlich) „Everyday Essentials“ getauft. Erkennbar sind sie an ihrer schlichten weißen Verpackung und der immer gleichen Grundschrift.
„Everyday Essentials“-Artikel stehen in der Regel direkt neben vergleichbaren Produkten mit individuellem Eigenmarkennamen, die (minimal) mehr kosten und dafür unterschiedliche Mini-Vorteile versprechen. Geschälte Tomaten aus der Dose gibt’s zum Beispiel als „Everyday Essentials“, während die gehackten Tomaten in der „Sweet Harvest“-Variante deutlich moderner verpackt und als „Product of Italy“ gekennzeichnet sind.
Jaffa Cakes von „Belmont Biscuits“ sind „made with real orange juice“ und kommen in einer zusätzlichen Pappschachtel in den Einkaufswagen; wer darauf verzichten kann, kauft Jaffa Cakes von „Everyday Essentials“ zum leicht niedrigerem Grundpreis.
Auch Tiefkühlwürstchen gibt’s in zwei Varianten, die der Aldi-Fantasiemarke Oakhurst verspricht „Irish Pork“ für £ 1,49 (vs. 99 p für „Everyday Essentials“).
Die Tiefkühlerbsen in der Truhe gegenüber erschweren die Auswahl zusätzlich, weil es außer dem „Everyday Essentials“-Produkt und den „Four Seasons Farm Fresh Garden Peas“ auch noch die Edelvariante „Specially Selected Tender British Petits Pois“ gibt, die besondere Frische für sich in Anspruch nimmt („Field to Freeze in 150 Minutes“).
Damit folgt Aldi zumindest ansatzweise dem klassischen Marken-Dreisprung aus britischen Supermärkten („good, better, best“). Die Produkte unterscheiden sich manchmal nur geringfügig im Preis, viele Kunden würden auf dem Teller vermutlich kaum einen Unterschied feststellen. Aldi allerdings kann mit der auf den ersten Blick unnötig scheinenden Differenzierung unterschiedliche Kundengruppen ansprechen: Käufer, die ausschließlich preisorientiert entscheiden – und solche, die bereit sind, auch ein paar Pence mehr auszugeben.
(Darüber hinaus lässt der Discounter sein Sortiment umfassender wirken als es ist und suggeriert eine größere Auswahlmöglichkeit.)
Diese Taktik dürfte Aldi Süd auch bei „täglich GUT“ anwenden. Wer mit einem einfach verpackten Standard-Camembert zufrieden ist, bedient sich im Preiseinstieg für 55 Cent pro 100 Gramm.
Und wer Wert legt auf eine besondere Variante legt (Klassik, Würzig), greift stattdessen daneben zum Produkt aus Frankreich, „Le Coq de France“ (und kriegt für 64 Cent pro 100 Gramm eine traditionelle Pappelholz-Schale als Verpackung dazu).
Es ist davon auszugehen, dass Aldi den Markentest auf weitere Warengruppen ausweitet. Eingetragen hat der Discounter die Marke u.a. für Fleisch und Fisch, Milchprodukte und Konfitüren; Kaffee, Tee, Reis, Mehle, Backwaren und Speiseeis; frisches Obst und Gemüse, Kräuter; Getränke (alkoholisch und alkoholfrei); Wasch- und Putzmittel; Schreibwaren; Haushaltsgegenstände (Warenklassen sind verkürzt wiedergegeben).
Vielen Dank an Jonas K. und Tobias F., die „täglich GUT“ zuerst entdeckt haben!
Fotos: Supermarktblog
An sich sehr gelungen aber für mich persönlich war der Vorteil, beim typischen Discounter ohne Preiseinstieg a la TiP und Co nicht als Schnäppchenjäger oder ähnliches „gebrandmarkt“ zu sein wenn man vor allem die günstigsten Produkte kauft. Bei Aldi und Lidl war immer alles gleichwertig gut und günstig. Eventuell schadet die Marke eher wenn die Kunden nach den Umbaumaßnahmen denken nur noch „täglich gut“ wäre günstig „wie früher“ und bei allem anderen sind die Preise bestimmt doch erhöht worden.
Grüß dich Jonas K. hier ist Jonas K. aus D.,
letzendlich bleibt es abzuwarten, wie große die Range wird. Der Begriff „täglichen Grundbedarf“ kann sowohl das gesamte Sortiment, als auch nur die nötigsten Dinge beinhalten.
Ob man dadurch dann als Knauserer abgestempelt wird, bleibt abzuwarten und ist natürlich auch eine persönliche Einstellung.
Für mich ist dies einfach ein Mitläufer. Fonts und Illus sind generisch, passen sich dem Trend zum verspielten/lockeren Design einfach an.
Mal sehen ob die anderen Marken mitziehen. TiP feiert sein 30-jähriges Jubiläum – da würde ein Relaunch sicher lohnen
Hallo Jonas, der TiP-Relaunch steht schon in den Startlöchern, ein paar Produkte mit neuem Design, das sich kaum verändert hat, sind schon im Markt. Typisch real wird die Einführung aber nicht beworben sondern in den Prospekten noch das alte Design gezeigt (aktuelle TiP Kampagne)
Hallo Jonas,
real,- (oder mittlerweile ohne ,- ?)
Von dem Relaunch hatte ich schon Wind bekommen, aber dass dieser ohne großes TamTam einfach einläuft ist mehr als schade. Aber gut – so bleibt der Konzern sich treu.
Man hätte mit dem Erscheinen der ersten Verpackungen die Website anpassen können.
Die ersten Designs, die ich gestern gesehen habe sind schlicht. Ich bin gespannt, wie die ganze Range ausschaut.
Ich will das nicht als Vorwurf an dich, Peer, verstanden wissen: Ich war gerade so froh, auch mal wieder einen „klassischen“ Supermarktblog-Beitrag zu lesen, der den gewohnten stationären Einkauf in den Vordergrund rückt. Ist es schon Nostalgie, wenn ich mir gelegentlich mehr Impulse aus dem Segment erhoffe?
Wie gesagt, kein Vorwurf an dich, sondern eher etwas, was ich vom Markt, von den Akteuren darin vermisse.
„Gleichzeitig muss Aldi dafür sorgen, dass die eigentliche Kernkompetenz nicht zu sehr in den Hintergrund rückt und dass man trotz des Bestrebens, kein reiner Harddiscounter mehr zu sein, weiterhin für die klassische Aldi-Klientel attraktiv bleibt: Kunden, denen es in allererster Linie wichtig ist, preisgünstig Lebensmittel einzukaufen.“
Das sehe ich anders. In den Aldis, in denen ich einkaufe, beobachte ich einen Wandel in den Einkaufskörben. Es wird vermehrt „edleres“ (z.B. Räucherlachs statt Dosenfisch) und Bio gekauft. Aldi hat die Umsatzzahlen vorliegen und sie werden sich sicherlich überlegen, wann der Punkt erreicht ist, an dem man die „klassische Aldi-Klientel“ fallen lassen kann. Auf die Spitze getrieben könnte am Ende ein „Biodiscount“ stehen.
Einen Einwand kann ich bereits selbst beitragen: die Strategie würde vmtl. nicht in allen Märkten funktionieren.
Im Prinzip richtig, aber das ist schon lang so. Die wirkliche Kompetenz von Aldi liegt darin, Produkte vom oberen Ende zu Schnelldrehern zu machen. Champagner und dergleichen haben sie ja schon vor inzwischen Jahrzehnten ins Sortiment genommen. Gibts zwar auch woanders, aber Aldi war da meistens die treibende Kraft, und auf die Qualität kann man sich da ziemlich verlasen. Wer absolut gesehn möglichst billig einkaufen will, ist bei Aldi schon lang verkehrt, und mir erscheint es auch eher als ein Versuch, da nicht ganz den Anschluss zu verlieren. Aldi lebt auch noch vom Preisimage aus den 70ern, und für reinen Luxusdiscount wird der Markt nicht groß genug sein. Leute, die z.B. auf 100% Bio Wert legen, dürften bei Aldi eher selten sein.
Ich reihe mich in die Riege derer ein, die die neue Aldi-Eigenmarke als Rückschritt empfinden. Zum einen wirkt sie ramschig und zum anderen hat mir die bisherigen „Eigenmarkensammlung“ eher suggeriert, dass das gute Produkte seien, da die jeweilige Eigenmarke „Spezialist“ in ihrem Gebiet ist. Keine „Marke“ kann in allem gut sein. Natürlich ist das objektiv gesehen quatsch, da es am Ende alles nur viertuelle Marken sind, aber es entspricht meinem Bacuhgefühl.
*Meld* geht mir tatsächlich genauso! Das oben gezeigte Logo- und Packungsdesign würde mich vom Kauf eher abhalten.