Ende September hat das Bundeskartellamt die Ergebnisse seiner „Sektoruntersuchung“ des Lebensmittelhandels in Deutschland veröffentlicht. Gleich unter Punkt 1 in dem dazugehörigen Papier „Ergebnisse und Schlussfolgerungen“ (pdf)* steht:
„Der Lebensmitteleinzelhandel ist hochkonzentriert. Die Marktstruktur droht sich noch weiter zu verschlechtern.“
Keine zwei Wochen später ist es soweit: Tengelmann will sein Supermarktgeschäft bis Mitte 2015 an Edeka verkaufen. Das ist ein ziemlicher Hammer. Weil das Unternehmen, nachdem 2008 bereits sämtliche Plus-Filialen an den Marktführer abgegeben wurden, damit komplett aus dem stationären Lebensmittelhandel aussteigt. Geschäftsführer Karl-Erivan Haub lässt sich ziemlich eindeutig zitieren:
„Wir sehen leider keine Perspektive mehr, unsere Supermärkte aus eigener Kraft zu einem profitablen Unternehmen zu machen. Mit einem Marktanteil von nur 0,6 Prozent sind wir mit unseren Supermärkten zu klein, um weiterhin im Markt eine Chance zu haben.“
Für Edeka wäre der Zukauf in vielerlei Hinsicht ein riesiger Gewinn:
- Mit den Kaiser’s-Supermärkten ist Tengelmann in Metropolen wie Berlin stark, wo Edeka bisher massiv unterrepräsentiert ist und die Nummer zwei im Markt, Rewe, in den vergangenen Monaten kontinuierlich aufgeholt hat. Dieser Nachteil wäre quasi über Nacht ausgebügelt.
- Zugleich bekäme Edeka mit Bringmeister.de einen eigenen Lebensmittel-Lieferdienst ins Haus und hätte damit die Chance, auf ein funktionierendes System im gründlich verpennten Online-Geschäft zurückgreifen zu können.
- Im Online-Handel bekäme Edeka gleich noch einen Schub: Die Online-Tochter Tengelmann E-Stores (Plus.de) gibt’s nämlich obendrauf.
Für alle anderen außer Edeka ist der Deal eine schlechte Nachricht: Rewe kann sich damit vorerst abschminken, am Marktführer vorbeizuziehen, weil der seinen Umsatz und seine Filialzahl mal eben deutlich aufstockt. Lieferanten und Produzenten haben es künftig mit einer Supermarktkette zu tun, die sich zwar gerne kuschelig als Zusammenschluss selbstständiger Kaufleute darstellt, aber jetzt über eine noch größere Marktmacht verfügt und diese bei Verhandlungen auch einzusetzen weiß. Für die Kunden besteht der Nachteil darin, dass es künftig eine Supermarktkette weniger gibt, die sich gegen die großen Filialisten stemmen kann.
Fakt ist aber auch, dass Tengelmann das mit seinem Supermarkt-Geschäft schon seit längerer Zeit nicht mehr so recht gelungen ist.
In den Stammregionen werden zwar beständig neue Märkte eröffnet; auch war offensichtlich die Bereitschaft da, sich durch Kooperationen von den großen Ketten abzuheben. Mit seinen gerade einmal 451 Filialen hinkte Kaiser’s Tengelmann aber schon länger hinterher. Mit der Vielfalt an Eigenmarken, die Edeka und Rewe in die Läden drücken, konnte das Unternehmen nicht mithalten, genauso wenig wie mit dem hohen Expansionstempo. Aus dem Rhein-Main-Gebiet zog sich das Unternehmen bereits vor vier Jahren zurück, um sich auf die Regionen Berlin, München und Nordrhein zu konzentrieren.
Dort wird Edeka von heute auf morgen eine neue Macht – wenn der Deal zustande kommt. Schon bei der Plus-Übernahme machte das Kartellamt Auflagen, einen Teil der Filialen an Konkurrenten abgeben zu müssen, um Konzentrationen vorzubeugen. (Geholfen hat das wenig.) Gut möglich, dass auch ein Teil der Kaiser’s- und Tengelmann-Märkte künftig an andere Besitzer ginge. Es ist halt bis auf wenige, vor allem regional agierende Ketten fast keiner mehr übrig.
Kaiser’s Tengelmann wäre innerhalb von zwei Jahren die zweite mittelgroße Supermarktkette, die einen neuen Eigentümer bekommt, weil sie sich aus eigener Kraft nicht gegen die Marktführer durchsetzen kann. Zuletzt hatte die Schweizer Migros die Fuldaer Fast-Biomarktkette Tegut übernommen.
Jetzt muss das Kartellamt erst einmal entscheiden, ob die Marktverschlechterung, die vor zwei Wochen noch Prognose war, tatsächlich Realität wird.
* * *
*Zu Edeka führt das Kartellamt in seiner Sektoruntersuchung aus:
„Edeka weist im Verhältnis zu ihren jeweiligen nächsten Wettbewerbern eine etwa doppelt so hohe Gesamtverkaufsfläche sowie eine doppelt so hohe Standortdichte auf und ist gemessen an Umsatz, Beschaffungsanteilen bei Herstellermarken, der Verkaufsfläche und der Standort- zahl der bei weitem führende Anbieter in Deutschland.“
Fotos: Supermarktblog
Nicht nur Rhein-Main: Auch aus der Region Stuttgart, wo Tengelmann und Plus zuvor ganz passabel vertreten waren (wenngleich ohne erkennbares Konzept), hat sich der Konzern zur gleichen Zeit völlig zurückgezogen. Soweit ich mich erinnere, hatte man damals schon eine Einkaufsgemeinschaft mit Edeka geplant, die dann vom Kartellamt verboten wurde, worauf Tengelmann völlig den Stecker zog. Meine beiden örtlichen ehemaligen Tengelmann-Filialen beherbergen seitdem einen Lidl und einen Rewe. Die Plus-Filialen sind heute natürlich alle zu Netto geworden (was vor der Fusion deutlich weniger Filialen hatte als Plus) – bis auf zwei, von denen eine leersteht und die andere nun Klamotten verkauft.
Ich gehe davon aus, dass demnächst Lebensmittel deutlich teurer werden, weil die Supermarktketten nun versuchen werden, die Margen anzuheben. Meines Wissens hatte Deutschland jahrzehntelang mit die billigsten Lebensmittelpreise relativ zur allgemeinen Kaufkraft auf der ganzen Welt, was auch an der scharfen Konkurrenz lag.
Ich glaube, dass das dem Konsumenten bei Grundnahrungsmitteln durch die doch noch eher vorhandene Konkurrenz der Discounter, eher nicht droht. Das Problem sehe ich eher auf der Herstellerseite der Produkte jenseits der Discount-Schienen, gerade bei den verbleibenden Nicht-Großkonzernen, also mittelständischen Betrieben. Wer sein Produkt nicht bei Rewe oder Edeka unterbringt, ist dann de facto nur noch im SB-Warenhaus zu finden.
Die Herstellermarken gehören überwiegend zu global agierenden Konzernen; mittelständische Unternehmen sind eher auf die Discounter angewiesen. Bei den Preisen für eine breitere Palette an Herstellermarken ist vorallem Kaufland relevant (das allerdings wie Tengelmann auch über Markant einkauft und dadurch tendenziell geschwächt wird).
Am Endverbrauchermarkt ist der Wettbewerb allein mit Edeka, Schwarz und Aldi sicher so groß, dass eher die Synergieeffekte überwiegen (starker Wettbewerb verursacht ja auch massive Reibungsverluste, vorallem wo mehrfach vorzuhaltende Infrastruktur relevant ist). In der Tat ist eher die Herstellerseite problematisch. Eine Konzentration im Einzelhandel drängt kleinere Hersteller aus dem Markt, womit die verbliebenen zu viel Macht bekommen. Das Kartellamt übersieht aber, dass gerade in den Bereichen, wo der Markt noch weitgehend national strukturiert ist, eben auch viel Potenzial für stärkeren Wettbewerb durch Internationalisierung besteht (wo es EU-intern keine wesentlichen Hindernisse gibt). Das ist dann halt die wirkliche Auswirkung.
Neckar hat bei Tengelmann zu Rhein/Main gehört und ist zusammen aufgegeben worden.
Wenn Edeka tatsächlich Tengelmann übernimmt, wird interessant, was dann aus den vielen ganz kleinen Filialen wird, wo eigentlich auch kein nah&gut reinpasst. Wär dann vielleicht die Gelegenheit zu „Edeka City“.
All die „Handelsexperten“, die in diesen Tagen versuchen, steigende Preise im Supermarkt herbeizureden, lassen sich ganz offensichtlich auch nicht von den nahezu wöchentlichen Infos von Aldi beeindrucken, die immer eine simple Botschaft verkünden: „Einfach mal die Preise senken“.
Und brav folgen die anderen, still und heimlich.
Da liegt die Preishoheit in Deutschland, schon „ewig“ lange.
Da stirbt ein Stück Supermarkt- und Tante-Emma-Laden-Geschichte. Tengelmann und Kaiser’s waren an der Wende zum 20. Jahrhundert Vorreiter bei Eigenmarken, aggressiver Expansion, aufwendigem Marketing und der Einführung einer Art Franchise-System bei den Läden. Die Marken sind auch eigentlich noch immer zu wertvoll, um sie sterben zu lassen. Man konnte sich ja nicht einmal bei der Fusion dazu entschließen, einen Namen aufzugeben.
Und ich hätte darauf gewettet, dass die Supermärkte zu Lebzeiten des Seniors Erivan Haub, der erst am 29. September seinen 90. Geburtstag feiern konnte, nicht beerdigt werden.
Wirtschaftlich war diese Entscheidung überfällig, seit Jahren.
Im Markt wird sich allenfalls an bestimmten Standorten etwas ändern, aber der rückwärtige Dienst wird es nicht lange überleben.
Noch schlimmer wäre es, wenn die Märkte an REWE gehen würden. Die haben hier (Köln) bereits das Innenstadtmonopol, will man woanders einkaufen, braucht man eigentlich ein Auto. Jetzt schießt noch der letzte Baumarkt in der Innenstadt (BAUHAUS am Barbarossaplatz), der zwar gut lief, aber keinen neuen Mietvertrag mehr bekommt, weil die REWE mehr bietet. Also noch ein REWE in der Innenstadt.
Kaisers war mittlerweile die einzige Abwechslung, weil es in Köln kaum EDEKAs gibt, im Innenstadtbereich nur einen REAL und sonst nur NETTOs. Und REWE natürlich. Schrecklich langweilige Einkaufswelt. Vor ein paar Jahren gab es einen Lichtblick, als DELHAIZE zwei ultrageniale Läden in Köln eröffnet hat, jedoch schnell wieder nach Belgien flüchtete. Ein Lichtblick ist die einzige GLOBUS Filiale, die ich kenne, die allerdings ganz im Kölner Westen (K-Marsdorf) und nur per Auto erreichbar im Gewerbegebiet ist. Riesen Laden, tolle Auswahl, mal was anderes.
Ich weiß nicht, wie die Lage in anderen Großstädten ist, aber in Köln gibt’s ohne Auto vor allem REWE-Produkte aufn Tisch
Die „schrecklich langweilige Einkaufswelt“ funktioniert von den Edeka-Hochburgen aus gesehen natürlich auch andersherum.
Ha! Ich werde mich ab sofort Kassandra oder Orakel nennen!
Mich „freut“ die Entwicklung nur deshalb, weil Sie dann endlich wieder bösartige Artikel über Edeka schreiben können.
Seit dem verschwinden von Plus (hach!) hatte ich keinen Bezug mehr zu Tengelmann. Netto (ohne Hund) hab ich nur gemocht. Und bei den genannten zahlen kann ich die Entscheidung von Tengelmann sehr gut nachvollziehen.
Netto habe ich „nie“ gemocht soll es natürlich heißen. Doofe Autokorrektur.
In Bonn gab’s lange zwei Kaiser’s-Filialen gut 100 Meter Luftlinie voneinander entfernt. Dann hat vor ungefähr zwei Jahren eine davon zugemacht. Neulich gab’s die Neueröffnung einer topmodernen Kaiser’s-Filiale, die in einem Neubau knapp neben dem geschlossenen Standort eingerichtet wurde. Tja. In die ältere Filiale gehe ich nicht oft, denn sie ist hoffnungslos verkruscht und teuer. In die neue werde ich sicher auch nicht oft gehen, denn sie ist zwar hübsch aber halt genauso teuer. (Aktuelles Beispiel, das mir letzte Woche aufgefallen ist: Palmolive Rasiercreme 100ml bei dm 85 Cent, bei Kaiser’s 1,49 Euro. Allerdings liegt Kaufhof mit 1,79 Euro noch weiter drüber.)
Ich kann mir nicht erklären, wie man mit den Berliner Kaiser’s Märkten Verlust erzielen kann. In vielen Stadtteilen ist Kaiser’s Monopolist, außerdem arbeiten dort nur Schüler und Arbeitslose für 7,50 Euro pro Stunde.
Grund für den endgültigen Rückzug dürfte wohl der Mindestlohn von 8,50 sowie die viel zu große Verwaltung sein.
Das ist sehr schade. Ich kaufe bisher nur bei Kaisers und Ullrich ein. In Zukunft dann vermutlich Aldi und Ullrich. Edeka und Rewe finde ich unsympathisch.
Eine weitgehende Alleinstellung bedeutet nicht automatisch Gewinn, allerdings darf wohl davon ausgehen, dasss in Berlin noch positive Ergebnisse erzielt werden.
Wenn heute schon 7,50 Euro bezahlt werden, kann bei gleichzeitiger Effizienzverbesserung auch mit 8,50 arbeiten, ohne gravierende Kostenerhöhungen auszulösen.
Die Vermutung mit der Verwaltung ist falsch; man braucht eine „Mindestmenge“, mit der man ohne Probleme dann auch eine wesentlich größere Filialmenge abdecken kann, die aber nicht zur Verfügung steht.
Die „Mindestmenge“ hat Tengelmann ja selber absichtlich zugunsten einer Mindestdichte vernichtet. Prinzipiell kann man schon mit deutlich weniger auskommen, wie andere Unternehmen zeigen. Norma ist nicht sehr viel größer und kommt meines Wissens sogar ohne Kooperationen aus, während Tengelmann bei Markant ist (die eigentlich gewollte Kooperation mit Edeka hat das Bundeskartellamt untersagt und damit wohl auch zum Ende beigetragen).
Der Mindestlohn ist natürlich ein massiver Wettbewerbsnachteil für personalintensive Unternehmen, sofern er greift. Gerade Kleinflächen trifft das überproportional. Die starke Fokussierung auf kleine Standorte in teuren Lagen ist wohl eh der Kern des Problems. Der Versuch, das über die Preise zu kompensieren, ist schon bei Plus gescheitert (wobei sie bei KiK erfolgreich eine entgegengesetzte Strategie fahren).
Lokaler Monopolist ist Tengelmann auch verbreitet in München (zumindest im Vollsortiment). Hilft aber nichts, wenn Mobilität und Preissensibilität recht hoch sind. Mein Bruder hat übrigens schon vor 30 Jahren als Schüler für Tengelmann gearbeitet. Ich weiß nicht, was er verdient hat, aber sicher nicht annähernd nach Tarif.
Kleine Korrektur: Edeka hat Tengelmann 2008, also vor 6, nicht vor 9 Jahren den Discounter Plus abgekauft 😉 Ich setze keine großen Hoffnungen in die Entscheidung des Bundeskartellamts. Die großspurig angekündigte härtere Gangart bei den Überprüfungen der Fusionen wird sich, so befürchte ich, im Falle Kaiser’s/Tengelmann in Luft auflösen. Es sind genug Marken (Plus, Extra etc.) unter die Räder gekommen. Es wäre sehr traurig und schade um Kaiser’s als Traditionsmarke, gerne ist in meiner Familie noch vom „Kaiser’s Kaffee“ die Rede. Doch außer in den Zentren wie Berlin fristet Kaiser’s z.B. in NRW seit Jahren ein Schattendasein. Kleine Läden überall verstreut und im Gegensatz zur Konkurrenz erschreckend teuer. Da konnten wohl auch Neueröffnungen mit Prestige-Märkten (Düsseldorf Bilk Arcaden, Hilden Itter Karree, Essen Kettwig) nicht mehr helfen. Eine Traditionsmarke wird wohl untergehen, man kann nur das Beste für die Mitarbeiter/innen hoffen. Ansonsten muss sich keiner wundern wenn das schwächste Glied in der Kette der deutschen Supermärkte endgültig den Betrieb einstellt, alles hausgemachte Probleme. Denn das Beispiel Coop Schleswig-Holstein (sky, Plaza) zeigt, dass man auch mit wenigen Filialen am Markt erfolgreich sein kann.
PS: Plus.de gab es wohl obendrauf damit überhaupt irgendetwas dabei ist, was vielleicht Umsatz bringt. Denn mit den Kaiser’s-Supermärkten im jetzigen Zustand soll Tengelmann seit 15 (!) Jahren Miese gemacht haben
Halb genehmigt ist der Zusammenschluss eigentlich schon seit dem Plus-Deal. Akut wird halt wieder das südliche Oberbayern, wo sie die Regionalmärkte von Garmisch bis Rosenheim zuletzt noch dem Bundeskartellamt abtrotzen haben können (u.A. mit der Zusage, dass Kaisers/Tengelmann insbesondere im Einkauf völlig getrennt bleibt) und Reichenhall schon zum ostbayrischen Edeka-Monopolgebiet gehört. Wenn Tengelmann keine Lust mehr auf Lebensmittel hat, ist die Alternative eh fast bloß, dass die Märkte alle dichtmachen, was weder in Bezug auf die Beschäftigten noch auf die Nahversorgung in größeren Gebieten vermittelbar wär. Da würd das Bundeskartellamt seine eigene Zerschlagung riskieren. Aber etliche Läden wird Edeka wohl freiwillig schließen.
Markennamen sind eigentlich ziemlich egal. Kaisers soll mitverkauft werden, und Haub hofft, dass das erhalten bleibt (wie schon bei Plus, wo die ersten umgebauten „Plus Marken-Discount“ schon eröffnet haben, bevor sie doch lieber „Netto City“ genommen haben). Im Raum München wird aber auf jeden Fall alles umbenannt (wenn nicht geschlossen), weil Tengelmann den eigenen Namen exklusiv behalten will. Ich bin nicht traurig drüber, dass hier die Kaisers (mit Deppenapostrof) seit geraumer Zeit ausgerottet sind.
Tengelmann ist halt wohl zu sehr Großkonzern, um halbwegs erfolgreich eine kleine und schrumpfende Nische besetzen zu können. Für die ganz Kleinen ist es aber ein zu großer Brocken, an dem sie sich verschlucken würden.
Korrekt, 2005 hat Edeka erstmal Netto übernommen. Danke!
Alle Filialen gehören zur Rechtsform Kaiser´s Tengelmann GmbH, wobei das Deppenapostroph Bestandteil der seit über 100 Jahren eingetragenen Marke ist; mithin unberechtigter Seitenhieb.
Das Layout ist geblieben wie seit 1972, nachdem Tengelmann die Kaiser´s Kaffee Geschäft AG gekauft hat:
Im Norden Kaiser´s (Ausnahme Mülheim), im Süden Tengelmann.
Die Kaffeekanne war einmal das bekannteste Logo Deutschlands; lang ist es her.
Und da die Kanne zwar auf Josef Kaiser zeigte, niemals auf Tengelmann verwies, ist es für Tengelmann unbrauchbar und man darf es als eine Geste nehmen.
Niemand kann sagen, welche Entwicklung Kaiser´s genommen hätte, alleine.
Dass im Süden alles Tengelmann heißt, ist aber noch nicht so lang her. Wenn ich mich richtig erinner, ist zwischendurch auch der Doppelname verwendet worden oder zumindest beide Logos.
[…] Schlecker soll nun auch Tengelmann vom Markt verschwinden. Die Tengelmann-Gruppe will ihre Wurzeln kappen und das verlustträchtige Lebensmittelgeschäft […]
Auf eventuelle Auflagen des Kartellamtes bin ich auch mal gespannt. Beim damaligen Tengelmann-Verkauf hier in Rhein-Main hat sich mir deren Sinnhaftigkeit ehrlich gesagt überhaupt nicht erschlossen: fast alle Filialen gingen an die Rewe, die bis dato in Rhein-Main im Bereich Vollsortiment ohnehin schon die Marktführerschaft hatte und jetzt Quasi-Monopolist ist, nur eine Handvoll kleinerer Läden ging an tegut. Mindestens einer davon (Frankfurt Fahrgasse) hat mittlerweile schon wieder zugemacht.
Hätte man den Wettbewerb wirklich stärken wollen, hätte das Kartellamt damals m.E. eine gleichmäßige Aufteilung der Filialen unter Edeka (die in Rhein-Main – außer über Netto – fast gar nicht präsent ist), Rewe, tegut, HIT und anderer Konkurrenten verfügen müssen. So, wie es gelaufen ist, hat das Kartellamt damals das Monopol eher gestärkt.
Ich hätte allerdings auch nicht erwartet, dass die Tengelmann-Aufgabe noch zu Lebzeiten des Patriarchaten erfolgt – der hing doch mit Leib und Seele an seinen Supermärkten. Da muss es innerhalb der Familie wohl erheblich gerumst haben, spekuliere ich mal.
Das fehlt uns noch, dass das Kartellamt jemanden zwingen kann, etwas zu kaufen, was man nicht kaufen will.
Das geht nun doch an allen Realitäten vorbei und wäre auch nicht zielführend.
Aber ein zu großes Gebiet mit zu wenig Filialen ist mit zwangsläufig überhöhten Kosten für z.B. Logistik und Aussendienst nicht rentabel zu führen.
Das Kartellamt will ja gerade Rewe als empfundenen Hauptkonkurrenten von Edeka (vorallem einkaufsseitig) stärken. Bei Plus war auch eine Auflage, dass die zu veräußernden Märkte in möglichst großen Einheiten (maximal 3) abgegeben werden und ansonsten geschlossen werden (und da ist es um eine Fläche von geschätzt 1/4 Deutschlands gegangen).
Bericht zu Rhein/Main/Neckar ist hier, Entscheidung zu Plus hier (Clusterkarte auf der letzten Seite).
Danke für den Hinweis und die Links, xrw. Als Frankfurter hatte ich das jetzt erst mal nur aus regionaler Sicht betrachtet, und nur auf Rhein-Main bezogen wurde das örtliche Monopol der Rewe im Bereich Vollsortiment durch die Tengelmann-Übernahme quasi betoniert. Auf das gesamte Bundesgebiet bezogen, macht die Entscheidung natürlich Sinn. Merci!
@Jonas K.
In Berlin wurden sämtliche Filialen in den letzten drei Jahren wesentlich modernisiert. Also nix mit seit 15 Jahren in diesem Zustand.
uuh…, da empfehle ich einen Besuch bei Kaiser’s in der Steglitzer Schloßstrasse.
Eine der größten, verstecktesten und trostlosesten Filialen in Berlin: selbst wenn von den ca. 8 Kassen nur 2 besetzt sind, steht man dafür selten lange.
Umso länger dafür in der oberen Ku’damm-Filiale, die, klein wie sie ist, derart geschickt modernisiert wurde, dass die Kundschaft dort mehr mit gegenseitigem Platzmachen bzw. Keilen als mit Einkaufen beschäftigt ist. Zum Höhepunkt kommt es, wenn dazu noch RegalauffüllerInnen im Spiel sind. Auch Modernisierung schützt vor Pein nicht.
@ Z1:
Merkwürdiger Kommentar
1. Wenn man fast Monopolist, und trotzdem nicht erfolgreich ist, muss es an den Kostenstrukturen liegen.
2. Man besteht seit Jahren auf den 7,50. Als man Anfang der 0er Jahre mit den Studenten angefangen hat, wurden die noch nach Tarif bezahlt, später dann dür 10 Euro pro Stunde. Dann kamen irgendwann die Schüler für 7,50 die Stunde. Dann fand man für das Geld kaim mehr Vernünftige. Ur noch schwache Schüler und sonst unvermittelbare Arbeitslose. Unfreundliches Verhalten, grosse Kassendifferenzen mussten in Kauf genommen werden. Natürlich dem Hochpreisimage schwer abträglich. Mehr wollte oder konnte man nicht ausgeben. Natürlich könnte es nun also am Mindestlohn liegen. Sind immerhin 1 Euro mehr pro Stunde und Verkäufer. Bei 10 Verkäufer pro Filiale mit jeweils 10 Stunden pro Woche, und mal 450 Filialen. Da kommt was zusammen.
3. Natürlich braucht man eine Mindestgrösse in der Verwaltung. 450 Filialen sollten aber dicke reichen. Reicht ja auch für Hit und Coop sehr viel weniger. Aber schauen Sie sich mal die Personalkosten in der Verwaltung und den Filialen an. Man hat offenbar vergessen, wo das Geld verdient wird.
mit Konzern-Connections kenne ich mich nur mässig aus. Aber in meinem Berlin-Friedenauer Kiez sind in den letzten Jahren ganz praktisch aus 3 verschiedenen Supermärkten 3 Rewes geworden. Aus einem Aldi und einem plus wurde ein Netto, aus 2 Schleckers und einem drospa ein Nichts (dm und Rossmann tun es unter geschätzt 500 qm wohl gar nicht mehr, Filialenhäufung in Spuckweite darf es aber schon sein.)
Dafür gibt es im Dunstkreis inzwischen 5 Bio-Supermärkte von 4 Veranstaltern.
Da denkt man unbedarft erstmal ‚prima!‘, bis man merkt, dass Bio-Supermarkt-Ketten abgesehen vom Tütendesign und ihren manchmal sehr schönen Räumlichkeiten (im Berliner Südwesten sehr gerne ehemalige denkmalgeschützte Kinos!) in ihrem Angebot sehr viel gleichförmig-monopolistisch-austauschbarer sind als normale Supermärkte.
Letztlich naheliegend.
Aus der warenwirtschaftlichen Sicht her ist der Filialist nach vielen Jahren intensiver und ungeheuer kostenträchtigen Anstrengungen bestens, wenn nicht gar an Platz 1 aufgestellt.
Eine sehr tief gehende Verbindung zwischen der Eigentümerfamilie und dem Unternehmen und seinen vielen Menschen kann es nur gewesen sein, eine solche Zukunfts-Investition zu tätigen, deren Früchte möglicherweise verloren sind.
Nur wer Böses denkt, unterstellt ein Aufhübschen der Braut.
Heute hat in München ein neuer Tengelmann eröffnet. Die Beschreibung auf den Seiten des (genauso neuen) Einkaufszentrums wirkt jetzt etwas ironisch. 100 Meter weiter gibts ein (relativ kleines) Edeka-Center im Nachbareinkaufszentrum. (Sonst fällt mir jetzt grad kein direkter Tengelmann/Edeka-Konflikt ein; einer hat schon zugemacht, nachdem er von Edeka und Rewe umzingelt worden ist, und wird gerade ein Asiate.)
Der Aldi daneben hat übrigens neue blaue Plastikeinkaufskörbe samt massiven Ständern hinterm Eingang und an den Kassen. Bisher hab ich nur welche aus Metall gesehn, die in lapprigen Metallständern waren, die man immer irgendwo suchen muss und manchmal auch wieder ganz verschwinden. Die haben den Eindruck gemacht, dass da in den 70ern ein größerer Posten eingelagert worden ist, den irgendwer wieder gefunden hat (was nicht heißt, dass sie schlecht wären). Und die Einkaufswägen haben Lupen. Im Gegensatz zu den Einkaufskörben werden die aber von Tengelmann, Aldi und dm gemeinsam genutzt, obwohl jeder Laden sein eigenes Depot hat.
Nun geraten wir aber langsam Off Topic, oder ?
Trotzdem zeigt ja die Kommunikation des Verkaufs bereits, wie sehr Tengelmann seine Supermärkte geschätzt hat. Im November sind noch Karrieretage angekündigt, es wurden vor kurzem erst neue Softwareprodukte für den Einkauf. Und dann werden die Mitarbeiter einfach vor vollendete Tatsachen gestellt. Und der Herr Haub traut es sich noch nicht mal, selbst zu sagen. Nein, das muss der Aufsichtsrat machen. Was für ein mieser “Familienkonzern”!
[…] Tengelmann verabschiedet sich sich aus dem Lebensmittelgeschäft: Die Inhaber-Familie Haub hat die Supermarkt-Tochter Kaiser’s Tengelmann an den Konkurrenten Edeka verkauft. Stimmt das Kartellamt zu, wechseln Mitte 2015 mehr als 450 Filialen den Besitzer. Eine hervorragende Analyse des Deals liefert Peer Schader im Supermarktblog. Süddeutsche, Supermarktblog […]
Doch, er hat selbst verkündet am Dienstag!
Wobei es bei dem, was verkündet wurde, egal ist, ob er das in seiner Eigenschaft als Mitglied der Unternehmerfamilie oder in der als Vorsitzender des Aufsichtsrates der Kaiser´s Tengelmann GmbH getan hat.
Da ich keinen aktuellen Artikel zu diesem Thema gefunden habe, schreibe ich mal hier:
Bei Aldi gibt es Sammelbildchen! Ich hätte nie gedacht, dass Aldi sich auf dieses Niveau hinab begibt. Ich bin echt erschüttert.
Wer in den letzten Jahren mal in einer Kaisers Filiale in Berlin war, wird dem Laden keine Träne hinterher weinen… Schlechtes Sortiment, unfassbar teuer im Vergleich zur Konkurrenz, die Läden eng und unübersichtlich, die Kassen klein und dafür mit um so längerer Schlange. Dass KT damit seit 15 Jahren rote Zahlen gefahren hat, kann ich mir sehr gut vorstellen.
Dann halt demnächst ein Edeka. Schlimmer kann’s kaum werden..