Von 25 auf 35 Euro: Picnic erklärt die Erhöhung seines Mindestbestellwerts

Von 25 auf 35 Euro: Picnic erklärt die Erhöhung seines Mindestbestellwerts

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Erstmals seit dem Start im Jahr 2015 hat der Online-Liefersupermarkt im April eine größere Änderung an seinem Modell vorgenommen. Deutschland-Chef Frederic Knaudt erklärt, was dahinter steckt.

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Seitdem das niederländische Online-Supermarkt-Start-up Picnic vor zwei Jahren auf den deutschen Markt sprintete (siehe Supermarktblog), will sich der Dienst in vielerlei Hinsicht vom Wettbewerb abheben. Anders als die meisten Anbieter setzt Picnic bekanntlich auf fixe Lieferzeiten, berechnet Kund:innen dafür aber keine Liefergebühren. Außerdem starten die Niederländer mit einem auffällig niedrigen Mindestbestellwert (MBW): Bereits ab 25 Euro Warenwert kam der Einkauf frei Haus.

Das war nicht nur für kleinere Haushalte praktisch; es war auch ganz praktisch, um bei Investoren und Journalisten auf hohe Wiederbestellraten der Kund:innen zu verweisen und damit zu demonstrieren, dass das Modell funktioniert.

Erstmals seit dem Start im Jahr 2015 hat der Online-Liefersupermarkt im April eine größere Änderung an seinem Modell vorgenommen: Der Mindestbestellwert ist – zuerst in den Niederlanden – von 25 auf 35 Euro angehoben worden. Seit Anfang Mai gilt der neue Betrag auch in Deutschland.

Laut Picnic-Gründer Michiel Muller habe man die Entscheidung getroffen, um die Zustelleffizienz während der Corona-Krise zu erhöhen. Eigene Analysen hätten ergeben, dass Bestellungen im Wert von 25 Euro in der Regel zwei Boxen belegen, die Picnic für die schnelle Entnahme durch seine Fahrer:innen in den E-Lieferflitzern verstaut; die zweite Kiste sei oft aber kaum gefüllt gewesen.


Foto: Picnic

Ziel der Anhebung ist quasi, weniger Luft spazieren zu fahren. Bei Warenkörben um 35 Euro könne der Füllstand nach Picnic-Berechnungen auf bis zu 80 Prozent angehoben werden, so Muller.

Höhere Füllrate für bessere Auslastung

Ein für Picnic angenehmer Nebeneffekt dürfte sein, dass sich dadurch auch der durchschnittliche Warenkorbwert erhöht, Kund:innen also dazu gebracht werden, mehr als bisher zu bestellen. Auf Supermarktblog-Anfrage erklärt Picnic-Deutschland-Geschäftsführer Frederic Knaudt:

„Wir führen aktuell über 80.000 Haushalte auf einer Warteliste und es kommen täglich neue dazu. Wir haben eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um unsere Kapazitäten zu erhöhen. So haben wir zum Beispiel ein neues Kühllager in Herne eröffnet, stellen pro Woche 50 neue Mitarbeiter ein, und haben die erste Automatisierung im Lager eingeführt. Um unsere Lieferflotte optimal auszulasten, haben wir den MBW angepasst, um dadurch die Füllrate zu erhöhen. Der durchschnittliche Warenkorbwert spielt für uns an der Stelle keine Rolle.“

Der Anteil der Bestellungen um die 25 Euro sei bislang zwar „nur gering“ gewesen, sagt Knaudt weiter.

„Das Problem der geringen Füllrate der Kisten tritt allerdings bei diesen Bestellungen verhältnismäßig oft auf.“

Nachteil für kleinere Haushalte?

Nach dem Start in Deutschland hatte Knaudt darauf verwiesen, mit dem niedrigen Mindestbestellwert als Liefer-Supermarkt „auch für den durchschnittlichen Single-Haushalt relevant“ sein zu wollen. Dass sich Ein-Personen-Haushalte durch den angehobenen Betrag benachteiligt fühlen und Picnic den Rücken kehren könnten, fürchtet er nicht:

„Einzelpersonen können immer noch bei uns bestellen – auch mit einem Mindestbestellwert von 35 Euro. Bei kostenloser Lieferung ist dies immer noch für jeden machbar.“

Interessant wird zu beobachten sein, ob sich durch den neuen Wert die Bestellfrequenz der Kund:innen ändert, die bislang regelmäßig, aber eher mit niedrigen Warenkorbwerten bei Picnic eingekauft haben. Bislang sehe man „keinen Effekt auf die Bestellfrequenz“, erklärt Knaudt.

Mt 35 Euro liegt Picnic weiterhin unter den Mindestbestellwerten zahlreicher Konkurrenten, die Kund:innen hierzulande Liefer-Lebensmittel nachhause bringen – aber nur noch knapp. Bringmeister setzt 40 Euro voraus, rechnet aber die allermeisten Getränke nicht auf diesen Wert an (Pfand ist ohnehin ausgenommen); bei Amazon Fresh sind’s 40 Euro in Berlin, Hamburg und Potsdam bzw. 50 Euro in München; Reals Lebensmittelshop setzt ebenfalls einen Warenkorbwert von 40 Euro voraus. Und bei Rewes Lieferservice muss seit geraumer Zeit für mindestens 50 Euro bestellt werden (siehe Supermarktblog).

Test für Morgenlieferung geplant

Das Krönchen für den niedrigsten Mindestbestellwert muss Picnic dennoch abgeben: Bei Getnow – das lange komplett auf einen fixen Bestellbetrag verzichtete – müssen Kund:innen aktuell für 30 Euro einkaufen, um mit frischen Lebensmittel beliefert zu werden.

(Und Büntings Mytime setzt für den Lebensmittel-Paketversand erst gar keinen Mindestbestellwert an.)

Picnic experimentiert derweil mit einer Erweiterung seiner Lieferzeiten, die bislang auf den Nachmittag und den Abend fokussiert sind. In den Niederlanden werden Zustellungen auch am frühen Morgen getestet. Ähnliches kann sich Knaudt auch für Deutschland vorstellen; einen konkreten Termin dafür gebe es derzeit aber noch nicht.

Als im April Corona-bedingt das Sonntagsverkaufsverbot vorübergehend ausgesetzt wurde, um die Versorgung mit Lebensmitteln zu entzerren, war Picnic zudem der einzige Lebensmittel-Lieferdienst, der den zusätzlichen Tag ebenfalls zur Auslieferung nutzte; zunächst vorrangig für Ärzte:innen und Pflegekräfte, später für alle Kund:innen. Die Ausnahmegenehmigung endete in NRW am 19. April.

Fotos: Picnic

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2 Kommentare
  • Wodurch Picnic hinsichtlich des Mindestbestellwerts mindestens mit den größten Wettbewerbern gleichgezogen ist, bei denen man wenigstens seinen Warenkorb mit Getränken füllen kann .

    Die PR-Agentur zeigt mit der Begründung wiederum von ihrer kreativen Seite!

  • Das Sonntagsverkaufsverbot gilt an sich nicht für Lieferdienste; da ist das Arbeitszeitgesetz relevant. NRW hat aber auch eine Ausnahme für Lieferdienste gehabt, die sonst zumindest nicht alle Bundesländer gehabt haben.

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