Aldi will mit seinem Besser-Bio „Zurück zur Natur“

Aldi will mit seinem Besser-Bio „Zurück zur Natur“

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Seit längerem schleicht Aldi in Deutschland um die Einführung eines Konzepts für Bio-Lebensmittel herum, deren Qualität über den EU-Standard hinausreicht. Die Voraussetzungen dafür haben sich inzwischen grundlegend geändert – aber zumindest die Namensfindung scheint voran zu kommen.

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Es ist nicht ganz klar, ob gerade die beste oder die schlechteste Zeit ist, um als Lebensmittel-Einzelhändler eine neue Bio-Eigenmarke zu starten, deren Produktpreise – sagen wir: im übrigen Sortimentsumfeld erklärungsbedürftig sein werden, weil sie vermutlich höher liegen als für die reguläre Bio-Ware.

Denn einerseits ist gerade Krise, und zwar auch in den Geldbörsen vieler Kund:innen, die die enormen Preissteigerungen bei Lebensmitteln auszugleichen versuchen, indem sie sich nach günstigeren Alternativen umsehen (siehe Supermarktblog). Das trifft auch den Bio-Trend. Im Fachhandel gehen die Umsätze mit ökologisch erzeugten Lebensmitteln zurück; die Zahlen sprechen dafür, dass zumindest ein Teil bisheriger Bio-Käufer:innen wieder öfter zu konventioneller Ware greift.

Andererseits besteht aber natürlich die Möglichkeit, dass Kund:innen, um zu sparen, ohne ihre über die vergangenen Jahre angeeigneten Prinzipien über Bord zu werfen, künftig für den Bio-Einkauf einfach öfter in den Discounter gehen. (Zumal der klassische Lebenmittelhandel mit Bio auch vorher schon am schnellsten wuchs.)

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Und dann wär’s natürlich praktisch, wenn sie dort auf ein möglichst vielfältiges Bio-Sortiment stießen, so wie es etwa Lidl seit dem Start seiner Kooperation mit dem Anbauverband Bioland zu etablieren versucht: mit Lebensmitteln, die über den EU-Bio-Standard hinausgehen.

Ein eigenes Besser-Bio braucht Zeit

Aldi schleicht schon seit Jahren um seine eigene Lösung herum: die Adaption des bei der österreichischen Schwester etablierten (und erfolgreichen) Besser-Bio-Konzepts „Zurück zum Ursprung“, das konsequent nachvollziehbar macht, wo und und unter welchen Bedingungen die mit der Eigenmarke versehenen Produkte hergestellt wurden. Zu den Grundwerten der Marke gehören außerdem Umweltschutz, Gentechnikfreiheit, Tierschutz & Tierhaltung sowie Fairness gegenüber Bäuerinnen und Bauern.

Seit längerem gibt es Spekulationen, Aldi könnte das Konzept nach Deutschland holen (siehe Supermarktblog). Im vergangenen Jahr verdichteten sich die Indizien dafür, berichtete u.a. „BioHandel“ (Abo-Text). Gleichwohl dämpften die Kolleg:innen die Erwartungen:

„Dass Aldi in Deutschland direkt eine Großoffensive mit regionalen Erzeugnissen startet, ist unwahrscheinlich. Dafür wächst noch zu wenig Bio auf deutschen Feldern. Anders als Österreich, wo 25 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche ökologisch bewirtschaftet wird, sind es hierzulande gerade mal rund zehn.“

Um das zu ändern und ein nach eigenen Kriterien entwickeltes Besser-Bio zu starten, bräuchte es langfristige Verträge mit Erzeuger:innen inklusive Umstellungsprogrammen und Abnahmegarantien für konkrete Mengen, damit sich Partner:innen darauf einlassen.

Das geht nicht von heute auf morgen – und könnte erklären, warum sich Aldi in Deutschland mit dem Start Zeit lassen muss (bzw. jetzt trotz sich ändernden Voraussetzungen auch nicht alles so einfach wieder abblasen kann, falls entsprechende Verträge geschlossen wurden).

Aldi testet mehrerer Markenoptiken

In jedem Fall scheint der Discounter seine Ambition für eine deutsche Variante von „Zurück zum Ursprung“ noch nicht wieder aufgegeben zu haben. In der vergangenen Woche hat Aldi Süd vorsorglich Schutz für drei Wort-Bild-Marken angemeldet, die darauf hindeuten, dass man sich aktuell in einem Auswahlprozess für die richtige Markendarstellung befindet – und zwar nicht, wie in Österreich, unter dem Label „Zurück zum Ursprung“, sondern unter dem etwas griffigeren Namen „Zurück zur Natur“.

Zwei der drei Markenanmeldungen führen zudem – wie das Original – den Zusatz „Bio, das weiter geht“ im Namen.

Alle drei sind so (modern) gestaltet, dass sie locker als Marke aus dem Fachhandel durchgehen könnten.

Aldi testet offensichtlich mehrere Markendesigns unter dem Namen „Zurück zur Natur“; Foto [M]: Aldi GmbH / DPMAG / Smb

Auf ein Supermarktblog-Anfrage dazu hat sich Aldi bis zum Erscheinen dieses Texts nicht geäußert. Aber es wird hochinteressant zu beobachten sein, wie und in welchem Umfang der Discounter „Zurück zur Natur“ (vermutlich unter Federführung der Süd-Region) in den Markt bringt, wie das Zusammenspiel mit den anderen beiden Bio-Eigenmarken Gut Bio bzw. Schneekoppe funktioniert – und ob die Kund:innen bereit sind, sich auf die Neuerung einzulassen.

Eine Eigenmarke als Problemlöser?

Was durchaus möglich ist in einer Zeit, in der zwar alle sparen wollen – aber gleichzeitig erkennen, wie schwierig es ist, wenn die Lieferketten einer globalisierten Wirtschaft zunehmend ins Wanken geraten und Direktbeziehungen zu heimischen (Bio-)Landwirt:innen an Bedeutung gewinnen.

Dafür muss Aldi das Vertrauen aufbauen, mit „Zurück zur Natur“ tatsächlich eine Lösung anzubieten, die Ökologie, Nachverfolgbarkeit und kurze Transportwege miteinander verbindet – und so als Problemlöser taugt, für den Kund:innen auch in kritischen Zeiten einen Aufpreis zu zahlen bereit ist. (Ausgerechnet während die anderen damit beschäftigt sind, Niedrigpreise heraus zu posaunen.)

Zu diesem Zweck müsste die Herumschleicherei aber erstmal ein Ende haben und „Zurück zur Natur“ endlich in die Läden kommen – so wie in der Schweiz, wo kürzlich „Retour aux Sources“ als neue Besser-Bio-Marke im „Ursprung“-Design eingeführt wurde. Erhältlich sind zunächst 24 Bio-Produkte, u.a. Trinkmilch, Joghurt, Mozzarella, Weiderind-Artikel sowie Freilandeier.

Danke an @wrzlbrnft!

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