Online bestellen, in der Filiale abholen – ein Dreivierteljahr nach dem Start des Tests mit Abholstationen treibt Drogeriemarktbetreiber Rossmann sein erweitertes Click-&-Collect-Angebot voran. Zehn Testfilialen mit Abholautomaten für Bestellungen aus dem Onlineshop gingen im Sommer 2024 ans Netz. Dabei soll es nicht bleiben.
Auf Supermarktblog-Anfrage erklärt eine Rossmann-Sprecherin:
„Wir haben nach dem Test entschieden, den Rollout weiter voranzutreiben und werden bis zum Ende [des Jahres] fast 300 Filialen mit Abholstationen ausgestattet haben.“

In welchen Städten und Regionen die Abholstationen bisher vorrangig aufgestellt wurden und wo die weiteren aufgestellt werden, sagt man in Burgwedel derzeit nicht. Lediglich der erste Standort in München wurde offiziell kommuniziert; im Rossmann-Online-Shop sind Filialen mit Abholstation zudem sichtbar gekennzeichnet.
Einfache Abholung mit QR-Code
Die Funktionsweise ist einfach: Nach einer Bestellung im Web oder über die App mit Auswahl der Click-&-Collect-Option erhalten Kund:innen einen QR- und PIN-Code per E-Mail, sobald ihr Paket bereitsteht. Damit können sie ihre Bestellung während der Öffnungszeiten an der Abholstation in der gewünschten Filiale selbstständig und kontaktlos entnehmen. Ab 20 Euro Bestellwert werden – anders als für die Lieferung nachhause – keine Versandkosten für die Bestellung berechnet. Es bleiben 14 Tage Zeit, um das Paket abzuholen.
Mit der zügigen Expansion reagiert Rossmann wohl auch auf die Initiative des Mitbewerbers dm, der nach eigenen Angaben inzwischen bereits in über 80 Prozent seiner Filialen Abholstationen stehen hat.

Insbesondere angesichts der Pläne von dm, ab Herbst auch rezeptfreie Medikamente über die hauseigene Online-Apotheke in die Märkte zu liefern, gewinnt die Ausweitung des eigenen Click & Collect-Angebots für die Drogeriekette an strategischer Bedeutung (siehe Supermarktblog).
Weniger Arbeit fürs Personal, besseres Einkaufserlebnis
Auch bei Rossmann heißt es, man sei „aus mehreren Hinsichten zufrieden“ mit den Abholstationen:
„Zum einen ist es eine Erleichterung für unsere Mitarbeiter in den Filialen. Zum anderen ist die Customer Experience bei C&C Bestellungen so deutlich verbessert.“
In Filialen ohne Abholstation wenden sich Kund:innen für die Abholung an Mitarbeitende, die das Paket aus dem Lager holen – das kostet Zeit. Kund:innen wiederum können online aus mehr Produkten auswählen, als dies im Laden möglich ist (nach Unternehmensangaben über 25.000):
„Unser online exklusives Sortiment umfasst mittlerweile >7.000 Produkte, bei denen der C&C Service besonders gern genutzt wird.“
Insbesondere kleinere Filialen profitierten so vom „verlängerten Regalarm“ durch das Online-Sortiment. Aber auch die nahtlose Integration in den Einkaufsalltag scheint zu überzeugen. Rossmann erklärt:
„Die reine Präsenz der Abholstation trägt positiv zur Wahrnehmung der Omnichannel Strategie bei.“
In den ersten Testfilialen ist die Abholstation unmittelbar in die „Fotowelt“ integriert, meist im hinteren Ladenbereich. Deshalb stehen erstmal nur sehr wenige Fächer zur Verfügung. In Burgwedel scheint sich die Integration dennoch bewährt zu haben:
„Wir finden es sehr konsequent, die Abholung von online Bestellungen mit der Abholung von Fotoaufträgen zusammen zu verorten und rollen die Abholstationen nach diesem Vorbild weiter aus. Wir schließen nicht aus, dass andere Platzierungen, die auch außerhalb der Ladenöffnungszeiten erreichbar sind, in Zukunft interessant sein können.“
(Ähnlich treibt es derzeit auch dm voran.)
Ideenwelt-Topseller in den Markt nachbestellen
Rossmann verrät auf Anfrage auch, welche Produktkategorien an Abholstationen besonders häufig nachgefragt werden:
- Ideenwelt: „Seit vorletztem Jahr führen wir Ideenwelt-Topseller dauerhaft im Onlinesortiment. Topseller können schnell in der Wunschfiliale vergriffen sein – über den Online-Shop bieten wir einen Mehrwert.“
- Dekorative Kosmetik: „Wir führen >2.000 online exklusive Artikel. Zudem kann der Kunde im Online-Shop auf zusätzliche Marken bzw. Thekenmeter zugreifen.“
- Lebensmittel: „Mit >600 online exklusiven Artikeln im Sortiment begleiten wir auch online die Food-Offensive von ROSSMANN. Unser Angebot umfasst eine Vielzahl von Marken und Produkten, darunter KoRo und Alnatura, sowie Kooperationen mit verschiedenen Startups. Auf diese Weise greifen wir aktuelle Food-Trends auf und bieten unseren Kunden eine stets abwechslungsreiche Auswahl.“
Welche Kund:innengruppen das Angebot besonders intensiv nutzen, wollte das Unternehmen hingegen nicht sagen.
Anders als beim Konkurrenten dm, wo Bestellungen teilweise direkt in der Filiale kommissioniert werden, setzt Rossmann ausschließlich auf eine zentrale Logistik: „Sämtliche Bestellungen werden aus dem zentralen Online-Lager versendet“, bestätigt die Sprecherin.
Das bedeutet aber auch: Selbst wenn Artikel im Markt verfügbar wären, müssen Kund:innen bei einer Click-&-Collect-Bestellung die reguläre Lieferzeit abwarten. Diese erfolge „in der Regel 2-3 Tage nach Bestellung“, heißt es.
Herausforderungen in der Praxis
Aber wie sieht das Abholerlebnis in der Praxis aus? Zumindest in der Münchner Rumfordstraße – der ersten Rossmann-Filiale mit Abholstation – zeigen sich auch Herausforderungen.

Wegen der prominenten Lage in der Münchner Innenstadt ist die kleine Filiale mit den sehr eng gestellten Regalen ohnehin regelmäßig sehr voll. Die Mitarbeiter:innen stehen vor der Herausforderung, die Regale stetig mit neuer Ware aufzufüllen. Das Argument, das Personal mit der Abholstation zeitlich zu entlasten, erscheint vor diesem Hintergrund plausibel.
Gleichzeitig versperrte bei meinem Besuch zu Beginn des Monats ein Rollwagen mit Verpackungsmaterialien den Zugang zur Abholstation, die mit der Fotowelt in einer der zahlreichen Ladenecken gequetscht war. Anderswo ist im Laden schlicht kein Platz, wenn gerade Ware verräumt werden muss und die Kund:innen noch durchkommen sollen.


Das eigentliche Problem war allerdings, dass ich zwar schon in der Filiale war – meine für diesen Tag angekündigte Bestellung aber leider noch nicht.
Das lange Warten auf DHL
Zu Beginn der Woche hatte ich für meinen Aufenthalt in der Stadt frühzeitig einige EnerBio-Produkte bestellt, die auch im Markt erhältlich gewesen wären. Die Bestellung wurde zwar zeitnah kommissioniert und für den Tag meines geplanten Besuchs avisiert. Der Transport durch DHL gestaltete sich allerdings problematisch – und zwar nicht nur wegen des dazwischen liegenden Feiertags:
Dienstag: Bestellung aufgegeben
Mittwoch: Kommissionierung im Zentrallager und Ankündigung für Freitag/Samstag
Donnerstag: Feiertag
Freitag: DHL-Weitertransport in die Region, keine Zustellung
Samstag: Morgens erste Zustellankündigung durch DHL, abends abgebrochen („wegen unerwarteter Umstände wie z.B. Krankheit, Unfall, Arbeitszeitüberschreitung“)
Montag: Zweite Zustellankündigung, erneut abends abgebrochen („wegen unerwarteter Umstände wie z.B. Krankheit, Unfall, Arbeitszeitüberschreitung“)
Dienstag: Erfolgreiche Zustellung am Nachmittag
Zu diesem Zeitpunkt war ich längst wieder abgereist; das Paket wartet seitdem vergeblich auf seine Abholung.
Vier Tage später folgte eine freundliche Erinnerung seitens Rossmann per E-Mail – plötzlich waren nur noch sieben Tage Zeit zum Abholen. (Die Erinnerungs-Mail wird vermutlich automatisiert sieben Tage nach dem avisierten Zustelldatum verschickt, nicht dem tatsächlichen.)
Achillesferse des Systems
Die Abhängigkeit von der – wenig zuverlässigen – DHL-Zustellung entpuppt sich damit ärgerlicherweise als Achillesferse des Systems; besonders im Vergleich zu dm, wo Abholungen teilweise schon nach drei Stunden bereitstehen, weil im Laden vorhandene Artikel direkt gepackt werden können.
Das wäre bei meiner Rossmann-Bestellung auch möglich gewesen – hätte aber freilich wieder eine zusätzliche zeitliche Belastung der Mitarbeiter:innen in der Filiale bedeutet.
Ob sich Rossmann darauf einlassen würde, ist deshalb fraglich. In Burgwedel zeigt man sich dennoch offen für zukünftige Erweiterungen, um den Service flexibler zu gestalten:
„Wir prüfen regelmäßig, wie wir die Services für unsere Kunden verbessern können und möchten daher nichts ausschließen.“
Fazit: Guter Ansatz mit Optimierungsbedarf
Rossmanns Abholstationen-Initiative ist ein wichtiger Schritt, um Online- und Offline-Einkauf miteinander zu verbinden. Die zügige Ausweitung der Standorte von anfangs 10 auf bald 300 unterstreicht, dass das Unternehmen die Initiative ernst nimmt. Allerdings gibt es noch Optimierungspotenzial: Die Abhängigkeit von DHL für den Transport zur Filiale, die fehlende Möglichkeit zur Filial-Kommissionierung vorhandener Ware und die an Ladenöffnungszeiten gebundene Abholung sind Faktoren, die das Kund:innenerlebnis derzeit deutlich trüben können.
Eine Möglichkeit für Kunden, Rossmann via App mitzuteilen, dass man eine verspätete Bestellung nicht mehr abholen wird, gibt es ebenfalls nicht. (Dabei wäre das ja z.B. auch für andere Artikel relevant – wer wartet schon acht Tage auf ein bestelltes Shampoo oder ein Geschenk, das im Zweifel vorher benötigt würde?)
Wenn Rossmann diese Hürden überwinden kann, könnte das Abholstationen-Konzept sein volles Potenzial entfalten – und damit endgültig zum neuen Standard im deutschen Drogerieartikelhandel werden. Bis dahin hat der Wettbewerber dm aber weiterhin einen klaren Vorsprung.
Mehr zu Abholstationen im Blog:
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