Abholstationen und Express-Lieferung: dm setzt auf „Einkaufen, wie es ins Leben passt“

Abholstationen und Express-Lieferung: dm setzt auf „Einkaufen, wie es ins Leben passt“

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Beim deutschen Drogeriemarktführer dm hat man sich eingestanden, dass nicht alle Kund:innen für den Shampoo-Einkauf durch lange Regalreihen bummeln wollen. Zusatz-Services für Abholung und Schnelllieferung sollen Zeit sparen helfen.

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Wenn Kund:innen einkaufen gehen, wollen sie nicht jedes Mal durch hübsch designte Läden bummeln, um dort neue Produkte zu entdecken und sich beraten zu lassen – manchmal brauchen sie einfach bloß neue Zahnpasta, Shampoo, Windeln und Toilettenpapier. Ohne Umweg. Und ohne Anstehen.

Hört sich an wie eine Selbstverständlichkeit – ist aber längst noch nicht überall angekommen im deutschen Einzelhandel, der seiner Kundschaft immer noch am liebsten mit riesigen Einkaufswägen und -körben auf Entdeckungstour in die gerade wieder frisch umsortierten Regalreihen schickt, damit sie sich dort möglichst viel Zeit lassen und ein bisschen mehr kaufen als sie eigentlich wollten.

Konsequenter als viele andere Händler hat dm vor einiger Zeit für sich entschieden, dass es bei diesem Mantra nicht bleiben kann. Seitdem erkennt man in Karlsruhe an, dass die eigene Kundschaft nicht bei jedem Einkauf mit nachhaltigem Ladendesign, Stillecke und Wickelgelegenheit beeindruckt werden muss.

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Sondern eher damit, sie möglichst zack-zack wieder aus dem Laden rauszuschicken.

Manchmal muss Einkaufen schnell gehen

„Manchmal muss Einkaufen einfach schnell gehen, mit wenig Aufwand, so unkompliziert wie möglich“, erklärt der Drogeriemarktführer seinen Kund:innen deshalb – und hat diesem Leitgedanken sogar einen eigenen Namen gegeben:

„Einkaufen, wie es ins Leben passt.“

Zentraler Baustein dieser Strategie ist die Verknüpfung der klassischen Märkte mit dem eigenen Online-Dienst, insbesondere über die dm-App, die seit einigen Wochen mit einer massiv plakatierten Rabattaktion forciert wird, wie es sie in der Unternehmensgeschichte bislang noch nicht gegeben hat. (Die Regelung ist ein bisschen kompliziert, besteht aber im Wesentlichen aus ungefähr 10 Prozent Rabatt auf Einkäufe, bei denen die App eingesetzt wird, in Form eines Coupons für den nächsten Einkauf, und zwar während des ganzen Aktionszeitraums.)

Im Mittelpunkt steht nach wie vor die während der Corona-Pandemie eingeführte „Express-Zustellung“, bei der App-Einkäufe nach drei Stunden (bei sehr geübten Filialen je nach Bestellzeit aber oft auch deutlich früher) im Laden abgeholt werden können (siehe Supermarktblog).

Scannen, Fach öffnen, Einkauf entnehmen

Um den Abholprozess zu vereinfachen und zu verkürzen, hat dm vor kurzem angekündigt, Abholstationen in den eigenen Läden aufzustellen. An denen scannen Kund:innen den nach ihrer App-Bestellung erhaltenen Barcode und können den Einkauf aus dem sich automatisch öffnenden Fach entnehmen – so wie bei DHL-Packstationen oder Amazon Locker.

Dm lässt Kund:innen per Abholstation „Einkaufen, wie es ins Leben passt“; Foto: Smb

In Filialen, die bereits über eine Abholstation verfügen (hier suchen), werden Express-Bestellungen automatisch dort eingelegt. Per Mail heißt es dann:

„Ihre Bestellung wartet in der Abholstation im Eingangsbereich Ihres dm-Marktes auf Sie. Folgen Sie dort bitte der abgebildeten Schritt-für-Schritt Anleitung.“

700 dieser Stationen sollen bis Mitte des nächsten Jahres in deutschen Filialen stehen, Ende der vergangener Woche waren es 162; im Großraum Berlin wuchs die Zahl innerhalb von sechs Wochen von eins auf zwölf.

Die Stationen sind – je nach Platz – unterschiedlich kreativ ins bestehende Ladenlayout integriert; mal neben das Kosmetiksortiment, mal vor die Fototheke mit dahinter geschobenen Einkaufswagen, aber immer: ziemlich unübersehbar.

Besser nicht zuviel Sperriges

Bis zu 26 Bestellungen können gleichzeitig in die unterschiedlich großen Fächer eingelegt werden – wobei das freilich darauf ankommt, wieviele Kund:innen gleichzeitig sperrigere Artikel wie Toilettenpapier, Küchentücher und Windeln ordern. Weniger geräumige Einkäufe passen tütengenau in die kleinen Fächer.

Davon profitieren der Händler und seine Kund:innen gleichermaßen, weil man sich als Abholer:in nicht erst ein:en Mitarbeiter:in im Laden suchen muss, die bzw. der einem den fertig gepackten Einkaufs scannt und aushändigt (was insbesondere zu Stoßzeiten kein besonderer Spaß war). Der Scan an der Station geht wirklich superschnell und bestenfalls ist man nach 30 Sekunden wieder aus dem Laden raus. Dadurch werden auch die Mitarbeiter:innen entlastet, die nicht ständig fürs Scannen ihre aktuelle Arbeit unterbrechen müssen.

Also: außer, Kund:innen im Rollstuhl kommen zum Abholen – barrierefrei ist die Lösung nämlich nicht. (Wobei das technisch zu lösen wäre: Bei Rewes Abholstationen kann man z.B. angeben, ob man ein niedriges Abholfach benötigt.)

Oder die Station ist voll, dann wandert die Bestellung wie bisher ins Filiallager.

Zweiter Abholstationen-Anlauf

Wie so oft bei dm handelt es sich bei der Abholstationen-Initiative bereits um den zweiten Anlauf: der erste in Kooperation mit dem zu Hermes und DPD gehörenden System ParcelLock war 2018 gestartet (siehe Supermarktblog), damals sollten die Abholstationen auch der Adressierung von Paketen der Versandpartner dienen. Schon im Jahr darauf ließ man die Kooperation aber sanft wieder einschlafen.

Alte dm-Abholstation mit ParcelLock in Hamburg; Foto: Smb

Ende Juli dieses Jahres stellte ParcelLock den Betrieb dann übrigens komplett ein (u.a. mit der Begründung zu geringer Nutzerzahlen, die aufgrund des zögerlichen Ausbaus freilich größtenteils selbst verschuldet waren).

Die neuen dm-Abholstationen öffnen sich nun ausschließlich den Express-Einkäufen der eigenen Kundschaft – und weil sie in die Läden hineingebaut sind, weist dm sehr deutlich daraufhin, dass ein Zugang nur während der Öffnungszeiten des jeweiligen Ladens bestehe.

Wobei es Ausnahmen gibt: zwei Abholstationen – in Wuppertal und Murr – sind in der Filialsuche als rund um die Uhr zugänglich gekennzeichnet. Im ersten Fall dürfte die Flexibilität noch aus ParcelLock-Zeiten stammen, als die Teststation einen vom Markt separierten Zugang spendiert bekam.

Express-Einkauf, aber nachhause gebracht

Ob dm weitere 24/7-Abholstationen plant, mag das Unternehmen auf Supermarktblog-Anfrage nicht verraten. Sebastian Bayer, als dm-Geschäftsführer verantwortlich für das Ressort Marketing + Beschaffung, erklärt bloß allgemein, „weitere Möglichkeiten mit den Abholstationen [zu] testen, um unseren Kundinnen und Kunden den besten Service anbieten zu können“. Das könnte Tests an oder sogar unabhängig von bestehenden dm-Märkten beinhalten.

In jedem Fall ist die Initiative eine erhebliche Erleichterung für alle Kund:innen, die es eilig haben oder nicht durch den ganzen Laden schleichen und sich nachher an der Kasse anstellen wollen – und dass dm mit 700 Einbauten gleich ziemlich klotzt, demonstriert ganz gut, welches Potenzial man in Karlsruhe den Abhol-Einkäufen inzwischen beimisst.

Gleichzeitig will man es dabei nicht belassen und testet zusätzlich zum – bisweilen überlasteten – regulären Versand von Bestellungen über den eigenen Online-Shop eine „Express-Lieferung“, die zunächst von Kund:innen am Unternehmenssitz in Karlsruhe genutzt werden konnte, seit Beginn des Jahres aber auch in Berlin, München und Wien. Dabei handelt es sich im Grunde genommen um einen Express-Einkauf, den man nicht selbst im Laden abholen muss, sondern am Abend der Bestellung aus dem Markt nachhause gebracht kriegt.

Lieferdrogerie am Samstagabend

Dafür muss der App-Einkauf bis 18 Uhr erfolgen, und zwar: mit expliziter App-Auswahl der teilnehmenden dm-Filiale, die am jeweiligen Standort für die Kommissionierung zuständig ist. (Was unnötig kompliziert ist.)

Ab 49 Euro kostet der Service 3 Euro Versand, darunter stolze 7,95 Euro. Die Lieferung erfolgt umweltfreundlich mit elektronisch betriebenen Cargo-Bikes, organisiert vom dm-Partner Pickshare, der sich lokale Logistiker dafür sucht.

dm lässt App-Einkäufe per E-Cargobike nachhause bringen – vorerst in Berlin, Karlsruhe, München und Wien; Foto: Smb

Das klappt, bei Bedarf, auch noch am Wochenende: „Ihre Express-Lieferung ist auf dem Weg zu Ihnen“, heißt es am Abend der Bestellung per Mail, inklusive der auf eine halbe Stunde eingegrenzten Lieferzeit („Ihre Bestellung mit der Auftragsnummer XXX wird am Samstag zwischen 19:15 und 19:45 Uhr an die folgende Adresse geliefert“). Per Link zur Sendungsverfolgung kann man sehen, wieviele Stopps die bzw. der Kurierfahrer:in gegebenenfalls vorher noch zu absolvieren hat, bevor er mit dem Drogerieartikeleinkauf an der eigenen Haustür klingelt.

Das ist recht praktisch und mit 3 Euro Versandgebühr auch sehr angemessen bepreist – wenn es denn verlässlich wäre. Genau daran scheint dm aber noch arbeiten zu müssen.

Stolperfalle „erhöhtes Bestellaufkommen“

Meine erste „Express-Lieferung“ ließ sich zwar problemlos abschicken, dm hat den Betrag dafür auch mühelos eingezogen – passiert ist dann aber leider: nichts. Es gab keine Liefer-Ankündigung, kein abendliches Klingeln an der Haustür und keine Tüte(n). Das scheint im zuständigen dm-Markt auch am nächsten Morgen niemanden weiter gestört zu haben – bis ein Anruf bei der Hotline notwendige Nachforschungen anstieß.

Per Mail kam anschließend ein „Bedauern“ der „Verzögerung Ihrer Bestellung und die entstandenen Unannehmlichkeiten“, eine Gutschrift der Versandkosten und das Versprechen einer erneuten Zustellung. Die dann aber auch eher zufällig geklappt haben muss, weil der Kurierfahrer abends anmerkte, er habe das noch rumstehen sehen und halt eingepackt.

Dass der Kund:innenservice von dm als offiziellen Grund angibt „Bedauerlicherweise konnte Ihr Auftrag aufgrund eines erhöhten Bestellaufkommens nicht verarbeitet werden“, ist allerdings eine ziemliche Frechheit – dann hätte die (rechtzeitige) Bestellung in der App erst gar nicht angenommen werden dürfen.

Dabei wäre der Ausfall an sich gar nicht weiter dramatisch. Außer halt, wenn man als Kund:in fest damit rechnet, die bestellen Artikel noch am selben Abend zu erhalten – und keine anderslautende Information vom Händler dazu ausgegeben wird, was die Minimalanforderung wäre, wenn man das selbst gegebene Versprechen nicht einzuhalten vermag. (Zum Beispiel, um noch schnell anderswo Windeln zu besorgen.)

Ausweitung auf weitere Städte geplant

Kund:innen einfach sitzen zu lassen und abzuwarten, ob die später von sich aus anrufen, ist reine Stümperei. Daran ändert auch ein zur Entschädigung ausgegebener „Kulanzcoupon“ im Nachhinein nichts.

Express-Lieferkund:innen wurden aufgefordert, ihre Erfahrungen mit dem Dienst mit dem zum teilen; Foto: Smb

Ich würde nicht davon ausgehen, dass es sich dabei um die Regel handelt. Das Beispiel zeigt aber ganz gut, dass dm und Pickshare es offensichtlich versäumt haben, einen Ablauf für den Fall festzulegen, dass etwas mit der „Express-Lieferung“ schiefgeht. Was vor allem deshalb unverständlich ist, weil zuvor in Karlsruhe ausführlich getestet wurde.

Gegenüber „Logistra“ hat dm bestätigt, die Zahl der Postleitzahlengebiete an den bisherigen Express-Lieferung-Standorten bald ausweiten zu wollen; wenn die Distanzen dadurch zu groß würden, könne man weitere dm-Märkte zum „virtuellen Logistikzentrum“ ausbauen. Auf Supermarktblog-Anfrage erklärt Sebastian Bayer von dm zudem:

„Bislang sind die Rückmeldungen zu unserem Service Express-Lieferung durchweg positiv und die Kundinnen und Kunden nutzen den Service regelmäßig, sodass wir derzeit eine Ausweitung im Herbst dieses Jahres auf weitere Städte vorbereiten.“

Genauere Informationen könne man „erst zu gegebener Zeit geben“.

Jedenfalls sollen wohl bald noch mehr dm-Kund:innen „Einkaufen, wie es ins Leben passt“ – auch wenn der klassische Drogeriemarkt dafür nur noch ganz am Rande eine Rolle für sie spielen wird.


Nachtrag, 21. September: Pickshare erklärt zur Kritik an der Express-Lieferung im obigen Text, man „bedauer[e] die unzureichende Leistung an der Stelle. Der Standort Berlin wird aktuell intensiv geprüft, um hier entsprechende Herausforderungen schnellstmöglich zu beheben.“ In der „zweiten Roll-Out Stufe“ würden derzeit „weiterhin Erfahrungen [gesammelt], die von Stadt zu Stadt unterschiedlich sein können“.

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4 Kommentare
  • Das sind doch Standardsprüche.
    Die kommen ähnlich bei Sky und anderen Unternehmen, egal wann man anruft. Immer stören zu viele Kunden. Zu geringe Kapazitäten beim Anbieter sind nie der Grund.

    „Bedauerlicherweise konnte Ihr Auftrag aufgrund eines erhöhten Bestellaufkommens nicht verarbeitet werden“

  • DM Filialfinder sagt: 404 / Diese Seite existiert leider nicht mehr!
    Abholstationen werden natürlich wieder nur in Hamburg, Berlin und München stehen – von Ausrollung oder Standardlösung wird auch hier langfristig keine Rede sein. Diese ganze Abhol- und Lieferthematik, nicht nur bei DM, scheint für die Retailer ein Leuchtturmthema sein um mit Publicity zu punkten.

    • Welchen Link meinen Sie genau? Bei mir funktioniert’s.

      Und wenn Sie einen Blick auf die bislang aufgeschalteten Standorte werfen, sehen Sie, dass Sie Ihre Behauptung nicht stimmt, weil die Abholstationen u.a. bereits in Unna, Heiligenroth, Alzey, Sinsheim, Lahr, Weingarten, Schongau, Bamberg und Bitterfeld stehen.

  • Dann hoffe ich, als Rollstuhlfahrerin mal das meine Filiale noch lange keine Station kriegt. Schon das Display scheint für mich zu hoch. (hoffe wenigstens das täuscht)
    Hat sich also damals nicht so gelohnt mir Zeit für diese Umfrage zu nehmen die Fragen zu Abholstationen, deren nötigen Funktionen etc hatte. Schade, aber leider halt mal wieder nicht überraschend.
    (hatte damals erwähnt das man bei Amazon Lockern eine „niedriges Fach“ Funktion auswählen kann.
    So brauche ich halt auf jeden Fall Personal, beim Einkauf wegen Regalen die hoch sind, beim abholen weil man kein Interesse hat es zu ändern.

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