Liefer-Einkauf aus dem Discounter: Wolt startet Kooperation mit Penny

Liefer-Einkauf aus dem Discounter: Wolt startet Kooperation mit Penny

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Nutzer:innen der Wolt-App können künftig auch Lebensmittel von Penny ordern. Im Supermarktblog-Interview erklärt Bassel Soukar, Head of Retail bei Wolt Deutschland, was er sich von der Zusammenarbeit verspricht und warum der Lieferdienst zu Beginn des Tests bei der Kommissionierung hilft.

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Nachdem man sich mit der Zustellung von Restaurantessen an seine Kund:innen etabliert hat, will Wolt, das seit kurzem offiziell zum US-Lieferriesen Doordash gehört, nach eigenen Angaben zum „Alleslieferanten“ werden. Ausgerechnet in der Kategorie Lebensmittel ist das Angebot aber bislang ausbaufähig, eine geplante Kooperation mit nah & gut von Edeka lief eher schleppend an.

Das soll sich jetzt ändern: Für die kommenden Wochen kündigen die Finn:innen gleich mehrere neue Partner im deutschen Markt an.

Ich habe mich dazu mit Bassel Soukar unterhalten, der seit April 2022 Head of Retail, Partnerships, E-Commerce & Marketplace bei Wolt Deutschland ist und zuvor u.a. mehrere Jahre für Rewe Digital tätig war, wo er das Marktplatz-Geschäft mit aufbaute. Weitere Stationen waren Amazon Deutschland und Citrix.

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Herr Soukar, seit Frühjahr 2021 liefert Wolt in Deutschland nicht nur Essen aus Restaurants, sondern auch Produkte lokaler Händler:innen. Was bestellen die Kund:innen am häufigsten?

Bassel Soukar: Viele denken auf jeden Fall zuerst an Lebensmittel, wenn sie Wolt nutzen, deshalb ist die Nachfrage in dieser Kategorie – zusammen mit Wein, Blumen und Geschenken – am höchsten. Unser Ziel ist es, bei der Auswahl unserer Partner:innen sehr kuratiert vorzugehen. Wir versuchen stark auf Qualität zu achten und sprechen vorrangig Händler:innen an, die jeweils die lokalen Champions in ihrer Stadt bzw. ihrem Kiez sind: der Bäcker, der Metzger, der Käseladen.

Bassel Soukar, Head of Retail bei Wolt Deutschland; Foto: Wolt

Ein Exklusivitätsversprechen habe ich als Partner damit aber nicht – die Konkurrenz nebenan kann genauso liefern, oder?

Das ist richtig. Wir wollen da auch ein Stück weit auf das hören, was uns unsere Kund:innen vorschlagen.

Neue Sneaker per Wolt-Kurier

In anderen Ländern sind in der Wolt-App schon sehr viel mehr Kategorien verfügbar, in Israel z.B. Kindermode und Spielzeug, in Polen Wohnaccessoires, Bücher und Sportartikel, in Finnland sogar Apple-Produkte. Ist das auch der Plan für Deutschland?

In vielen Märkten sind die Kund:innen vielleicht schon etwas weiter. Skandinavien setzt da sicher ein Stück weit den Trend, während es in Deutschland teilweise noch Zurückhaltung gibt. Wir wollen uns hier zunächst auf Frequenzbringer für den täglichen Bedarf konzentrieren. Dann sind wir – auch dank der Erfahrungen im Ausland – aber bereit, weiter zu experimentieren. In Berlin können Sie seit kurzem tatsächlich auch Sportschuhe und Sneaker über Wolt bestellen.

Welchen Stellenwert haben Lieferungen aus Partner-Apotheken?

Wir kooperieren in München ja bereits seit längerem mit der Bienen-Apotheke, die auf der Plattform als Apominga in Erscheinung tritt; jetzt sind die Centro-Jacobi Apotheke Hamburg und die Rosen Apotheke in Frankfurt am Main dazu gekommen. Gerade ist keine klassische Saison für Artikel, die man aus der Apotheke braucht. Wir sind aber sehr froh, dass wir das Angebot rechtzeitig vor dem Herbst entsprechend ausweiten konnten.

Wolt liefert jetzt in 15 deutschen Städten, zuletzt sind Offenbach und Dresden dazu gekommen, jetzt auch Stuttgart, wo bislang die Wolt-Mutter Doordash aktiv ist. Wer liefert denn dort gerade für wen aus?

Derzeit gibt es beide Services, Doordash wird aber in den kommenden Wochen zu Gunsten von Wolt ganz verschwinden, die Partner in Stuttgart werden zu Wolt geholt.

Einerseits gibt Wolt an, lokale Händler:innen gegen Online-Konkurrenten stärken zu wollen, andererseits arbeitet man auch mit Ketten wie Kamps und Lush zusammen – inwiefern passt das zusammen?

Im Grunde genommen versuchen wir, das Bild einer Stadt mit ihrer ganzen Handelsvielfalt auf unserer Plattform zu spiegeln und die Kund:innen selbst entscheiden zu lassen, wo sie einkaufen wollen.

Die Flotte muss mitwachsen

Das ist vor allem wichtig, um die Frequenz zu steigern, mit der Nutzer:innen Wolt nutzen, oder? Essen aus dem Restaurant bestellen ja vermutlich nur die wenigsten mehrmals in der Woche.

Wir sehen, dass Wolt im Restaurantbereich sehr gut ankommt, und wir wissen aus anderen Ländern, dass Kund:innen der Marke deshalb auch in anderen Kategorien vertrauen. Das wollen wir ausbauen – und Kund:innen einen Service bieten, den sie möglichst oft gebrauchen können, und nicht nur, wenn sie gerade hungrig sind.

Wolt-Zentrale in Berlin; Foto: Smb

Fahrer:innen, die größere Einkäufe ausliefern, stehen nicht für Essenslieferungen zur Verfügung. Steht sich Wolt da nicht selbst im Weg?

Ich glaube nicht. Wolt arbeitet derzeit in Deutschland mit 3.500 Fahrer:innen zusammen. Schon jetzt erweitern wir unsere Liefergebiete nur dann, wenn ausreichend Rider unterwegs sein können, um die Nachfrage abzudecken. Es hilft uns ja nichts, wenn alle völlig überlastet unterwegs sind und dann das Versprechen gegenüber unseren Kund:innen nicht mehr einhalten.

Kombilieferungen für Kund:innen sind aber noch nicht möglich – die Flasche Wein vom Händler und das Essen vom Restaurant nebenan dazu?

Wir haben das schon das ein oder andere Mal gemacht – aber es ist derzeit noch nicht die Regel.

Wieviele Kund:innen haben über Wolt schon mal etwas anderes bestellt als Essen aus dem Restaurant?

Dazu können wir als Tochter von Doordash wegen des strengen US-Börsenrechts leider keine Auskunft geben. Aber eines kann ich sagen: Manche Kund:innen haben über unsere App auch schon Feinkost für über 600 Euro geordert. Ein gewisses Vertrauen scheint also durchaus vorhanden zu sein.

Penny-Sortiment in der Wolt-App

Sind die Bestell-Peaks bei lokalen Händler:innen andere als im Restaurantgeschäft?

Das unterscheidet sich von Stadt zu Stadt. Vor allem Lebensmittel werden zu ganz unterschiedlichen Zeiten bestellt, seitdem viele Nutzer:innen vorrangig im Homeoffice arbeiten. Abends ist die Frequenz natürlich hoch. Aber wir sehen auch regionale und Event-bezogene Peaks: Als Eintracht Frankfurt Ende Mai im Finale der Europa League gespielt hat, ist der Bedarf an Bier, Grillfleisch und Chips in Frankfurt ab 19 Uhr sprunghaft angestiegen.

Ausgerechnet im Segment Lebensmittel, wo Wolt in anderen Ländern ja schon sehr viel stärker ist, bleibt das Angebot noch ausbaufähig. Ist es besonders schwer, die großen Handelsketten hierzulande vom Nutzen einer Partnerschaft zu überzeugen?

In ihrem Heimatmarkt scheinen viele ein Stück weit vorsichtiger zu agieren als anderswo. Aber wir versuchen, mit allen ins Gespräch zu kommen – und starten jetzt eine neue Kooperation mit der Rewe Group, mit der wir schon in Slowenien für Billa zusammenarbeiten. Weitere Billa-Länder werden gerade geprüft. In Deutschland kommt jetzt Penny mit einem Piloten in Düsseldorf ab diesem Mittwoch, München ab Donnerstag und voraussichtlich einer weiteren Großstadt dazu.

Wie funktioniert die Partnerschaft genau?

Wir werden in jeder Stadt zwischen zwei und vier Märkte in der Wolt-App abbilden, mit denen wir in der Regel das gesamte Stadtgebiet beliefern können. Zum Start stehen zwischen 1.500 und 2.000 Artikel zur Verfügung, Ziel ist es, eher kurzfristig, auf jeden Fall aber in diesem Jahr das ganze Penny-Sortiment abzubilden. Ich glaube, die Kooperation kommt zu einer sehr spannenden Zeit, in der viele Kund:innen sich ja wieder stärker in Richtung Discount orientieren.

Sollen weitere Städte aufgeschaltet werden?

Wir wollen uns erst einmal gegenseitig etwas besser kennenlernen und sicherstellen, dass die Prozesse alle funktionieren, bevor es dazu kommt. Wenn es gut läuft, ist das Ziel definitiv ein bundesweites Angebot in allen Wolt-Städten. Als weiteren Partner, diesmal in Berlin, haben wir übrigens Veganz gewonnen, das Kund:innen ab September ebenfalls aus den eigenen Märkten per Wolt beliefert. Für Münchner:innen ist vor kurzem Käfer Feinkost hinzu gekommen. Und in der Kategorie Tiernahrung arbeiten wir bald mit Fressnapf zusammen: in Berlin, Düsseldorf und Stuttgart.

Wolt hilft anfangs beim Picking

Sind die Partner selbst dafür verantwortlich, die Bestellungen in ihren Läden zu kommissionieren – oder greift Wolt ihnen dabei unter die Arme?

Ziel ist es, dass die Kolleg:innen in den Märkten, die sich dort am besten auskennen, das übernehmen. Unsere Erfahrung aus anderen Ländern zeigt uns, dass es am effizientesten ist, das Picking in bestehende Prozesse zu integrieren. Bei Veganz und Fressnapf läuft es auch von Anfang an so.

Bei Penny nicht?

Wir haben uns mit Penny darauf verständigt, die Teams zum Start zu unterstützen, indem wir die Kommissionierung in den ersten drei Monaten selbst übernehmen. Das heißt, wir beschäftigen eigene Picker:innen, die sich um die Zusammenstellung der Einkäufe kümmern und diese an die Wolt-Fahrer:innen übergeben. In Deutschland haben wir das bislang noch nicht gemacht. Aber so können wir die Kooperation zügig starten.

Gibt es eine Bestellgrenze?

Nein. Bestellungen bis 10 Kilo werden per Fahrrad ausgeliefert, alles darüber entweder von mehreren Fahrer:innen oder per Pkw.

Mit welchem Preisaufschlag müssen Kund:innen rechnen, wenn sie sich ihren Einkauf aus dem Discounter nachhause bringen lassen?

Penny hat sich dazu entschieden, die Marktpreise eins zu eins auf die Wolt-Plattform zu übernehmen. Das gilt auch für die anderen Partner, die jetzt dazu kommen. Die Lieferkosten liegen regulär zwischen 1,90 und 2,90 Euro.

Eine ähnliche Kooperation mit einer großen Drogeriemarktkette wäre für Wolt sicher auch interessant. Gibt es in dieser Hinsicht entsprechende Pläne oder schon Verhandlungen?

Dazu kann ich leider nichts sagen, aber wir beobachten diesen Bereich natürlich mit großem Interesse.

Wolt Market ist wieder Geschichte

Die drei in Berlin eröffneten Wolt Markets sind derweil gerade schon wieder geschlossen worden, mit Verweis darauf, dass die notwendigen Investitionen dafür im Vergleich zu anderen Möglichkeiten zu hoch gewesen seien. Ist das ein Hinweis darauf, dass bald eine engere Kooperation mit Flink ansteht, wie sie Doordash bereist in Stuttgart geprobt hat?

Auch dazu kann ich mich nicht äußern. Fest steht aber: Wir haben uns entschieden, in Deutschland das Partner-Business auf- und auszubauen. Im Hintergrund wird weiterhin Software entwickelt, die wir Händler:innen zur Verfügung stellen, um den Verkauf ihrer Produkte über Wolt sowie das Picking in den Läden zu optimieren. Jetzt freuen wir uns erstmal, mit Penny, Veganz und Fressnapf weitere spannende Partner gewonnen zu haben.

Nochmal konkret: Wolt verzichtet in Deutschland künftig vollständig darauf, selbst Lebensmittel zu verkaufen?

Ja.

Gibt es Pläne, Initiativen der Mutter Doordash zu übernehmen? In den USA listet die in ihrer App ja testweise virtuelle Fachhandelsmarken, z.B. Liquor Stores, deren Sortiment sich aus dem Bestand offizieller Supermarktpartner wie Albertsons zusammensetzt – und die von Kund:innen bei der Suche in einer bestimmten Kategorie schneller gefunden werden.

In Deutschland gibt es das bislang noch nicht. Es kommen aber in der Tat die ersten Händler:innen auf uns zu, weil sie sich ähnliche Markenausgliederungen für ihre Läden vorstellen können. Im Moment sind wir dazu noch in Gesprächen. Die Entwicklung ist aber großartig, weil sie zeigt, dass sich Händler:innen Gedanken machen, wie sie diesen neuen Kanal für sich am besten nutzen können.

Fokus auf klassische Partnerschaften

Wie sieht’s mit dem umstrittenen „Ninja Shopping“ aus? Ebenfalls in den USA hat Doordash Bestellungen bei der Handelskette Target ermöglicht, obwohl man bislang gar nicht offiziell kooperierte – die Fahrer:innen haben dann einfach selbst in den Läden eingekauft. Würde sich Wolt das hierzulande auch trauen?

Das kann ich nicht kommentieren. Aber ich kann mir sowas beim besten Willen nicht für den deutschen Markt vorstellen, nein. Wir fokussieren uns auf klassische Partnerschaften. Am Ende entscheiden die Kund:innen, welche Angebote sie nutzen wollen. Unser Ziel mit Wolt ist es, positiv im Markt wahrgenommen zu werden.

Gibt es Pläne, ähnlich wie Glovo auch Dienstleistungen als Paketkurier zu übernehmen?

Tatsächlich ist das bei Wolt in anderen europäischen Ländern schon der Fall. In Norwegen testen wir mit Shops des Sportfachgeschäfts „Sportsmagasinet“ die Rückgabe von Retouren über Wolt. In Oslo können sich Nutzer:innen über den Partner Helthjem gegenseitig Pakete per Wolt zusenden. Und in Isreal und Kroatien lässt sich auswählen, ob man den neuen Internet-Router seines Telekommunikationsanbieters von einem unserer Kuriere gebracht bekommen will. In Deutschland ist das aber zum Teil deutlich komplizierter zu organisieren, deshalb gibt es derzeit keine Pläne, die in diese Richtung gehen.

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2 Kommentare
  • spannend, dass die Penny Preise 1:1 übernommen werden
    Lieferdienste, die ihre Kosten transparent über Gebühren statt über Preisaufschläge ausweisen sind zu loben

  • Die „normalen“ Preise werden vielleicht übernommen, aber nicht die (wöchentlichen) Angebotspreise. Beispiel: Aktuell bietet Penny aktuell eine Kaffeemarke (500 g) für 3,99 Euro statt 5,99 Euro an. In der Bringoo-App gibt es diese Preisreduzierung für den Penny-Markt in Berlin nicht. Bei einem Wocheneinkauf können die Kosten für einen App-Kauf damit schon 5 bis 10 Euro höher als in der Filiale sein, wenn man per App nicht von den typischen, regelmäßigen Preisreduzierungen für alltägliche Lebensmittel profitiert. Darüber hinaus sind typische Saisonprodukte wie zum Beispiel aktuell Weißkohl nicht in der App erhältlich. Ich finde, die Produkte des aktuellen Prospekts sollten auch in der App zu den genannten Preisen bestell- und lieferbar sein. Hier besteht Verbesserungsbedarf.

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