Plop? Sffft! Die schönsten Verpackungs-Flops

Plop? Sffft! Die schönsten Verpackungs-Flops

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Im zurückliegenden September machte eine Kundin des österreichischen Supermarkts Billa in der Obstabteilung einen grausigen Fund: Bananen, die erst geschält und anschließend in Plastik verpackt worden waren. Das bei Facebook eingestellte Foto ging, zumindest im Internet, um die Welt, auf Twitter hatte das freigelegte Obst zeitweise einen eigenen Hashtag (#nakedbanana) – und Billa, das zu Rewe gehört, sah sich wegen der Reaktionen von empörten Kunden gezwungen, öffentlich Stellung zu nehmen:

„Die Bananen wurden vermutlich auf Eigeninitiative in einer Filiale in dieser Form verpackt. Dies entspricht in keinem Fall unserer Sortimentspolitik und es gab niemals eine Anweisung, so etwas durchzuführen. Wir bitten euch, diesen Vorfall zu entschuldigen.“

Zugegeben: Ganz so originell sind die Verpackungs-Flops, um die’s gleich gehen soll, nicht. Aber dafür verraten die umso mehr darüber, wie schmal der Grat zwischen einer sehr guten und einer katastrophalen Packung sein kann.

Und ich verrate Ihnen, was das hiermit zu tun hat:

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Erst kümmern wir uns aber noch um den Aspekt, der die meisten Leute an den Billa-Banananen aufregte: dass eine natürliche, kaum zu verbessernde Verpackung (die sogar die Haltbarkeit des Produkts anzeigt) durch schnödes Plastik ersetzt wurde. Weil das Verschwendung ist. Und weil wir Plastik nicht mögen, zumindest wenn wir gerade keinen Einkaufswagen vor uns herschieben. Thomas Reiner vom Deutschen Verpackungsinstitut, der im vorigen Eintrag schon zu Wort kam, sagt

„Früher wussten die Leute: Glas und Karton ist toll, Kunststoff nicht, PVC ganz schlecht. Das haben die meisten in Umfragen auch so geäußert. Es entsprach nur nie den Kaufentscheidungen der Leute – sonst wäre ja nur noch Glas gekauft worden.“

In genau so einer Umfrage hat Reiners Firma vor vielen Jahren ganz normale Kunden gefragt: Welche Verpackung findet ihr am besten? Bei der Schulnotenvergabe kamen die Plastikverpackungen nicht besonders gut weg – bis zur zweiten Frage. Bei der lag eine Tüte Gummibärchen auf dem Tisch, die Leute wurden wieder gebeten, Kunststoffpackungen zu bewerten – und diesmal schnitt Plastik viel besser ab. „Wir haben alle Erfahrungswerte gespeichert, die unsere Wahrnehmung beeinflussen und bestimmte Emotionen auslösen“, sagt Reiner. Das ändert nur an einem nichts: „Viele Rohstoffe sind endlich, wir müssen bewusster damit umgehen – und letzten Endes wird das irgendwann ein Kostenfaktor sein.“

Dabei sind Verpackungsindustrie und Hersteller bisher vor allem gut darin, an unser Unterbewusstsein zu appellieren. Mit multisensorischen Packungen, die alle unsere Sinne ansprechen sollen.

Die Marken-Zahnpasta hat nicht nur einen unverkennbaren Geschmack, im Zweifel erkennen wir sie (wenn wir sie regelmäßig benutzen) schon an der Weichheit der Tube, also ihrer Verpackung. Der Ansatz einer eiskalten Cola in der PET-Flasche suggeriert uns beim Trinken kurioserweise: Wärme, als Kontrast zum erfrischenden Getränk. Das Knacken beim Öffnen von Saft-Flaschen ist das Signal dafür, dass die Flasche bis dahin fest verschlossen war und ihr Inhalt frisch. Und was wären Pringles-Chips ohne das typische Plop-Geräusch beim Öffnen? (In erster Linie natürlich viel zu teure, unpraktisch verpackte Chips.)

Auch Biere profitieren vom Plop – obwohl manchmal ganz andere Verpackungsmerkmale für den Erfolg entscheidend sind. Reiner erklärt:

„Ein Flensburger Bier wird vor allem deshalb 15 Prozent schneller ausgetrunken als ein anderes, weil die Haptik der Flasche so perfekt ist, dass die Leute sie nicht mehr aus der Hand geben.“

Die Tüftelei kann aber genauso gut danebengehen. Wenn aus der Tube mit der hochwertigen Hautcreme plötzlich ein unangenehmes Sffft furzt. („Weil sich der negative Eindruck unterbewusst gleich aufs Produkt überträgt“, sagt Reiner.) Und damit wären wir schon bei den versprochenen Verpackungs-Flops:

1. Die Umweltbecher-Pleite

Vor zwei Jahren brachte Danone einen Joghurtbecher auf den Markt, der aus Biokunststoff bestand und als „umweltfreundlicher“ beworben wurde, samt WWF-Panda als aufgedrucktem Gütesiegel. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hielt das für Schwindel: zum einen würden die vermeintlichen Umweltbecher aus Genmais hergestellt, zum anderen seien sie wegen ihres Materials Polylactid (PLA) nicht mehr fürs herkömmliche Recycling geeignet und müssten verbrannt werden. Die DUH wollte die Danone-Kampagne deshalb gerichtlich verbieten lassen. Der Hersteller zog sie schließlich freiwillig zurück.

2. Der Raschel-Problem

Vor drei Jahren stellte der zu Pepsi gehörende Knabberzeughersteller Sun Chips die Verpackung seiner Kartoffelchips auf Biomaterialien um. Das Problem war nur: Die neuen Tüten raschelten anders als die alten. Nämlich: viel lauter. Zahlreiche Kunden versuchten sich auf Youtube darin, lauteste Knistern aus dem Plastik herauszurascheln. Die Umsätze von Sun Chips brachen ein. Wenige Monate später wurden wieder die alten Tüten verwendet.

3. Die Kopfstehflaschen-Fiasko

Die dritte Pleite ist erstmal eine Erfolgsgeschichte. Verpackungsexperte Thomas Reiner erklärt: „Im Honigmarkt hat sich lange nichts bewegt, da war totale Stagnation – bis der Gedanke der ‚Flotten Biene‘ aufkam. Darin steht der Inhalt auf dem Kopf und es gibt einen Silikonverschluss, der den Honig hält.“ Als die neuen Packungen in die Läden kamen, sei der Honigmarkt um 23 Prozent gewachsen. Und Reinigungsmittelproduzent Henkel kam auf die naheliegende Idee: Das machen wir auch so!

Einige Zeit danach gab’s in den Supermarktregalen ein Pril Kraftgel in der Kopfstehflasche, ebenfalls mit Silikonausguss. Und da blieb es auch, weil es nämlich keiner kaufen wollte. Reiner sagt:

„Die Idee war eigentlich gut, aber bei vielen Kunden war die Verpackung schon in Zusammenhang mit Honig abgespeichert und kodiert. Und welcher Verbraucher will schon mit Honig sein Geschirr spülen?“

Foto: Supermarktblog

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