Bitte hier klingeln für den Abholeinkauf: So integriert Billa Click & Collect in seine Märkte

Bitte hier klingeln für den Abholeinkauf: So integriert Billa Click & Collect in seine Märkte

Inhalt:

In Österreich versorgt die Rewe-Tochter Billa Bestellabholer mit vorgepackten Einkäufen – und zwar nicht nur, wenn die am Stadtrand mit dem Auto unterwegs sind.

Partner:

Aufgepasst, „Pendler, Familien mit kleinen Kindern und alle anderen (…), die keine Zeit haben“!

„Sie können Ihre Lebensmittel bequem online vorbestellen und fertig verpackt im Supermarkt abholen, wann es passt.“

So wirbt Rewe derzeit in Zeitungsanzeigen für seinen „Abholservice“, der seit Beginn des vergangenen Jahres deutlich ausgeweitet wird. „Über das ganze Land verteilt“ sollten in Märkten Abholschalter eröffnen, an denen zeitgestresste Kunden ihre Einkäufe einsammeln können, hieß es damals (siehe Supermarktblog). Anderthalb Jahre später bietet Rewe den Service nun in über 100 (von landesweit 3.300) Märkten an.

Zwar stehen auch größere Städte auf der Liste: Berlin, Chemnitz, Hamburg, Mönchengladbach, Nürnberg, München, Passau, Wiesbaden. Der eigentliche Fokus liegt aber auf ländlichen Standorten, Orten mit schönen Namen wie Alfte-Oedekoven, Runkel-Ennerich und Vlotho.

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Die Hauptzielgruppe des Diensts sind für Rewe ganz offensichtlich: Autofahrer. Für die Abholung verspricht Rewe daher (am Großstadtrand genau wie auf dem Dorf) „exklusive Stellplätze neben dem separaten Abholservice-Eingang“. (So.)

Rewes österreichische Supermarkt-Schwester Billa ist (wie so oft) schon einen Schritt weiter – und probiert, ob der Service nicht auch in der Stadt funktionieren kann. Wo Kunden vielleicht genau so gestresst sind; aber nicht zwangsläufig mit dem Auto zur Arbeit pendeln (oder zur nächstgelegenen Billa-Filiale mit Tapezieralm). Sondern vielleicht mit der Bahn. Und deshalb keine Zeit haben, zuhause auf den ebenfalls angebotenen Lieferservice zu warten.

Im April hat Billa am Wiener Praterstern, einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt in der österreichischen Hauptstadt, seine 50. Filiale mit dem „Click & Collect“-Service ausgestattet (von landesweit 1.000).

Anstatt aufwändige Abholschalter mit eigenen Kassen zu bauen und Parkplätze „exklusiv“ für Abholer anzupinseln, braucht Billa dafür bloß: eine Klingelsäule. Die steht in der Filiale am Praterstern etwas unpraktisch hinter den Kassen, wo man sie als Erstabholer zwischen Packstation und Backstation kurz suchen muss. Aber der Rest ist denkbar einfach:

„Bitte läuten. In Kürze meldet sich einer unserer Mitarbeiter bei Ihnen“,

steht an der leuchtend gelben Einkaufshaltestelle. Nachdem man artig Folge geleistet hat, ertönt über den Marktlautsprecher die Ansage:

„Eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter wird gebeten, zur Selbstabholung zu kommen.“

Trotz regen Vormittagsbetriebs im Laden dauert es keine 30 Sekunden, bis ein Billa-Mitarbeiter die zuvor online bestellten Lebensmittel im Einkaufswagen vorbeibringt, am mobilen Kartenterminal zur Kontaktlosbezahlung bittet, einen schönen Tag wünscht und wieder im Laden verschwindet.

Pluspunkte:

Der Bestellprozess: Kunden kaufen – wie beim Lieferservice – im normalen Billa-Online-Shop ein und wählen eine Abholfiliale mit dem für Sie passenden Zeitfenster aus: 8 bis 11 Uhr, 12 bis 14 Uhr oder 17 bis 19 Uhr. (Wer spät nachhause pendelt, hat Pech.) Vor dem Absenden lässt sich auswählen, ob der Einkauf in „Sackerl“ (aus Papier) oder in eine Kiste (falls Kunden doch motorisiert unterwegs sind) verpackt sein soll.

Oder man nutzt den Service nach einem längeren Urlaub in der Flughafenfiliale, um zuhause nicht vom leeren Kühlschrank angegähnt zu werden.


Screenshot: shop.billa.at/shop

Die Kosten: 1 Euro „Servicegebühr“ verlangt Billa für die Kommissionierung des Abholeinkaufs. Dafür müssen Kunden nicht selbst durch die Regalreihen laufen, Lebensmittel suchen und an der Kasse anstehen. Für alle, die es wirklich eilig haben (z.B. abends nach der Arbeit), ist das ein ziemlich fairer Preis.

Die Abwicklung: Wer weiß, wo er hinmuss, ist im besten Fall nach einer Minute mit seinem kompletten Einkauf wieder raus aus dem Laden. Bei meinem Testkauf hat das Kartenterminal zwei Anläufe gebraucht, um eine Verbindung zum Server herzustellen. Billa bietet aber auch an, den Einkauf vorab online zu bezahlen. Dann geht’s noch schneller. Wiegeware wie Obst und Gemüse wird online in ungefährer Menge bestellt und bei der Kommissionierung grammgenau abgerechnet.

Die Verpackung: Mein Einkauf war vorbildlich auf zwei fast gleich schwere Papiertüten ausbalanciert, schwere Artikel unten (was nicht selbstverständlich ist), empfindliche Ware oben (was nicht selbstverständlich ist), alles tadellos gekühlt. Und einfach nachhause zu transportieren.

Schwachpunkte:

Der Mindestbestellwert: … liegt mit 40 Euro genauso hoch wie für Heimlieferungen. Um aber bloß Lebensmittel für ein, zwei Tage abzuholen, ist das schon fast ein bisschen viel. (Ideal wäre eine zusätzliche Option mit geringerem Mindestbestellwert, dafür aber höherer Servicepauschale.)

Die Flexibilität: Einkäufe sind nach dem Absenden online nicht mehr eigenmächtig veränder- oder verschiebbar. Wenn man am Billa-Kundentelefon höflich fragt, geht’s zwar schon mal. Ist trotzdem unpraktisch, vor allem, weil man beim Bestellen eigentlich immer was vergisst. Ideal wäre, eine zeitliche Grenze einzuführen, bis zu der der Einkauf online ergänzt bzw. verschoben werden kann.

Das Login-Durcheinander: Wer sich nach der Bestellung auf billa.at einloggt, um die Bestellung zu checken, der sieht: nichts. Keinen Einkauf, kein Zeitfenster – bloß seine Stammdaten. Die Hotline klärt auf: Bestellungen sind nur sichtbar, wenn man sich über die Shop-Seite shop.billa.at einloggt. Das ist unnötig verwirrend. (Rewe macht’s besser und bietet einen einheitlichen Login.)


Insgesamt ist Billas Click & Collect aber ein ziemlich gutes Angebot mit ein paar (unnötigen) Macken. Und vor allem für Kunden geeignet, die ihren Abholaufwand konzentrieren wollen – indem sie, wie z.B. am Praterstern, gleich noch ihre Amazon-Bestellung einsammeln, die an die ausgangs positionierte DHL-Packstation adressiert wurde.

Trotzdem scheint sich das Interesse bislang in Grenzen zu halten: Mein Einkauf stand auch deshalb so schnell parat, weil er im gewählten Zeitfenster die einzige Click-&-Collect-Bestellung war.

Nach der Einführung hätten viele Kunden den Dienst ausprobiert, ihn danach aber nur selten regelmäßig genutzt, meinte der Billa-Mitarbeiter. Dem Filialteam kann das eigentlich nur recht sein: Die Online-Order müssen von den Mitarbeitern offensichtlich zusätzlich zu den übrigen Aufgaben im Laden kommissioniert werden. (Auch wenn der „Lieferschein“, auf dem „Lieferadresse“ und „Unterschrift Botenfahrer“ gelistet sind, anderes suggeriert.) Erst wenn die Order-Zahl eine gewisse Grenze überschreite, gebe es wohl zusätzliche Hilfe.

Das ist ein bisschen schade, weil Billa mit seinem Click-&-Collect-Modell eine gute Zwischenlösung gefunden hat, bei der keine aufwändigen Ladenumrüstungen notwendig sind (wie z.B. bei Rewe), Abholeinkäufer sich aber auch nicht unnötig im Laden oder an der Kasse durchfragen müssen, wie sie ihre Online-Bestellung ausgehändigt kriegen (wie z.B. bei dm).

Design-Preise lassen sich mit der Billa-Klingelsäule vielleicht keine gewinnen. Und ob die prompte Versorgung auch zu Stoßzeiten immer so reibungslos klappt, darf bezweifelt werden. Aber um auszuprobieren, wie man unterschiedlichen Kundengruppen Services bieten kann, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind, reicht das allemal.

Womöglich stehen Österreicher und Deutsche aber auch einfach gleich gerne in Kassenschlangen, nachdem sie ihren Einkaufswagen durch endlose Regalreihen mit Sonderangeboten und Kühlregalfröstelzonen geschoben haben. Weil das gelernt ist. Und die spontane Kontrolle über den eigenen Einkauf am Ende eben doch wichtiger als die Zeit, die man als Bestellabholer „für sich, Familie und Freunde“ spart.

Fotos: Supermarktblog"

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1 Kommentar
  • Aus meiner Sicht macht der hohe Mindestbestellwert den Click&Collect-Einkauf unattraktiv, da ich diese Summe bei einem eher spontanen Einkauf nicht erreiche. Einkäufe über 40€ werden dann aber schnell so groß, dass die Hauszustellung um 3€ bzw. 5€ attraktiver als die Abholung wird. Ein Blick in die Liste der Abholstationen zeigt, dass einige Filialen in Feriendörfern darunter sind – das könnte ähnlich wie beim Flughafen eine interessante Nische sein.

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