Im Frische-Sortiment: Netto (ohne Hund) tauscht Naturkind-Produkte zurück auf BioBio

Im Frische-Sortiment: Netto (ohne Hund) tauscht Naturkind-Produkte zurück auf BioBio

Foto: Smb, Logos: Edeka, Netto
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Mit großen Mühen versucht der Edeka-Discounter Naturkind in den Läden als „Biofachmarke“ zu etablieren; bei den Kund:innen scheint das aber noch nicht wie gewünscht anzukommen. Bei Gemüse und Fleisch setzt Netto (ohne Hund) vermutlich deshalb wieder stärker auf BioBio.

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Allerorten bemüht sich der deutsche Lebensmitteleinzelhandel gerade darum, seinen Kund:innen einer größere Auswahl an Besser-Bio-Produkten in seinen Läden anzubieten – solche also, deren Kriterien über die von der EU festgelegten Mindeststandards für Bio hinausgehen, indem strengere Maßstäbe etablierter Anbaubverbände an sie angelegt werden. (Während der Fachhandel sich gleichzeitig anstrengt, billiger zu werden.)

Zuletzt hatte (nach Lidl) auch Kaufland Teile seines Eigenmarkensortiments von Bioland zertifizieren lassen; Aldi Süd und Nord kooperieren mit Naturland (siehe Supermarktblog). Und die Ankündigung des Edeka-Discounters Netto (ohne Hund), künftig unter dem Edeka-eigenen Label „Naturkind“ eine „Biofachmarke“ zu führen, war gleich mit einem ganzen Zertifizierungsstrauß verbunden, weil Produkte von vier verschiedenen Kooperationspartnern (Bioland, Naturland, Biopark und Biokreis) biogeadelt sein können. Derzeit stehen „bis zu 80“ Naturkind-Artikel in den Regalen.

Naturkind-Artikel sind häufig von einem der mit Edeka kooperierenden Anbauverbände zertifiziert; Foto: Smb

Gleichzeitig gibt es in den Märkten weiterhin – und wie bisher – Artikel der Netto-(ohne Hund)-Eigenmarke BioBio zu kaufen, die nach EU-Bio-Vorgaben hergestellt worden sind.

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Irritierenderweise gilt Letzteres aber weiterhin auch für einige Artikel von Naturkind, das also (noch) nicht vollständig verbandszertifiziert ist, sondern ebenfalls klassische EU-Bio-Ware sein kann.

Ja, Entschuldigung – ich kann da auch nichts für. (Und, bitte nicht verwechseln: „Naturland“ ist ein Anbauverband und Edeka-Kooperationspartner; die Edeka-Eigenmarke heißt hingegen „Naturkind“.)

Naturland ist jetzt (wieder) BioBio

Wie das alles zusammenpassen soll, wollte Netto (ohne Hund) im vergangenen Jahr und jetzt auf erneute Supermarktblog-Anfrage nicht erklären; ebenso wenig, in welchem Umfang bisherige BioBio-Artikel jetzt schon bzw. demnächst unter Naturland zu kaufen sein werden. Eine Sprecherin erklärt:

„ Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir sortimentsstrategische Entscheidungen aus wettbewerbsrelevanten Gründen nicht weiter kommentieren.“

Zumindest in Einzelfällen hat man genau das aber in den vergangenen Monaten bereits getestet. (Was auch deshalb kurios ist, weil damit eine von Edeka akquirierte Ex-Kaiser’s-Tengelmann-Marke [BioBio von Plus] durch eine andere von Edeka akquirierte Ex-Kaiser’s-Tengelmann-Marke ersetzt wurde [Naturkind von KT].)

Nach Supermarktblog-Informationen macht Netto (ohne Hund) diesen Test jetzt teilweise wieder rückgängig, zumindest bei frischem Gemüse und Fleisch. Bio-Salatgurken, Bio-Kartoffeln und Bio-Zwiebeln, die über viele Jahre in der BioBio-Variante verkauft wurden, lagen bei Netto (ohne Hund) zuletzt unter dem Naturkind-Label im Regal. Das hat sich in der vergangenen Woche wieder geändert: Inzwischen sind Aufkleber bzw. Verpackungen wieder auf BioBio umgestellt. (An manchen Preisschildern hing teilweise aber noch das Naturkind-Logo.)

Vorübergehender Austausch oder Rolle rückwärts?

Ob es sich dabei um einen vorübergehenden Austausch handelt, weil z.B. Verbandsware nicht in den benötigten Mengen verfügbar war, sagt die Netto-Pressestelle auf Supermarktblog-Anfrage nicht. Sondern nur:

„Mit dauerhaft bis zu 400 bio-zertifizierten Eigenmarken- und Fachmarkenartikeln unter BioBio und NATURKIND sowie weiteren Bio-Marken gehört Netto zu den größten Bio-Händlern Deutschlands. (…) Schon heute bieten wir dauerhaft mehr Lebensmittel in Bio-Qualität als die direkten Wettbewerber. Den Anteil Bio-zertifizierter Produkte wird Netto kontinuierlich erweitern und setzt sich hier – anders als andere Marktteilnehmer – keine Sortimentsgrenze.“

(Ein kleiner Seitenhieb gegen Lidl, wo man den Umfang des künftigen Bio-Sortiments klar beziffert hat.)

Die Umstellung des Bio-Labels im Vorjahr scheint jedenfalls mit einem Wechsel auf Bioland- (Zwiebeln, Kartoffeln) bzw. Naturland-Ware (Gurken) verbunden gewesen zu sein. Auf der BioBio-Ware fehlten diese in den von mir zuletzt besuchten Läden wieder.

Tschüss, Naturland-Hähnchenschenkel von Naturkind!

Eine Umstellung erfolgt auch für Bio-Hähnchenschenkel mit Rückenstück: Die Naturkind-Variante, die bislang im Kühlregal lag, trug das Naturland-Logo; die (gerade offensichtlich im Design modernisierte) BioBio-Variante kommt wieder ohne aus. In diesem Fall scheint es sich um einen dauerhaften Rücktausch zu handeln. (Das „AV“ vor der Artikelnummer der Naturkind-Variante auf dem Preisschild am Regal steht für „Abverkauf“.)

Naturkind wird ausgelistet, BioBio kehrt zurück: Bio-Hähnchenschenkel bei Netto (ohne Hund); Foto: Smb

Aus Kund:innensicht ist das alles wirklich maximal verwirrend und spricht nicht gerade für eine zielgerichtete Strategie, die sich nachvollziehen ließe. Darin ist Netto (ohne Hund) aber ja ohnehin ganz groß.

Aus dem Umfeld des Discounters ist zu vernehmen, dass die Teil-Rückkehr des BioBio-Labels der Tatsache geschuldet sein könnte, dass sich dieselbe Ware unter Naturkind nicht so gut verkauft hat: Nach der Umstellung seien die Abverkäufe bei den genannten Produkten deutlich zurückgegangen; statt eine Kiste pro Tag zu verkaufen habe die Ware teilweise mehrere Tage gelegen.

Zu wenig Ware verkauft?

Das ist nicht unplausibel, denn während BioBio eine über viele Jahre von der Kundschaft gelernte Marke ist, die ihr Kernmerkmal bereits im Namen trug, dürfte Naturkind nicht nur deutlich weniger bekannt gewesen sein. Die neue Eigenmarke ist auch weiterhin sehr viel erklärungsbedürftiger und nicht auf den ersten Blick als Bio-Ware zu erkennen. (Aldi Süd hat mit „Zurück zum Ursprung“ dasselbe Problem, setzt deswegen aber ein zusätzliches „Bio-“ vor jeden Produktnamen.)

Das unübersichtliche und nicht sehr hochwertig wirkende Naturkind-Design mit der unruhigen Wimmelbildoptik – laut Netto (ohne Hund) „optisch ein Hingucker“ – dürfte sein übriges dazu getan haben.

Daran hat vermutlich auch die Kampagne wenig geändert, mit der man Ende des vergangenen Jahres die Neueinführung der „hochwertigen Fachmarkenalternative“ erklären wollte:

„Ist Bio, nur besser.“

Netto-(ohne Hund)-Kampagne für Naturkind, Ende 2022; Abb.: Netto

Mit Naturkind werde man den „Kundenwünschen gerecht“, ließ sich Kommunikationschefin Christina Stylianou in der Mitteilung zum Kampagnenstart zitieren. Nur dass sich das den Kund:innen – verständlicherweise – nicht erschlossen zu haben scheint. (Erst recht nicht, wenn man am Regal steht und die Marke, die man bislang immer gekauft hat, plötzlich weg ist.)

Eine Bio-Marke für alle Formate

Ein wichtiger Grund für die Naturkind-Einführung dürfte aber auch der gewesen sein, dass sich die Eigenmarke innerhalb der eigenen Handelsfamilie formatübergreifend – von Budni über Edeka bis Netto (ohne Hund) – verkaufen lässt. Dass sich Naturkind für Netto (ohne Hund) bereits als Flop erweist, wäre angesichts der bislang übersichtlichen Zahl der zurückgetauschten Produkte, aber reine Spekulation.

Es gäbe auch weiterhin die Möglichkeit, BioBio und Naturkind im Discount als Bio-Eigenmarken parallel zueinander laufen zu lassen – vorausgesetzt, man kommuniziert sehr viel konsequenter, worin exakt die Unterschiede bestehen.

Oder man spart sich den Aufwand und wertet BioBio-Produkte – wo verfügbar – einfach konsequent mit Verbandszertifizierung auf. Um weiter das Versprechen einzulösen, auf das man im Discount doch sonst stets beharrt: den Einkauf für die Kund:innen maximal einfach zu gestalten.

Vielen Dank an S.!

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