Bereits die erste Zeile las sich wie eine Strafmaßnahme für ein ungehorsames Kind, das einem immer bloß auf der Tasche liegt: „Aufgrund der unzureichenden Ergebnisentwicklung hat die Genossenschaft Migros Zürich für tegut… umfassende Sanierungsmassnahmen beschlossen“, hieß es in einer Mitte November verschickten Pressemitteilung des Eigentümers Migros Zürich, die für die Tochter aus Fulda eine neue Ära einläutete.
In den kommenden Monaten soll sich bei Tegut nun einiges ändern: 120 von 600 Vollzeitstellen in Verwaltung und Logistik werden gestrichen; für rund zehn Prozent der Filialen sucht man neue Betreiber.
Laut „Lebensmittel Zeitung“ könnten dabei vor allem die süddeutschen Standorte im Fokus stehen: „Bei den Einschnitten im Filialportfolio zeichnet sich ab, dass die Präsenz im Süden zur Disposition steht. Das wird aus dem Umfeld des Unternehmens berichtet.“
Die ehemaligen Basic-Biomärkte in München, die Tegut vor gerade mal einem Jahr übernommen und ab Januar 2024 umgeflaggt hatte, würden dann womöglich schon wieder abgegeben.
Eine deutliche Zäsur
Der Strategieschwenk kommt nicht völlig unerwartet. Bereits seit Monaten kursiert die Vermutung, Migros Zürich wolle bei Tegut stärker durchgreifen. Trotzdem überrascht das Ausmaß.
Noch vor kurzem hatte der langjährige Tegut-Chef Thomas Gutberlet, Enkel des Gründers der Handelskette, darauf gepocht, dass sich Tegut als „Teil der Kernstrategie“ von Migros Zürich für die Zukunft „sehr gut aufgestellt“ sehe. Inzwischen ist klar: Diese Zukunft ist eine ohne Gutberlet, der das Unternehmen seit 2009 geführt hatte, auch nach dem Verkauf an Migros in seiner Position blieb, Gesicht der Firma war – und nun mit sofortiger Wirkung sämtliche Verantwortlichkeiten abgegeben hat.
„Für mich heißt es nach 27 Jahren aktiver Tätigkeit in der Führung und einer in der Realität viel längeren Zugehörigkeit und familiären Verbundenheit, sich von der Arbeitsgemeinschaft tegut… auch innerlich zu trennen. Das ist eine deutliche biografische Zäsur“, schreibt Gutberlet auf Instagram.
Für Tegut gilt das aber genauso.
Ultimatum von der Mutter
Mit Gutberlet geht ein Manager, der das besondere Tegut-Konzept mit starker Bio-Orientierung und nachhaltiger Sortimentsgestaltung verkörperte und vorantrieb wie kein anderer. Seinem Nachfolge ist auf mehrere Schultern verteilt, u.a. hat Migros Sven Kispalko als Chief Restructuring Officer (CRO) von Zürich nach Fulda geschickt – ein klares Signal für den Paradigmenwechsel, der nun folgt. Denn unter dem seit Juli amtierenden neuen Migros-Zürich-Chef Patrik Pörtig weht ein anderer Wind.
Tegut müsse 2025 eine „signifikante Verbesserung“ zeigen und bis Ende 2026 schwarze Zahlen schreiben, setzte Pörtig der deutschen Tochter im „NZZ“-Interview (Abo-Text) gerade ein Ultimatum. „Wenn wir das erreichen, hat das Unternehmen in der Migros eine Zukunft – sonst nicht.“ Eine Kommunikation, die bei den Mitarbeiter:innen vor allem eines bewirken dürfte: die prophylaktische Suche nach neuen Arbeitgebern.
Ist ein derart harter Sanierungskurs notwendig, um Tegut zu retten, und wurde er vorher zu lange verschleppt? Oder machen die Schweizer:innen einen Fehler, der sie am Ende teurer zu stehen kommen könnte als das Durchhalten der bisherigen Expansionsstrategie?
München wäre ideal für die Tegut-Expansion
Auf den ersten Blick erscheint die Sanierungslogik schlüssig: Obwohl auch in den vergangenen Jahren stetig Tegut-Filialen geschlossen wurden, die nicht mehr profitabel betrieben werden konnten, gibt man nun weitere Märkte ab, deren Betrieb sich angeblich nicht mehr rentiert. (Also: außer offensichtlich für Wettbewerber wie Edeka und Rewe, denen Interesse an mehreren Standorten nachgesagt wird.)
Der Betrieb des innovativen Teo-Konzepts ist derweil weitgehend auf die neu gegründete Tochter Smart Retail Solutions ausgelagert worden, die seit kurzem auch die Verarbeitung der Kund:innendaten verantwortet und sich um Franchise-Partnerschaften bemühen soll.
Aber: Die Integration der 19 übernommenen Basic-Märkte kostet Geld, die Logistik zur Belieferung der Münchener Standorte ist aufwendig, die Zentralkosten sind zu hoch. Warum also nicht radikal kürzen und sich aufs profitable Kerngebiet konzentrieren?
Bei genauerem Hinsehen offenbart sich allerdings ein Widerspruch. Denn wenn Migros Tegut aus Süddeutschland zurückpfiffe, wie die „LZ“ vermutet, würde man damit gleich mehrere strategische Investitionen entwerten:
- Erstens: die Basic-Übernahme selbst. Die Kosten für die Integration der Läden wären weitgehend verloren.
- Zweitens: das neu gebaute Logistikzentrum. Es wurde auch für künftiges Wachstum dimensioniert – Wachstum, das dann erstmal ausbliebe. Die Auslastung würde schwieriger, die Stückkosten stiegen.
- Drittens, und das wiegt vielleicht am schwersten: München verfügt über exakt die kaufkräftige, Bio-affine Kundschaft, die das Tegut-Konzept braucht. Die übernommenen Basic-Standorte böten die kritische Masse für weiteres Wachstum. Tegut würde einen der aussichtsreichsten deutschen Lebensmittelmärkte aufgeben.
Gleichzeitig Günstig und Bio
Pörtig scheint das anders zu sehen: Das Wachstum in der Corona-Zeit hätte „falsche Erwartungen geweckt“. Mit seiner „relativ hohen Positionierung und einem Sortiment mit knapp 30 Prozent Bio-Anteil“ sei die derzeitige Marktsituation „noch anspruchsvoller“, sagte der Migros-Zürich-Chef der „NZZ“ – und begreift die Bio-Orientierung offensichtlich eher als Manko.
Unstrittig ist, dass viele Konsument:innen angesichts steigender Inflation mit ihren Budgets zuletzt stärker gehaushaltet und versucht haben, Lebensmittel günstiger einzukaufen. Das hat es in erster Linie dem Bio-Handel schwer gemacht; auch bei Tegut stagnierte der Bio-Anteil zuletzt, 2023 lag er mit 27,9 Prozent leicht unter Vorjahresniveau.
Inzwischen ändern sich die Voraussetzungen aber wieder: Der Bio-Fachhandel gewinnt Kundschaft zurück. Und im konventionellen Lebensmitteleinzelhandel geht der Bio-Anteil durch die Decke. Viele Kund:innen wollen gleichzeitig günstig und Bio einkaufen.
Migros saniert lieber kurzatmig
Tegut befindet sich dafür eigentlich in einer guten Ausgangssituation, bietet spätestens seit dem Start von „Tegut Bio zum kleinen Preis“ Bio-Ware in allen Preisstufen an – und das mit einer Auswahl, wie sie in anderen Supermärkten (noch) nicht vorhanden ist. Eigentlich müsste die Handelskette vor allem bei der Entwicklung einer konsistenten Strategie im Preiseinstieg unterstützt werden (der aktuell von der mäßig attraktiven Markant-Marke „Jeden Tag“ abgedeckt wird).
Auch, dass man sich in Fulda mit dem wenig überzeugenden Convenience-Markt-Konzept „Tegut Quartier“ – in mehrfacher Hinsicht – verzettelt hat (siehe Supermarktblog), ließe sich korrigieren.
Aber um nachhaltige Umsatzerfolge erzielen zu können, bräuchte Migros Zürich vermutlich noch einen längeren Atem. Den Pörtig, der sich gerade als Aufräumer in der Gruppe positioniert und alles aussortiert, was nicht niet- und nagelfest ist, offensichtlich nicht mehr haben möchte.
Ein Rückzug, viele Nachteile?
Bloß mal angenommen, das hätte einen Tegut-Rückzug aus der Expansionsregion Süddeutschland zur Folge – wie fielen die Konsequenzen aus?
Die Einkaufsmacht der Handelskette würde sich verringern. Tegut kauft seine Waren zwar zu einem Großteil über die RTG Retail Trade Group ein, eine Einkaufskooperation mittelständischer Händler, zu der auch Bartels-Langness, Bünting und Globus gehören. Aber jede Filialschließung schwächt die eigene Position in und für den Verbund.
Die Logistikkosten pro Filiale steigen. Das neue Zentrallager muss refinanziert werden, aber mit weniger Standorten – und weniger Möglichkeiten, die Fixkosten zu verteilen.
Der Marktzugang nach Süddeutschland wäre womöglich dauerhaft verbaut. „Wenn der Wettbewerber einen guten Job macht, dann müssen wir es eben besser machen“, sagte der damalige Tegut-Expansionschef noch 2014 kämpferisch zur „FAZ“, als gerade Rhein-Main (erfolgreich) aufgerollt wurde und der Süden schon mal auf der Agenda stand, nachdem man sich – Ironie des Schicksals – zuvor mit der Integration der von Tengelmann übernommenen Standorte verhoben hatte. Ein Rückzug würde einen dritten Anlauf praktisch unmöglich machen. Die Vermieter der Münchener Märkte suchten bereits „den Kontakt zu Edeka und Rewe, um Anschlussmietverträge zu schließen“, berichtet die „LZ“.
Ein langfristiger Wertverlust?
Vor allem aber: Migros würde sich selbst der Chance berauben, aus Tegut einen überregional agierende Handelskette zu entwickeln, die den vier marktbeherrschenden Unternehmen mit einem starken Partner im Rücken ernsthaft etwas entgegensetzen könnte.
Tegut verfolgte den Bio-Fokus schon, als andere noch zögerten. Jetzt, wo der Trend zum bewussten Konsum unbestreitbar ist, ausgerechnet den kaufkräftigsten Markt aufzugeben – das könnte ein kostspielige Kurzschlussreaktion sein.
Fest steht: Die neue Migros-Führung ist dazu entschlossen, Tegut mit harten Einschnitten in die schwarzen Zahlen bringen. Das ist nachvollziehbar. Aber vielleicht sollte man in Fulda und Zürich noch einmal genau rechnen – nicht nur die kurzfristigen Sanierungskosten, sondern auch den langfristigen Wertverlust durch einen überhasteten Rückzug, der Tegut auf längere Zeit auf die eigene Stammregion beschränken würde.
Profitabel? Vielleicht. Aber auch ohne echte Möglichkeit, zu wachsen und die lange vorausgesehene Umkehr im Verhalten vieler Konsument:innen sprichwörtlich gewinnbringend für sich zu nutzen.
Migros in der Zwickmühle
Die Beispiele Real und Kaiser’s Tengelmann haben eindrücklich gezeigt: Teilrückzüge bergen die Gefahr, der Anfang vom Ende zu sein. Wer einmal wichtige Standorte aufgibt, bekommt selten eine zweite Chance. Schlimmstenfalls könnte ein Rückzug aus Süddeutschland für Tegut mehr sein als nur eine verpasste Expansion: der Weg in die dauerhafte Provinzialisierung, durch die man langfristig noch viel mehr unter Druck käme.
Unter selbigem scheint zweifellos auch die Pörtig zu stehen. Die Versuchung ist groß, durch harte Einschnitte schnelle Erfolge zu erzielen. Das scheint auch Ex-Tegut-Chef Gutberlet unterschätzt zu haben, als er noch vor wenigen Wochen bekräftigte: „Das ist alles sehr langfristig organisiert. Die Migros ist langfristig orientiert.“
Manchmal aber ist der vermeintlich sichere Weg der riskantere. Mehr noch: Wenn Pörtigs Strategie nicht aufgehen sollte und Tegut das gestellte Ultimatum nicht einhalten kann – was dann? Dann blieben Migros kaum Möglichkeiten, sich ohne weitreichende Verluste von der Tochter zu trennen.
Eine Komplettübernahme dürfte angesichts des bereits hoch konzentrierten Markts im deutschen LEH unmöglich sein – zumindest für alle Handelsketten, die das stemmen könnten. Eine Aufteilung der verbliebenen Standorte wäre mühsam, würde Ressourcen binden und könnte Zürich ebenfalls massive Verluste bescheren.
Eine Investition in die Zukunft
Es ist ein Drahtseilakt für Migros: Die Tegut-Sanierung soll schnell gehen, darf deswegen aber nicht den Kern des Formats beschädigen; sonst beschädigt sich Zürich damit auch ein Stück weit selbst.
Dabei gäbe es durchaus Alternativen: Tegut bräuchte die Chance, die Basic-Integration zu Ende führen. Die Logistik für den Süden müsste optimiert werden, möglicherweise ja durch Partnerschaften. Die Sortimentsstruktur zwischen Bio und konventionell ließe sich neu justieren, die Positionierung im Preiseinstieg mit den Kompetenzen der Mutter schärfen.
Das würde Geld kosten und Geduld erfordern. Aber es wäre eine Investition in die Zukunft, die selbst im sparsamen deutschen LEH immer stärker in Richtung Bio tendiert – und nicht deren Demontage.
„Tegut hat noch eine letzte Chance“, sagt Pörtig in der „NZZ“. Die Frage ist nur: Wofür nutzt man sie? Für einen geordneten Rückzug? Oder für den Versuch, aus der Bio-Pionierrolle endlich auch wirtschaftlich Kapital zu schlagen. In einem Markt, der dafür reif zu sein scheint.
Also ich finde tegut ist weder Fisch noch Fleisch. Ich als „kaufkräftiger“ Biokunde gehe direkt zum Biomarkt, weil ich die Kompetenz eines Händlers anzweifele, wenn neben hochwertiger Bio-Ware z.B. Redbull steht. Das Konzept von tegut habe ich bisher nicht verstanden.
Tegut steht wie kein zweiter Einzelhändler für Bio und regionale Lebensmittel mit Sortimentstiefe. Mit Kusshand würde ich dort einkaufen, wenn doch nur ein Markt in der Nähe meines Wohnortes stünde.
Stattdessen baut man zum Beispiel in Bad Nauheim einen schönen und völlig überdimensionierten Markt, obwohl 3 weitere Märkte im Umkreis von 7 Kilometern ( ! ) bereits existieren. Tegut sollte rund um bestehende Standorte und Zentralläger wachsen, der Rückzug aus Süddeutschland wäre ein fataler Fehler.
Korrektur: es sind sogar 4 Märkte, ein weiterer Markt in der Bad Nauheimer Innenstadt. 2 Märkte in der Peripherie der Nachbarstadt Friedberg, ein weiterer im 6 km entfernten Wölfersheim. Und das trotz Präsenz aller namhaften LEH Player 😉
Ich weiß ja nicht, wie es in München ist, aber hier in Frankfurt hat tegut bei der basic-Übernahme nach meinem Dafürhalten so ziemlich alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. Ich wohne direkt über einer ehemaligen basic-Filiale und habe grundsätzlich sehr hohe Sympathie für tegut, aber der Murks, den Fulda bzw. Zürich dort veranstaltet, ist hanebüchen.
Erstes Problem: der Laden ist von seiner Größe her perfekt für einen reinen Bio-Supermarkt, aber viel zu klein für einen regulären Vollsortimenter. Das Ergebnis ist, dass die Auswahl sowohl bei Bio als auch beim konventionellen Sortiment schlecht ist. Ja, es gibt sehr viel mehr Bio als bei Rewe, aber auch sehr viel weniger als vorher bei basic oder bei Alnatura und denn’s. Gerade die im Text erwähnte, hochattraktive Bio-Preiseinstiegsmarke „tegut… Bio zum kleinen Preis“ ist in dieser Filiale fast nicht zu bekommen, stattdessen gibt’s Alnatura bis zum Abwinken – nicht gerade ein Plus für die Kundenbindung.
Bei der Umflaggung im Januar 2024 waren immerhin noch die Backtheke, die Fleisch- und Wursttheke und die Obstabteilung 100% bio. Dort schleicht sich aber seither immer mehr konventionelle Ware ein – zulasten der Bio-Auswahl und ohne erkennbaren Mehrwert, denn das konventionelle O&G bei tegut mag besser sein als anderswo, aber auch teurer.
Ich hab’s in den ersten Wochen nach der Umstellung erlebt: die Hälfte der Kundschaft beschwerte sich lautstark, dass sie ihre Lieblings-Bio-Artikel nicht mehr bekommen und kündigte an, jetzt zu denns oder Alnatura zu wechseln. Bei den neu hinzugewonnenen konventionell orientierten Kund/innen handelte sich hauptsächlich um Schnäppchenmuttis, die gezielt die Sonderangebote kauften und sich lautstark beklagten, dass die kleine Filiale nicht alle beworbenen Angebote aus dem Prospekt führte.
Hinzu kommt, dass die Filiale ständig unterbesetzt ist und man ewig an der einzigen geöffneten Kasse ansteht. SB-Kassen: Fehlanzeige, stattdessen gibt es eine so gut wie nie besetzte Kiosk-Kasse mit dahinter platzierten Klau-Artikeln. Auch das Personal scheint mir ziemlich frustriert von der Situation zu sein.
Das Problem von tegut ist aber ohnehin, dass der Laden teuer ist oder zumindest als teurer als die Konkurrenz empfunden wird. Das hat schon Tengelmann und auch basic das Genick gebrochen. Gleichzeitig gibt es ja eine Kundschaft, die bereit ist, für gute Lebensmittel und ein schönes Einkaufserlebnis mehr Geld auszugeben. Die verprellt man aber beispielsweise mit der Preiseinstiegsmarke „Jeden Tag“, die ihre eigene qualitative Minderwertigkeit schon mit der hässlichen Verpackungsgestaltung annonciert und das gesamte Sortiment massiv abwertet.
tegut hat mit seinen hochgradig glaubwürdigen Eigenmarken – sowohl im konventionellen wie im Bio-Bereich – eigentlich ein Pfund, mit dem es richtig wuchern könnte. Stattdessen räumt man die knappen Regalflächen für diesen Schrott frei. Oder für den Konkurrenten Alnatura.
Die Mischstrategie mag ja auf großen Flächen funktionieren, von denen tegut in Frankfurt auch mittlerweile einige hat. Und tatsächlich gehe ich lieber in der großen Filiale an der Konstablerwache einkaufen als in der bei mir am Merianplatz, weil ich da wenigstens (fast) alles bekomme, was ich brauche. In meiner Filiale hingegen wird das Sortiment mit jeder Überarbeitung noch ein bisschen schlechter. Für meine Wocheneinkäufe gehe ich mittlerweile zu denn’s, obwohl ich die Kette eigentlich nicht mag. Aber die haben eben ein reines und breites Bio-Sortiment – und sind oftmals auch günstiger.
Ich bin nach wie vor der Meinung, dass tegut bei der Übernahme von basic nicht mutig genug war. An den Standorten gab und gibt es bereits ein zahlungskräftiges und -williges Bio-Publikum. Hier hätte tegut die Chance gehabt, die Filialen als „tegut… Bio“ mit reinem Bio-Sortiment weiterzuführen und seine Bio-Kompetenz noch stärker unter Beweis zu stellen. Mit genügend Regalplatz für das *komplette* tegut… Bio und tegut… Bio zum kleinen Preis-Sortiment und ergänzenden Bio-Fachmarken. Damit hätte man die ehemalige basic-Kundschaft bei der Stange gehalten und womöglich Kund/innen von Alnatura und denn’s abgezogen. Im besten Falle hätte diese Vorzeige-Schiene noch imagemäßig auf die gesamte Kette abgestrahlt, bei der man all die schönen Sachen, die es bei „tegut… Bio“ gäbe, ja auch bekommen könnte.
So hat man sich ein paar viel zu kleine, schlecht sortierte und überteuerte Kramlädchen zusätzlich ans Bein gehängt.
Ich würde deine Beobachtungen für München tendenziell bestätigen, jedenfalls für die Zeit nach der Eröffnung. Die weitere Entwicklung bei den Ex-Basic-Märkten kann ich nicht beurteilen, weil ich die Standorte nicht mehr aufgesucht habe. Um meinen Kommentar vom Mai zu recyceln:
Wenig begeistert war ich vom Tegut in Bogenhausen, bei dem es wenig ersichtlich ist, dass er für den Umbau zwei Wochen lang geschlossen war. Gefühlt wurden nur die Preisleisten ausgetauscht. Die Einrichtung wurde sonst übernommen, entsprechend alt sehen z.B. Kassen und Tiefkühltruhen aus. Gerade bei letzteren hätte es sich unter Umständen gelohnt, in neue und ggf. zusätzliche oder größere Truhen zu investieren. Das Angebot dort war recht gering und sah auch ein bisschen nach zusammengewürfelten Restposten aus.
Generell fand ich das Warenangebot etwas überrascht, so gab es deutlich weniger Produkte der Tegut-Eigenmarken als ich erwartet hätte und nach Tegut Bio zum kleinen Preis musste ich schon genauer Ausschau halten. Aber gerade bei den Produkten hätte ich erwartet, dass Tegut sie prominenter platziert um die Brücke zwischen Ex-Basic-Kunden und jenen Leuten zu schlagen, die bislang nebenan zu Rewe oder einem der Edekas in der Nähe gegangen sind.
Positiv war aber das Obst- und Gemüseangebot, das teils (weiterhin) gekühlt ist, sehr frisch aussah und auch frisch roch. Dahingehend war es dann auch nicht so überraschend, dass sich die meisten Kunden dort aufgehalten haben.
Beim Tegut in Trudering gab es hingegen mehr Tegut-Produkte und die unterschiedlichen Eigenmarken waren auch prominenter (auch wenn ich selbst da vom Gefühl sagen würde, dass man bei Amazon mehr Tegut-Produkte bekommt). Der Laden sah auch deutlich schicker aus als der in Bogenhausen, auch wenn gegenüber dem Basic zumindest von der Optik nicht so viel geändert wurde. Das war auch schon vorher ein schöner Basic.
Interessant dort ist allerdings, dass die Bäckerei- und Bistro-Ecke durch einen Brötchenknast ersetzt worden ist. Lediglich Fleisch und Käse gibt es dort weiterhin in Bedienung.
Auch wenn der Tegut in Trudering deutlich besser ist, war er zumindest als ich da war noch weniger besucht als der in Bogenhausen. Was eventuell auch daran liegt, dass es in direkter Nachbarschaft einen Alnatura gibt, der anders als Tegut weiterhin 100% Bio anbietet. Direkt nebenan ist zudem auch ein Rewe, in Lauf- und praktisch auch in Sichtweite gibt es außerdem auch Edeka und Aldi. Insofern dürfte sich speziell der Markt besonders schwer tun.
Heute habe ich gerade gesehen, dass die Bedientheke für Fleisch & Käse zum 18.12.2024 zugemacht wird und durch SB-Ware ersetzt werden soll. Macht einerseits Sinn, weil es dort meist keinen großen Andrang gab, die Theke aber auch ohnehin fast immer verwaist war.
Ein bisschen ironisch mutet aber an, dass direkt neben der Schließungsnachricht nach wie vor ein mannshoher Pappaufsteller platziert ist, mit dem tegut Fachverkäufer:innen für die Theke sucht. Da ist die Botschaft vielleicht nicht ganz so stringent… 😉
Aus meiner Sicht ist schon die Annahme, dass Besserverdienende ihren gesamten Einkauf in einem überteuerten Supermarkt machen, falsch
Ich erlebe es eher so, dass in dieser Gruppe der Grundbedarf beim Discounter/ Rewe/Edeka gedeckt wird
Dazu werden Spezialitäten online, bei Fachgeschäfte oder im Großmarkt gekauft( bei Metro kaufen hier freitags viele Freiberufler wie Anwälte gerne ihre Steaks oder Fisch für das Wochenende)
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Ich empfand tegut schon immer als schwierig. Das Geschäft hatte sich damals zwischen klassischem Supermarkt und Bio-Markt positioniert, die Ladengrößen waren aber häufig so gering, dass die Auswahl und Produktvielfalt darunter litt. Ich bekomme weder eine große Auswahl an konventionellen noch an Bio-Lebensmitteln. In den vergangenen zehn Jahren haben die klassischen Supermärkte von REWE und EDEKA hier deutlich aufgeholt. Das Konzept von tegut wurde aber nicht wirklich angepasst. Die etwas größere Bio-Auswahl mag für bestimmte Zielgruppen interessant sein, allgemein sind dafür bei tegut aber auch die Preise teurer als bei den großen Ketten. Um die günstige Bio-Eigenmarke von tegut zu kaufen, muss ich insgesamt mehr zahlen. Im besten Fall gleicht es sich dann aus, im Schlechtesten Fall zahle ich bei tegut mehr.
Womit tegut immer überzeugte war die Qualität, dass versinnbildlicht ja auch der Slogan „Gute Lebensmittel“. Vielleicht sollte man sich hierauf konzentrieren: Qualitativ hochwertige Lebensmittel, Bio und konventionell, selektiv ausgewählt. Ein Delikatessenladen unter den Supermärkten, kein Allrounder der mir irgendwie versucht ein Produkt in fünf verschiedenen Qualitätsstufen zu bieten, von denen ich erstens am Ende sowieso nur eines kaufe. Das würde auch wunderbar zum Image der Schweiz passen, aus dem der heutige Mutterkonzern ja stammt. Ein oder zwei gute Salami, aus konventionellem und / oder Bio-Handel, aber nach Geschmack, nach Frische, nach Tierwohl und weiteren Faktoren ausgewählt. Mal ist es eben Bio, mal komplett fair gehandelt, mal ist der Käse länger gereift, usw. Kein Luxus wie das klassische Delikatessengeschäft, in dem die wenigsten regelmäßig einkaufen können, sondern wirklich gute Qualität für viele Menschen.
Es ist je nach Produktgruppe sehr unterschiedlich, stellenweise (wie z.B. bei manchem Gemüse oder Mopro/Kühlstrecke) bietet tegut gar ein tieferes Biosortiment als Mitbewerber wie denn’s. Als „99,9 %iger“ Biokäufer nervt mich aber besonders beim O/G die gemischte Platzierung von Bio-/Verbands-/demeter-/konventioneller Ware, besonders wenn mal wieder nur fade Preisschilder mit Bioschriftzug in s/w statt „grünem Kreis“ (oder gar keine) gesteckt sind. Da ist der Kompromiss wie bei Aldi Süd m.E. sinnvoller, viele in Bioqualität angebotene Artikel schlicht nicht parallel konventionell vorzuhalten, womit sich auch die Verpackungsproblematik erledigt hat.
teguts EU-Bio-Preiseinstiegsmarke ist insofern überholt, als dass die Discounter ihren Biopreiseinstieg normalerweise längst mit Verbandszertifizierung anbieten. Insofern wäre es aus meiner Sicht zeitgemäß, nach Möglichkeit Verbandsbio und als Upgrade die demeterzertifizierte/regionale/… Ware anzubieten.