Discounter gegen Supermärkte – Das wahre Duell

Discounter gegen Supermärkte – Das wahre Duell

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Discounter vs. Supermärkte

Haben Sie auch schon in der ZDF-Mediathek „Aldi gegen Lidl – Das Duell“ gesehen (Dienstag, 20.15 Uhr)? Dann sind Sie hier goldrichtig. Das im ZDF ist nämlich bloß das Vorprogramm. Und eine 3D-Grafik-aufgemotzte Kopie der ebenso infantilen „Markenchecks“. Der Hauptkampf folgt jetzt: Discounter gegen Supermärkte! Es wird auch keine einzige deutsche Durchschnittsfamilie damit gequält, bis kurz vor der Bewusstlosigkeit irgendwelche Testeinkäufe erledigen zu müssen. Versprochen!

Und hier sind sie: Die Gegner

In der linken Ecke des Kuchendiagramms: die Discounter! Dazu gehören natürlich Schwergewichte wie Aldi und Lidl, aber auch Aufholer wie Netto (ohne Hund), Herausforderer Penny sowie kleinere Wettbewerber wie Norma. Über 40 Prozent des Umsatzes im deutschen Lebensmittelhandel gehen auf ihr gemeinsames Konto. In der rechten Ecke: die Supermärkte! Edeka, Rewe, Kaiser’s Tengelmann und andere kommen mit ihren Läden zwar gemeinsam nur auf 25 Prozent Marktanteil. (Der Rest wird von SB-Warenhäusern und Drogerien belegt.)

Aber Sie können sicher sein: Es wird trotzdem ein spannender Kampf.

Marktanteile der Ladentypen 2012

Erste Runde: Der Discount-Erfolg

Als die Albrecht-Brüder das vom Vater übernommene Handelsunternehmen Anfang der 60er Jahre zu einem Konzept umbauten, das auf sämtliche Annehmlichkeiten beim Einkauf verzichtete, dafür aber Lebensmittel zu konkurrenzlos günstigen Preisen anbot, war das der Startschuss für eine allgemein bekannte Erfolgsgeschichte. Die Deutschen wurden Discount-Fans. Und die großen Supermarktketten gründeten mit einiger Verspätung eigene Billigableger, um dagegen zu halten: Rewe erfand Penny, Kaiser’s Tengelmann eröffnete Plus, Spätzünder Edeka übernahm mit dem Wettbewerber Spar auch dessen Discount-Konzept Netto (ohne Hund).

Zweite Runde: Supermärkte landen Überraschungstreffer

Nach einem nur wenige Jahrzehnte dauernden Nickerchen mussten die Supermärkte im neuen Jahrtausend mit Erschrecken feststellen: sie haben voll verpennt. Die Discounter hatten sich da längst überall breit gemacht. Und es war höchste Zeit, etwas dagegen zu unternehmen.

Anstatt sich weiter anzupassen, entschieden die Supermärkte, eine möglichst große Distanz zu den Konkurrenten aufzubauen.

Edeka verpasste sich 2005 mit seiner Werbekampagne „Wir lieben Lebensmittel“ ein frisches Image (siehe auch Supermarktblog). 2008 schaffte Rewe seine Supermarktkonzepte HL Markt und Minimal ab, verordnete sich ein modernes Ladendesign und schraubte an sämtliche Filialen das leuchtend rote Rewe-Logo. Die Supermärkte füllten ihre Regale mit immer neuen Eigenmarken. Sie warben um Vertrauen. Bauten schönere Läden mit großen Frischetheken. Erfanden Bonusprogramme. Und wurden dafür geliebt.

Wolfgang Adlwarth von der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) sagt:

„Ausgerechnet 2009, dem Jahr der Krise, in dem alle gedacht haben, dass sich die Anteile noch einmal zu Gunsten der Discounter verschieben, ist es zu einer Renaissance der Supermärkte gekommen.“

Seitdem legten die Supermärkte, vor allem durch die Initiativen von Edeka und Rewe, weiter zu. Die Discounter mussten zurückstecken.

Wie konnte das passieren?

Adlwarth sagt, es liege zum einen daran, dass die Krise die deutschen Haushalte bisher nicht so hart getroffen habe: „Einkommenserwartung und Anschaffungsneigung sind bei den deutschen Verbrauchern derzeit sehr positiv ausgeprägt. Die Leute registrieren die Krise in den Nachrichten, aber die wenigsten erleben sie selbst.“ (Der Rechnung der Bundesregierung zufolge war die Erwerbstätigkeit im vergangenen Dezember auf dem höchsten Stand seit der Wiedervereinigung.)

Die Marktforscher haben aber auch eine Entwicklung in der „Preisorientierung“ festgestellt. Bis 2005 sei diese kontinuierlich gestiegen. Das heißt, die von der GfK befragten Verbraucher antworteten auf die Frage nach dem für sie wichtigsten Einkaufskriterium mehrheitlich, vor allem der Preis sei entscheidend. Nach 2005 war die meistgenannte die Antwort plötzlich: Qualität. Adlwarth sagt:

„Unsere Gesellschaft stellt immer höhere Anforderungen an den Einzelnen. Wir sollen mobil und flexibel sein und inszenieren uns für unsere Umwelt, um dem gerecht zu werden, legen aber im heimischen Umfeld umso mehr Wert auf Authentizität und Heimatverbundenheit.“

Also: auf Bio-Produkte, fair gehandelte Lebensmittel, auf Regionales. Das haben Edeka und Rewe ziemlich früh kapiert und sich angepasst.

Dritte Runde: Discounter schlagen zurück

Den Discountern ist das nicht entgangen. Sie wehren sich jetzt dagegen – mit denselben Mitteln. Sie bauen ihre Läden um und verkaufen mehr Markenprodukte (wie Aldi), bieten eigene Bio-Sortimente an und nehmen sogar Delikatess-Artikel ins Sortiment auf. Lidl stellt sich dabei bekanntlich noch etwas tollpatschig an, wirbt aber zu Feiertagen in Handzetteln, auf Plakaten und sogar im Fernsehen massiv für seine „Deluxe“-Produkte. Vor einigen Jahren wäre das noch unvorstellbar gewesen. (Nicht nur das Sortiment, auch die teure Fernsehwerbung.)

Die GfK hat errechnet, dass „Aldi Gourmet“ und „Lidl Deluxe“ im Weihnachtsgeschäft 2012 „beinahe jeden fünften Haushalt“ in Deutschland erreichten.

Lidl-Werbung für die "Deluxe"-Eigenmarke zu Ostern 2013

„Die Änderungen bei den Discountern sind deren Reaktion auf die Marktentwicklung der vergangenen Jahre“, erklärt Adlwarth. Und den Kunden scheint das zu gefallen. „Seit 2009 gab es Jahr für Jahr Marktanteilsverluste für die Discounter, aber wir sehen ab der zweiten Jahreshälfte 2012 eine Umkehr. Die Discounter, allen voran Aldi, liegen mit ihrem Zuwachs wieder oberhalb des Marktdurchschnitts“ – und zwar mit einem Gesamtwachstum von 2,4 Prozent.

Für die ersten beiden Monate des laufenden Jahres hat die GfK gerade sogar ein Plus von 5 Prozent errechnet und schreibt in ihrer aktuellen Marktanalyse:

„Zur neuen Stärke der Discounter trägt vor allem Aldi bei.“

Das war auch dringend notwendig, vor allem, um wieder mehr junge Kunden zu erreichen. Denn die Kundschaft von Aldi werde „tendenziell älter, jüngere sind weniger stark vertreten“, erklärt Konsumforscher Adlwarth. Das liege unter anderem daran, dass die mittleren Altersgruppen, wenn die Kinder aus dem Haus sind, den Discountern treu bleiben, an die sie sich in den vergangenen Jahrzehnten gewöhnt haben. Junge Singles und kinderlose Paare allerdings haben heute oftmals höhere Einkaufsansprüche:

„Die Zielgruppe, die sich stark am Preis orientiert, macht die Preisgünstigkeit eines Anbieters nicht mehr am Ambiente fest, sondern erwartet trotz günstiger Preise eine angenehme Einkaufsatmosphäre oder Bio-Produkte.“

Und wer gewinnt jetzt?

Keine Ahnung, wir sind hier ja nicht im ZDF. Es zeichnen sich aber ein paar ganz spannende Nebenwirkungen des Wettkampfs ab.

Die erste ist, dass der Discount zunehmend verweichlicht – weil sich zum Beispiel Aldi Nord durch die Modernisierung seiner Läden und die neuen Produkte im Sortiment vom klassischen „Hard Discount“-Konzept entfernt. Dessen oberstes Prinzip ist Einfachheit. Das größere Potenzial liegt aber augenscheinlich in der Öffnung gegenüber den Kunden, die vorm Einkaufen lieber keine Antidepressiva nehmen wollen, um sowas zu ertragen:

Alte Aldi-Nord-Filiale

Dass der Hard Discount ausstirbt, glaubt Adlwarth aber nicht:

„Soweit würde ich nicht gehen. Es gibt immer Anbieter, die in die entstandenen Lücken drängen und sich entsprechend positionieren.“

Große Ramscherfahrung hat natürlich Netto (mit Hund). Und dann gibt’s ja auch noch Norma, das sich nicht nur in Bezug auf die Fliesenauswahl vielerorts hervorragend als Ersatz für Hard-Discount-Fans eignet.

Wenn die Discounter insgesamt wieder zulegen, wird irgendwer verlieren. Das müssen nicht automatisch die Supermärkte sein. Wenn zwei sich streiten, schrumpft vielleicht der Dritte, erklärt Adlwarth: „Unter die Räder kommen könnten die Großflächenanbieter auf der grünen Wiese.“ Es ist also kein Zufall, dass etwa Kaufland dorthin drängelt, wo die Kunden leben. Nämlich nicht in Industriegebieten und an Autobahnausfahrten.

Wem diese Entwicklung noch zum Verhängnis werden könnte klären wir beim nächsten Mal. Lassen Sie sich bitte bis dahin nicht von irgendwelchen ZDF-Redakteuren zu Discountproduktverkostungen zwingen.

Illustration und Fotos: Supermarktblog

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