Supergute Nachrichten gibt es beim vom David zum Goliath aufgepumpten Blitzliefer-Start-up Gorillas ja auch nicht alle Tage, zumindest wenn es um dessen Wahrnehmung als arbeitgebendes Unternehmen geht. Umso erfreulicher muss es für die Berliner:innen gewesen sein, dass sie vor einigen Tagen vom Kontaktenetzwerk LinkedIn zu den „Top Startups“ in Deutschland gewählt wurden (basierend auf der Auswertung öffentlicher Daten zu „Beschäftigungswachstum“, „Mitglieder-Engagement“, „Interesse an Jobangeboten“ und „Gewinnung von Top-Talenten“).
Es hat ein paar Tage gedauert, aber am Wochenende hat dann auch Niklas Östberg gratuliert, Chef des DAX-Wunders Delivery Hero:
Dabei hatte Östberg noch vor wenigen Monaten über die Konkurrenz gelästert, die in deutschen Großstädten ein Warenlager nach dem anderen eröffnet, um die Nachbarschaft innerhalb weniger Minuten mit Lebensmitteln zu versorgen. Genau das also, was Delivery Hero nun ebenfalls verspricht, seitdem das Unternehmen unter der Marke Foodpanda in Deutschland neu gestartet ist. Jetzt muss sich bloß noch herausstellen: ob als Fressfeind oder BFF.
Weniger Komplexität, mehr Handel: GEBOS und die Cloud, die mitdenkt

Der Spagat zwischen zentraler Steuerung und lokalem Filialgeschäft stellt Händler vor große Herausforderungen. Mit den Lösungen EDA & EDGE unter der neuen Marke GEBOS hat GEBIT Solutions eine Betriebslösung entwickelt, die Prozesse automatisiert und dabei die Einführung von Linux im POS-Umfeld deutlich vereinfacht. EDEKA gehört zu den ersten, die auf diese innovative Lösung setzen.
Das „Manager Magazin“ hat da schon so eine Tendenz: Östberg wolle mit Delivery Hero zunächst mit 200 Millionen Euro beim Wettbewerber einsteigen und behalte sich vor, „später kräftig aufstocken“ zu können, meldete das Wirtschaftsmagazin Mitte September (Abo-Text, Zusammenfassung hier). Das sei vor allem ein strategischer Schachzug, um den amerikanischen Rivalen Doordash zu blockieren, der ebenfalls Appetit auf den deutschen Markt bekommen hat – und sich inzwischen am Gorillas-Konkurrenten Flink beteiligt haben soll. Damit dürfte der vom „Manager Magazin“ vermutete Plan hinfällig sein, „Gorillas mit dem Rivalen Flink zu verschmelzen“.
Wie nutzten Kund:innen die Konkurrenz?
Prima, dann können wir uns ja vollumfänglich der zweiten offenen Frage im Theater der Lieferdienste widmen: Nämlich, ob es mittelfristig wirklich mehrere Services braucht, die versprechen, alles aus der Nachbarschaft zu liefern, wenn dort ähnliche Geldgeber investiert sind.
Anders gefragt: Gorillas oder Foodpanda?
Delivery Hero äußert sich bislang nicht zu einem möglichen Gorillas-Investment. (Nachtrag, 19. Oktober: Inzwischen ist die Beteiligung offiziell bestätigt.)
Die Gegenseite betreibt derweil schon mal ausführlich Markenkernforschung: Ausgewählte Gorillas-Kund:innen sind derzeit per Mail dazu aufgefordert, an einer umfangreichen Online-Befragung teilzunehmen („Dein Feedback ist extrem wichtig, damit wir dir den bestmöglichen Service bieten können“). Teilnehmer:innen sollen u.a. beantworten, wie sie Gorillas bislang nutzen: für den Großeinkauf, eher für kleinere Lebensmitteleinkäufe, ganz konkret für Zutaten des Abendessens oder als Notfalldienst für die eine Zutat, die man gerade nicht mehr im Kühlschrank hat.
Die Umfrage verrät zudem, wen man in Berlin als Hauptkonkurrenten identifiziert: Getir, Flink, Foodpanda und Amazon Fresh, zu denen Kund:innen befragt werden. (Der Rewe Lieferservice taucht lediglich unter „Online-Shops, die eine Lieferung in wenigen Tagen anbieten“, auf – was nicht sehr aktuell ist). Gorillas interessiert sich insbesondere für die Häufigkeit der Bestellung und den Anteil des Einkaufsbudgets, das im vergangenen Monat bei den Wettbewerbern landete.
Wer ist „die Marke, über die alle reden“?
Außerdem scheint man sich durchaus der eigenen Defizite bewusst zu sein und will wissen, wie Kundinnen reagieren, wenn ein Produkt, das sie kaufen wollen, bei Gorillas nicht verfügbar ist (eine Antwortmöglichkeit: „Verzichte auf deine Bestellung und kaufe woanders“), an wievielen Tagen in der Woche Kund:innen von zuhause arbeiten und ob sie sie vegetarisch oder vegan ernähren.
Ein großer Schwerpunkt besteht zudem darin, Teilnehmende bewerten zu lassen, wie cool sie die Marke finden, wie freundlich die Fahrer:innen, wie die Auswahl der lokalen Produkte, das Preis-Leistungsverhältnis, den Kundenservice und die App – und zwar: explizit im Vergleich mit Foodpanda, dem Wettbewerber von Delivery Hero.

Abgefragt wird für Gorillas und Foodpanda auch die Zustimmung zu folgenden Punkten: „Kümmert sich um seine Mitarbeiter“, „Ist eine Marke, mit der ich mich identifiziere“, „Ist die Marke, über die alle reden“. Und ich sag mal so: Sollte man in Berlin ganz grundsätzlich an einer Liaison der beiden Lieferdienste in Schwarz und Magenta interessiert sein, dürfte diese Umfrage schon hilfreiche Auskünfte dazu geben, welche Marke die stärkere wäre, um mit Quick Commerce in Deutschland so richtig durchzustarten.
(Mindestens aber, wie angeschlagen die Markenwahrnehmung von Gorillas nach den wiederkehrenden Mitarbeiter:innen-Protesten bei der Stammkundschaft tatsächlich ist.)
Darf’s noch ein Prozenten mehr sein?
All das lässt sich aber genauso gut unter regulärer Konkurrenzbeobachtung verbuchen; Beteiligungen sammelt Delivery-Hero-Chef Östberg schließlich wie andere Überraschungseifiguren: am spanischen Liefer-Primus Glovo, am Rivalen Just Eat Takeaway (seit dem Verkauf des Deutschland-Geschäfts 2018/2019), neuerdings auch an Deliveroo aus Großbritannien (Reuters hat den Überblick).
Auffällig ist, dass sich parallel zu den Bemühungen von Gorillas, die Gewohnheiten und Vorlieben seiner Kund:innen besser kennenzulernen, auch der etabliertere Lieferdienst-Wettbewerb um ähnliches bemüht. Rewes Lieferservice will derzeit von seinen Kund:innen wissen, welche Online-Lieferdienste sie kennen (von Gorillas und Flink über Bringmeister und Amazon Fresh bis zu Mytime und Flaschenpost), regelmäßig nutzen und wie sich ihr Online-Einkaufsbudget im Monatsschnitt auf die ausgewählten Dienste verteilt (Rewe Lieferservice inklusive).

All das spricht dafür, dass in der Branche gerade ein großes Abtasten zwischen etablierten und neuen Anbietern erfolgt, um besser einzuschätzen, wie und an wen man potenziell Kund:innen verliert.
Das ist auch vor dem Hintergrund interessant, dass eine aktuelle Studie des Warenversicherers Euler Hermes dem stationären Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland gerade eine düstere Zukunft bescheinigt, weil sich Einkäufe zunehmend ins Netz verlagern. Die (zugespitzte) Quintessenz ist: Es geht alles unter! ???? Wer sich ins Online-Geschäft wagt, kriegt dort seine Margen rasiert; und wer nicht, verliert Kund:innen, weil die von neuen Diensten weggemopst werden.
Lücken, Pferde, Sensationen
Wenn Sie eine länglichere Zusammenfassung mit ein paar völlig ins Blaue hinein geschätzten Zahlen lesen wollen: bitteschön, hier steht die Meldung dazu.
Inwiefern der Markt tatsächlich wächst, also neue Kund:innen gewonnen werden, die nicht mehr (so oft) in den normalen Laden gehen; oder in welchem Maße (Online-)Budgets auf neu hinzu gekommene Anbieter verteilt worden sind – dazu findet sich dort leider nichts. Aber wenn Sie mal große Lust haben, Studien-Bullshit-Bingo zu spielen, kann ich Ihnen die Lektüre wirklich sehr empfehlen: In der Meldung gibt’s nicht nur den bekannten „Weckruf“ für die Branche, im Thema ist auch „Musik drin“, „[d]och es ist nicht alles Gold, was glänzt“, imaginären Türen werden „weit offen für neue Marktteilnehmer“ gelassen, jemand stößt in eine „Online-Lücke“ und gräbt anderen potenziell das Wasser ab, während der Rest auf ein „Pferd“ setzen muss, um „im Rennen zu bleiben“.
(Kleiner Tipp noch an die Übersetzung für einen glaubwürdigen Auftritt: „prepared meals“ sind im Deutschen keine Fertiggerichte, ganz im Gegenteil.)
Was das alles zu bedeuten hat, kann ich Ihnen gerade auch nicht weissagen; aber vermutlich lohnt es sich, im Auge zu behalten, wem Niklas Östberg auf Twitter als nächstes für irgendwas gratuliert.
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[…] Siehe dazu auch „BFF oder Fressfeinde – wie gut verstehen sich Foodpanda und Gorillas?“. […]