Einkauf unterm Highlight-Bogen: Alle Besonderheiten aus Edekas Center No.1

Einkauf unterm Highlight-Bogen: Alle Besonderheiten aus Edekas Center No.1

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Eier-Pavillon, Probierstation und Zwischenkasse: Nicht nur gastronomisch legt sich Edeka in seinem Ausnahme-Center in Berlin-Steglitz richtig ins Zeug. Auch der klassische Marktteil wartet mit einigen Überraschungen auf. Teil 2 des Supermarktblog-Ladenrundgangs.

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Wenn Hufeisen echt Glück bringen, dann hat das im Forum Steglitz eröffnete E Center No.1 (Teil 1 des Ladenrundgangs steht hier im Blog) selbiges gleich für 4.000 Quadra–tmetern gepachtet; schließlich nimmt die entsprechend geformte Verkaufsfläche das komplette erste Obergeschoss des Einkaufszentrums ein, in das der Markt vor wenigen Wochen eingezogen ist. Und kann, auch wenn es an Selbstbewusstsein nicht mangelt („Berlin hat 1.000 Supermärkte – aber nur eine No.1“), ein bisschen Unterstützung vermutlich nicht schlecht gebrauchen.

Denn zum einen muss das Center den Nachteil ausgleichen, seine Kund:innen innerhalb des Zentrums ganz nach hinten zu locken, wo die Rolltreppe Richtung Markteingang fährt; dazu verfügt der Laden über keinerlei Abkürzungsmöglichkeiten: Wer ganz kurz vor den Kassen Bananen oder Wein vergessen hat, muss ziemlich viele Extraschritte zurück machen, um die noch einzusammeln.

Marktleiter Robert Jablonksi hält das für verschmerzbar und setzt darauf, dass regelmäßige Kund:innen sich schnell an den Aufbau seines Markts gewöhnen.

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Die potenzielle „Brücke“ in der Mitte des Atriums wird stattdessen für die Dschungel-haft designten Kund:innen-Toiletten genutzt, zu denen man vorbei an weiteren hell leuchtenden Kräuterschränken des Partners Infarm läuft, die schon außerhalb des Markts von weitem sichtbar sind.

Infarm-Kräuterschränke leuchten Kund:innen den Weg zum Markt im Obergeschoss; Foto: Smb

Das Rätsel der Bio-Insel

Sonst ist das No.1 Für ein E Center seiner Art – und trotz der üppigen Gastro-Inszenierung – tatsächlich verhältnismäßig übersichtlich geraten. Der klassische Marktteil schmiegt sich nach dem „Jungle“ zaghaft bis unauffällig an die Innenseite des Kund:innenlaufs, bevor er in der zweiten Ladenhälfte in die Breite geht. Nüsse, Öle und Soßen sind bis dahin schon untergebracht, und die Kundschaft steuert direkt auf die „Naturkind“-Insel zu, die Edeka als Marktbaustein aus seinem selbst einwickelten Bio-Fachmarktkonzept (siehe Supermarktblog) inzwischen für größere Flächen herauslöst, um dort Bio im Block unterzubringen.

Übernommen wurde das komplette Regaldesign samt begrüntem Naturkind-Logo, was in diesem Fall den Nachteil hat, dass beides im attraktionsreichen No.1-Ambiente überhaupt nicht hervorsticht – und man zweimal hinsehen muss, um die Fläche als Bio-Insel zu erkennen. (Die grünen Regalböden alleine sind nur eine kleine Hilfestellung.)

Angesichts all der Attraktionen fast unsichtbar: die Naturkind-Bio-Insel; Foto: Smb

Besonders überzeugend wirkt der Baustein an dieser Stelle leider nicht, zumal sich oben auch noch ein paar Gut-&-Günstig-Nicht-Bio-Artikel ins Sortiment gemogelt haben. Wozu dann der ganze Aufwand?

Zumal es auch in Ordnung gegangen wäre, Bio im übrigen Markt aufgehen zu lassen, der im zweiten Teil durch angenehme Zurückhaltung positiv auffällt.

Tageslicht bei der Wurstwarenauswahl

Anstatt jedem Sortiment nochmal ein eigenes Design zu verpassen (was wohl aus Platzgründen ohnehin nicht möglich gewesen wäre), beschränkt sich der Laden jenseits der Theken auf klar strukturierte Regalreihen, über denen übersichtlich ausgeschildert ist, was die Kund:innen darin erwartet: „Fertiggerichte“, „Teigwaren“, „Vorrat“. Zack, so schnell kann der Wocheneinkauf gehen. Selbst das Drogeriesortiment fügt sich – abgesehen von der helleren Illumination – in diese Uniformität ein.

Beim so genannten Nonfood – allem, was man sonst noch so brauchen könnte – hält sich der Markt bis auf einige Haushaltsartikel weitgehend zurück; dafür ist das Angebot der Wettbewerber in der benachbarten Einkaufsstraße zu üppig.

Dass das No.1 trotzdem nicht wie jede x-beliebige Großfläche wirkt, hat mehrere Gründe.

Zuallererst den, dass die Designer daran gedacht haben, das bereits für den Thekenteil umfassend genutzte Tageslicht auch im klassischen Marktbereich nicht komplett verschwinden zu lassen: Selbst über dem Kühlmobiliar im SB-Bereich für Molkereiprodukte und Fleisch kann man noch nach draußen schauen – zwar, ohne dass das einen direkten Nutzen hätte. Gleichwohl verleiht das dem Einkauf das nur schwer erklärbare Gefühl der Nichtabgeschlossenheit. Und das ist ziemlich toll.

Aktionsstraße in Orange

Mit wenigen simplen Elementen bekommt der Laden Struktur: Die im Fachjargon „Gondelköpfe“ getauften Regalenden sind den kompletten Hauptlauf hinunter in Aktions-Orange gestaltet, um Sonderangebote hervorzuheben; auch die aktuelle Treueaktion des Markts findet dort Platz.

Schlicht, aber effektiv: Aktionsstraße mit übersichtlich beschrifteten Sortimenten über den Regalreihen; Foto: Smb

Die Aktionsstraße dürfte auch dabei helfen, Kund:innen daran zu erinnern, dass sie hier nicht im Spezialitätengeschäft unterwegs sind, sondern ruhig ihren regulären Einkauf erledigen kann. So lässt sich trotz Edel-Ambiente eine möglichst breite Zielgruppe ansprechen; der überhaupt nicht ins übrige Design passende „Discountbillig einkaufen“-Aufsteller in der SB-Kühlung tut das übrige.

Zwischendurch erinnert Edeka daran, dass sich im No.1 trotzdem „discountbillig“ einkaufen lässt; Foto: Smb

Dazu kommen gelbe Highlight-Bögen, die sich innerhalb den Regalreihen verschieben lassen, um auf besondere Artikel hinzuweisen – was an sich eine gute Idee ist.

Anders als z.B. Jumbo in den Niederlanden scheint Edeka aber noch nicht so recht eingefallen zu sein, was genau sich damit anstellen ließe. Die allermeisten Bögen umrahmten bei meinem Besuch Ende November wenig, das als zusammengehörig oder besonders wahrnehmbar gewesen wäre; diese Ideenlosigkeit mit einem Berlinerisch-frechen, aber völlig aussagefreien „Na Kiekste“ funktioniert leider nicht. Schade, da wäre noch mehr Kreativarbeit gefordert. Unter „Unsere Herzensempfehlung“ noch mal Produkte regionaler Kooperationspartner zu versammeln, wäre ein Anfang – wenn’s denn konsequent durchgehalten würde.

Berliner Schnauze ohne Pause

Ein bisschen übertreibt’s Edeka ohnehin mit der unterhaltsam gemeinten Berliner Schnauze, in der zahlreiche Sortimente überschrieben sind:

„Noch ’nen Klecks druff! Es gibt nicht zuviel Soße“
„Coole Scheiben. Heiß serviert“ (Pizza)
„Zum Dahinschmelzen. Eis, Eis Baby“
„Bitter der Tafelrunde. Ohne Schoki ist doof“
„Orange is the new schmeckt. O Sole Bio“

Okay, verstanden: Hier waren ein paar janz witzige Vögel am Werk – leider ohne zu merken, dass etwas weniger Wortspieldrang sehr viel ungezwungener hätte wirken können.

Dass sich die Mitarbeitenden konsequent als „Hauselfen“ bezeichnen lassen müssen, die durch die Gänge „huschen“, um alles für ihre Kund:innen in Ordnung zu bringen, ist zweifellos originell gedacht – aber ebenfalls Geschmacksache. Und immerhin haben manche der fleißigen Elfis vor Marktstart einen Kalligraphie-Kurs gesponsert bekommen, um die im Markt verteilten Kreidetafeln handschriftlich ansprechend mit wechselnden Empfehlungen zu beschriften.

Ganz ohne Design-Überraschung kommt das E Center No.1 aber auch im regulären Marktteil nicht aus. Das umfassende Eier-Sortiment z.B. ist ein einem riesigen Pavillon untergebracht, der rundherum Ware führt, die nicht in blöden Kartons im Regal verschwindet – großartig!

Handgeschriebene Kreidetafeln sollen den Markt individueller wirken lassen; Foto: Smb

Tiefkühl-Ambiente in Brombeer

Und die in Kooperation mit dem Deutschen Tiefkühlinstitut entwickelte TK-Abteilung überrascht in sattem Brombeer. Was für die sonst in der Regel ja nicht gerade überemotional in Blautönen präsentierte Warengruppe eine echte Bereicherung ist.

Very Berry: Tiefkühlung in Brombeeren statt kühlem Blau; Foto: Smb

Vor die Tiefkühlung (und ebenfalls in Brombeer) hat sich die „Probierstation“ geschoben, die an besonders frequentierten Tagen von Herstellern genutzt werden kann, um ihre Produkte an vorbei laufende Kund:innnen zu verköstigen; und an anderen Tagen zurückgeschoben wird, um zusätzlicher Fläche für Aktionsware zu weichen.

Letztere ist so ein bisschen das Problemkind des durchdesignten E Center No.1, weil zumindest vor Weihnachten nicht ausreichend Platz für all die Artikel zu sein scheint, die nun zwischen die übrigen Süßwaren und die Getränkeabteilung geschoben sind – und wie eine Wand aus eng gestelltem Gerümpel wirken, durch die man sich hindurchquetschend muss. Zum restlichen Marktambiente passt das so gar nicht.

So droht auch die ebendort in Kooperation mit Storck aufgebaute Pick-&-Mix-Station, an der man sich nach eigenem Wunsch Bonbons von nimm2 und Werther’s in Pappschachteln füllen und nach Gewicht abwiegen kann, ein bisschen unterzugehen.

Ansturm auf die SB-Kassen

Der Weg zur Kasse vorbei an Getränken und Heimtierbedarf ist dafür glücklicherweise gänzlich unverstellt geblieben – und bietet ausreichend Landefläche für vollgestopfte Einkaufswagen, die entweder reguläre Bedienkassen ansteuern können (mit wärmenden Deckenheizplatten, damit dem Personal beim Kassieren nicht kühl wird) oder zwei Express-Varianten, an die Nutzer:innen des Edeka-eigenen „Easy Shopper“-Systems gelotst werden. (Bei dem wird Ware direkt vorm Regal am Wagen gescannt, um nachher den Einkauf auf einen Schlag zu bezahlen.)

Für Schnelleinkäufer:innen stehen (wie an dieser Stelle schon beschrieben) sechs SB-Kassen zur Verfügung, von denen drei mit eigener Rückwand verkleidet sind, auf der einerseits wortreich der Scan-Prozess erläutert wird – und aus der sich andererseits, wie an der regulären Kasse, Impulsartikel von Schokolade bis Kaugummi entnehmen lassen. Partner wie Ferrero, Mars und Wrigley’s werden’s danken (und waren bei der Planung mit an Bord).

Marktleiter Robert Jablonksi erklärt im Supermarktblog-Gespräch:

„Mit dem Anteil der Kund:innen, die die SB-Kassen nutzen, liegen wir innerhalb der Edeka Minden-Hannover schon jetzt auf den vorderen Plätzen in der ganzen Region.“

Ein sehr durchdachter Eindruck

Insgesamt macht der Markt einen sehr durchdachten Endruck, und das Einkaufen im E Center No. 1 kann richtig Spaß machen. (Zumal erfreulicherweise fast komplett auf die 600 Jahre alte Edeka-Hausschrift verzichtet wurde.)

Genau deswegen fallen die kleinen Unzulänglichkeiten aber umso stärker auf: Die Automaten für Flaschenpfand sind z.B. ans Parkhaus des Forum Steglitz angedockt. Das bedeutet: Wer zu Fuß zum Einkaufen kommt, muss erstmal am Ladeneingang vorbei um die Kassen herum laufen, um seinen Bon abzuholen – und dann wieder den ganzen Weg zurück.

Zur Pfandeinlösung müssen Zu-Fuß-Einkäufer:innen ein paar Extraschritte machen; Foto: Smb

Erstaunlich ist zudem, wie lieblos das Bio-Angebot in die Obst- und Gemüseabteilung integriert worden ist – nämlich: weitgehend unsichtbar im Mittellauf der Abteilung. Angesichts der aus dem Bio-Fachhandel zu den regulären Supermärkten abwandernden Kundschaft ist das ein bisschen arg zurückhaltend.

Bio-Obst und Gemüse muss auf besondere Inszenierung verzichten; Foto: Smb

Der riesige Einkaufswagenfuhrpark lässt vielleicht nur mich etwas ratlos zurück.

Welcher Einkaufswagen darf’s sein?; Foto: Smb

Lesung vor der Einkaufswagenparkstation

Und was die Litfasssäulen angeht, die überall im und auf der Fläche vorm Markt als typisch Berlinerisch gedachte Dekoelemente herumstehen, bin ich unsicher: So richtig genutzt werden die bislang eher nicht – außer um Lesungen wie die mit Sebastian Fitzek anzuschlagen, der kürzlich vormittags zwischen Einkaufswagenparkstation und Aktionsobst aus seinem neuen Buch vorlas und Autogramme gab.

Was angesichts des vorbeilaufenden Durchgangsverkehrs ein kurioses Erlebnis gewesen sein dürfte und für ähnliche „Events“ vielleicht noch mal anders organisiert werden muss.

Litfasssäulen stehen als typisch Berlinerische Elemente überall im Laden herum; Foto: Smb

Eine der besten Ideen des E Center No.1 ist dafür: der Zusatzeingang mit Zwischenkasse. Am gegenüberliegenden Marktende führt direkt von der Schlossstraße ein neu geschaffener Eingang per Aufzug in die Theken- und Gastroabteilung des Markts. Sozusagen eine Abkürzung für besonders hungrige Kundschaft.

Der separate Ausgang mit Zwischenkasse ist eine super Idee; Foto: Smb

Die dort auch schnell ein paar Besorgungen mitnehmen und regulär bezahlen kann, bevor sie sich wieder zurück an den Arbeitsplatz oder nachhause begibt.

Marktindividuell designter Wochenprospekt

Das muss sich freilich erst herumsprechen: Besonders überlastet war die Kassiererin bei meinem Ladenbesuch eher nicht. Und ich würde fast darauf wetten, dass da in wenigen Monaten ein Schild steht: „Bitte zahlen Sie an unseren regulären Kassen am Marktende.“ Gut ist die Idee aber trotzdem. (Eine von der gegenüberliegenden Theke mit beaufsichtigte SB-Kasse wäre womöglich ein besserer Kompromiss.)

Und mal abwarten, wie lange das Center seinen marktindividuell gestalteten Wochenprospekt (PDF ansehen) behalten darf, bevor jemand merkt, dass sich da ein paar unnötige Ausgaben für die Gestaltung einsparen ließen. Auch wenn’s natürlich super aussieht, Sonderangebote mit Theken-„Krachern“ zu kombinieren.

Insgesamt dürfte das No.1 in Steglitz zu den interessantesten Supermärkten gehören, die Edeka derzeit zu bieten hat – zumal der Laden die Kombination aus Gastronomie und Lebensmitteleinkauf nicht wie viele andere an den Stadtrand verlegt, wo ohnehin genügend Platz ist. Sondern mittendrin ins Einkaufsgetummel des Berliner Südens.

Das komplette erste Obergeschoss im neu gestalteten Forum Steglitz gehört dem E Center No.1; Foto: Smb

Kleine Hypothek für andere Edekas?

Das könnte, umgekehrt argumentiert, freilich auch eine kleine Hypothek für die umliegenden Edeka-Filialen sein. Der auf der Schlossstraße von einem Edeka-Kaufmann in altem Reichelt-Höhlenambiente weiter betriebene klassische Markt könnte dank ebenerdigem Zugang und Stammkundschaft weitgehend unbeschadet von der neuen Konkurrenz bleiben.

Aber der Laden, der weit, weit unten in die Einkaufszentrenkatakomben des „Boulevard Berlin“ Direkt neben dem No.1 gebaut wurde, dürfte auf Dauer kräftig leiden – bei meinem Kurzbesuch herrschte dort gähnende Leere.

Dass einzelne No.1-Konzeptbausteine und die Theken-Labels auch im E Center Weserpark in Bremen und im Stern-Center in Potsdam zum Einkauf kommen, zeugt davon, dass man bei Edeka Minden-Hannover gewillt ist, seine Märkte auch andernorts vielfältiger zu gestalten als es bisher der Standard war.

Das war im deutschen Lebensmitteleinzelhandel ja über viele Jahre alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Umso begrüßenswerter ist, dass es jetzt endlich jemand wagt.

Teil 1 des Ladenrundgangs:

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