Wird Tegut durch die Basic-Übernahme zum Super-Bio-Supermarkt?

Wird Tegut durch die Basic-Übernahme zum Super-Bio-Supermarkt?

Foto: Smb / Tegut
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19 Filialen der Biomarktkette Basic gehören künftig zu Tegut, das damit vor allem seine Präsenz in München massiv ausbaut. Die Beteiligten beteuern, die Stärken beider Unternehmen zusammenführen zu wollen. Das bedeutet vermutlich aber auch: eine Abkehr vom reinen Bio-Fachhandelsprinzip.

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Die zu Migros Zürich gehörende hessische Supermarktkette Tegut hat angekündigt, den in die Krise geratenen Münchner Bio-Fachhändler Basic (siehe Supermarktblog) übernehmen zu wollen – und weil das aus mehrfacher Hinsicht eine interessante Konstellation ist, schauen wir uns mal an, was die möglichen Szenarien sind, die daraus folgen könnten.

Szenario 1: Basic bleibt in seiner jetzigen Form bestehen

Die unwahrscheinlichste aller Lösungen. Seitens Basic betont man zwar per Pressemitteilung, es sei toll für Kund:innen, „dass sie weiterhin in ihrem angestammten basic Markt einkaufen gehen können“. Und Tegut-Geschäftsführer Thomas Gutberlet erklärt, man werde „die bestehenden Märkte gemeinsam mit den basic-Mitarbeitenden nach und nach weiterentwickeln“.

Faktisch ergibt es für Tegut aber keinen Sinn, Basic als regionale Bio-Fachmarktkette weiterzutreiben.

Zum einen, weil sich das bisherige Konzept alles andere als krisenfest erwiesen hat und man damit ohne Not dem Partner Alnatura in die Quere käme; vor allem aber, weil Tegut selbst auf Expansionskurs ist – und München, wo 12 von 19 übernommenen Basic-Filialen beheimatet sind, schon länger im Fokus steht. Mit einer Umstellung der Standorte auf das Tegut-Konzept hätten die Hess:innen in der bayerischen Landeshauptstadt auf einen Schlag einen festen Stand, der sonst mühsam erarbeitet werden müsste.

Bislang verfügt Tegut dort nur über zwei Märkte, die 2020 bzw. 2022 eröffnet wurden. In der Vergangenheit hatte man sich bereits darum bemüht, Münchner Filialen von Tengelmann zu übernehmen – für die allerdings Konkurrent Edeka (mit Netto [ohne Hund]) den Zuschlag erhielt.

Szenario 2: Basic wird zu Tegut

Im Netz deutet Tegut bereits an, dass Basic in Tegut „übergehen“ wird, wahrscheinlich zum Jahreswechsel 2023/2024. Das bisherige Bio-Fachhandelskonzept dürfte damit aller Wahrscheinlichkeit nach durch das Tegut-Supermarktmodell mit seinem etablierten Bio-Schwerpunkt ersetzt werden.

Ziel sei es, den Kund:innen „ein breites Sortiment ihrer beliebtesten Bio-Produkte“ anzubieten, und ihnen „gleichzeitig auch neue Sortimente und Produkte vorzustellen, mit denen wir darüber hinaus auch neue Kundschaft gewinnen wollen, um die Wirtschaftlichkeit der Filialen sicherzustellen“. Das klingt ebenfalls sehr nach einer Umwandlung zu Tegut – mit der eine größere Zielgruppe angesprochen werden könnte.

Weil die Übernahme noch behördlich genehmigt werden muss, gibt man sich in Fulda bislang aber zurückhaltend, was die eigenen Pläne angeht. Auf Supermarktblog-Anfrage erklärt ein Tegut-Sprecher:

„Die Überlegungen gehen momentan in die Richtung, alle basic-Filialen auf tegut… umzuflaggen. Allerdings ist es zum jetzigen Zeitpunkt zu früh, um hier bereits eine abschließende finale Prozessbeschreibung zu kommunizieren. Wir werden zunächst einmal die Entscheidung des Bundeskartellamtes abwarten und uns dann mit dieser Thematik intensiver auseinandersetzen.“

Interessant wird vor allem, ob es Tegut ihm Zuge der Übernahme gelingt, sein Bio-Profil weiter zu schärfen.

Schon jetzt verkauft keine andere deutsche Supermarktkette soviel Bio-Produkte wie Tegut, der Bio-Anteil ging zuletzt krisenbedingt leicht auf (immer noch hohe) 28,4 Prozent zurück. Im Zuge der Basic-Übernahme könnte Tegut versuchen, weitere Bio-Marken, die bisher klassischerweise vor allem oder ausschließlich über den Fachhandel verkauft werden, in die eigenen Regale zu holen und sich so einen Vorsprung gegenüber Wettbewerbern zu erarbeiten.

Damit dies gelingen kann, müssten Bio-Hersteller bzw. Lieferanten allerdings einsehen, dass die bisherige Strategie der absoluten Fachhandelstreue so in Zukunft nur noch schwer zu halten sein wird – zumal der reine Bio-Fachhandel derzeit massiv unter Druck steht (siehe Supermarktblog).

Größter Basic-Lieferant war bislang Dennree, das sich selbst um eine Basic-Übernahme (via Denn’s Biomarkt) bemüht hatte; bei Tegut heißt es, man habe das Ziel, „auch weiterhin Produkte aus dem dennree-Sortiment anbieten zu können. Entsprechende Gespräche werden hierzu geführt“.

Sollten die tatsächlich erfolgreich verlaufen, könnte sich Tegut zum Super-Bio-Supermarkt weiterentwickeln, einer Mischung aus konventionellem Supermarkt und Bio-Fachhändler, der ein breites Bio-Angebot unterschiedlicher Preis- und Qualitätsstufen anbieten und einem westlichen Bedürfnis vieler Kund:innen entgegen kommen könnte, die gerne Bio einkaufen wollen, ohne dabei auf konventionelle Marken bzw. Eigenmarkenprodukte zu verzichten.

Ob es vorstellbar wäre, dass Tegut in diesem Zuge den Bio-Anteil im Sortiment weiter erhöht, lässt das Unternehmen (noch) umkommentiert.

Szenario 3: Basic bleibt als Bio-Marke erhalten

Vorstellbar, ja. Tegut sagt, man wolle „in die Gespräche mit den Lieferanten gehen, welche [Basic-]Produkte auch künftig noch verfügbar sein können“. Schlauer wäre aber vermutlich, die betroffenen Produkte unter Tegut weiterzuführen.

Oder, andersherum: Es ist unklar, welchen Mehrwert Tegut davon hätte, Basic als Marke zu erhalten – außer, damit der Nostalgie einer überschaubaren Zahl an Basic-Stammkund:innen entgegen zu kommen.

Mit Tegut Bio verfügen die Hess:innen bereits über eine klar positionierte Eigenmarke, die Produkte in Verbandsqualität bietet; mit Tegut Bio zum kleinen Preis hat der Händler zudem ein Angebot geschaffen, das preislich mit Bio-Produkten aus dem Discounter mithalten kann (siehe Supermarktblog); und Alnatura als etablierte Bio-(Fach-)Handelsmarke positioniert sich erfolgreich dazwischen. Was genau könnte „Tegut Basic“ dem hinzufügen? (Zumal der Name irritierend wäre, weil er ein Basis-Bio signalisiert, das bereits von einer an deren Eigenmarke abgedeckt wird.)

Möglich wäre, Basic im Regal langfristig als Alnatura-Ersatz zu etablieren – um sich ein Stück Exklusivität zurückzuholen, die zunehmend dadurch verloren geht, dass Alnatura-Produkte inzwischen bei einer breiten Zahl an Handelspartnern verfügbar sind. Aber das wäre ein harter Brocken Arbeit, der zusätzliche Ressourcen binden würde.

Offiziell heißt es, es bestünden „große Chancen, dass die basic Markenprodukte ins tegut… Sortiment überführt werden“.

Aber, wie gesagt: Das ließe sich ja auch umsetzen, indem man Lieferanten künftig für die Tegut-Bio-Eigenmarken produzieren ließe und die Änderung am Regal kennzeichnet (z.B.: „Basic Dinkel Spaghetti in Bioland-Qualität werden zu Tegut Bio Dinkel Spaghetti“). In Fulda erklärt man:

„Die basic-Markenproukte sind bei den Kundinnen und Kunden äußerst beliebt. Ob und in welcher Form diese weitergeführt werden, können wir erst nach Freigabe des Bundeskartellamtes und nach Gesprächen mit Lieferanten verlässlich beantworten. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es hierfür zu früh.“

Ein sehr vorläufiges Fazit

Fest steht: Die Zeiten von Basic als eigenständiger Bio-Fachmarktkette sind vorbei – fast 16 Jahre, nachdem ursprünglich die Schwarz-Gruppe mit Lidl den Händler übernehmen wollte, der sich damals wegen des öffentlichen Drucks im letzten Moment doch noch gegen die Allianz mit dem bei der eigenen Klientel verpönten Discounter entschied. Um sich anschließend selbst in die Insolvenz zu reiten.

Ironischerweise könnte die Tegut-Übernahme dazu führen, das Ex-Basic-Kund:innen bald doch wieder (Bio-)Lebensmittel via Amazon einkaufen können; Tegut kooperiert an zahlreichen Standorten für taggleiche Lieferungen aus den eigenen Märkten mit dem Handelskonzern, der u.a. die dafür notwendige Logistik verantwortet. Basic hatte sich vor fünf Jahren nach kurzer Zeit wieder aus einer Zusammenarbeit mit Amazon verabschiedet (siehe Supermarktblog).

Für Tegut ist der Zukauf eine großartige Gelegenheit, den deutschen Lebensmitteleinzelhandel wieder ein bisschen spannender zu gestalten – und gegenüber den vier übermächtig scheinenden Marktführern aufzuholen.

Und vielleicht begreift sogar der Bio-Fachhandel es als Gelegenheit, bisherige Unbeweglichkeiten zu überdenken – und neue Allianzen mit Mitbewerbern einzugehen, die ähnliche Ziele haben, aber eine andere strategische Herangehensweise verfolgen.

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1 Kommentar
  • Mit der Beibehaltung von basic als Bio-Marke scheint es nicht so gut auszusehen: ich war jüngst mal wieder in der basic-Filiale bei mir im Haus einkaufen. Die ist aktuell noch nicht umgeflaggt und auch noch immer ein reiner Bio-Supermarkt. Allerdings erfolgt die Belieferung wohl nicht mehr über Dennree, sondern über tegut. Es sind bereits einige „tegut Bio“-Produkte beider Preisschienen zu finden, und anstelle von „basic“-Eigenmarken stehen jetzt zum Teil Alnatura-Produkte im Regal. Beides, falls mich mein Eindruck nicht täuscht, mit Preisaufschlag gegenüber den tegut-Filialen. Ich bin mal gespannt, wie lange es bei dieser sich ein bisschen merkwürdig anfühlenden Übergangsphase bleibt.

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