Die Irrtümer der Pionier:innen – oder: Was ist im Bio-Fachhandel schief gelaufen?

Die Irrtümer der Pionier:innen – oder: Was ist im Bio-Fachhandel schief gelaufen?

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2022 war für den Bio-Fachhandel eines der schwierigsten Jahre seit seiner Gründung: Kund:innen blieben weg, Umsätze sanken. Viele Marktteilnehmer weigern sich trotz drohenden Insolvenzen, ihre bisherigen Strategien zu hinterfragen. Langfristig wird sich das rächen.

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Der biologischen Erzeugung von Lebensmitteln gehört die Zukunft, behaupten die Pionier:innen der Bio-Branche seit jeher – und wenn man sich ansieht, wieviel Bio-Ware in den vergangenen Jahren in Deutschland gekauft wurde, dann lässt sich sagen: Sie scheinen Recht zu behalten. Es hat bloß nie jemand dazu gesagt, dass einen Rechtbehalten im Zweifel auch nicht vor der eigenen Insolvenz bewahren kann.

Genau diese Erkenntnis hat viele kleine und mittelgroße Bio-Fachhandelsketten im vergangenen Jahr überraschend ereilt.

Die Ursachen sind vielfältig, die Konsequenzen drastisch: Nach zwei „coronabedingten Ausnahmejahren“, in denen die Umsätze geradezu explodiert waren, verzeichnete der gesamte Bio-Fachhandel 2022 laut Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) einen Umsatzrückgang um 12,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

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Die Summe des durchschnittlichen Einkaufsbons (minus 5 Prozent) sank laut Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) ebenso wie die Anzahl der Bons – und damit: Besuche im Laden (minus 8 Prozent). Viele Kund:innen haben weiter Bio eingekauft, angesichts steigender Preise und wirtschaftlicher Unsicherheit aber öfter im Discounter; wer weiter in den Biomarkt ging, tat das im Zweifel seltener und hat dort eher günstige Eigenmarken, seltener teurere Herstellermarken aufs Kassenband gelegt.

Bio im Discounter boomt weiter

Der konventionelle Lebensmitteleinzelhandel (inklusive Drogeriemärkte) verzeichnete als einzige Einkaufsstätte 2022 ein Umsatzwachstum mit Bio (3,2 Prozent). Das „Manager Magazin“ ließ sich kürzlich von Aldi und Lidl bestätigen, dass man keine Kaufzurückhaltung für Bio-Produkte feststellen könne. Vielmehr kooperiert Aldi bald mit dem Anbauverband Naturland für besseres Bio (siehe Supermarktblog); Lidl hat gerade seine Partnerschaft mit Bioland verlängert.

Die Supermärkte stehen dem in nichts nach (wobei z.B. Tegut, das als klassischer Händler bereits überdurchschnittlich viel Bio verkauft, ebenfalls Rückgänge hinnehmen musste).

Im Fachhandel sieht das ganz anders aus.

Mit einem Umsatzminus von nur 2,5 Prozent kam der hessische Bio-Fachhändler Alnatura (150 Filialen) im vergangenen Geschäftsjahr noch halbwegs glimpflich davon; Wettbewerber Dennree (366 eigene Denn’s-Filialen, insgesamt 520 Märkte im Biomarkt-Verbund) meldete rund 10 Prozent weniger Umsatz. Richtig hart traf es kleinere und regionale Ketten mit Märkten über 100 Quadratmetern, in denen vor allem die Gelegenheitskundschaft wegblieb.

Im August stellte Superbiomarkt aus Münster als erstes Antrag auf ein Schutzschirmverfahren, um sich in Eigenregie sanieren und vor der Insolvenz retten zu können; im Oktober folgte Biomare aus Leipzig; der November läutete das inzwischen beschlossene Ende von Biomammut aus Böblingen ein, das zuvor von Basic aus München übernommen worden war; im Dezember folgte schließlich Basic selbst.

„Delle“ oder Schlachtfest?

Es ist ein ziemliches Schlachtfest, das da gerade vonstatten geht, der „schlimmste Einbruch“ im Biohandel seit 35 Jahren, wie Alnatura-Gründer Götz Rehn der „Süddeutschen Zeitung“ schon im September sagte (Abo-Text); oder halt eine „Delle“, wie man sich in der nicht unnötig zu Selbstkritik neigenden Bio-Branche zu beruhigen sucht.

Wie die Branche künftig aussehen wird, ist derzeit noch nicht so recht absehbar, aber wahrscheinlich: sehr viel weniger vielfältig als bisher.

Biomammut konnte nur zwei Filialen erfolgreich für einen Weiterbetrieb veräußern: an den Bio-Großhändler Bodan (Abo-Text), der die Läden unter dem Namen Echt! Biomarkt weiterbetreiben will. Der Rest „stirbt aus“, lästerte die Lokalpresse (Abo-Text). Basic steht mit seinen 20 Filialen zum Verkauf, einem Bericht der „Lebensmittel Zeitung“ (Abo-Text) zufolge haben Alnatura, Dennree, Edeka und Tegut Interesse an den Filialen. (Eine andere Lösung, z.B. mit Investoren, ist ebenfalls möglich.) Superbiomarkt hat sich bislang erfolgreich gegen eine Übernahme gewehrt und will eigenständig bleiben: Ende März wolle man aus dem Insolvenzverfahren wieder raus sein, erklärte das Unternehmen kürzlich dem „Handelsblatt“ (Abo-Text). Biomare hat einen von vier Leipziger Märkten geschlossen (Abo-Text). Im Januar dieses Jahres verkaufte Naturgut Stuttgart die meisten seiner Märkte an Denn’s. Nur Bio Company aus Berlin (66 Filialen) scheint sich trotz des Umsatzverlusts von 11,85 Prozent im Vorjahr (Abo-Text) ohne größere Einschnitte behaupten zu können und eröffnet weiter Läden, zuletzt einen in der Leipziger Innenstadt.

Zwei Jahre ungebremstes Wachstum

Eines aber eint alle, die zuletzt ins Straucheln gekommen sind: die Überzeugung, eigentlich nichts falsch gemacht zu haben und Opfer äußerer Umstände zu sein.

Das ist zumindest zum Teil richtig: Ja, die Kaufzurückhaltung vieler Bio-Kund:innen in Folge der Ukraine-Krise kam überraschend; ja, die Kosten für Logistik, Energie und Personal sind auch im sehr viel weniger Weltmarkt-abhängigen Bio-Fachhandel enorm gestiegen; und ja, vorher standen die Zeichen über zwei Jahre auf scheinbar ungebremstes Wachstum.

Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele Fachhändler gravierende konzeptionelle Anpassungen versäumt und die Wünsche der Kund:innen teilweise falsch eingeschätzt haben.

„Bio für alle“ – die sich’s leisten wollen? Foto: Smb

Basic aus München hatte vor zwei Jahren eine überraschende strategische Kehrtwende vollzogen und sich zur regionalen Biomarktkette geschrumpft; Läden im Osten und Westen des Landes wurden an Mitbewerber abgegeben, dafür Biomammut aus Süddeutschland übernommen – und damit auch die Probleme, die letztlich zur Insolvenz führten. Zuvor hatte sich die Handelskette durch – wie die „SZ“ (Abo-Text) kritisiert – „Dauerquerelen zwischen den Gesellschaftern und den einzelnen Vorstandsmitgliedern“ quasi selbst gelähmt. Eine Partnerschaft mit Amazon zum Verkauf von Bio-Lebensmitteln wurde voreilig wieder eingestellt, anstatt darüber Erfahrungen im auch für Bio wichtiger werdenden Online-Handel zu sammeln.

Ehemals Basic, jetzt Bio Company: Die Münchner Handelskette hat Läden im Osten und Westen an Wettbewerber abgegeben (hier in Berlin-Steglitz); Foto: Smb

Plötzlich steht der Preis im Vordergrund

Superbiomarkt aus Münster wollte, offensichtlich im Corona-Umsatz-Überschwang, sechs Märkte von Basic weiterführen und u.a. den in Köln gemeinsam mit einem Textilhändler zum „Biokaufhaus der Zukunft“ entwickeln. Das Prestige-Projekt am Zülpicher Platz hat inzwischen geschlossen, ebenso wie vier andere Filialen. Gründer Michael Radau will trotzdem am bisherigen Konzept festhalten – offensichtlich ohne in Erwägung zu ziehen, dass sein Ansatz, komplett auf günstige Eigenmarken zu verzichten (siehe Supermarktblog), die von Kund:innen aktuell besonders nachgefragt werden, eigentlich als gescheitert gelten muss. Der „LZ“ sagte er: „Das Geschäftsmodell funktioniert weiterhin.“

Die den Münsteraner:innen sonst eng verbundene Bio Company vollzog im vergangenen Jahr hingegen eine erstaunliche Kehrtwende und stärkte ihre Eigenmarke massiv. Im Newsletter stand plötzlich nicht mehr die Bio-Philosophie im Vordergrund, sondern der Preis: „Sparen bei der BIO COMPANY“ mit „über 500 Produkten zum Dauerniedrigpreis“, Hinweise auf ­„Rabattsticker“ und Tipps für die „preiswerte Bio-Küche“ mit „Gerichten für ein kleines Budget“, „damit ihr weiterhin nachhaltig und bio einkaufen könnt“, „in diesen schwierigen Zeiten“.

Bio Company wirbt verstärkt für seine Eigenmarke und den günstigen Bio-Einkauf; Foto: Smb

(Vor der Pandemie hatte die Kette noch mit dem Slogan „Kauf weniger – weil uns Nachhaltigkeit wichtig ist“ geworben – und bekam den Wunsch von seinen Kund:innen mit etwas Verzögerung prompt erfüllt.)

Gleichzeitig rächt sich nun die Abschottung, die von einem Teil der Branche lange betrieben wurde, in dem man auf die so genannte „Fachhandelstreue“ pochte: Etablierte Bio-Hersteller sollten ihre Produkte ausschließlich im Fachhandel verkaufen, und nicht auch in konventionellen Super- oder Drogeriemärkten. Wer gegen dieses ungeschriebene Gesetz verstieß, wurde öffentlich geächtet und verstoßen.

„Verrat an der Bio-Branche“?

Als Bio-Produzent Davert sich dazu entschloss, seine Produkte auch bei dm ins Regal zu stellen, erklärte der Bio-Company-Gründer Georg Kaiser: „Damit ist die Marke für uns tot.“ Radau von Superbiomarkt sekundierte und betonte, sich fortan auf „fachhandelstreue Marken“ konzentrieren zu wollen – so wie den Hersteller Spielberger Mühle, der dem verschmähten LEH „aus Überzeugung“ fern blieb und erklärte, man „brauche die Umsätze nicht“: Davert bei dm sei ein „Verrat an der Bio-Branche“.

Davert bei dm – für manche aus der Bio-Branche ein „Verrat“; Foto: Smb

Nun stellt sich heraus, dass diejenigen, die die eigene Umsatzentwicklung ausschließlich an den Bio-Fachhandel gekettet haben, möglicherweise Probleme kriegen – weil dieser in der Gunst der Kund:innen längst nicht mehr die Rolle spielt, die er sich gerne selbst zuschreibt.

Und Bio Company? Hält sich selbst nicht mehr an die vehement eingeforderte Treue, sondern verkauft seine Eigenmarke seit kurzem auch über den eigentlich auf konventionelle Lebensmittel fokussierten Lieferanbieter Oda, um nicht den Anschluss (und weitere Umsätze) zu verlieren.

Damit folgt man einem Modell, das Alnatura schon seit Jahren erfolgreich praktiziert, um auch außerhalb des Fachhandels zu punkten, indem man Eigenmarken-Produkte anderswo wie eine klassische Marke anbietet: bei Edeka, Tegut, Müller und Rossman, Knuspr, Bringmeister, Gorillas und Flaschenpost – überall dort, wo Kund:innen nicht nur, aber auch Bio kaufen wollen (siehe Supermarktblog).

Beim Wettbewerber Dennree neigt man zwar weiterhin zur Selbstisolierung, was sich vor allem in Bezug auf den Online-Handel noch als problematisch erweisen wird; in den Läden werden Artikel zu günstigeren Preisen inzwischen aber als „Bio für jeden Tag“ am Regal ausgezeichnet, um zu Kund:innen preisbewusstes Einkaufen zu erleichtern

„Bio für Alle“ – die sich’s leisten wollen

Die vielleicht bitterste Erkenntnis ist jedoch, dass die „Bio für Alle“-Parole, mit der die Pionier:innen des Fachhandels ursprünglich antraten, von vielen eigentlich gar nicht so gemeint war. Und gewisse Strukturen der Bio-Branche eher auf einem elitären Selbstverständnis basieren. Ungewöhnlich ehrlich bilanzierte das Fachmagazin „BioHandel“ im vergangenen Jahr in einem Kommentar („Schrumpft sich der Bio-Fachhandel gesund?“, Abo-Text):

„Strukturen und die strategische Ausrichtung sind nicht darauf ausgelegt, die Masse zu versorgen. Vielmehr geht es darum, eine qualitätsorientierte Zielgruppe mit starker Kaufkraft anzusprechen. Haben wir hier vielleicht unser Maximum erreicht?“

Ja, vielleicht – und ist das nicht wahnsinnig peinlich, jetzt eingestehen zu müssen, dass die propagierte Weltverbesserung gar keine echte Demokratisierung zum Ziel hatte, sondern stets nur für jene gedacht war, die sich das auch leisten wollen?

Superbiomarkt in Münster: weiter wie bisher? Foto: Smb

Der Bio-Fachhandel hat sich lange als bessere, auch moralisch bessere Alternative zum konventionellen Lebensmitteleinzelhandel verstanden und positioniert. Obwohl sich manche bloß auf den großzügigen Spannen ausruhen wollten, die in der Branche lange möglich waren.

Etwas niedrigere Margen sind für den LEH auch okay

Durch die Initiativen zahlreicher Supermärkte und Discounter, die Bio tatsächlich in die breite Masse bringen, hat sich das verändert. Viele klassische Handelsketten sind bereit, auch geringere Margen zu akzeptieren (siehe Supermarktblog), um Kund:innen mit Markenprodukten und Eigenmarken zu sich zu locken. Und eine zunehmende Zahl an Bio-Hersteller:innen fragt sich, warum sie auf die Umsätze mit Kund:innen verzichten soll, die – auch hochwertiges – Bio bei Aldi und Lidl, Edeka, Rewe, Tegut und dm kaufen will, das mit seiner Eigenmarke dmBio längst Maßstäbe im Massenmarkt setzt.

Ein bisschen scheint die Bio-Branche noch darauf zu hoffen, dass der Sturm wieder vorübergeht (am besten zusammen mit dem Internet); bis dahin ist es ein schönes Trostpflaster, dass Bio in vielen Kategorien parallel zum Gesamtmarkt schrumpft, und die Umsätze derzeit wenigstens über dem Vor-Corona-Niveau von 2019 zu liegen scheinen.

Auf der BioFach-Messe in Nürnberg versicherten sich zahlreiche Teilnehmer:innen im Februar deshalb gegenseitig, es gehe bald wieder bergauf – anstatt zu analysieren, wo man sich in der Vergangenheit mit den Annahmen zur Entwicklung des Markts und den Bedürfnissen der Kund:innen vielleicht grundlegend geirrt haben könnte, um daraus notwendige Schlussfolgerungen für die Zukunft abzuleiten.

Die Gutverdien-Nische als Sackgasse

Dass der Bio-Markt nach der Krise weniger vielfältig sein dürfte als vorher, ist vor allem deshalb tragisch, weil viele Marktteilnehmer:innen die Fehler des konventionellen Lebensmitteleinzelhandels ja eben nicht wiederholen wollten, mit ihren strategischen Irrtümern aber – zumindest was die zunehmende Konzentration angeht – letztendlich genau dazu beigetragen haben. Sich das einzugestehen, würde arg schmerzen.

Das Jahr 2022 mag für den Biofachhandel eines der schwierigsten seit seiner Gründung gewesen sein. Aber: klar kann man einfach hoffen, dass sich diese „Delle“ irgendwann wieder von selbst ausbeult und aus der weich ausgepolsterten Gutverdiennische nicht irgendwann eine Sackgasse wird.

Die Überzeugung, das Richtige zu tun, hat den Bio-Fachhandel dorthin getragen, wo er heute ist. Mit unverstelltem Blick wäre das eigentlich ein sehr guter Grund, um nervös zu werden.

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9 Kommentare
  • Was ich auch tragisch finde: dass der sogenannte Fachhandel selten mit Fachpersonal einhergeht. Ich kaufe grundsätzlich gerne und auch regelmäßig bei der Bio Company ein und gerade bei Fleisch ist mir bio wichtig. Ich bin sicher, der Umsatz mit Fleisch wäre um ein Vielfaches höher, wenn dort echte Metzger*innen oder Fachverkäufer*innen hinter dem Tresen stünden, die kompetent beraten und empfehlen könnten. Stattdessen muss ich wieder und wieder der aktuellen Aushilfskraft die Bratwurstsorten und Fleischzuschnitte erläutern oder buchstabieren. Die oft langen Schlangen deuten an, dass es anderen auch so geht.
    Und dann ist halt der Schritt zum abgepackten Biofleisch bei Edeka oder Lidl oft eine gute Alternative.

    • Ich arbeite zufällig bei der BC und auch hinter dem Wursttresen/Käse/Mopro.
      Der Grund, dass da kaum Fachpersonal hinter den Theken steht ist ganz simpel: Es gibt kaum noch Fachpersonal für Wurst/Fleisch. Als ich vor 10 Jahren mit der Lehre fertig war, wurden die Jahrgänge nach mir schon Verkäufer/Fleischer zusammengelegt, von der BC wurde ich mit Kusshand genommen. In der nächsten Großstadt gibt es nicht mal mehr eine Schule. Es will also kaum noch einer machen und auch die Kollegen sträuben sich eher da hinter zu stehen und die vielen Zusammenhänge und Verwendungsmöglichkeiten zu lernen. Es ist also kompliziert. Wir tun aber alle unser Bestes, danke dass du trotzdem bei uns einkaufst 🙂 (teilwiese, wenn der Platz reicht, haben wir ja auch abgepacktes Fleisch für die Leute die keine Zeit für den Tresen haben)

    • Danke an alle für die interessanten Kommentare!

      @B: Gibt es etwas, das sich Ihrer Auffassung nach ändern ließe, um die Ausbildung wieder für mehr potenzielle Fachkräfte attraktiver werden zu lassen? Oder ist das ein Problem, mit dem der Handel jetzt zwangsläufig umgehen lernen muss?

      Darf ich auch fragen, was Sie motiviert hat, sich im Fachhandel ausbilden zu lassen? Danke sehr!

  • Ich wohne selbst direkt über einer der 20 verbliebenen basic-Filialen und bin überzeugter Bio-Käufer, besorge mir meine Lebensmittel aber schon seit langer Zeit bei Rewe oder via knuspr, weil die viel günstigere Preise haben. Selbst die Artikel der basic-Eigenmarke, die ja explizit mit „Bio für Alle“ wirbt, liegt preislich *immer* über dem Wettbewerb, von den Fachhandelsprodukten gar nicht erst zu sprechen. Ich nutze basic allenfalls mal für sporadische Ergänzungskäufe. Wobei ich in der ersten Zeit (den gibt’s dort seit gut 20 Jahren) öfters da einkaufen war und der Laden damals auch richtig brummte. Was denen aber auch sehr geschadet hat, war, dass die damals mit Hilfe einer Beteiligung von Lidl expandieren wollten – als das rauskam, ist der Umsatz deutlich eingebrochen und hat sich auch nie wieder richtig erholt. Wahrscheinlich haben viele Kund:innen damals wie ich beim Ausweichen auf alternative Einkaufsquellen die Erfahrung gemacht, dass Alnatura und denn’s (oder eben auch der konventionelle Handel) ein besseres Sortiment zu günstigeren Preisen haben.

  • @Peer: Meine Ausbildung hatte ich bei einem Privatfleischer gemacht, ein kleiner, lokaler Laden mit zwei Filialen- sehr schlecht bezahlt. Motivieren würde also auf jeden Fall eine faire Bezahlung und mehr Möglichkeiten um diese Ausbildung überhaupt machen zu können. Wenn ich zur Berufsschule wollte, musste ich schon 2 Stunden mit dem Zug nur hinfahren- da es Blockunterricht war, blieb ich in einem Wohnheim die Woche über. Generell denke ich aber, dass das nicht ausreicht. Mit Fleisch zu arbeiten ist wenig attraktiv (auch weil viele junge Menschen vermehrt vegetarisch und vegan leben, was ich an sich eine tolle Sache finde- ich esse persönlich auch weniger Fleisch als früher), wenn man nicht verantwortungsbewusst bestellt hat es Potenzial für erhöhte Abschriften, man muss sich viele Dinge merken (auch was Hygiene anbelangt) usw.
    Es läuft wohl wirklich darauf hinaus, dass der Handel sich an diesen Fachkräftemangel gewöhnen muss. Die BC macht zwar Schulungen für diesen Bereich und gibt 10% Funktionszuschlag hinter der Theke, aber auch das kann kaum jemanden motivieren sich all die Sachen zu merken oder gerne hinter der Theke zu arbeiten. Das Wissen, dass man in Ausbildung und den Jahren danach erlangt, ist halt nicht mit 2 Nachmittagsseminaren zu erlernen. Warum ich den Beruf gelernt habe ist auch schnell erklärt: Ich wusste nichts mit mir anzufangen. Mit 18 hatte ich eine schulische Ausbildung angefangen, merkte nach 1 1/2 Jahren, dass es nichts für mich ist und wollte dann aber endlich mal anfangen Geld zu verdienen. Ich sah den Aushang in einem Schaufenster und bewarb mich. Der Handel wird für viele immer unattraktiver- auch weil viele Kunden immer unfreundlicher und fordernder werden. Auf Social Media wird der Jetset-Lifestyle zelebriert, wer kommt da auf die Idee eine Lehre im Fleischereifachhandel zu machen? Schlimm finde ich aber nicht dass ich es gemacht habe, ich weiß auf jeden Fall, dass der Beruf gefragt ist bei den Fachhändlern. Habe jetzt ein bisschen ausgeholt, aber ih hoffe ich konnte die Fragen gut beantworten 🙂

    • Danke für die interessanten Erläuterungen. Als „Otto-Normal-Thekenschlangesteher“ hat man ja keine Ahnung von diesen Zusammenhängen

  • Danke für den Hinweis auf die Verrenkungen die BC in Hinblick auf die „Fachhandelstreue“ aufführt. Ich bin tatsächlich Davert in andere Läden geflogt.
    Dabei werden die BC Eigenmarken sogar auch von international agierenden konventionellen Großkonzernen produziert (Milch / MoPro von der „Gläsernen Molkerei“, die zur Emmi Gruppe aus der Schweiz gehört). Die stark promoteten „Soebbeke“ Produkte gehören längst zur französischen konventionellen Bongrain-Gruppe, während die Produkte der Brodowiner Molkerei oder von Lobetaler aus der Region immer weniger Platz im Regal bekommen.
    Ich kann verstehen, dass das vielleicht der Nachfrage entspricht. Aber wenn die kommunizierte Haltung nicht zum praktizierten Handeln passt, dann macht mir das den Händler sehr unsympathisch.
    BC „versteckt“ die günstigen Produkte übrigens noch immer ganz unten im Regal, während das teurere Vergleichsprodukt auf Augenhöhe steht. Eine Handelspraktik, der ich das Aussterben gönnen würde. (Ganz abgesehen von den Massen von Aufstellern in den Gängen, die die örtliche Filiale regelmäßig blockieren und wegen der ich es tunlichst vermeide, einen EInkaufswagen zu nehmen und daher auch eher wenig einkaufe).
    Und wenn die eigene Handlesmarke nicht „Verbandsbio“ ist (so wie bei BC üblich), die im Discounter aber schon, worin genau besteht die Überlegenheit des Fachhandels?

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