Edekanisch für Einsteiger, die erste Lektion

Edekanisch für Einsteiger, die erste Lektion

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Heute lernen wir gemeinsam eine neue Sprache: Edekanisch.

Als Gastdozent stellt sich freundlicherweise der bekannte Comedian Kaya Yanar zur Verfügung. Los geht’s mit den unterschiedlichen Zeitformen. In der ersten Lektion, die derzeit mehrmals täglich von den großen TV-Sendern wiederholt wird (merkwürdigerweise in den Werbepausen), geht’s los mit:

Präsens („Isch kauf Edeka“)

Schieberbemützt steht Yanar mit vollgeladenem Einkaufswagen im Supermarkt, trifft einen Freund und sagt: „Isch kauf Edeka.“ Der Freund korrigiert: „Du meinst: bei Edeka!“ Da kommt ein Supermarktmitarbeiter aus der Snackabteilung geschossen, begrüßt den Comedian als regelmäßigen Kunden und gibt ihm recht: „Hallo Kaya, kaufst du wieder Edeka?“ Anschließend mischt sich eine geheimnisvolle Stimme aus dem Off ein und behauptet: „Wir lieben Lebensmittel. Deshalb machen wir alles, was uns besonders am Herzen liegt, selbst. Und das schon seit 100 Jahren.“

Glücklicherweise bezieht sich das nicht aufs Haltbarkeitsdatum der verkauften Artikel, sondern ist als genereller Hinweis darauf zu verstehen, dass Edeka nicht nur der Laden heißt, in dem eingekauft werden kann, sondern auch das Eigenmarken-Sortiment, das inzwischen ziemlich viel Platz im Regal braucht.

Das mit den 100 Jahren trifft sich aber gut, denn damit sind wir schon beim zweiten Tempus.

Perfekt („Isch hab Edeka gekauft“)

Inhaltlich wäre die Aussage in diesem Tempus natürlich falsch, es sei denn Yanar hätte schon Anfang des vergangenen Jahrhunderts „Edeka gekauft“ und danach den Quell ewiger Jugend entdeckt. Schließlich entstand die Idee, Produkte zu verkaufen, die es nur in Edeka-Läden geben soll, bereits fünf Jahre nach der Gründung des Genossenschaftsverbunds Edeka, in dem sich deutschlandweit Kaufleute zusammenschlossen. Zu den damals schon begehrten Markenartikeln (Dr. Oetker Puddingpulver, Maggi Brühwürfel, Liebig’s Fleischextrakt) kamen 1912 die ersten Eigenmarken. Zu Beginn gab es rund 18 Artikel, unter anderem Tee, Malzkaffee und Schokolade, Pralinés und Kakaopulver, Margarine, Früchtekonserven, Toilettenseife, Pergamentpapier, Kerzen und Zündhölzer.

Grund für die Entwicklung war, dass die Marken-Lieferanten sich damals weigerten, die zusammengeschlossenen Edeka-Kaufleute zu Großhandelspreisen zu beliefern. Als Edeka (damals noch „E.d.K.“ – „Einkaufszentrale der Kolonialwarenhändler im Halleschen Torbezirk zu Berlin“) seine ersten Produkte unter eigenen Namen in die Geschäfte brachte, waren die Hersteller entsetzt. Zeitweise kam es sogar zum Lieferboykott.

In seiner Jubiläumsschrift zum 100-jährigen Bestehen des Unternehmens schreibt Edeka, die Kaufleute hätten damals gelernt, „wie wichtig es ist, Eigenmarken als Gegengewicht zur Marktmacht der Industrie zu verkaufen.“

Die Marktmacht hat sich inzwischen gedreht. Und das Gegengewicht ist ein ziemlich schweres geworden. 3400 Artikel umfasst das Eigenmarken-Sortiment von Edeka derzeit, von der „Gut und Günstig“-Discount-Linie über die Mittelmarke „Edeka“ bis zu „Edeka Bio“ und „Edeka Selection“. Einserseits betont Edeka-Vorstand Markus Mosa, wie sehr sich die Genossenschaft als wichtiger Partner der Hersteller von Markenprodukten versteht. Andererseits sind die Anstrengungen groß, den Eigenmarken einen klaren Vorsprung im Regal zu verschaffen – indem die Artikel immer ein kleines bisschen aufgepimpter sind als bekannte Produkte.

Das Edeka-Weizenmehl habe zum Beispiel einen höheren Proteingehalt als vergleichbare Produkte, heißt es in der Hamburger Zentrale. Das verbessere seine Backeigenschaften. Edeka La-France-Buttercroissants seien wegen eines sehr hohen Butteranteils „besonders feinblättrig“. Im Edeka-Schokomuffin nach amerikanischer Rezeptur stecke mehr Schokolade als bei der Konkurrenz. Die Kaffeefilter der Eigenmarke kämen ohne Bodennaht aus, damit der Kaffee besser durchfließen könne. Und in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut in Freising habe man Fix-Produkte entwickelt, in denen das Hackfleisch schon drinsteckt. Bisher haben Eigenmarken-Hersteller meistens die Innovationen der Marken kopiert. Edeka versucht’s jetzt mal andersherum.

Aber Sie haben mich abschweifen lassen. Dabei wollen wir doch weiterlernen. Das ist auch deshalb so schwer, weil es im Edekanischen zahlreiche Sonderformen gibt. Zum Beispiel:

Präsens incognitus („Isch weiß nisch, dass isch Edeka kauf“)

Gerade hat Edeka ein Großteil seiner Eigenmarken-Verpackungen neu gestaltet, viele davon sehen inzwischen ziemlich durchdesignt aus (Beispiele aus dem Kühlsortiment). Eigentlich wäre es also überflüssig, dass manche Produkte sich immer noch genau so frisieren wie ihr Markenidol.

Es passt aber dazu, dass vor einigen Wochen in den Süßwarenabteilungen vieler Edeka-Läden ein neues Produkt aufgetaucht ist: Gefüllte Fruchtbonbons mit Vitaminen zum Naschen. Die Bonbonbeutel liegen im Regal meist ganz in der Nähe des Konkurrenzprodukts „Nimm 2“ vom Markenhersteller Storck – und drauf steht: „Granini Für Dich“. Die nach Orange und Zitrone schmeckenden Lutschdrops sind aber bloß „in Markenlizenz“ des Granini-Produzenten Eckes hergestellt und eine waschechte Edeka-Eigenmarke. Das ahnt man nur beim Einkaufen nicht, weil auf der Packung kein Supermarkt-Logo drauf ist. Online verrät Edeka zumindest, dass es die „Granini Für Dich“-Bonbons „exklusiv bei Edeka“ (und manchen Nettos ohne Hund) zu kaufen gebe. Nachwuchs gab’s auch schon: den „Katjes Für Dich Fruchtspaß“.

Edeka erklärt, man stehe kontinuierlich im Austausch mit Markenherstellern und arbeite an weiteren Produktkooperationen. Aus Wettbewerbsgründen wolle man dazu aber keine Auskunft geben.

Die „Lebensmittelzeitung“ schreibt, dass es sich bei den „Für Dich“-Artikeln um eine „Strafaktion“ gegen Storck handeln könnte, das außer „Nimm 2“ auch Merci-Schokolade, Toffifee und Werther’s-Bonbons herstellt und bei den Supermärkten seine eigene Konditionen für eine Belieferung durchsetzen möchte. Dieser Drops ist also, ähm, noch nicht ganz gelutscht.

Und jetzt: die letzte Sonderform.

Futur inexpectatus („Isch werd Edeka nisch bei Edeka kaufen“)

Die gibt es eigentlich noch gar nicht. Vielleicht ist’s aber bald soweit. Zumindest wäre es ein konsequenter nächster Schritt, den gerade (mal wieder) der britische Supermarktkonzern Tesco vormacht. Auch Tesco hat eine Eigenmarke erfunden, die auf den ersten Blick keine sein soll: Chokabloc. Die präsentiert sich im Internet als Luxus-Schokolade („mouth-watering experiences that you’ll simply love“), die es als Eiscreme im Becher, am Stiel, als Tafel und in der Geschenkbox gibt. Nur ganz unten auf der Website steht in kleiner Schrift der Hinweis: „im Sortiment von Tesco“.

Die eigentliche Besonderheit ist, dass Tesco Chokabloc nicht mehr nur in den eigenen Läden verkauft, berichtet „The Grocer“. Seit Sommer gibt’s die Eis-am-Stiel-Sorten („Billionaires Dynamite“ und „Peanut Butter Nutter“) auch in britischen Vergnügungsparks und Zoos. Wenn dort genug geschleckt wird, dürften weitere Verkaufsstellen folgen.

Obwohl sich Chokabloc mit seinen eher exotischen Sorten vor allem an Ben & Jerry’s, Häagen-Dazs und Magnum ranwanzt, müssen wohl vor allem die Hersteller von B- und C-Marken [Erklärlink] zittern, also solchen, die uns nicht ständig mit großem Werbezirkus in Erinnerung gerufen werden. Das könnte denen bald eine Lektion sein.

* * *

Apropos Lektion: Schon sind wir mit unserer kleinen Edekanisch-Einführung am Ende. Bis zum nächsten Mal lernen Sie bitte die Vokabeln aus diesem Blogeintrag auswendig, Kaya Yanar fragt dann der Reihe nach ab. Falls er bis dahin vom Einkaufen zurück ist.

Wer ein Extra-Fleißsternchen haben möchte, liest solange (nochmal) „Edeka verstehen in nur 3 Minuten“.

Fotos: Edeka, Supermarktblog; Illustrationen: Edeka

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1 Kommentar
  • Die Eigenmarken versprechen mir als Kunde Skaleneffekte und weil sie Eigenmarken sind, müssen sie über primare Warenqualität überzeugen. Klingt für mich logischerweise besser als klassische Marken. Wozu — Distinktion ausgenommen — sollten die gut sein?

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