Es gibt Firmen, die Markenprodukte herstellen. Und Supermärkte, die Produkte herstellen lassen, um ihren Namen draufzupappen. Aber haben Sie auch schon mal was von Unternehmen gehört, die Produkte herstellen, mit denen die Supermärkte dann so tun können als seien es ihre eigenen?
Falls nicht, hilft Kaiser’s Tengelmann gerne beim Kennenlernen. Dort werden die Regale seit einigen Wochen mit signalrot verpackten Drogerieartikeln vollgepackt, auf denen steht: „Jeden Tag“. Das Gerücht, Tengelmann habe dem Konkurrenten Rewe dessen gerade eingemotteten Werbespruch „Jeden Tag ein bisschen besser“ zur Hälfte abgekauft, weil das Geld für den ganzen nicht gereicht hat, ist natürlich Quatsch. Vielmehr handelt es sich um ein komplett unabhängiges „Jeden Tag“. Die neue Eigenmarke von Kaiser’s Tengelmann ist genau genommen nicht mal eine Eigenmarke. Sondern sozusagen eine Kommunenmarke: Jeder darf sie haben. Jeder, der sich dem Einkaufsverbund Markant angeschlossen hat.
Das sind zum Beispiel Supermärkte, die nicht zu Edeka oder Rewe gehören. Wenn nämlich jeder kleine Markt für sich genommen Waren einkaufen müsste, wäre das nicht bloß mühsam, sondern teuer. Markant bündelt den Bedarf und sorgt dafür, dass die Masse der unterschiedlichen Händler bei den Lieferanten ordentliche Konditionen kriegt. Außerdem stellt Markant Eigenmarken zum Discount-Preis her, die dann von kleinen Händlern verkauft werden können, um mit den großen mitzuhalten (auch in Österreich).
Eine dieser Marken ist „Jeden Tag“. Von der gibt’s zwar auch Schokolade und Scheibenkäse. Kaiser’s Tengelmann verkauft aber (zunächst einmal) nur Drogerieartikel, derzeit ungefähr 35 verschiedene, „tendenziell weiter steigend“, heißt es aus der Zentrale.
Mit diesem Strategieschwenk killt Kaiser’s Tengelmann zum einen die bisherigen Drogerie-Eigenmarken „Royal Comfort“ und „Riva“. (Was nicht weiter schlimm ist.) Zum anderen fallen durch „Jeden Tag“ einige Produkte der Tengelmann-Eigenmarke A&P weg:
„Auch die Artikel der Marke ‚A&P‘ werden gegen die Artikel der Marke ‚Jeden Tag‘ im Near-Food- und Non-Food-Bereich sukzessive getauscht.“
(„Near Food“ und „Non Food“ sind, nun ja: Nichtlebensmittel.)
Kurz gesagt: Kaiser’s Tengelmann, immerhin die viertgrößte Supermarktkette Deutschlands *, verabschiedet sich komplett von der Eigenproduktion seines Drogerie-Standardsortiments. Das ist schon deshalb bemerkenswert, weil Edeka und Rewe seit der Schlecker-Pleite mit Hochdruck daran arbeiten, sich in der Drogerieabteilung mit ihren Eigenmarken stärker zu profilieren, um frühere Schlecker-Kunden für sich zu gewinnen.
An eine Beerdigung seiner Discount-Eigenmarke A&P denkt Kaiser’s Tengelmman allerdings nicht – auch wenn in den vergangenen Wochen in vielen Märkten Säfte unter dem Namen „Rio Bravo“ (noch so eine Kommunenmarke) auftauchten, die anstelle von A&P einsortiert wurden. Dabei handele es sich aber nur „um einen vorübergehenden Ersatz, der aufgrund eines Lieferantenwechsels notwendig geworden ist“, erklärt Tengelmann. Bei den Lebensmitteln solle sich nichts ändern:
„Ein Ersatz der A&P-Linie im Food-Bereich ist nicht angedacht.“
Vielleicht fügt man da besser ein: vorübergehend.
Immerhin ist der Strategieschwenk ein Hinweis darauf, wie sich gerade – völlig unabhängig von den Discountern – die Situation der deutschen Supermärkte verändert. Auf der einen Seite stehen die beiden Marktführer Edeka und Rewe, die gefühlt wöchentlich neue Eigenmarken ins Regal bringen, halbe Städte mit ihrem Marketing zukleben (so wie Rewe derzeit mit seiner „Besser leben“-Kampagne, die an dieser Stelle auch noch verarztet wird) und damit höchst erfolgreich sind.
Auf der anderen Seite stehen kleine Supermärkte, die sich vielleicht in der Region etabliert haben, aber längst nicht die Power und die finanziellen Mitteln besitzen, um mit den großen mitzuhalten.
Im Mittelfeld ist kaum noch Platz. Tegut hat sich gerade dem Schweizer Marktführer Migros in die Arme geworfen. Wie es mit Kaiser’s Tengelmann weitergeht, ist unklar. Das Unternehmen hat zahlreiche Läden im Rhein-Main-Gebiet an die Konkurrenz verkauft, um Ballast loszuwerden und sich, was Innovationen angeht, schon aus dem Rennen mit Edeka und Rewe verabschiedet. Eigentümer Karl-Erivan Haub spricht sowieso viel lieber über seine Online-Beteiligungen, zum Beispiel die Schuhpaketschleuder Zalando.
Wahrscheinlich ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sich all das nicht nur darauf auswirkt, welche Eigenmarken bei Kaiser’s Tengelmann künftig in den Regalen stehen.
Fotos: Supermarktblog
* Beim Umsatz liegen Lidl/Kaufland, Aldi und Tankstellenbelieferer Lekkerland noch vor Kaiser’s Tengelmann, aber die betreiben keine klassischen Supermärkte. (nach oben)
Als ich heute in unsrem V-Markt (Kaes GmbH) umherstreunte, entdeckte ich dort Die Schoko-Brotaufstrich-Variante von „Jeden Tag“. Will Kaes GmbH das jetz auch durchziehen wie Tengelmann oder ist das noch testweise?
Grüße einer Stammleserin
Das ist ja Sinn und Zweck dieser Discount-Linie: dass sie überall in den Läden steht, die selbst nicht groß genug sind, um selbst Eigenmarken produzieren zu lassen. Muss ja nicht die komplette Linie sein. Manche Märkte nutzen wohl auch einzelne Produkte zur Ergänzung des Sortiments.
Kaes wird schon seit Ewigkeiten von Markant beliefert, vermutlich länger als Tengelmann. Diese „Rio Bravo“-Eigenmarke gibts dort auch.
Bei mir hat die lokale Kette K+K die „jeden Tag“ Produkte im Regal. Wer sich mal die Verpackungen näher anschaut erlebt allerdings einen Albtraum, aus unerklärlichen Gründen ist auf der Frontseite der Name immer klein geschrieben, auf der Seite steht er dann mit Groß- und Kleinschreibung drauf. M. M. n. keine gute Aufmachung für eine Marke die ja offensichtlich D-Weit in die Regale gedrückt werden soll/bereits wurde.
Hallo, gerade erst den Text gelesen.
Wichtig ist nochmal darauf hinzuweisen, dass zwischen Markant und den Supermärkten und Supermarkt-Ketten, die nicht zum EDEKA- und REWE-Verbund gehören i.d.R. noch Lebensmittelgroßhändler stehen!
Neben filalisierten Einzelhändlern wie eben Kaisers/Tengelmann, teilweise Kaufland oder einigen Baumärkten ist es Markant ja vor allem ein Verbund, um regionalen, mittelständischen Lebensmittelgroßhändlern Einkaufsvorteile zu sichern. Beispiele wären hier Bartels-Langness, Utz Lebensmittel, Peter Camens usw.
Der Kieler Großhändler Bartels-Langess etwa, der den Kern der Bartels-Langness-Gruppe bildet (heute immerhin unter den TOP 11 der größten Lebensmittelhändler Deutschlands) etwa ist einer der größten im Markant-Verbund beliefert neben den Tochterunternehmen famila und Markant ja vor allem selbsständige Kaufleute unter dem „Logo-Konzept“ „nah&frisch“ oder „IK – Ihr Kaufmann“, kleine Supermarkt-Ketten wie die „Konsum eG Dresden“ und weitere Supermärkte, Tankstellen und Convenience Shops.
So kommen dann eben auch die ganzen Logos von diesen „Logo-Konzepten“ oder die von Supermarkt-Ketten dorthin.
Seit wann genau gab es die Billigprodukte untef der Bezeichnung A& P bei Kauser’s?