Rewe gegen Jumbo gegen Sainsbury’s: Wer wird Lord of the Snacks?

Rewe gegen Jumbo gegen Sainsbury’s: Wer wird Lord of the Snacks?

Inhalt:

Supermärkte versorgen zunehmend auch Kunden, die sich fertige Mahlzeiten für unterwegs oder zuhause mitnehmen möchten. Dafür probieren die Handelsketten höchst unterschiedliche Konzepte aus.

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Um sich besser vom Discount abzugrenzen, versuchen Supermärkte, nicht mehr nur Anlaufstelle für Lebensmittelbevorrater zu sein, sondern zunehmend auch Kunden zu versorgen, die sich fertige Mahlzeiten für unterwegs oder zuhause mitnehmen. Dafür testen Rewe (in Deutschland), Jumbo (in den Niederlanden) und Sainsbury’s (in Großbritannien) in ihren Läden Konzepte, die sich grundlegend voneinander unterscheiden. Wer von den dreien wird Lord of the Snacks?


Teil I: Die Belegten (Jumbo City in Amsterdam)

Konzept

Ein Theken-Ensemble mit offener Küche für alles, was im Stadtsupermarkt auf überschaubarer Fläche frisch zubereitet werden kann – von Foccaccia bis Sushi.

Position im Laden

Hinter der Obst- und Gemüseabteilung in Jumbos neuen City-Filialen. Passt dort ganz gut ins Frischeangebot des jeweiligen Markts, ohne sich den Kunden, die regulär einkaufen wollen, aufzudrängen.

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Angebot

Asiatisch? Italienisch? Griechisch? Oder doch lieber Sandwisch? Jumbo (das regelmäßig mit Experimentierfreudigkeit glänzt) setzt auf eine Auswahl, bei der für fast jeden Geschmack etwas dabei sein soll. In der tiefergelegten Kühltheke stehen asiastische Nudelgerichte mit Hähnchen neben Salaten mit Oliven und Schafskäse; es gibt Sommerrollen und Sushi-Sets neben frisch belegter Pizza; in der Mitte werden regelmäßig (verpackte) Ciabatta-Brötchen und Mini-Foccaccia mit Käse, Schinken, Roastbeef nachgelegt.

Über dem Ensemble hängen Schilder mit dem Hinweis, dass die darunter angebotenen Appetitanreger „hier vers bereid“ sind, allesamt an Ort und Stelle zubereitet. Dazwischen stehen Kräutertöpfe zur Deko, und die großen Servierteller auf der schwarzen Marmorplatte sind frischgemüsedekoriert:

Ein Ring (ganz aus echten) Paprika und Tomaten,
An der Theke zum Schmuck, bevor sie gebraten.

Aufsteller empfehlen Kunden den Mittags-„Combi Deal“: frisch gepresster Orangensaft plus Sandwich für 4 Euro statt 5,25 Euro; Mineralwasser plus Salat für 3,50 Euro statt 4,60 Euro. Immer von 11 bis 15 Uhr.

Von der Richtigkeit des Frische-Versprechens können sich Kunden mit einem Blick über die Theke in den schwarz-weiß gekachelten Zubereitungsraum überzeugen, der mit Ofen, Grill und üppiger Messeraussstattung tatsächlich nach Küche aussieht.

Auffällige Merkmale

Bei der Inszenierung seines Sofortessen-Sortiments hat Jumbo auch auf Kleinigkeiten geachtet. Die Sandwich-Preisschilder sind handgeschrieben; zur Ladenseite ist die Theke mit Olivenöl-Kanistern, Schältomaten in der Dose, Reissäcken und Nudelpackungen dekoriert. Daneben im „La Place Brood“ liegen aufgebackene Brote, Croissants, Mini-Foccaccia bzw. Ciabatta zum Selbsteintüten aus dem (gut sichtbaren) Ofen dahinter über Mehlsack-Deko bereit. Alles zielt darauf ab, mit maximaler Appetitlichkeit zu glänzen.

Zielgruppe

Jeder, der jetzt sofort was für die Pause mitnehmen will. Und Kunden, die sich den Hunger für später aufheben: Jumbo wirbt explizit damit, dass sich die Gerichte auch als Kochersatz für daheim eignen. Kleiner Schwachpunkt: Die Microwelle und der Ofen, um die „Mahlzeiten für zuhause“ alternativ im Laden aufgewärmt zu kriegen, wären zwar vorhanden – so richtig drauf eingestellt ist Jumbo aber nicht.


Teil II: Die zwei Fleischtürme (Rewe, deutschlandweit)

Konzept

Eine Theke mit kalten und heißen Snacks, mehrheitlich zum sofortigen Steh- oder Sitzverzehr; geeignet als Vorkassenbäckerersatz; mit größtmöglicher Eignung, um als „deli am Markt“ in möglichst viele Filialen hineinzupassen.

Position im Laden

Direkt am Markteingang, mit Anschluss an einen riesigen Brötchenknast, der vom Personal mitbefüllt werden kann (siehe Supermarktblog). Schlau gelöst.

Angebot

Fleischtürme in metallenen Warmhaltewannen zu Kampfpreisen: Jägerschnitzel für 1,50 Euro, Buletten für 1 Euro, Pizzafleischkäse für 1,50 Euro, Leberkäse für 1 Euro, Hähnchenschenkel für 1,50 Euro, Haxe für 3,50 Euro. Dazu gibt’s eine schmale Auswahl staubtrockener Kaiserbrötchen, belegt mit billigem Käse oder Wurst (1 Euro pro Stück), und Suppen, in denen der Löffel von alleine stehen bleibt (2,50 Euro pro Portion). Die vorbereiteten Soßen zur Pasta (z.B. Bolognese oder Arrabiata, 3,50 Euro pro Portion) sehen nicht so aus, als hätten sie in ihrem kurzen Leben jemals eine Tomate gesehen.

So stellt sich Rewe das Lieblingsmittagessen seiner (offensichtlich gemüseallergischen) Kunden vor:

Damit knüpft die Handelskette immerhin erstaunlich konsequent an das Angebot seines ersten Gastro-Desasters unter dem Namen „Made by Rewe“ an (siehe Supermarktblog), das nun in deli-Gestalt doch noch eine Fortsetzung findet.

Alternative Snack-Angebote sind zwar auch bei Rewe durchaus vorhanden; die Präsentation im deli am Markt bleibt ihnen (in den von mir gesehenen Läden) allerdings bislang verwehrt. Sushi und Salate sind stattdessen über weitere Theken im Markt verteilt. Sandwiches werden nicht frisch im Markt belegt, obwohl Platz und Personal da wären. Warum? Wissen alleine die Gastro-Profis aus Köln.

Auffällige Merkmale

Obwohl die Grundstruktur der Theke ähnlich wie bei Jumbo angelegt ist – ein offener Küchenraum in modernen Kacheloptik – verströmt Rewes deli am Markt eher Kantinen-Flair. Das liegt nicht nur an der Rundumvollverglasung der Theke, die das Angebot für Kunden wenig zugänglich macht. Sondern vor allem am Metallwannenmeer, in dem sich die Speisen einem baldigen Direktverzehrer entgegensehen.

Appetitlich ist das alles nicht. Rewe scheint auch keinen Anlass zu sehen, wenigstens in der Präsentation nachzubessern. Das Angebot ist in weißer Schrift auf schwarzem Tafelgrund aufgelistet. Schilder mit schmackhaft in Szene gesetzten Beispielgerichten wie bei Jumbo (und überall sonst in der klassischen Systemgastronomie) sucht man vergebens. Die Abbildung der „Suppe des Tages“ besteht in erster Linie aus Teller.

Dafür müht man sich um Transparenz: Die Fertigsoße im Eimer steht in manchen Märkten direkt neben den damit zubereiteten Speisen in der Thekenkühlung.

Zielgruppe

Vielesser, die fürs zweite Frühstück statt des Metzgers oder der Pommesbude den Supermarkt ansteuern, und dafür möglichst wenig ausgeben wollen. Das mag in Deutschland nach wie vor eine relativ große Zielgruppe sein („der deutsche Snacker [ist ein] kulinarischer Sparfuchs“, hat BackWerk gerade ermitteln lassen; PDF); allerdings schließt Rewe mit dieser Fokussierung alle Kunden aus, die anders essen wollen.

Mehr noch: Dass sich die Handelskette direkt hinterm Eingang mit der Kernkompetenz Billigfraß positioniert, schadet der Glaubwürdigkeit, um die sich Rewe sonst so sehr bei seinen Kunden bemüht.

Kann sich ein Händler wirklich glaubhaft für mehr Nachhaltigkeit und Tierwohl einsetzen, wenn er gleichzeitig Fleischmahlzeiten zum Dumping-Preis einen eigenen Thekentempel mit Bockwurstzwinger in den Laden baut, um damit offensichtlich die umliegenden Imbisse platt zu machen?

Dieser Eindruck wäre weit weniger fatal, wenn das deli am Markt ein breiteres Angebot vorzuweisen hätte – etwa mit einer zusätzlichen Auswahl an Mahlzeiten aus Bio-Zutaten (mit denen sich noch dazu hervorragend werben ließe). Aber davon ist das Konzept derzeit ähnlich weit entfernt wie – sagen wir: Sméagol vom Besitz seines Schatzzzes.

Wie meinen? Es müsste Pluspunkte für die Sitzgelegenheiten geben, die Rewe zum deli am Markt dazu baut?

Joah. Nein.

Wie Sainsbury’s mit seinem „Hot Food“-Supermarktséparée im Vergleich dazu abschneidet, steht in Buch Zwei von Lord of the Snacks. (Demnächst in diesem Blog.)

Fotos: Supermarktblog

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2 Kommentare
  • Wow, der direkte Vergleich ist einfach nur vernichtend für Rewe. Unappetitliche Fleischberge in Schlachthofatmosphäre und der völlig unpassende Name „deli“ für diesen kulinarischen Horror. Wer außer dem klassischen Bauarbeiter soll denn die Zielgruppe für dieses Angebot sein? Da bietet ja jede Dönerbude mehr Auswahl an frischen und gesunden Zutaten.

    Ob die Jumbo-Produkte gut schmecken steht dahin, aber immerhin lädt die Präsentation und große Auswahl zum Ausprobieren ein.

  • REWE bietet halt das an, was nachgefragt wird. Vor der Theke mit Leberkässemmeln & Co. gibts jeden Mittag lange Schlangen. Dass nur Bauarbeiter sich so ernähren, ist fürchte ich ein großer Irrtum. Mag sein, dass es im ach so hippen Berlin Bedarf für abwechslungsreichere oder öko-mäßigere Snacks gäbe, aber deutschlandweit gesehen ist das sicher nicht so. Eine Kette wie REWE kann sich nur bedingt an die örtlichen Gegebenheiten anpassen, da finden sich aber sicher örtliche Anbieter, die diese Nische besetzen.

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