Neues Budni-Ladenkonzept: Öko-weich statt nordisch nüchtern

Neues Budni-Ladenkonzept: Öko-weich statt nordisch nüchtern

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Um zu den Marktführern im Drogeriefachhandel aufzuschließen, expandiert Budni mit einem runderneuerten Markenauftritt, der die Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt stellt. Das funktioniert auch auf unterschiedlich großen Flächen ganz gut.

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Kann man noch superheldiger sein als Superman, rhetorisch noch unbegeisternder als Bundeskanzler Olaf Scholz und noch ökonerdiger als der Wohltatsdrogeriemarktführer dm? Der Hamburger Wettbewerber Budni glaubt selbstbewusst: man kann. Deshalb hat er sich vor anderthalb Jahren, als eigentlich die groß angekündigte Expansion laufen sollte, ein komplett neues Ladenkonzept zugelegt, das die (ursprüngliche) Budni-Betreiberfamilie Wöhlke und Partner Edeka nach eigenen Aussagen gemeinsam entwickelt haben.

Draußen an den Läden steht jetzt: „Du liebst die Umwelt? Wir auch“; drinnen hängen große Würfel unter der Decke, die Klima-, Ressourcen- und Süßwasserschutz versprechen; an den Säulen klebt der WWF-Panda; und auf dem Boden lotsen Aufkleber die Kundschaft zu den Regalen mit Ökoprodukten.

Budni will mit seinem Wegweiser-System „Gut für dich und deine Welt“ sein; Foto: Smb

Das als „Wegweiser“ marketingbeschmückte Leitsystem ist das Kernelement, aber längst nicht die einzige Neuerung von Budnis neuem Markenauftritt, mit dem sich der Herausforderer ein wenig die nordische Nüchternheit abzuschütteln versucht, um auch außerhalb des bisherigen Stammgebiets als echte Alternative zu den Hauptwettbewerbern wahrgenommen zu werden: weicher, wärmer und zugänglicher als bisher.

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Und es lässt sich nur schwer leugnen: Das ist ganz gut gelungen.

Stellenweise ein bisschen supermarkthaft

Nachdem Berlin endgültig zum Hauptexpansionsgebiet für neue Filialen erklärt worden ist (siehe Supermarktblog), wird das neue, rundere Budni-Logo an immer mehr Stellen im Stadtgebiet sichtbar – sehr unterschiedlichen noch dazu. Das liegt daran, dass einige Läden von der Edeka-Regionalgesellschaft Minden-Hannover direkt betrieben werden, andere wiederum von den Hamburger Drogeriemarktexpert:innen selbst.

Und bevor wir gleich näher auf das eingehen, was die Läden voneinander trennt, geht’s zu allererst um die größte Gemeinsamkeit: nämlich die von Grund auf erneuerte Optik.

Die wirkt hell und hochwertig (vor allem dank der Regalelemente aus Echtholz), die Sortimentskennzeichnungen sind in den neuen zentralen Budni-Farben Blau, Hellblau und Hellrot gesetzt (bis auf Babyartikel: die sind aus unerfindlichen Gründen gelb), der Gesamteindruck ist – trotz mancher Ramschecke – positiv und stellenweise ein klein bisschen supermarkthaft (was sicher kein Zufall ist).

Es gibt SB-Kassen ohne lästige Waage zum schnellen Bezahlen. Die (mit Netto [ohne Hund] geteilten) Eigenmarken werden an den Regalen gut sichtbar hervorgehoben.

Und so oft wie möglich, manchmal ein bisschen zu oft, erinnert Budni an sein neues Nachhaltigkeitsversprechen: Blau hinterlegte Preisschilder sollen auf einen Blick verraten, was das dahinter stehende Produkt ökologisch auszeichnet. Und an Terminal lassen sich Produkte scannen, um mehr Informationen über Herstellung und Herkunft angezeigt zu bekommen. (Außerdem gibt’s – wie in der dm-App – Auskunft dazu, in welchen Budni-Filialen der jeweilige Artikel gerade noch vorrätig ist.)

Lotse zum Ökoregal

Die Idee, Kund:innen von den regulären Produkten direkt zu den nachhaltigeren zu führen, indem man ihnen den Weg dorthin kennzeichnet, ist super – auch wenn es nicht ganz durchdacht wirkt, das Versprechen „Produkte, die gut für dich und deine Welt sind“ vor die konventionellen Drogerieartikel zu kleben, um dann mit einem kleinen Pfeil darauf hinzuweisen, dass man erst noch ein paar Schritte weitergehen muss.

Wer vor dem Regal mit den „Naturtalenten“ steht, kann die dann aber tatsächlich nicht mehr übersehen. Und das ist eine großartige Möglichkeit, ökologischere Produkt-Alternativen zu entdecken, die trotzdem ihrem jeweiligen Sortiment zugeordnet sind und glücklicherweise nicht in einer eigenen Ökoecke verschwinden.

Auch was das Sortiment angeht, gibt sich Budni große Mühe, unterschiedliche Optionen zu liefern: Anders als dm und Rossmann, die auch im mittelpreisigen Sortiment zunehmend neue (Sub-)Eigenmarken zur Differenzierung einsetzen, holt Budni verstärkt Produktentwicklungen von Start-ups und Artikel von Herstellern aus dem europäischen Ausland in die Auslage: Ökozahnpasta mit Spinat, Gin-Tonic-Duschgel für Männer, Gesichtscreme von der kleinen Kosmetikmanufaktur, Ökoputzmittel im Mehrwegpfandglas, modern designtes Öko-Reinigungsmittel aus Polen.

Wer Lust hat, kann in zahlreichen Sortimenten neue Artikel entdecken, die den Drogeriemarkteinkauf von dem bei den anderen Ketten deutlich unterscheiden. Das ist ein großer Pluspunkt.

Gleichwohl lassen sich auch standort- bzw. betreiberspezifische Unterschiede erkennen, z.B. zwischen dem riesigen, von Edeka direkt neben einem klassischen Supermarkt in Berlin-Wedding betriebenen Budni und dem deutlich kleineren Wöhlke-Nachbarschaftsmarkt in einem Neubau in Berlin-Friedrichshain.

Ressourcenschutz und Plastik-T-Rex

Der Müllerstraßen-Budni in Wedding (Titelfoto) protzt direkt am Eingang mit einem riesigen Holztisch für Seifen und Geschenksets, schleust seine Kundschaft durch die (Natur-)Kosmetik und öffnet dahinter ein Sortimentsbreite, die weit über den Drogeriemarktstandard hinaus geht: mit viel Platz für Schreib- und Spielwaren wie bei Rossmann, Wickel- und Stillecke wie bei dm und einer fast schon absurd riesigen Fläche für Saisonware.

Das ist zur Ergänzung des daneben geöffneten Edeka vermutlich sehr schlau. Sogar auf die Budni-typische Auswahl an Alnatura-Bio-Lebensmitteln (inklusive mittelgroßem Kühlsortiment) verzichtet der Laden nicht. Nur wer Obst und Gemüse oder frisch Gebackenes erstehen will, muss doch den Supermarkt daneben aufsuchen.

Mit seiner Tendenz, wirklich alle halbwegs Drogeriemarkt-affinen Produktkategorien umfassend abzudecken, konterkariert der Edeka-Budni gleichwohl ein Stück weit das selbst aufgebaute Marken-Image. Zum Beispiel, wenn der Nachhaltigkeitswürfel unter der Decke Ressourcenschutz propagiert, aber untendrunter haufenweise Einweg- und Sonderpostenartikel positioniert sind und einen daneben zig pechschwarze Schleich-T-Rexe aus dem Pappaufsteller entgegenbrüllen.

Dass im Regal mit der „Naturkost“-Sortimentsbezeichung meterweise Geschmacksverstärker-Chips und konventionelle Süßwaren positioniert sind, ist auch eher unglücklich.

Und der Niedrigpreisstörer lässt dann endgültig den Verdacht aufkommen, dass es hier vielleicht doch nicht nur um das geht, was „Gut für dich und deine Welt“ ist, wie Budni nun verspricht. (Was von den vielfältigen Einkaufsmöglichkeiten des oft eher leer wirkenden Markts ein Stück weit wieder ausgeglichen wird.)

In jedem Winkel noch ein Produkt

Der Wöhlke-Budni in Friedrichshain ist ein ziemlicher Kontrast zur XXL-Variante am anderen Ende der Stadt: mit deutlich weniger Platz, viel verwinkelter, aber trotzdem mit dem Anspruch, in seiner Schlauchhaftigkeit ein durchaus vielfältiges Sortiment anzubieten. Dass dafür wirklich jede Ecke genutzt wird und manche Wege in Sackgassen führen, ist ungewohnt und kurios – geht aber in Ordnung.

Ein bisschen ungünstig ist hingegen, dass der Mittelgang hinterm Eingang direkt durch die Mini-SB-Kassenzone führt, was bei höheren Frequenzen durchaus Zusammenstöße von gerade ankommender und bereits zahlender Kundschaft provozieren wird.

Große Sonderpostenflächen sind hier nicht möglich, im „… & mehr“-Regal ist aber trotzdem ein ganzer Haufen Saison- und Geschenkartikel untergebracht.

Und die Einkaufswagen wurden aus Platzgründen vor den Laden verlagert.

Im Gegensatz zu seinem großen Bruder will der Winkel-Budni, der eindeutig das Wöhlke-Prinzip des Nachbarschaftsladens für alle folgt, nicht auf frische Lebensmittel verzichten – auch wenn die Auswahl sehr viel reduzierter ausfällt als ursprünglich in Hamburger und den ersten Berliner Läden ausprobiert. Zwischen Pasta und Aufstriche zwängt sich deshalb ein schmaler Brötchenknast auf die Bio-Landebahn, aus dem frische Brote, Brötchen und Schnecken der regionalen Bio-Bäckerkette Zeit für Brot entnommen und selbst eingetütet werden können.

Aufs Wesentliche eingedampfte Frische

Gegenüber steht ein schmales Holzregal, das sich aufs Wesentliche beschränkt: Bio-Eier, Bio-Bananen und Bio-Champignons – fertig. Das passt zur Tendenz, auch in den übrigen Filialen die vermutlich mit hohen Abschriften belastete Frischware wieder stärker einzudampfen (was durchaus bedauerlich, aber verständlich ist).

Von der Strategie, Café-Tresen in die Läden einzubauen, scheint man sich im Zuge der Pandemie wieder vollständig verabschiedet zu haben. (Es sei denn, der neue Friedrichstraßen-Budni ändert daran mit seiner Eröffnung noch was.)

Ein bisschen gewöhnungsbedürftig ist, wie sehr die Regale mit Papschildchen zugepflastert sind, die auf Besonderheiten dahinter hinweisen sollen (Eigenmarken, Ökoprodukte) oder schlicht als zusätzlicher Werbeplatz genutzt werden.

Insgesamt macht Budnis neue Öko-Schale aber durchaus einen runden Eindruck – und liefert den modernsten Markenauftritt im deutschen Drogerieartikelhandel ab, der auch den Wettbewerbern einiges voraus hat. Weil er viel mehr Orientierung bietet als das stark in die Jahre gekommene Ladendesign von dm (dem laut „Lebensmittel Zeitung“ ebenfalls eine baldige Erneuerung bevorsteht, Abo-Text), deutlich wärmer daher kommt als das kühle Rossmann-Ambiente (das auch Jahre nach der Einführung immer noch nicht alle Filialen erreicht hat), im Gegensatz zu Müller auf sowas wie Einkaufsathmosphäre Rücksicht nimmt – und das Nachhaltigkeitsbemühen vieler Kund:innen konsequent in den Mittelpunkt stellt. Dass es zugleich eine gewisse Anpassungsfähigkeit besitzt und sowohl in kleinen als auch großen Filialen passend wirkt, ist ein zusätzlicher Pluspunkt.

Es wird interessant zu beobachten sein, ob mögliche Erfolge in Berlin auch die im restlichen Bundesgebiet bislang ausgebliebene Expansionsbegeisterung (vor allem seitens Edeka) noch zu entfachen vermag. Aber egal, wie stark Budni in den kommenden Jahren in die Breite zu gehen plant: Das aktuelle Format wirkt wie die richtige Basis dafür.

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1 Kommentar
  • Apropos dm als Vorzeigeunternehmen: Bei dm ist man anscheinend gerade dabei, alte Wurzeln zu kappen. Glaubt man den zahlreichen Arbeitgeberbewertungen, herrscht auch hier mittlerweile ein hoher Personalkostendruck. Drogistenazubis werden anschließend mit Verkäuferverträgen auf geringer Srundenzahl in weitentfernten Filialen übernommen. Das steigende Arbeitspensum in den Filialen (Warenverräumung, Kasse, Fototerminal, Passfotos, Onlineaufträge kommissionieren, Beratung, Diebstahlschutz, Durchsetzung Coronaregeln, etc…) ist kaum noch schaffbar. Gleichzeitig werden den Filialen die Stunden gekürzt. Selbst von Mobbing und Schikane von älteren Beschäftigen (teurere Verträge)ist die Rede, um sie aus dem Unternehem zu ekeln. Auch 1 zu 1Besetzung (1MA Kasse 1 MA Fläche) soll schon vorkommen. Mitarbeiter werden verheizt oder verlassen freiwillig die Firma. Die Werte von Götz Werner scheinen nur noch als Spruch auf dem Kittel oder auf dem Papier zu existieren. Meiner Meinung nach, verspielt sich dm gerade damit einen entscheidenden (Image)vorteil ggü. der Konkurrenz. Der Imageschaden wird groß sein, falls eine Redaktion das Thema medial aufgreifen sollte. Dass allgemein bei den Arbeitsbedinugngen im Einzelhandel Luft nach oben ist, steht dabei außer Frage. Immerhin kann sich dm damit trösten, dass die Zustände lt. Bewertungen auf Kununu bei Rossmann offenbar ähnlich schlecht sind, bzw. bei Budni und Müller noch prekärer sind. Wenigstens ist Müller dabei so ehrlich und verzichtet weitgehenst darauf, sich sozial besonders engangiert darzustellen. Im Greenwashing dagegen, toben sich die Drogerien alle aus.

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