Rohlik zieht Führung von Knuspr und Gurkerl zusammen, Start in Hamburg wohl erst Ende 2023

Rohlik zieht Führung von Knuspr und Gurkerl zusammen, Start in Hamburg wohl erst Ende 2023

Foto: Knuspr
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Neues Jahr, neue Strategie: Rohlik lässt sein Österreich-Geschäft künftig von München aus mitmanagen und will Standorte seines Lebensmittel-Lieferdiensts schneller profitabel werden lassen. Dafür verzögern sich bereits geplante Starts nach Supermarktblog-Informationen massiv.

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Die tschechische Mutter des erst vor anderthalb Jahren in Deutschland gestarteten Lebensmittel-Lieferdiensts Knuspr ändert ihre Strategie und setzt aufgrund der veränderten wirtschaftlichen Lage nicht mehr auf möglichst schnelle Expansion.

Am Mittwoch hat das Unternehmen unter anderem angekündigt, seine österreichische Tochter Gurkerl zumindest strukturell mit Knuspr in Deutschland zusammenzuführen. Erich Comor, der bislang die Standorte München und Frankfurt am Main verantwortete, ist künftig auch für Wien verantwortlich, wo Rohlik mit seinem Konzept aus Supermarkt und Bio-Anbieter seit etwas mehr als zwei Jahren aktiv ist (siehe Supermarktblog).

Maurice Beurskens, der Gurkerl in Österreich bislang als CEO eigenständig führte, wird das Unternehmen verlassen, wie man in München auf Supermarktblog-Anfrage bestätigt.

Auch alle anderen Abteilungen werden zusammengelegt. Der gemeinsame Bereich Commercial (Einkauf) wird künftig von Stephan Lüger, der in dieser Position bislang für Gurkerl tätig ist, verantwortet. Lüger wird als Commercial Director auch Teil der Geschäftsführung.

Die beiden Namen der auf regionale Produkte fokussierten Lieferdienste sollen aber erhalten bleiben. Auch das Wiener Büro bleibt bestehen. Das Einkaufserlebnis der Kund:innen sei von den Veränderungen nicht betroffen.

Standorte sollen schnell profitabel werden

Darüber hinaus will Rohlik die bisherigen Logistikstandorte im deutschsprachigen Raum schnell automatisieren. Damit solle sich „die Produktivität an allen drei Standorten zügig steigern“, um die Dienste „schneller in die Gewinnzone kommen“ zu lassen, heißt es in einer Mitteilung. Am Standort München sei der Bereich für Trockenprodukte bereits automatisiert, die Frische soll in den kommenden Monaten folgen. Frankfurt und Wien würden noch 2023 ebenfalls „komplett automatisiert“, in der Rhein/Main-Region könnte es im Idealfall bis zum Sommer soweit sein.

Tomáš Čupr, Gründer der Rohlik Group, erklärt, man verfüge für das geplante Wachstum „über genügend finanzielle Mittel”.

Gleichzeitig lässt Rohlik die Expansion dafür ins Stocken geraten. Denn wegen der neuen Priorisierung, Standorte möglichst schnell schwarze Zahlen schreiben zu lassen, werden sich wohl alle bereits angekündigten Starts in neuen Lieferregionen verzögern.

Knuspr braucht mehr Zeit, um in neue Regionen zu expandieren; Foto: Smb

Nach Supermarktblog-Informationen soll der dritte deutsche Knuspr-Standort Hamburg deshalb erst Ende dieses Jahres ans Netz gehen. Ursprünglich sollten Kund:innen bereits ab September 2022 beliefert werden. Im Laufe der vergangenen Monate hatte sich aber bereits abgezeichnet, dass es dazu nicht kommen würde.

Das Logistikzentrum in Obergeorgswerder ist längst einsatzbereit; auch hier wird Rohlik aber vermutlich die Automatisierung umsetzen wollen, bevor es losgeht. Letzteres bestätigt ein Knuspr-Sprecher auf Anfrage: Hamburg werde vollautomatisiert ans Netz gehen. Einen konkreten Zeitpunkt gebe es dafür derzeit aber nicht; man wolle sich zunächst auf die Profitabilität u.a. in München fokussieren, bevor weitere Entscheidungen getroffen würden.

Knuspr hatte gegenüber Medien zuletzt eine Verschiebung in Hamburg aufs Frühjahr 2023 bestätigt.

Wird Knuspr in Berlin zum Nachzügler?

Im Spätsommer hatte Knuspr-CEO Erich Comor gegenüber der Fachpresse erklärt, Verträge für Fulfillmentzentren seien bereits für Essen, Düsseldorf, Köln und Berlin unterzeichnet; Stuttgart und Leipzig ständen ebenfalls auf der Agenda. Bis es dort losgeht, dürfte es aber noch dauern. Damit wird sich auch die vollmundige Ankündigung, zügig zur Nummer 1 im deutschen Lebensmittel-Liefermarkt werden zu wollen, so schnell kaum umsetzen lassen.

Und wenn Knuspr z.B. in Berlin erst 2024 startet, dürfte es schwer werden, sich dort noch als Nachzügler zu etablieren. Derzeit sind in der Stadt Rewes Lieferdienst, Bringmeister, Amazon Fresh, Flaschenpost und Alnatura (in Teilen) aktiv; Ende Januar startet Oda aus Norwegen, Edekas Picnic hat sich ebenfalls für das laufende Jahr angekündigt. Es wird viel Überzeugungskraft brauchen, Liefer-Kund:innen dann noch zum Wechsel zu animieren.

Zuletzt hatte Knuspr mit einem Zickzack-Kurs zur Erhöhung von Mindestbestellwert und Lieferkosten, um steigenden Energiekosten zu begegnen, auf sich aufmerksam gemacht.

Verwirrspiel mit Lieferkosten

Eine überraschende Verdoppelung der Lieferkosten auf fast 10 Euro für Wenig-Besteller:innen wurde innerhalb von zwei Tagen wieder zurückgenommen. Stattdessen kündigte Knuspr ein differenziertes Modell mit unterschiedlichen Bedingungen für München und Rhein-Main an und begründete diese mit verschieden hohen Kosten wegen der Teil-Automatisierung am Standort München (siehe Supermarktblog).

Knuspr schickte seine Kund:innen im Oktober durch einen Irrgarten neuer Lieferbedingungen; Screenshot: knuspr.de

Kurz darauf waren auch diese Modalitäten aber schon wieder Geschichte. Ende Oktober ist Knuspr auf ein standorteinheitliches Modell zurück geschwenkt, bei dem die Lieferkosten nun je nach Tageszeit variieren – so wie bei zahlreichen Wettbewerbern. Der Mindestbestellwert liegt jetzt bei einheitlichen 49 Euro, der Wert für die Gratis-Lieferung bei 89 Euro. Für Warenkörbe darunter müssen Kund:innen zwischen 6,90 und 1,90 Euro bezahlen – und zwar egal, wieviel sie bestellen.

Um die Verwirrung perfekt zu machen, erließ Knuspr Wenig-Besteller:innen kurze Zeit später aktionsweise die Liefergebühren bereits ab 49 Euro (von Ende November bis Mitte Dezember).

In einem wettbewerbsintensiver werdenden Markt wird sich das „führende Unternehmen für Online-Lebensmittel-Lieferdienste“ solche Verwirrspiele künftig eher nicht mehr leisten können.

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4 Kommentare
  • Ich kenne Menschen, die von Knuspr schwärmen: Natürlich wohnen sie im entsprechenden Liefergebiet.
    Wenn Knuspr allerdings erst 2024 nach Berlin kommt, habe ich mich z.B. schon lange an andere Lieferdienste gewöhnt, auch wenn sie mir nicht gefallen.

  • Intern heißt es eher dass Knuspr bald pleite ist.
    Evtl noch 4-5 Monate.
    Die werden nie in die Gewinnzone kommen, wenn es Prime Now von Amazon nicht mal geschafft hat.

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