Transfer gestartet: Knuspr holt ehemalige Bringmeister-Kund:innen in München zu sich

Transfer gestartet: Knuspr holt ehemalige Bringmeister-Kund:innen in München zu sich

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Das grüne B ist bald Geschichte: In München nimmt Bringmeister keine neuen Bestellungen mehr an. Dafür lockt Neu-Eigentümer Knuspr mit besseren Konditionen und einem regionaleren Sortiment. Der Übergang ist die Blaupause für Berlin, wo Knuspr zu Beginn des neuen Jahres starten will.

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Nur drei Wochen nach der offiziellen Bestätigung, dass der Lebensmittel-Lieferdienst Knuspr seinen Wettbewerber Bringmeister übernimmt, hat der neue Eigentümer den Transfer der Kund:innen auf das eigene Angebot gestartet: In München nimmt Bringmeister seit dem heutigen Montag keine neuen Bestellungen mehr an, Website und App verweisen auf das Angebot von Knuspr.

Screenshot: bringmeister.de

Dazu heißt es auf der Startseite (bei Eingabe einer Münchner PLZ):

„Bringmeister wird zu Knuspr. Jetzt noch besser einkaufen!“

Auf knuspr.de erklären die bisherigen Wettbewerber den Bringmeister-Kund:innen, was sie erwartet: eine schnellere Lieferung als bisher („in drei Stunden bei dir“), ein „größeres Sortiment“ mit „exklusiven Produkten“ sowie eine kostenlose Lieferung ab 69 Euro (statt 100 Euro wie bei Bringmeister).

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Nur zum Korrekturlesen war keine Zeit mehr:

„In unserem Shop findest du über 13.000 Artikel, das von bewährten Supermarkt-Klassikern, über Apotheken- und Drogerieprodukten und Knuspr-günstige Eigenmarken, bis hin zur Tiernahrung reicht.“

Für viele Kund:innen dürfte der Wechsel zu Knuspr dennoch eine gewöhnungsbedürftige Umstellung sein: Eigenmarken von Edeka, die Bringmeister über viele Jahre in stattlicher Sortimentsbreite und -tiefe führte, sind für Kund:innen passé.

Rockaway erhält Beteiligung an Rohlik

Stattdessen verweist Knuspr auf Produkte der selbst gelaunchten Eigenmarken (u.a. Miil, Pappudia, Yutto), mit denen sich Bringmeister-Gewöhnte aber erst einmal vertraut machen müssen. Ein kleiner Trost: Bio-Produkte von Alnatura gibt’s weiterhin.

Dazu stellt Knuspr seine Fokussierung auf regionale Produkte und feldfrische Lieferung heraus und liefert auf der Transferseite („Bringmeister wird Knuspr“) eine Menge guter Gründe für den Wechsel.

Der zur tschechischen Rohlik-Gruppe gehörende Anbieter hatte vor kurzem die genauen Modalitäten der Übernahme von Bringmeister bekannt gegeben, das die ebenfalls aus Tschechien stammende Investmentgruppe Rockaway Capital erst vier zweieinhalb Jahren vom damaligen Eigentümer Edeka übernommen hatte (siehe Supermarktblog). Für die Weitergabe erhält Rockaway Anteile an Rohlik, deren Höhe „von der Entwicklung ab[hängt], die Knuspr und Bringmeister nach dem Zusammenschluss im Laufe des nächsten Jahres erzielen werden“.

(Rockaway ist auch am direkten tschechischen Lebensmittel-Lieferkonkurrenten Košík.cz beteiligt.) Korrektur, 23.10.: Laut Czechcrunch.cz hat Rockaway seine verbliebenen Anteile im April dieses Jahres an Daniel Křetínský and Patrik Tkáč abgegeben.

Bessere Auslastung des Warenlagers

Für Knuspr ist die Integration von großer Bedeutung, weil man damit in Münchnen auf einen Schlag 25 Prozent Marktanteil im Liefergeschäft für sich reklamieren kann – also: vorausgesetzt, die bisherigen Bringmeister-Kund:innen nutzen die Gelegenheit nicht, um zur Konkurrenz zu wechseln. (Ein einmaliger Einkaufsgutschein für Knuspr soll den Wechsel vereinfachen.)

Außerdem erfolgen die Lieferungen künftig nicht mehr aus dem Bringmeister-Warenlager in Olching, sondern aus dem vollautomatisierten Lagerhaus von Knuspr in Garching, das so besser ausgelastet werden soll, um seine Wirtschaftlichkeit – auch gegenüber potenziellen neuen Investoren – zu demonstrieren.

Am Montag hat Knuspr bekannt gegeben, seinen Lieferradius um München um insgesamt 34 Postleitzahlengebiete zu erweitern (teilweise durch Bringmeister).

In Berlin, wo auch die Neukund:innen-Akquise weiterläuft, bleibt vorerst alles beim Alten: Bestellungen sollen noch bis zum Jahresende möglich sein – so lange läuft laut „Lebensmittel Zeitung“ auch der bestehende Liefervertrag mit der Edeka-Regionalgesellschaft Minden-Hannover. Damit ist auch klar, dass für Rockaway bei Bringmeister akuter Handlungsdruck bestand – weil eine Verlängerung angesichts der Tatsache, dass Edeka voll auf Picnic setzt, tendenziell unwahrscheinlich gewesen wäre.

Nicht mehr viel Zeit für Berlin

Interessant wird jetzt vor allem, wie Knuspr seinen Marktstart in Berlin gestaltet – der dann ja zum Jahresanfang erfolgen müsste, wenn keine Lieferlücken entstehen sollen. Bis dahin gibt es vermutlich noch einiges an Arbeit zu tun, falls Knuspr den bisherigen Maßstäben gerecht werden will, einen hohen Anteil regionaler Produkte im Sortiment zu führen – und die dafür nötigen Vereinbarungen mit Hersteller:innen und Lieferant:innen zu treffen. (Von denen viel aber ja auch schon mit anderen Lieferdiensten in Kontakt stehen oder standen; das vereinfacht die Sache vielleicht etwas.)

Ein Knuspr-Start in weiteren deutschen Städten soll im Laufe der kommenden Jahre erfolgen.

Ende des vergangenen Jahres war man mit der vollmundig angekündigten Expansion in Deutschland ins Schlingern gekommen: Aufgrund steigender Kosten hatte Knuspr mehrfach sein Lieferkostenmodell angepasst und für Verwirrung gesorgt (siehe Supermarktblog und Supermarktblog); der angekündigte Start in Hamburg verzögert sich massiv.

Gleichzeitig gab man bekannt, die Knuspr-Führung mit der seiner österreichischen Tochter Gurkerl zusammenzuführen (siehe Supermarktblog). Später ging auch noch der dafür designierte Chef Erich Color von Bord. Knuspr wird seitdem von einem Trio geleitet.

Wechselhafte gebühren und Preise

Wie reibungslos der Service funktionieren kann, hat Knuspr bereits in München und im Rhein-Main gebiet unter Beweis gestellt; die Frage ist, ob er sich auch in stärker umkämpften Regionen behaupten kann. Denn trotz wiederkehrender Rabattversprechen wurden die Preise zahlreicher Artikel in den vergangenen Monaten teilweise deutlich angehoben; auch für die zweifellos wertigen Artikel regionaler Kooperationspartner werden bisweilen Preise aufgerufen, die für manche Supermarkt-Kund:innen gewöhnungsbedürftig sein dürften.

Zum Knuspr-Kernversprechen gehört es allerdings, „Supermarkt und Hofladen“ in einem zu sein: Im Fokus stehen insbesondere Kund:innen, die auch gerne im Biomarkt einkaufen, aber gleichzeitig nicht auf bekannte Markenartikel verzichten wollen.

Knuspr zielt auf Kund:innen, die schon Bio-Preise gewöhnt sind; Foto: Smb

Wie sich Knuspr gegen die Edeka-Beteiligung Picnic behauptet, die einen sehr viel stärkeren Discount-Fokus für sich reklamiert und gerade in Berlin durchgestartet ist, dürfte deshalb interessant werden.

Zu Beginn des Monats hatte sich Rohlik-Gründer und CEO Tomáš Čupr unter eigenem Namen an die Knuspr-Kund:innen gewandt, um für seine Version der „Zukunft des Einkaufens“ zu werben, „die Landschaft des Lebensmitteleinzelhandels zum Besseren zu verändern“ und sich von den „großen, gesichtslosen Konzernen, die oft die Bedürfnisse und Anliegen der einzelnen Kunden und Lieferanten übersehen“ abzugrenzen.

Die Sonntagslieferung in München, die über die Gründung einer Gastro-Tochter möglich gemacht werden sollte, war von den zuständigen Behörden wieder einkassiert worden.

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4 Kommentare
  • Moin!
    Kleiner Hinweis zu Eurem Kommentar „Rockaway ist auch am direkten tschechischen Lebensmittel-Lieferkonkurrenten Košík.cz beteiligt.“:
    Das hat sich gerade geändert – siehe hier (leider nur in Tschechisch): https://cc.cz/online-supermarket-kosik-cz-vyrostl-na-23-miliardy-korun-ztrata-se-prohloubila-na-565-milionu/
    „In diesem Frühjahr verließ einer seiner langjährigen Anteilseigner, die Rockaway-Gruppe von Jakub Havrlant, das Unternehmen stillschweigend.“
    Kosik gehört jetzt nur noch Kretinsky/Tkac und Metro. Allerdings war Kretinsky wiederum auch immer an Rockaway beteiligt. Komplizierte Eignerstruktur, mir scheint aber das sich die Unternehmen deutlicher abgrenzen wollen.
    (Disclaimer: ich arbeite bei Metro und war die letzten vier Jahre in Prag tätig – daher ein gewisses Interesse)
    Gleichzeitig sieht man im Artikel, dass Kosik seine Verluste vergrößert hat. Allerdings gibt es auch ambitionierte internationale Pläne.
    Für mich erscheint es unsicher, ob sich Kosik wirklich auf diesem Markt durchsetzen kann, wenn man jetzt sieht, dass auch schon das wesentlich größere Rohlik Probleme bekommt.
    Auf der anderen Seite haben beide Unternehmen ganz solvente Finanziers im Hintergrund (Kretinsky ist dieses Jahr zum zweitreichsten Tschechen aufgestiegen), so dass man trotzdem gespannt sein darf!
    Grüße
    Christian Ahn

  • Für Berlin später nen schönes Eigentor. Das Logistikzentrum von Bringmeister scheint nicht mal die Artikel beim Picking zu scannen. Wenn das 1-1 für knuspr in der Logistik übernommen wird, kann man auch da zukünftig bei jeder Bestellung fehlende Artikel reklamieren. So was vermiest jeden Einkauf und man meidet den Anbieter immer mehr (zumal der Kundenservice dahinter auch richtig mies ist).

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