Lebensmittel online vorbestellen und abholen: Lidl bereitet in Polen neuen Anlauf mit Click & Collect vor

Lebensmittel online vorbestellen und abholen: Lidl bereitet in Polen neuen Anlauf mit Click & Collect vor

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Schon Ende Mai könnte Lidl einen neuen Anlauf unternehmen, um Kund:innen in Märkten Lebensmittel abholen zu lassen, die sie vorher online reserviert haben.

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Schon Ende Mai könnte Lidl einen neuen Anlauf unternehmen, um Kund:innen ihre Einkäufe online vorbestellen und in Märkten abholen zu lassen (Click & Collect). Mehrere Indizien deuten darauf hin, dass der Service auch frische Lebensmittel umfassen wird und in ausgewählten Filialen in Polen startet.

Zu Beginn dieser Woche informierte der Discounter polnische Nutzer:innen seiner Online-Dienste (zu denen der Shop für Nonfood und Lidl Plus gehören) über eine Anpassung der Nutzungsbedingungen, die zum 26. Mai wirksam wird und die „Erweiterung der Funktionalität [des registrierten Nutzer:innen-Kontos] … auf einen neuen Service“ umfasst.


Screenshot [M]: Lidl/Smb

Dieser soll unter der Adresse rezerwuj.lidl.pl angeboten werden und, wie weiteren Bestimmungen („Stand: 11.05.2020“­­) zu entnehmen ist, die „Online-Buchung von Produkten in ausgewählten stationären Lidl-Filialen“ umfassen.

Das Grundprinzip erinnert stark an das ursprünglich für Deutschland vorbereitete Konzept Lidl Express. Mit dem hatte der Discounter bereits 2017 an einer Verknüpfung der „Flexibilität des Online-Shoppings mit den Vorteilen des stationären Geschäfts“ gearbeitet (siehe Supermarktblog):

„Unsere Kunden können Einkäufe bequem online bestellen und diese in einer Lidl Express-Filiale in der Nähe abholen und bei Bedarf weitere Einkäufe erledigen. Und das zu gewohnten Lidl-Preisen“,

hieß es damals aus Neckarsulm zu den Plänen.

Anmelden, aussuchen, abholen

Kurz vor dem Start wurde der Service – dem Vernehmen nach durch eine Intervention aus der Führungsebene der Schwarz-Gruppe – jedoch gestoppt (siehe Supermarktblog). Der damalige Lidl-Deutschland-Geschäftsführer Sven Seidel, dem die Abhol-Initiative zugeschrieben wurde, verließ das Unternehmen wegen „unterschiedlicher Auffassungen über die Geschäftsausrichtung“.

Wie genau sich das neue Angebot in die Abläufe von Lidl Polen einfügen soll, ist aktuell noch unklar. Die Nutzungsbedingungen lassen allerdings weitreichende Schlüsse darauf zu, wie der Service funktionieren soll.

Demnach melden sich Kund:innen auf der Plattform mit ihrem (bestehenden oder neu registrierten) Lidl-Account an, wählen aus einer Liste der verfügbaren Läden die Filiale aus, in der sie abholen wollen, und entscheiden sich für ein freies Zeitfenster. Anschließend können die gewünschten Produkte gebucht werden. Spätestens eine Stunde vor Beginn des ausgewählten Zeitfensters will Lidl per E-Mail an die Abholung erinnern und eine Übersicht der fertig kommissionierten Produkte mitschicken. Bei Rückfragen soll telefonisch oder per SMS Kontakt zu Kund:innen aufgenommen werdem.

Ein Login auf der Plattform ist zeitweise schon möglich. Auch Filialen lassen sich dort bereits auswählen (z.B. in Danzig, Posen, Warschau). Zeitfenster sind aber noch nicht freigeschaltet, deshalb dürften vermutlich auch noch keine Produkt auswählbar sein. Es gibt aber bereits eine Übersichtsseite für künftige Bestellungen.


Screenshot [M]: lidl.pl/Smb

Bezahlt wird erst im Laden

Zur Abholung im Laden muss die per Mail verschickte PDF-Bestätigung auf dem Smartphone oder als Ausdruck vorgezeigt werden. Besteller:in und Abholer:in müssen nicht zwangsläufig identisch sein; jede Person, die die Bestätigung vorzeigen kann, erhält den Einkauf ausgehändigt.

Das geht auch, weil der Einkauf nicht online, sondern erst im Laden bezahlt wird. Durch die Reservierung komme noch kein (vorläufiger) Kaufvertrag zustande, heißt es in den Nutzungsbedingungen. Die Reservierung werde lediglich als Interesse der Kundin bzw. des Kunden verstanden, die ausgewählten Artikel im jeweiligen Markt zu erwerben.

Eine Pflicht, die reservierten Produkte auch tatsächlich abzunehmen, existiert für Vorbesteller:innen nicht. Lidl behält sich aber explizit vor, Kund:innen für den Dienst zu sperren, wenn die ihre Online-Bestellungen wiederholt liegen lassen.

Weiter heißt es, dass die online verfügbaren Produkte „möglicherweise nicht das gesamte Sortiment des Geschäfts“ umfassen, dass also die Auswahl im Laden eventuell größer ist als auf der Website. Es soll allerdings möglich sein, im Zuge des Abholeinkaufs weitere Artikel im (stationären) Markt zu erwerben, die im Netz nicht verfügbar waren. Außerdem können Kund:innen bestellte Produkte, die sie doch nicht kaufen wollen, bei der Abholung liegen lassen.

Obst und Gemüse müssen auf die Waage

Ausschlaggebend sollen stets die Preise im stationären Laden sein. Bei Artikeln, die in Gewicht oder Volumen variieren, werde im Netz der Grundpreis pro Kilo oder Liter angegeben. Der Endpreis richte sich nach ihrem tatsächlichen Nettogewicht oder Nettovolumen, das während der Kommissionierung ermittelt werde.

Das dürfte vor allem für Obst und Gemüse bzw. nach Gewicht abgepacktes Fleisch relevant sein – und ist das deutlichste Indiz dafür, dass der Abholservice wohl nicht (vorrangig) für den Erwerb von Nonfood-Ware konzipiert ist.

Die Abholung ist innerhalb der von der Kundin bzw. vom Kunden gewählten Stunde möglich (und evtl. bis zu einer Stunde danach; diesbezüglich ist die Google-Übersetzung aus dem Polnischen uneindeutig). Danach verfällt sie automatisch.

Wenn ich das richtig verstanden habe, soll es einen Mindestbestellwert von 60 Zloty geben (knapp 13 Euro). Lidl behält sich außerdem vor, den Gesamtwert der vorab reservierbaren Produkte und deren Menge zu begrenzen. Vermutlich, damit niemand Monsterwarenkörbe picken lässt und dann nicht auftaucht bzw. um Hamsterkäufe zu vermeiden.

Die Nutzung des Abholdiensts soll für Kund:innen kostenlos sein.

Abholservice im Discount als strategischer Vorteil

Interessant ist zudem, dass Lidl angibt, gekühlte Artikel erst abschließend kommissionieren zu wollen, „wenn sich der Benutzer im Geschäft registriert, um die von der Buchung abgedeckten Produkte abzuholen“. Das ließe die Schlussfolgerung zu, dass Lidl in den Testfilialen eine eigene Infrastruktur für Abholeinkäufer:innen unterhalten könnte. (Weil sonst der reguläre Einkaufsbetrieb gestört werden dürfte.)

Wie gesagt: Bislang sind diese Informationen lediglich (noch nicht in Kraft getretenen) Nutzungsbedingungen entnommen; eine offizielle Ankündigung des Unternehmens gibt es derzeit nicht. Eine Sprecherin von Lidl Polen hat das Projekt gegenüber Business Insider Polen jedoch grundsätzlich bestätigt.

Und es läge durchaus nahe, nach der Online-Vollbremsung von 2017 nochmal einen neuen Online-Anlauf zu nehmen. Einerseits würde Lidl mit einem Click-&-Collect-Service in der Branche zwar zu den Mittel- bis Spätstartern gehören; anderseits könnte ein konsequent durchdachter Abholdienst zumindest im Discount nach wie vor strategisch von Vorteil sein.

(Hierzulande experimentiert Netto [ohne Hund] gerade mit dem Modell, siehe Supermarktblog.)

Hätte man in Neckarsulm vor drei Jahren nicht alle Projekte im Online-Geschäft mit Lebensmitteln für beendet erklärt, stünde die Gruppe – inklusive der Schwester Kaufland – heute höchstwahrscheinlich noch um einiges besser da. Insbesondere, seitdem absehbar ist, dass sich das Einkaufsverhalten vieler Konsument:innen durch die Corona-Krise grundlegend und langfristig ändern wird.

Corona verändert die Einkaufsgewohnheiten

Anders formuliert: Selten war es nerviger, für den Wocheneinkauf bei Lidl zu Lidl gehen zu müssen. Maskentragen, Einkaufswagendesinfizieren, Abstandhalten und Ausweichmanöver vorm Brötchenknast machen den Ausflug in den Discounter derzeit jedenfalls eher nicht zum Vergnügen.

Gleichzeitig profitiert Lidl nicht vom aktuellen Ansturm auf Online-Bestelllebensmittel, weil sämtliche Lösungen, die im Unternehmen bereits entwickelt waren, wieder eingestellt wurden (siehe Supermarktblog – erinnert sich noch jemand an die „Vorratsbox“?).


Screenshot [M]: Lidl/Smb

Die hohen Kosten, die für Handelsunternehmen mit der Lieferung frischer Lebensmittel an die Haustüren der Kund:innen verbunden sind, scheint man in der Schwarz-Gruppe weiterhin zu scheuen.

Gerade deshalb wäre der Abholeinkauf für Discount-Formate ein durchaus interessanter Zwischenschritt – und für Kund:innen die Möglichkeit, einen Großteil ihres Lebensmittel-Bedarfs sprichwörtlich im Netz zu reservieren, anstatt sich im Laden mit anderen Maskenträger:innen durch die Gänge zu schieben, um Haferflocken, Dosenmais und Toilettenpapier einzusammeln. (Falls welches da ist.)

Lieferung mit Partnern in Italien, Irland, USA

Im europäischen Ausland und in den USA tastete sich Lidl zuletzt gemeinsam mit Partnern an das Thema Online-Bestellungen von Lebensmitteln heran:

  • In Irland hat die Handelskette Kommissionierung und Zustellung von Lebensmitteln an das Einkaufsservice-Start-up Buymie ausgelagert, das eigene Mitarbeiter:innen in die Läden schickt (siehe Supermarktblog);
  • in Spanien heißt der Partner Lola;
  • in Italien ist Supermercato24 für Lidl (bzw. zahlreiche Händler) unterwegs und hat gerade einen ähnlichen Dienst in Polen übernommen;
  • in den USA kommen (je nach Lage) Boxed und Shipt zum Zuge. (IGD Retail Analysis hat eine ganz gute, wenn auch schon etwas ältere Übersicht dazu.)

Und in Deutschland? Passierten Innovationen zuletzt nur sehr zaghaft. Im vergangenen Jahr testete der Discounter in der Rhein-Neckar-Region die Abholung von Nonfood-Artikeln, die per DHL aus dem eigenen Online-Shop in den Läden bereitgestellt wurden.

Um das Discount-Prinzip endgültig ins Jahr 2020 zu holen, müsste sich Lidl seiner zwischenzeitlichen Online-Allergie jedoch serh viel gründlicher entledigen.

Möglich wäre das allemal – immerhin steckt der Discounter schon mittendrin in der digitalen Transformation. Die spiegelte sich zuletzt vor allem in der Einführung des digitalen Kundenbindungssystems Lidl Plus, das nach und nach europaweit starten soll (siehe Supermarktblog). Wer sich als Kund:in dort anmeldet, verfügt bereits über einen eigenen Lidl-Account, der direkt für ein zusätzliches Click-&-Collect-Angebot genutzt werden könnte.

Sogar bezahlen ließen sich die Abholeinkäufe im Laden per App. Nach und Nach integriert der Discounter die Bezahlfunktion Lidl Pay in Lidl Plus (nach Spanien wurd die Option gerade in Polen freigeschaltet).

Der Scan der digitalen Kundenkarte an der Kasse löst dann auf Wunsch nicht nur die aktivierten Rabattcoupons ein, sondern auch die Abbuchung des Beitrags vom hinterlegten Konto bzw. der hinterlegten Kreditkarte aus (siehe Supermarktblog).

Also: vorausgesetzt, kurz vorher zieht nicht wieder ein Digitalverweigerer an der Konzernspitze den Stecker.

Alle Supermarktblog-Texte zu Lidl Express von 2017.

Fotos: Supermarktblog"

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2 Kommentare
  • Interessanter Artikel. Danke dafür. Aber handelt es sich nicht streng genommen um “click & reserve” anstatt um “click & collect”? Der Unterschied besteht immerhin genau darin, wann/wo bezahlt wird: Direkt online oder erst im Laden.

    Viele Grüße
    Jan

  • Es wäre schön wenn LIdl in Deutschland auch die Online Bestellung und abholung vorantreiben könnte oder den Lieferservice. So wie es REWE bereits macht. Es wären viele Vorteile für den Kunden. Geradein C Zeiten sehr wichtig

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