Nirgendwo fühlt sich Edekas „Wir lieben Lebensmittel“-Bekenntnis so wohl wie an der Bedientheke im Supermarkt. Regelmäßig kommt es dort in den TV-Spots der Handelskette zu ungewöhnlichen Begegnungen oder spaßigen Dialogen, an deren Ende die jeweilige Thekenkraft gleichzeitig Humor und Fachwissen demonstriert, und Kund:innen glückselig nachhause gehen.
Dass dem auch Prominente nicht widerstehen können, brachte vor einem Jahr der Spot „Heiner hat’s eilig“ auf den Punkt, in dem ein zackig einkaufender Heiner Lauterbach den sehr viel entdeckungsbereiteren Kumpel Uwe Ochsenknecht durch den Markt vor sich herzuschieben versuchte. Gar nicht so einfach bei all den Leckereien:
Ochsenknecht: „Hmmm, frische Burrata. Ein Traum.“
Edeka-Thekenmitarbeiterin: „Frisch aus Apulien.“
Lauterbach: „Du stehst jetzt seit zwei Stunden an der Käsetheke. Geben Sie dem nichts mehr.“
Dabei war das ja noch harmlos, und der Heiner würde Augen machen, wie lange der Uwe heute rumstehen müsste!
Denn die Theken-Realität des Jahres 2022 sieht völlig anders aus als es die Werbespots der Vergangenheit der Kundschaft ins Gedächtnis gestanzt haben. Das hat mehrere Gründe: Der erste ist, dass viele Kund:innen im Laden gerade wieder stärker auf den Preis achten und sich öfter für verpackte Ware entscheiden. Dazu kommt, dass viele Jüngere die Frischetheke aus Gewohheit nicht (mehr) ansteuern, weil sie zügig einkaufen wollen, ohne im Laden einer Fachkraft beim Goudascheibensäbeln zuzugucken.
Neues Personal, händeringend gesucht
Der zweite Grund ist das fehlende Personal. Fast alle Händler suchen derzeit händeringend nach Mitarbeiter:innen, die sie an der Theke einsetzen können, um die Kundschaft zu bedienen – oftmals erfolglos.
Die in Nordrhein-Westfalen beheimatete Supermarktkette Klaas+Kock ging zuletzt soweit, Leser:innen ihres Wochenprospekts einen Einkaufsgutschein im Wert von 100 Euro zu versprechen, wenn die erfolgreich eine:n Mitarbeiter:in für die Fleischtheke vermitteln, die bzw. der mindestens einen Monat beschäftigt bleibt:
„An unseren Fleischtheken ist der personelle Aufwand sehr hoch. Um Ihnen auch weiterhin frisches Fleisch, Wurst oder Käse verkaufen zu können, suchen wir dringend Mitarbeiter (gerne auch Quereinsteiger) für unsere Frischetheken.“
Zahlreiche andere Supermärkte haben auf die Personalknappheit mit verkürzten Öffnungszeiten reagiert: Tegut schließt Bedientheken früher, selbstständige Rewe-Kaufleute bestätigen gegenüber Fachmedien, bereits um 18 Uhr oder sogar schon um 15 Uhr die Ware abzuräumen.
Und sogar bei Edeka, wo die Theken seit jeher als Aushängeschild der Märkte gesehen werden, mit denen man sich unkopierbar vom Discount abgrenzen kann, tut sich bislang Unvorstellbares.
Wir öffnen erst um 11 für Sie
Selbst in neu eröffneten Edekas wie am westlichen Ende des Kurfürstendamms in Berlin ist die Wurst- und Käsetheke nicht mehr synchron zu den (bislang zugegebenermaßen großzügigen) Ladenöffnungszeiten besetzt, sondern öffnet „vorübergehend“ fünf Stunden später: um 11 Uhr am Vormittag.
Bis dahin schauen Kund:innen während ihres Einkaufs auf eine leere Auslage oder können Mitarbeiter:innen ab 10 Uhr dabei beobachten, wie sie gemächlich Ware einräumen, die dann aber noch nicht rausgerückt wird – weil ja offiziell noch nicht thekengeöffnet ist.
Es ist nur schwer vorstellbar, dass sich der sinkenden Gunst, die den Frischetheken von einer zunehmenden Zahl an Kund:innen entgegen gebracht wird, so erfolgreich entgegensteuern lässt.
Für die Händler ist das ein echtes Dilemma. Denn insbesondere für selbstständige Marktbetreiber:innen sind die Verkäufe an der Theke wichtig für den Ertrag ihrer Läden. An der Frischetheke gaben Leute bislang auch mal ein bisschen mehr aus, wenn sie von Qualität und Besonderheit der Ware überzeugt waren. Lange gehörten die Theken deshalb zur Standard-Ausstattung der Supermärkte und nahmen einen entsprechend herausgehobenen Platz in den Läden ein.
Zuletzt sind die Umsätze, wie die „Lebensmittel Zeitung“ berichtet, bei vielen Händlern aber „spürbar zurückgegangen“; Kaufleute berichten von Verlusten im zweistelligen Bereich. Viele Kund:innen lehnen dankend ab, wenn sie jemand fragen will: Darf’s ein bisschen mehr sein?
„Genuss-Rabatt“ an der Frischetheke
Edeka Südwest versuchte im vorvergangenen Monate gegenzusteuern, indem Kund:innen mit Deutschland-Card 10-fach Punkte auf Ware aus der Bedientheke versprochen wurde; Edeka Minden-Hannover gibt derweil (schon länger) „Genuss-Rabatt“: „jeden Dienstag 20% auf Wurst aus der Frischetheke und im Frischpack“.
Und ein bisschen sieht es danach aus, als würde man gerade einem zentralen Supermarktbaustein der Vergangenheit beim Aussterben zusehen, oder?
Wie das vonstatten gehen kann, haben britische Supermarkt-Kund:innen bereits in Erfahrung bringen müssen: Marktführer Tesco hatte mehrfach Frischetheken in seinen Läden dichtgemacht, zuletzt eine dreistellige Zahl; Sainsbury’s verabschiedete sich schon vor fast zwei Jahren komplett aus dem Bediengeschäft, Asda folgte kurz darauf. Nur Waitrose wollte gegensteuern und kündigte eine verstärkte Konzentration aufs Thekengeschäft an. Dem sinkenden Marktanteil der Kette konnte das aber kaum etwas entgegensetzen.
Das britische Fachmagazin „The Grocer“ wollte den Theken trotzdem keine Träne nachweinen, und befürwortete gar das Aus dieser „unüberzeugenden Form des Handelstheaters“ (Abo-Text). Wobei dazu gesagt werden muss, dass es den britischen Theken – im Gegensatz zu vielen anderen in europäischen Ländern mit entsprechend ausgeprägter Tradition – oftmals an überzeugenden Sortimenten und fachkundigem Personal fehlte. Das meiste sei ohnehin vorgepackt und aufgetaut gewesen, dazu habe es am Training für Mitarbeiter:innen gemangelt.
Tesco und Asda kooperieren mit Metzgereien
Auch wenn die Umsätze hierzulande gerade ähnlich spürbar zurückgehen: Die Situation in Großbritannien dürfte sich nur schwer auf Deutschland übertragen lassen, wo insbesondere selbstständige Kaufleute durchaus Wert darauf legen, dass hinter ihrer Theke möglichst kompetente Leute stehen, die im Zweifel jedes Rind der lokalen Fleischlieferant:innen schon mal persönlich gestreichelt haben, bevor es geschlachtet wurde.
Aber die Situation in Großbritannien ist dennoch interessant, und zwar wegen der Strategien, mit denen die UK-Supermärkte ihre Bedientheken substituiert haben.
Asda kündigte an, „hot food stations“ an ihre Stelle zu setzen, wo Kund:innen sich vorbereitete Essen unterschiedlicher Landesküchen zum Heimverzehr mitnehmen könnten; gleichzeitig wurden – wie bei Tesco – einzelne Standorte an Halal-Spezialisten oder örtliche Metzgereien vermietet (z.B. McGees in Nordirland), die die Theken in den Läden auf eigene Rechnung betreiben – was ja nichts anderes ist als hierzulande die Regionalbäckereien in der Vorkassenzone, und deshalb durchaus auch für Deutschland vorstellbar. Nicht zuletzt sind an die Stelle mancher Theken auch die inzwischen unvermeidbaren Sushi-Würfel gezogen.
Die stehen bei Rewe, Edeka & Co. freilich oft schon zusätzlich zu den Theken in den Läden herum; und selbst wenn die Verlockung wächst, weitere Flächen an externe Partner zu vergeben, weil die eine feste Kommission (im Zweifel mit Umsatzbeteiligung) an die Ladenbetreiber:innen zahlen: Zu viele Quatschwürfel mit sehr spitzer Zielgruppe machen die Märkte auch nicht hübscher oder übersichtlicher.
Bedien-Theater auf der Großfläche
Fest steht lediglich, dass die Zeiten, in denen neue Edeka- und Rewe-Märkte automatisch mit meterlangen Bedientheken für Fleisch & Wurst, Fisch und Käse ausgestattet wurden, sich langsam dem Ende zuneigen.
Die einzige Ausnahme dürften größere Vorzeige-Standorte sein, die sich mit besonders breitem Sortiment und überdurchschnittlich hoher Frischekompetenz bei der Kundschaft zu etablieren versuchen.
Im vor einem Jahr komplett renovierten Rewe Center in Hamburg-Tonndorf zum Beispiel hat das Bedien-Theater einen höheren Stellenwert als je zuvor: Die Käsetheke ist ein einziger Traum in Holz, die Fisch-Theke glänzt in maritimem Blau und passendem Lampen-Arrangement und die Fleischtheke wird von edel aussehenden Kühlschränken mit Dry-Aged-Rindfleisch gesäumt. An „working points“ können Kund:innen zusehen, wie Mitarbeiter:innen „markteigene Kreationen herstellen“, die sich dann in den Auslagen daneben in Selbstbedienung entnehmen lassen.
Ebenso großen Wert auf Auswahl und Ambiente legt Edekas neues „Center No.1“ in Berlin-Steglitz (siehe Supermarktblog), das fast die Hälfte seiner 4.000 Quadratmeter umfassenden Verkaufsfläche für Bedien- und Gastrotheken reserviert hat. Die klassischen Bediensortimente haben allesamt ein eigenes Design im Markthallen-Ambiente und einen separaten Namen verpasst bekommen, ähnlich wie es Jumbo mit seinem Foodmarkt in den Niederlanden vorgemacht hat: Es gibt den „Kääs Markt“, „die Fischwerker“ und „die Fleischer“ samt „Grill mit Stil“, dazu Bars für Kaffee, Smoothies, Wein. Die Kund:innen sollen dableiben, gleich was essen, dann in Ruhe weiter einkaufen.
Die Discounter simulieren Thekenauswahl
Auch Durchschnitts-Supermärkte dürften sich aber schwer damit tun, die Frischetheken vollständig abzuschaffen – weil sie dann aus Kund:innensicht noch näher an die wieder aufholenden Discounter heranrücken.
Diese bemühen sich ihrerseits, den Supermarkt-Angeboten selbst mehr Frische entgegenzusetzen. Ohne Theke und zusätzliches Personal zwar, aber dafür mit erweiterter Auswahl: Für seine „Käsewelt“ hat Lidl schon vor längerer Zeit einen Kühlregalmeter freigeräumt, auf dem frisch abgepackte Käsesorten grammgenau abgewogen in Flechtkörben einsortiert sind (siehe Supermarktblog); Aldi Süd macht’s mit seiner frech „Frischetheke“ betitelten SB-Auswahl für Wurst und Käse genauso. Und Penny stellt im neuen „Markthalle“-Ladenkonzept eigene Kühltrühchen auf, in denen so genannte „Prepack“-Ware angeboten wird – was vielerorts aber eher traurig wirkt. Die Ware ist teurer als die regulär abgepackte, aber ohne die Budgets der individueller einkaufenden Kundschaft zu sehr zu strapazieren.
Die Frage ist, ob Supermärkte wie Edeka und Rewe sich irgendwann gezwungen sehen könnten, auf ähnliche Konzerte umzusteigen, wenn die Umsätze an der Theke weiter sinken und die Personalsituation so angespannt bleibt wie jetzt.
Richtig clever wäre es nicht, den konzeptionellen Vorteil gegenüber der Konkurrenz vollständig aufzugeben.
Tierwohlfleisch-Test bei Billa
Also versucht Rewe, Kund:innen mit neuen Sortimenten, z.B. veganen Produkten, an die Theke zu locken (siehe Supermarktblog). Die österreichische Schwester Billa plant derweil, ihre Bedientheken mit höhenwertigen Produkten aufzuwerten und verkauft zunächst in „ausgewählten Märkten“ seit kurzem nur noch Tierwohlfleisch, das preislich zwischen konventioneller Ware und Bio liegt. Der Aufschlag liegt bei 15 bis 20 Prozent, die Kund:innen bereit zu zahlen sein müssen, damit das Experiment gelingt. Weil sich damit nicht sämtliche Kosten decken lassen, investiert Billa laut „Cash“ (Text frei nach Anmeldung) zusätzlich „zwischen 1,5 und 2 Millionen Euro“ – was ganz gut demonstriert, welche Bedeutung die Kette der Thekenrettung beimisst.
Am Stammsitz von Rewe in Köln scheint man derweil eine Kompromisslösung gefunden zu haben, um reguläre Bedientheken in Märkten ersetzen zu können, wo die Umsätze den Platz für üppige Aufbauten nicht mehr rechtfertigen.
Es ist noch gar nicht so lange her, da testete die Handelskette im Zuge ihres neuen Ladendesigns noch zusätzliche Theken, u.a. eine (hier im Blog gelobte) für „Antpasti & Spezialitäten“, die nicht in erster Linie zur Bedienung von Kund:innen genutzt wurde, sondern zur Vorbereitung der genannten Produkte, die dann zum Mitnehmen gepackt in die angedockte Kühlung kamen. Das sah durchaus schick aus, setzte sich aber nicht durch.
Mogelpackung oder cleverer Bedien-Ersatz?
Der neue Ansatz ist quasi eine Rückbesinnung darauf, nur in viel kleinerem Maße, und gleichzeitig die Mini-Variante der „working points“ aus dem Rewe Center in Tonndorf: eine Wurst-Feinkost-Käse-Verpackungstheke, die zwar noch aussieht, als würde dort bedient, eigentlich aber bloß genutzt wird, um Mitarbeiter:innen sichtbar frische Ware aufschneiden und verpacken zu lassen, die dann in die die Kühlfächer an der Front verteilt wird. (Die dasselbe Design wie die klassische Bedienung nutzen.)
Als Theke ist eine solche SB-Variante zwar eigentlich eine Mogelpackung. Aber sie leistet trotzdem hervorragende Arbeit für Wahrnehmung und Marktambiente, weil Kund:innen weiter sehen, dass Ware an Ort und Stelle verarbeitet und portioniert wird, um eine Alternative zu industriell vorgepackten Produkten zu haben.
Das ist in vielerlei Hinsicht eine clevere Lösung, günstiger im Betrieb und personalsparend noch dazu – auch wenn sich eingefleischte Dry-Aged-Konsument:innen davon wohl kaum zum Marktwechsel überzeugen lassen werden. Die dürften an den dafür ausgewählten Standorten – hier in Berlin u.a. von Kaiser’s Tengelmann übernommene Läden – aber ohnehin in der Minderheit sein.
Zeitalter der Theken-Transformation
Trotz angespannter Lage wird das große Thekensterben in deutschen Supermärkten also vorerst ausbleiben. Wenn die Umsätze jedoch weiter abrutschen, müssen sich viele Handelsketten und Selbstständige sehr wohl fragen, wie sie die Verkaufsflächen künftig schlauer nutzen können, um ihre Erträge abzusichern.
Und ob es automatisch immer die klassische Bedientheke aus dem Werbemuseum sein muss, an der gut gelaunte Fleischfachverkäufer:innen einen flotten Spruch auf den Lippen haben, wenn die geduldig anstehende Kundschaft dankbar an die Reihe kommt, um einen Schweinenacken auf die Waage geworfen zu kriegen.
Langsam muss es auch mal jemand der Edeka-Hausagentur flüstern, damit die ihren nächsten Spot nicht komplett an der Ladenrealität vorbei schöpft: Das Zeitalter der Theken-Transformation hat begonnen!
„Hamburg-Troisdorf“ ist auch mal ein schöner Fehler :). Gemeint ist „Hamburg-Tonndorf“.
Korrigiert. Danke.
Diese Theken-„Mogelpackungen“ finden sich übrigens auch gerne in französichen Supermärkten, selbst auf den häufigen Großflächen. Während man staunt, wie dort Fisch und Meeresgetier über appetitliche Bedientheken geht, war ich häufig erstaunt, dass das Käseangebot überwiegend oder vollständig in SB präsentiert wird. Hinter den als Bedientheke getarnten Kühlvitrinen werkelt dann aber Personal, das Käse aufschneidet und verpackt. Und bei Bedarf auch mal bedient oder zumindest Auskunft gibt. Ich finde das keine schlechte Lösung.
Kenne ich von dort auch beim Fisch. Oft sogar „industriell verpackt“ anmutend (fest verschweißt etc.) und mit eigenen bunten Aufklebern/Etiketten mit dem Namen des Ortes/Centers bis hin zu genauem Artikel-/Aktionsbezügen weit über das übliche Thermoetiketten-Textniveau hinaus. Auf die Spitze treibt man es mancherorts mit im Geschäft (!) verpacktem Obst/Gemüse.
Ich bin so ein Thekenkunde. Und zwar bewusst. Weil ich es viel teurer finde, industriell abgepackte 500 Gramm Hackfleisch zu kaufen, aus denen in der Pfanne erstmal 150 Gramm Wasser rauskommen, die für die Marge da reingespritzt wurden (das Erlebnis hatte ich nicht nur einmal, vor allem aber mit Discounterware), als tatsächlich 500 Gramm an vor maximal zwei Stunden, manchmal gerade erst für diesen Einkauf gewolften Frischfleischs zu bekommen, aus dem nur die ganz natürliche Menge Wasser austritt, die in Muskelfleisch nun mal enthalten ist. Und wenn ich mir ansehe, welche Qualität das Fleisch im abgepackten Bereich hat, sowohl was Sehnen angeht als auch den Zuschnitt (besonders toll: 478 Gramm Putenbrustschnitzel – das eine hat 310 Gramm und ist daumendick, das andere hat 168 Gramm und ist so schief, dass das eine Ende binnen zwei Minuten trocken wie die Sahra wird, ehe das andere Ende überhaupt durchgebraten ist), frage ich mich, warum die Kunden über sowas nicht nachdenken.
Und Sie denken, dass die an der Theke ausgepackte, offen ausgelegte und wieder neu eingepackte Ware viel hochwertiger als nicht mehrfach umgepackte Ware ist?
Hallo,
da „Billa“ erwähnt wird – in österreichischen Supermärkten gibt es noch ein Angebot, das in Deutschland recht unbekannt ist: man kann sich Gebäck (v.a. Semmeln) direkt an der Frischetheke nach Wahl belegen lassen und bezahlt dann den normalen Supermarktpreis statt ca. 4 € für das Pendant beim Bäcker. Neben den auch aus Deutschland bekannten Aufschnitten gibt es auch Warmes (v.a. Leberkäs) und Aufstriche wie Liptauer.
Zumindest für Supermärkte neben Arbeitsplatzagglomerationen, Schulen und in touristischen Hot Spots wäre das vielleicht für Deutschland auch eine Idee? Wobei ich mir nicht sicher bin, wie gut es funktionierte, gerade zur Mittagspause ergeben sich recht lange Wartezeiten, die von der ungeduldigen deutschen Kundschaft sicher nicht begeistert aufgenommen werden.
sowas kenne ich von selbständigen Fleischern (regionale Ketten) und Marktständen.
Meist ist eine Auswahl schon fertig. Wenn später am Tag die gewünschte Kombination nicht mehr da ist, wird schnell das gewünschte fertig gemacht.
Der Preis ist aber im Bereich 2-4 EUR.
seit Einführung des Mindestlohnes von 12 Euro ist es hier im Rheinland bei einigen Supermärkten einer bekannten Marke kurios:
ab 19 Uhr bis Schluss sind die einzigen Mitarbeiter im Markt 16-17jährige Schüler, weil für die der Mindestlohn nicht gilt
auch tagsüber wurde deutlich am Personal eingespart, Frischtheke hat nur noch in der Seniorenkernzeit offen, Reinigung seltener, Regaleinräumung fast wie in Discounter
Das Personalproblem ist Eigenverschuldet. Da habe ich kein Mitleid mit den Händlern. Über viele, viele Jahre hinweg wurde das Wort „Ausbildung“ sehr klein geschrieben. Und wenn ausgebildet-, und danach auch noch übernommen wurde, geschah dies zu dürftigen Konditionen was Wochenarbeitszeit („Bloß niemanden Vollzeit einstellen!“ ) und Gehalt anging.
Selbst heute noch, wo sich jede Fachkraft Job und Unternehmen aussuchen kann, scheint die Not, gerade bei Partnern der REWE und EDEKA, noch nicht groß genug zu sein – sonst würden nicht Löhne und Konditionen angeboten, die gerade dem Mindestlohn entsprechen bzw. nur wenige Cent darüber liegen. Fünf statt sechs Wochen Urlaub, Urlaubs- und Weihnachtsgeld, wenn überhaupt nur rudimentär, 40 statt 37,5 Wochenstunden, keinerlei Zuschläge. Außer denen, die der Gesetzgeber vorsieht.
Der von Ihnen erwähnte Markt in Halensee sucht seit einiger Zeit nicht nur Fleisch/Wurst/Käse – Kräfte, der sucht quer durchs Sortiment Personal. Alle Abteilungen betreffend. Und das wird wohl seinen Grund haben.
Man kann auch kleine Theken ansprechend präsentieren – wenn man gewillt ist. Der Trend ist nach wie vor da. Kundschaft, die für gute Qualität den einen oder anderen Euro zusätzlich auf die Theke packen, ist trotz der momentanen Situation vorhanden. (Okay, vielleicht nicht unbedingt beim 18jährigen Stepke.)
Damit kann man punkten. Der klassische Supermarkt-Kunde muss Laden x nicht betreten für seinen Liter Milch, der Flasche O-Saft und dem Scheibenbrot. Das bekommt er überall nachgeworfen.
Schauen Sie sich doch mal die Märkte der „DelikatEssen Discounter GmbH & Co. KG (aka Nah und Gut Voelker) an. Das sind recht kleine, zum Teil ehemalige Reichelt Märkte die sich auf Grund ihres Alters auch nicht unbedingt (hoch)modern präsentieren. Aber sie glänzen mit einer grandiosen Auswahl an Fleisch- Wurst- und Käseprodukten, sowie weiteren Spezialitäten.
Das Beispiel E-Center No 1 hinkt da ein wenig. Das Center ist darauf ausgelegt, der „Sechsten“ des KaDeWe´s Konkurrenz zu machen. Das Augenmerk in Steglitz liegt ganz klar auf die Gastro. Wie auch im Nobelkaufhaus. Und genauso wie dort, arbeitet die Edeka im Center mit Partnern zusammen, die entsprechende Fläche bespielen: und wieder spart man sich Personal – trotz der Tatsache eines viel üppigeren Personalschlüssels, als in anderen Regie-Centern.
Sorry, dass stimmt doch so nicht.. ich kenne genug Edeka-Händler welche ausbilden und gut zahlen. Insbesonders für Thekenpersonal gibt es momentan Bezahlung weit über Durchschnitt. In Süddeutschland gibt es Anzeigen mit 5000€ Einstiegsgehalt für Fleischermeister. Wie gesagt Einstiegsgehalt! An der Theke werden zum Teil Menschen beschäftigt die fast kein Fachwissen haben und aus der Not heraus auch sehr gut verdienen.. das Problem ist doch, dass die meisten junge Leute selbst nicht an der Theke kaufen und dann natürlich auch kein Interesse daran haben dort zu arbeiten oder eine Ausbildung zu machen.. weil es Ihnen fremd ist.
5000 Euro Gehalt dürfte selbst in Bayern die große Ausnahme sein – trotz der Tatsache, dass dort eh besser bezahlt wird.
Hier in Berlin werden Sie solche Anzeigen nur selten bis gar nicht finden. Es wird zwar gerne geklagt, aber nicht viel dagegen getan. Selbst das große KaDeWe, die nun wirklich einiges von ihren Mitarbeitern (ab)verlangen, bietet „nur“ Tarif.
Ich kaufe eigentlich nie an der Frischetheke. Oft sind es die gleichen Produkte, nur teurer. Praktisch nie Bio und ich sehe die Zutaten nicht. Ist in der Käsespezialität Gelatine? Muss da schon wieder jemand Chilli reingetan haben? Enthält der Käse tierisches Lab? Ich kann nicht auf die Packung schauen.
Volle Zustimmung. Bei lose verkaufter Ware, Gastroangeboten usw. ist der Gesetzgeber leider extrem zugunsten der Lobbyisten „eingeknickt“ …
Ich fühle mich an Frischetheken in erster Linie gedrängelt, hauptsächlich von den Kund:innen hinter mir. Da ist nichts mit groß aussuchen und beraten lassen, da muss man genau wissen was man will (und am besten auch den ladentypischen Produktnamen kennen) und zack-zack den Platz freimachen. Bei den abgepackten Produkten kann ich mir hingegen Zeit nehmen und vergleichen. Viel besser.
Richtig. An den Theken wird man von den dort üblichen, offensichtlich immer und gleichzeitig niemals auf der Flucht befindlichen Rentnern und dem Verkäufer ja schon aufgefressen, wenn man mal eine Frage (Inhalte, Zertifizierung, Allergene o.ä.) zu irgendeinem Produkt hat. Muss wirklich nicht sein.
Das Angebot macht’s. Wenn Hochpreismärkte wie rewe einfach nochmal die verschweißte Ware aus dem Kühlregal, ausgepackt und anders ausgepreist, in die Theke legen, kann da etwas nicht stimmen (selbst erlebt).
Theken sollten nicht nur Handwerk suggerieren, sondern auch sein. Stichwort Frankreich mit seinen teils üppigen Auslagen, die sich deutlich von den Fertigprodukten unterscheiden – zugegeben lohnt sich das nicht in jedem Dorf. Aber braucht auch jedes Dorf einen derartigen Aufwand?
Na wenn es an der Frischetheke wenigstens frisch wäre. Oftmals gab es Diskussionen mit dem Personal wenn versucht wurde die trockenen oder schon gräulichen Wurst-Scheiben einzupacken…
Auf die Frage nach der Zutaten Liste gibt es jedesmal Chaos weil keiner weiß wo die zu finden ist… und wenn diese gefunden wird fehlen immer Produkte.
Kein guter Service…. Wen wundert es da wenn man die Theke meidet.
In Nord- und Mittelamerika gibt es diese Kombination aus Frische- und SB-Theke schon viele Jahre. In den „Einschüben“ liegen meist die Aufschnittsorten, die am meisten verlangt werden und welche die meisten Europäer wohl eher als „Wurst„ & „Käse„ bezeichnen würden. Das spart allen Zeit, weil die Schlange an den Theken oft lang sind und jede Wurst, jeder Laib, jeder Block jedes Mal aus der Folie gerissen, beschnitten und wieder in eine neue Folie eingepackt werden muss. Diese Aufschnittsilostapel wie in Deutschland gibt es hier nicht.
Vorverpackte Waren sind meist deutlich teurer als das Thekengegenstück und die Auswahl ist geringer, wobei: 35 Marken dieser gelben Prozesskäseblöcke und nur je nur ein importierter Gouda, Edamer, etc. fühlte sich in Miteleuropa wahrscheinlich sowieso nicht wie Auswahl an.
[Ich finde es übrigens sehr interessant, auch mal etwas weniger Technisches über die strategische Ausrichtung der Supermärkte in Europa zu erfahren und vergleiche das dann gerne mit der Situation in den Regionen, wo ich mich aufhalte. Sollte das aber nerven, kann ich es auch gerne sein lassen.]
spannende Geschichte mit den Theken… jetzt hat man 19 Jahre lang überall wo möglich Theken in teils gigantischen Ausmaßen eingebaut, heute findet man kein Personal mehr.
die Wahrheit ist, dass das Thekensterben bereits eingesetzt hat. die Zukunft, zumindest mittelfristig, sind Theken mit ein Drittel der bisherigen Größe und wertigen Sortimenten. Wochenangebote laufen dann nur noch über SB. Für mehr ist das (geschulte) Personal nicht da. hinzu kommt noch der starke Trend weg von Fleisch.
Der Drops ist in der Beziehung schon lange gelutscht…
Apropo Ex-Kaisers: Die von Rewe in der Frankfurter Allee übernommene Filiale zeigt es ganz gut: Service-Theke nach Renovierung Ende 2020 (Kaisers Filiale war nen Neubau aus 2013) um gut 50% gekürzt (Fisch und Käse komplett raus) und auch den Back-Stop Vorkassen-Bäcker zum 20m XXL-Brötchenknast umgebaut. Flächenproduktivität und Personalschlüssel werden also immer strenger in den Blick genomm