Wie an dieser Stelle zuletzt ausführlich berichtet, läuft die Sanierung der hessischen Supermarktkette Tegut seit Monaten auf Hochtouren. Personalabbau, Filialschließungen, der Umbau von Bedientheken – es gibt zahlreiche Maßnahmen, um bis 2026 schwarze Zahlen schreiben zu können. Doch während Migros Zürich die Handelskette umkrempelt, verliert Tegut zu allem Unglück derzeit auch noch wichtige Partner.
Beim Lieferdienst Knuspr sind seit Kurzem sämtliche Tegut-Eigenmarken aus dem Sortiment verschwunden. Von Kund:innen als Favoriten markierte Tegut-Artikel stehen nicht mehr in den Listen.
Einen expliziten Hinweis darauf gab es (bislang) nicht. Seitens Knuspr bestätigt man das Ende der Kooperation aber auf Supermarktblog-Anfrage und nennt als Grund dafür, dass man sich stärker auf die Entwicklung der eigenen Marken (z.B. Miil, Yutto, Pappudia etc.) konzentrieren wolle, die bereits seit geraumer Zeit im Fokus stehen und innerhalb der Rohlik-Gruppe für die Kund:innen aller Ländermärkte zugänglich sind.
Ersatzweise sollen Kund:innen auf Artikel der Markant-Discountpreismarke „Jeden Tag“ oder – im Bio-Bereich – auf Produkte von Alnatura ausweichen, die bereits im Sortiment sind und auch bleiben.
Der Fokus verschiebt sich
Das ist durchaus bemerkenswert. Knuspr hatte sich bisher durch die Vielfalt unterschiedlicher Marken positioniert – insbesondere auch im Bio-Convenience-Segment, wo Tegut mit Produkten wie veganen Bio-Spätzle oder Bio-Schupfnudeln zu attraktiven Preisen punkten konnte. (Für das Knuspr so schnell keinen Ersatz hat.) Außerdem hätten auch „Tegut Bio“ und „Tegut Bio zum kleinen Preis“ eine Bereicherung für das Knuspr-Sortiment sein können; diese wurden aber bereits in der Vergangenheit im Sortiment eher spärlich eingesetzt. Nun verschiebt sich der Fokus endgültig.
Es ist nachvollziehbar, dass sich Knuspr fokussieren will. Aber die Entscheidung zeigt auch: Tegut wird womöglich nicht mehr als starke Marke wahrgenommen, auf die man langfristig setzen möchte.
Noch symbolträchtiger dürfte eine andere Entwicklung sein: Seit kurzem ist bekannt, dass die noch unterm Tegut-Banner entwickelten Teo-Märkte künftig unter eigenem Banner, mit verändertem Logo, vor allem aber ohne den klassischen Tegut-Schriftzug auftreten werden (siehe Supermarktblog). Der Umgestaltungsprozess der bisherigen Läden ist in vollem Gange. Die neu gestaltete Teo-App weist inzwischen vier von rund 40 Teo-Märkten mit dem neuen Betreiber, der Fuldaer Migros-Tochter Smart Retail Solutions, aus.
Dazu kommt ein weiterer Punkt: Der nächste neue Teo-Markt, der im Juli im südhessischen Trebur-Astheim eröffnen soll, wird nicht nur die erste Neueröffnung sein, die von vornherein vom Smart Retail Solutions verantwortet wird – sondern auch der erste Teo, der nicht von Tegut beliefert werden soll.
Teo setzt erstmals auf Edeka als Partner
Die Warenversorgung wird stattdessen von Edeka Foodservice übernommen, das sonst u.a. Kunden aus Gastronomie und Hotellerie, Kioske, Bäckereien und kleine Supermärkte versorgt. Damit könnten dann auch erstmals Edeka-Eigenmarken in einem Teo-Regal stehen.
Aus Fulda heißt es, man wolle künftig standortbezogen mit passenden Großhändlern zusammenarbeiten. Tegut werde in dieser Logik aber weiterhin Partner bleiben – nur eben: einer von mehreren.
Aus Sicht von Smart Retail Solutions ergibt das für das Teo-Format, das unabhängig von großen Supermarktketten funktionieren soll, durchaus Sinn: So lässt sich etwa testen, wie das Teo-Sortiment umgestalten werden kann und welche Auswirkungen auf das Kaufverhalten der Kund:innen das hat. Zur Neueröffnung des ersten Teo-Markts in den neuen Unternehmensfarben hatten die Verantwortlichen bereits erklärt, die Artikelauswahl nun stärker auf die Wünsche der Kund:innen ausrichten zu wollen (Babynahrung, Trendartikel, Wein & Bier).
Dennoch ist die Öffnung gegenüber weiteren Partnern zur Belieferung natürlich mehr als nur eine operative Entscheidung: Sie könnte sich auch als Testlauf für den Fall deuten lassen, dass Tegut in Zukunft nicht mehr (oder: nicht mehr in bisherigem Umfang) zur Verfügung stünde.
Rückschlag für die Markenwahrnehmung
Ob auch die Warenversorgung existierender Teo-Märkte neu geregelt werden soll, ist zum jetzigen Zeitpunkt offen. Es läge aber angesichts der möglichen Entwicklungen nahe, dies zumindest für Standorte außerhalb des Tegut-Kerngebiets (etwa in Rhein-Neckar und München) anzugehen.
Für Tegut sind das weitere Rückschläge für die Markenwahrnehmung: Zum einen Online, wo man bereits an Sichtbarkeit verloren hat, nachdem Knuspr als Amazon-Kooperationspartner innerhalb kürzester Zeit an die Stelle von Amazon Fresh gerückt ist, das lange umfassend auf Tegut-Eigenmarken setzte – und zu Beginn des Jahres eingestellt wurde (siehe Supermarktblog).
Und nun auch bei Teo als Multiplikator für Smart Stores und Convenience-affine Zielgruppen (für die das Teo-Eigenmarken-Sortiment durchaus gut aufgestellt war, zumal man das ja einst mit Tegut Quartier aus eigener Kraft forcieren wollte).
Es sind weniger die konkreten Umsatzverluste, die Tegut schaden dürften, weil die sich vermutlich – vor allem, was Knuspr angeht – im Rahmen halten werden. Das Problem ist eher das Signal, dass selbst bisherige Partner nicht mehr so recht an eine starke Zukunft von Tegut unter Migros zu glauben scheinen.
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Die Intransparenz von knuspr ärgert mich doch sehr.
Der Gemischtwarenladen wird immer größer und uninteressanter.
Leider scheinen auch die Boten immer schlechter behandelt/bezahlt zu werden, denn inzwischen kommen nur noch welche, die kein einziges Wort Deutsch sprechen; neulich brachte einer seinen kleinen Sohn zum Übersetzen mit.
Mitarbeitende im Chat sind wie bei einer Lotterie: ein-, zweimal informiert, kompetent, hilfsbereit, dann wieder mehrere Male, dass ich darum bitten musste, meine Anfrage noch einmal zu lesen. Noch weitere ärgerliche Details, aber ich verzichte.
Die Eigenmarken von knuspr interessieren mich absolut nicht, und bei Bio erwarte ich ein zweites Angebot, nicht nur Alnatura.
Ich ende jetzt, weil mich das Ganze so aufregt
Das ist tatsächlich ein Problem, dass ich generell mit den Plattform-Lieferdiensten (und teilweise auch bei Hermes- oder Amazon-„Partnern“) habe: Die offensichtliche völlige Verelendung der Boten. Vor meinem Bürofenster in Frankfurt kreuzen zur Mittagszeit minütlich die diversen Fahrradboten mit großen Logos auf den Taschen; auf völlig unpassenden Rädern, oft völlig unpassend zum jeweiligen Wetter gekleidet. Und – man müsste mich sehr böswillig falsch verstehen – das kreide ich nicht diesen Menschen an, sondern es lässt mich ethisch an den Geschäftsmodellen dieser Unternehmen zweifeln. Das sieht nicht nach auskömmlichen, langfristig ausgestalteten Beschäftigungen über dem gesetzlichen Mindestlohn aus. Und dann sollten diese Unternehmen bitte lieber schnell wieder weg.
Von wegen Chat: Ich hatte jetzt den ersten Fall, wo der KI-Chatbot beim zweiten Versuch schneller mein Problem gelöst hat als zuvor die Mitarbeiter am Telefon, die zwar eine lange Liste an Höflichkeits- und Bedauern-Phrasen zur Verfügung haben, aber aus sprachlichem Defizit das Problem einfach nicht verstanden. Guter Support kostet halt auch Geld, und wenn das nicht zur Verfügung stehen soll…