SB-Offensive bei Netto (ohne Hund): 1000 neue Self-Checkout-Terminals geplant

SB-Offensive bei Netto (ohne Hund): 1000 neue Self-Checkout-Terminals geplant

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Nachdem es zuletzt so ausgesehen hatte, als sei Netto (ohne Hund) mit seiner frühen SB-Kassen-Initiative wegen hoher Diebstahlraten gescheitert, wagt der Discounter nun einen neuen Anlauf. Terminals der nächsten Generation sollen zeigen, wie es richtig geht – denn der Druck durch Lidl und Aldi Süd nimmt zu.

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Bei Netto (ohne Hund) deutet sich mal wieder eine Strategiewende in der Kassenzone an. Nachdem der zu Edeka gehörende Discounter reguläre Self-Checkout-Kassen zuletzt in zahlreichen Filialen wieder abgebaut hat und stattdessen auf ein Hybridkassenmodell setzte, setzt man derzeit offenbar eine neue Offensive mit rund 1000 klassischen SCO-Terminals um.

Das geht aus einer Darstellung des Kassenherstellers Pyramid Computer hervor, der einen „deutschen Lebensmitteldiscounter“ als neuen Großkunden gewonnen haben will.

Aus der Beschreibung lässt sich auf Netto (ohne Hund) schließen: Der Discounter gehört zu den wenigen deutschen Handelsketten, die „seit mehreren Jahren“ Self-Checkout-Systeme einsetzen. Pyramid hat bereits eigene SCO-Terminals für Edeka Nordbayern-Sachsen-Thüringen entwickelt.

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KI-Hilfe gegen Inventurverluste

Die Entscheidung wäre insofern interessant, weil die Handelskette (wie hier im Blog beschrieben) massive Probleme mit ihren bisherigen SB-Kassen plagten. Nach Informationen aus dem Unternehmensumfeld sollen die Inventurverluste in manchen Filialen mit Self-Checkouts auf 2 bis 4 Prozent des Umsatzes gestiegen sein – deutlich mehr als das angestrebte eine Prozent. Die Folge war: Rückbau der Terminals in besonders betroffenen Märkten, etwa in Berlin-Neukölln und Marzahn.

Als Alternativlösung setzte die Handelskette auf sogenannte Hybridkassen – reguläre Kassen mit drehbarem Monitor, die sich bei Bedarf zum Self-Checkout umfunktionieren lassen. Das Problem dabei: Die Kassensperre muss dafür offen stehen, was das Diebstahlrisiko nicht gerade minimiert.

Wie Supermarktblog-Leser Dominik berichtet, scheint Netto (ohne Hund) an der Hybridkasse inzwischen ein KI-basiertes Video-Monitoring einzusetzen, das Kund:innen fragt, ob sie wirklich alle Artikel gescannt haben, wenn das System noch liegengebliebene Artikel im Einkaufswagen zu erkennen glaubt. (Das könnte angesichts zahlreicher Tests auch bei anderen Händlern zum Standard im LEH werden.)

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Auch in Filialen, die derzeit das modernisierte Filialdesign erhalten, werden weiter Hybridkassen verbaut, wie aus Plänen hervorgeht, die dem Supermarktblog vorliegen. Die Pyramid-Ankündigung deutet aber darauf hin, dass Netto (ohne Hund) parallel eine langfristige SCO-Strategie verfolgt.

Hybridkasse mit drehbarem Monitor bei Netto (ohne Hund); Foto: Smb

Lidl und Aldi Süd setzen massiv auf SB

Beweggründe für den erneuten Anlauf gibt es zur Genüge: Denn nach jahrelangem Stillstand haben die Rivalen Lidl und Aldi Süd Self Checkouts in ihren Filialnetzen massiv vorangetrieben. Lidl baut inzwischen fast flächendeckend Selbstbedienungskassen ein und hat mit Auslassschranken (siehe Supermarkblog) sowie Videoüberwachung offenbar ein System gefunden, das die potenziellen Verluste in Grenzen hält.

Aldi Süd experimentiert ebenfalls mit verschiedenen Self-Checkout-Varianten und hat seine Terminals mit sichtbaren Videomonitoren nachgerüstet, um Diebstahl zu erschweren. Bei Penny sind die SB-Terminals – mit Auslassschranke – Standard in zahlreichen Filialen.

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Netto (ohne Hund) scheint zu dem Schluss gekommen zu sein, bei knapp 4.400 eigenen Märkten nicht komplett auf Hybridkassen setzen zu können – erst recht, wenn der Self-Checkout nun mit mehrjähriger Verzögerung zum Standard im deutschen Lebensmitteleinzelhandel wird.

Lidl baut Ausslassschranken an seine SB-Kassenzonen; Foto: Smb

Neue Generation, neue Sicherungsmaßnahmen?

Die Hersteller-Übereinkunft mit Netto (ohne Hund) könnte bereits einige Monate alt sein – die vom Hersteller bereitgestellte „Case Study“ ist auf Ende des vergangenen Jahres datiert. Die geplanten neuen Terminals sollen „schrittweise in den kommenden fünf Jahren“ installiert werden. Demnach befände man sich derzeit bereits in der Umsetzung.

Die Rede ist von einer „neuen Terminalgeneration“, die durch „umfangreiche Modernisierung“ den aktuellen Anforderungen angepasst wird. Dafür werde auf die existierende Lösung aufgebaut, auch weil es die „kosteneffizienteste Lösung [ist], vorhandene Konstruktions- und Technologieelemente zu modernisieren und um neue zu ergänzen“.

Aus der Pyramid-Dokumentation geht auch hervor, dass die neuen Terminals schlanker werden. Statt eines integrierten Gehäuses werden Display, Scanner und Bezahlterminal offen verbaut – das soll Wartung und Reparaturen vereinfachen. Der Drucker wandert direkt in die Arbeitsplatte, was Materialkosten spart und den Papierwechsel erleichtert.

Ob es auch technische Verbesserungen für den Diebstahlschutz gibt oder Filialen mit Auslassschranken ausgestattet werden, ist nicht kommuniziert.

Hybridlösung könnte bestehen bleiben

Für Netto (ohne Hund) bedeutet die Offensive aber vermutlich nicht das Ende der Hybridkassen. Diese könnten weiterhin als flexible Lösung in kleineren Filialen oder als Testsystem für die Diebstahlentwicklung eingesetzt werden, während betriebsamere Märkte feststehende SCO-Terminals erhalten könnten.

Die neuen Geräte werden zeigen, ob man diesmal den Spagat zwischen Kundenbequemlichkeit und Verlustprävention hinbekommt.

Wenn Netto (ohne Hund) seine Pläne so umsetzt, wäre Aldi Nord der letzte große deutsche Discounter, der bislang nicht in nennenswertem Umfang auf eine eigene SCO-Lösung setzt. Es gibt zwar Tests in drei Filialen in Nordrhein-Westfalen (Essen, Herten); ob man einen größeren Roll-out anstrebt, hat die Handelskette bislang aber nicht gesagt.


Hinweise:

Der Text wurde nachträglich mit dem Hinweis ergänzt, dass sich die Offensive bereits in der Umsetzung befindet.

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Nach der Veröffentlichung dieses Artikels wurde die ursprünglich öffentlich zugängliche Case Study von Pyramid Computer von der Herstellerwebsite entfernt. (Die Materialien sind jedoch von mir dokumentiert.) Auch entsprechende Berichte anderer Fachmedien sind derzeit nicht mehr online verfügbar. Ich habe Netto (ohne Hund) nachträglich um Stellungnahme zu den berichteten Inhalten gebeten. Eine Sprecherin erklärte daraufhin:

„Wir können Ihnen mitteilen, dass es zu keinem Zeitpunkt einen Großauftrag an unseren Lieferanten Pyramid gegeben hat.“

Auf detaillierte Fragen zu der Angelegenheit und den von der Case Study ausgeführten Punkten wollte sich das Unternehmen „zum aktuellen Zeitpunkt“ nicht äußern. Sollte sich das zu einem späteren Zeitpunkt ändern, werden etwaige Klarstellungen hier ergänzt.

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9 Kommentare
    • Ich bin halt glücklich, solange ich als Early Adopter noch täglich mit meinem kleinen Frühstücks-Einkauf an der langen Kassenschlange vorbei zu den leeren SB-Kasse gehen kann und schnell wieder raus bin. Dieser Vorteil wird sich irgendwann natürlich legen, wenn alle die SB-Kasse nutzen (müssen).

  • Netto hat also gewaltige Inventurdifferenzen insbesondere in Berlin-Neukölln und Marzahn festgestellt. Nun muss man in keiner Weise besonders gebildet sein und schon gar nicht studiert haben oder einen Management Posten haben, um zu wissen, dass nicht durch Personal besetzte Kassen insbesondere in diesen Gebieten und wahrscheinlich Berlin generell keine gute Idee sind. Dazu genügt es schon, wenn man ein wenig sich in den entsprechenden Gebieten auskennt und ihre soziokulturelle Zusammensetzung kennt. Dann kann man sehr leicht eins und eins zusammen zählen und feststellen, dass solche Selbstbedienungskassen vielleicht in diesen Gebieten nicht unbedingt die beste Idee sind.

    • Es kommt weniger auf den SB-Checkout-Anteil der Inventurdifferenzen als vielmehr eine positive Differenz gegenüber den Einsparungen (Personal, Fläche etc.) an, die zumindest mittelfristig gewährleistet sein sollte.

    • Der Kommentar von Ben ist so überheblich und menschenfeindlich, dass ich mich frage, warum der freigeschaltet wurde?

      Mit seinen Andeutungen stellt er ganze Gruppen eines Bezirks bzw. einer ganzen Stadt als Asoziale dar, die geboren wurden, um zu stehlen. Und wahrscheinlich spielt da auch ein latenter Rassismus von Ben eine Rolle.

    • Sb als option: gut. Sb als zwang: ich radikalisiere mich bis zum äussersten und fange selber an zu klauen. Vorhin 80 euro bei lidl gelassen und musste erst eine verkäuferin anbetteln mich zu bedienen und mir dann einen vortrag anhören das sie es mir nächstes mal zeigen könne als ob ich zu dumm wäre. Es ist nicht möglich einen grossen einkauf sb zu erledigen wenn man seinen verstand behalten will.

  • gibt es eigentlich schon Urteile, bei denen ein Käufer an SB Kassen wegen Diebstahl/Betrug verurteilt worden ist?
    bei SB Kassen lässt sich doch relativ leicht behaupten, dass man nur aus Versehen 6 statt 7 Joghurts gescannt hat
    oder chaotisch 5 statt 3 Joghurts gescannt, aber dafür die teure Weinflasche vergessen hat

    • „bei SB Kassen lässt sich doch relativ leicht behaupten, dass man nur aus Versehen 6 statt 7 Joghurts gescannt hat oder chaotisch 5 statt 3 Joghurts gescannt, aber dafür die teure Weinflasche vergessen hat“
      Im Zweifel lässt es sich per Videoaufzeichnung zumindest gut nachvollziehen, ob z.B. ausreichend Scanversuche stattgefunden haben und nichts bewusst unberücksichtigt blieb.

      „gibt es eigentlich schon Urteile, bei denen ein Käufer an SB Kassen wegen Diebstahl/Betrug verurteilt worden ist?“
      Gibt es bei Ladendieben so oder so nur sehr selten, da der StA die Sache normalerweise einstellt.

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